Aus der Chronik von Landsberg

Durch ein ganz großes Glück tauchte nach dem Krieg diese Chronik wieder auf, wurde von Polen aus nach Deutschland gebracht und vor einiger Zeit noch einmal abgeschrieben. Ich finde sie spannender als jeden Krimi – die Geschichte rückt beim Lesen ganz nah, man spürt regelrecht, was damals geschehen ist …

Die Chronisten waren:

Pfarrer Kob (1815-1835)
Kaufmann Adolph Ohlenschlaeger (1837-1847)
Kaufmann Julius Ohlenschlaeger (nach 16 Jahren Pause bis 1871)
Kaufmann Friedrich Rudolph Ankermann (bis 1873)
Rektor Carl Ludwig Holldack (1876-1880)
Rektor Koppenhagen (1881-1895)

Hier ein Auzug von Pfarrer Kob:

„Der unglückliche Krieg mit Frankreich, der im November 1806 begann, verbreitete mit dem Anfange des Jahres 1807 auch Jammer und bitteres Elend, Krankheiten und Tod in unseren Mauern. Den 5ten und 6ten Februar kam die Große Rußische Armee, sich fechtend zurückziehend in unsere Gegend und das Hauptquartier desselben in unsere Stadt. Am 6ten begann das Gefecht bei dem uns angrenzenden Dorfe Hofe (=Hoofe) und währte den ganzen Tag. Die Franzosen nahmen Hofe ein und die Rußen biwagtierten die Nacht hindurch in und um Landsberg. Die Nachtfeuer der Franzosen in und um Hofe und dieselben der Rußen in Landsberg erregten einen schauerlich fürchterlichen Anblick. Die Materialien zu diesem Feuer wurden von Zäunen, Scheunen und auch Gebäuden genommen. Benningten, der Generalen Chef der Russischen Armee, war in dieser Nacht beim Stadtrichter, Fürst Bagration, der die Garde der Rußen commandierte, bei mir einquartiert. Es war eine schreckliche nacht, die Landsbergs Einwohner durchwachten; mit Anbruch des Tages den 7ten Februar erwarteten wir die Franzosen, unsere Feinde, und alle Vorräthe und Lebensmittel waren bereits von der Russischen Armee beinahne aufgezehrt. Ich selbst konnte dem Fürst Bagration kein Glaß Bier, noch weniger ein Glaß Wein schenken, so gerne er es auch für jeden Preis bezahlen wollte.

Die Rußische Armee zog mit erstem Anbruch des Tages nach Prß. Eylau und die Französische Armee selbige dahin verfolgend kam um 7 Uhr Morgens hier an. Mit wilder Plünderung der Stadt und mit Mißhandeln der Einwohner begrüßten sie hier die aufgehende Sonne. Wehklagen und Angstgeschrei verbreiteten sich bald durch alle Straßen und in allen Häusern. Bei Hunger und Kälte, ohne Obdach umherirrend, bei Angst und Verzweiflung der Menschen wüteten gleich nach einigen Tagen die schrecklichsten Krankheiten in der Stadt unter den Einwohnern; diese rafften in den Monaten Februar und Maertz an 400 Menschen in diesem kleinen Kirchspiel fort….“

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