Bauern in Glandau um 1688 und ein Bittbrief des Jacob Kohn aus Gr. Glandau an den Kurfürsten

Glandau, früher auch Groß Glandau genannt, wurde zwischen 1335 und 1350 gegründet. Es wird erstmals 1374 in der Grenzziehungsurkunde des Ordens mit dem Bistum Ermland erwähnt. Es heißt dort: Weiter ist zu gehen vom Fließ (dem Bach Kleine Drewenz) zu den Grenzen des Dorfes Glandiamsdorf (so wurde Glandau damals genannt), also daß dieses dem Orden und Stabuncken der Kirche in den alten Grenzen verbleiben.–

Das Dorf wurde 1414 beim Poleneinfall fast vollständig vernichtet. Der Schaden betrug 3.400 Mark, 53 Männer wurden erschlagen oder verschleppt. Die Handfeste war verbrannt. Unter dem Schulzen Gunter Peter erhielt es 1418 eine neue Urkunde. Das Dorf wurde neu erbaut. 1437 waren alle 43½ Zinshufen besetzt, ebenso der Krug der eine halbe Hufe Land besaß und 2 Mark im Jahr zinsen mußte. Im Jahre 1469 wurde das Dorf verpfändet, doch ihm blieb dei Gutsverleihung und damit die Gutsuntertänigkeit erspart, weil es 1419 in einem Austausch wieder ein freies Dorf wurde. Seitdem blieb Glandau ein Dorf der Landesherrschaft. Es gehörte dem Landesherrn und später, bis zur Bauernbefreiung, dem König in Preußen. Diese Dörfer wurden als „königliche Dorfer“ und seine Bewohner als „königliche Bauern“ bezeichnet. Die Nachbardörfer Hanshagen, Hoofe, Buchholz usw. waren alle gutsuntertan und unterstanden alle einem Grundherren. Diesen Lehnsherren waren diese Dörfer vom Orden oder später vom Kurfürsten als Lehen verliehen worden. Die nächstliegenden königlichen Dörfer von Albrechtsdorf waren Marguhnen, Spittehnen, und Teile von Kirschitten. Auch in Stettinnen wohnten drei Freie. Geheiratet wurde überwiegend in den Dörfern des eigenen Grundherren, weil dieser die Einwilligung zu einer Heirat geben mußte. So war es auch üblich das die Bauern der königlichen Dörfer ihre Frauen im eigenen oder in anderen königlichen Dörfern suchten. Man findet in den Kirchenbücher Heiraten zwischen den Einwohnern von Spittehnen, Glandau, Kirschitten, Marguhnen und Stettinnen. Es ist ganz selten vorgekommen, daß Männer aus den königlichen Dörfern, Frauen aus gutsuntertänigen Dörfern geheiratet haben und umgekehrt. Kam dies doch vor, so mußte sich der- oder diejenige durch einen „Losbrief“ von der Gutsuntertänigkeit loskaufen. Der Preis für einen Losbrief lag bei 10 Reichstaler, oft auch wesentlich darüber und er setzte das Wohlwollen des Lehnsherren voraus. (Ein Pferd kostete in dieser Zeit, um 1716, etwa 8 Taler).

Aus den Amtsrechnungen

Um das Jahr 1670 liest man in der Amtsrechnung von Pr.Eylau: · Glandau mit dem Gut Gigaßen hat 60 Huben, (und) 15 Morgen. Davon besitzen die beyden Schultzen 5 Huben zu Cöllmischen Rechten frey. 15 Morgen besitzet der Krüger zu Cöllmischen Rechten und gibt 4 Mark Zappenzins. 55 Huben besitzen 12 Bauern. Üblicherweise mußten damals die Bauern neben ihrem Zins auch noch Scharwerk verrichten. Da dieses hier nicht der Fall war, mußten sie höheren Zins zahlen und wurden als sogenannte Hochzinser bezeichnet. Diese Form der Zinszahlung war allgemein beliebt. Sie wurde aber nicht oft angewandt, weil sie für den Grundherren nicht so profitabel war und für ihn kein Scharwerk einbrachte. Wir lesen hierüber für Glandau folgende Bemerkung:

14 Mk 30 S. an Geld,
3 Scheffel Haber,
2 Hühner,
1/8 Holz und jeder Paure vom Erbe
1 Gans.
Das ergab:
797 Mk. 30 S. an Geld
2 Last 45 Scheffel an Haber
1 Schock 50 St. Hühner für 55 Huben
12 Stück Gänse
37 Achtel Holz

Bei Glandau gab es früher das Gut Gigaßen. Es war eingegangen. Vielleicht war es bei Kriegshandlungen zerstört und nicht wieder aufgebaut worden. Es hatte 12 Hufen. Die Ländereien wurden von den 12 Bauern in Glandau bearbeitet. Nach einerAmtsrechnung um 1716 zahlten sie je Hufe den gewöhnlichen Zins von 3 Reichstaler und 20 Groschen und gaben für die 12 Hufen 36 Scheffel Hafer und 24 Hühner.

Als Bauern sind um 1667 in Glandau eingetragen:

Hans Grau; Michel Schultz; Thews? Ohnhut, der Krüger; Hans Busau; Jacob Kuhn; Mertin Quellen; Peter Kuhn; Michel Krauß; Mertin Kroll, der Schmied; Hennrich Wiet; Melchior Krauß; Gerge Kuhn; und Jacob Teufels Erbe (liegt) wüst.

Diese Namen waren auch um 1716 noch fast alle vertreten.

In dieser Aufstellung um 1667 finden wir auch eine Bemerkung, die darauf hinweist, daß nicht alle Bauern ihren Verpflichtungen nachkommen konnten. Falls sie nicht gut gewirtschaftet hatten, konnten sie von ihrem Erbe gesetzt werden. Wenn aber Gründe für die Zahlungsunfähigkeit ausschlaggebend waren, für die der Bauer keine Verantwortung trug, sei es Viehsterben, Mißernte oder Schadenfeuer, so wurden ihm die Abgaben gestundet oder auch erlassen. So einen Fall finden wir hier in Glandau. Die Aufstellung enthält die rückständigen Abgaben des Bauern Jacob Kuhn.

Sie betragen:
4 Mk 30 S. Zins
13½S. Böttelgeld
4 Mk 30 S. Mühlenschoß
4 Mk 30 S. Gesindtlohn
54 S. Heuschlaggeld
Jacob Kohn ein abgebrannter Paure zu Glandau von 3 Hub.
Ao. 67 schuldig so auf Chfl. Befehl in Tonetur gesetzet. (Ihm waren also die Steuern gestundet)

Diesem Jacob Kuhn (später Kohn geschrieben) war der Hof durch einen Blitzschlag abgebrannt und er konnte seine Abgaben nicht mehr bezahlen. Um nun diese erlassen zu bekommen hate er einen Brief schreiben lassen, der an den Kurfürsten von Brandenburg Friedrich Wilhelm (1640-1688) adressiert ist und über die Preußische Regierung in Königsberg, an diesen gelangte. Dieses Schreiben liegt im Original im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz in Berlin-Dahlem. Es ist auf dickem Papier, etwa vergleichbar mit heutigem Packpapier geschrieben. Briefumschläge waren damals nicht üblich und so wurde entweder der einseitig beschriebene Bogen, oder ein zweiter entsprechend gefaltet und auf diesem die Adresse angebracht. Noch am Anfang des 18.Jhdts. war für Ostpreußen die Preußische Regierung in Königsberg, die aus den vier Oberräten bestand, oberste Landesbehörde. Diese Regierung wurde später auch als Etatsministerium bezeichnet. Über diese Behörde wurde der Brief, gewissermaßen auf dem „Dienstwege“ an den Kurfürsten befördert. Wahrscheinlich hat jener Jacob Kohn ihn nicht selbst geschrieben, denn er zeigt eine sehr flüßige Handschrift. In diesem Bittgesuch (es ist im weiter unten im Original zu sehen) lesen wir:

Supplik des brandgeschädigten Jacob Kohn aus Gr. Glandau. Anno 1668.

Durchlauchtigster Großmächtigster Churfürst. Allergnädigster Herr ppp. Churfürstl Durchl. Kann ich undesernannder armer Pauersmann von Groß Glandau aus dem Pr. Eylauschen, in aller Untertänigkeit demütigst supplicando vorzubringen nicht umbgehen, wie daß ich schon vor 5 Jahren, durch das liebe Wetter abgebrannt, und nicht blos das ganze Wohnhaus, Scheun und Schoppen, sondern alles was ich gehabt mir in die Asche gefallen, und das noch das erbärmlichste, mir mein armer alter Vater, in solcher Feuersbrunst mit geblieben. Ja von allem klein und großem Vieh, nicht mehr zu retten vermocht als 3 Pferde und 2 Kühe, daß andere alles verbrannt und in Rauch aufgegangen. Solche Huben auch wegen höchster Unvermögenheit, daß ich mir im geringsten nicht helfen kann, (sind) 3 ganze Jahr unbestellt (geblieben), und die Brandstätte wüst und unbebauet müssen liegen lassen. Zeit über in solcher Not und Demut mit meinem armen Weib und Kindern gelebet, und herumb getrieben, daß es einen Stein im Erdreich erbarmen möge.

Endlich sich noch etzliche milde und mitleidige Christen und Bürger aus Landsberg mein erbarmet, und mir freywillig und aus gutem Herzen, so viel creditiret und vor(ge)schoßen. Mir auch hie zu 3 Freyjahr, aus Chrfl.Gnaden dafür ich unendlichen Dank schuldig, gnädigst gegönnet, daß ich als durch solche und des höchsten Gottes Hülf, und meine schwere Arbeit, sauren Schweiß und Fleiß, daran ichs auch nicht habe fehlen lassen, Scheun und Schoppen über Ende gebracht. Daß Wohnhaus aber, weil es mir noch hier und dar an Mitteln gebricht, nach der Zeit nicht aufzuführen vermocht, weil ich nebst dem, die Jerkasch’sche Huben, und dann (noch) ½ Huben die ich von den 3 wüsten Huben habe, immer (habe) mit verzinsen müssen. Und zu solchem meinen schweren Bau, nicht mehr als 6 Stück Bauholz, 1 Scheffel Haaber und ½ Scheffel Brotkorn, (ist) aus dem Ambte zu Hülfe gegeben worden. Das andere alles bey guten Leuten leyhen und borgen, und mit großem bitten und flehen, aufbringen müssen.

Dannen hero mich in tiefe Schulden versetzet und über das die Amtsschuld, der ganze Jahres-Zins von Anno 67 (1667) als…Mk mit zugewachsen. Nun aus dem Ambte und anderen creditioren, die mir auch in höchsten Nöten beygesprungen, mir auch die geraume Zeit her williglich gedultet, (jetzt) zur Zahlung angehalten, und an beyden Orten getrungen (genötigt) werde (zu zahlen). Das, da (falls) sich Gott, und meyne gnädige Obrigkeit, Ihre Churfl.Durchl. meiner nicht annehmen, und in gnädigstem Erbarmen ansehen würden, ich all das Meine wieder würde mit dem Rücken ansehen (verlieren würde), mit meinem armen Weib und Kind das Elend bauen und allen meinen sauren Schweiß und Fleiß vergebens und verloren angewand, erfahren müssen.

Also nehme in solcher meiner höchsten ge(Ver)laßenheit Zuflucht zu Ew.Churfrl.Durchl. in tiefst fußfallender Demuth unterthänigst und umb Gottes Willen anflehende und bittende, Selbe geruhen, in Gnädigster Erwägung, ob erwehnter meiner großen Noth und Betruckung (wegen), mir doch den Ao.67 jährigen, hinterstelligen Zins, wie auch das Achtel Holz dieses Jahr, nebenst dem monatlichen Schoß (Steuer) allergnädigst schenken und vor dieses Mal erlassen. Damit also mein Wohnhaus vollends aufzuführen, meine Creditores, wieder in etwas contendiren, noch fernerum (des weiteren) den Meinigen behalten verbleiben, und ins Künftige, Ihro Churfrl. Gebührende entraden (beginnen zu zahlen).

Wie ich mich auch künftig so schuldig als auch gehorsambst, willig darzu erfinden lassen will, desto völliger darzu reichen vermöchte. Solcher hoch Churfrl. Gnaden, wird Gott, darumb ich Tag und Nacht bitten will, ein Vergeldter seyn. Ich aber erwarte eine gnädig und tröstliche Resolution.

E. Churfrl Drchlt. Gehorsamster Unterthan und Vorbitter zu Gott

Jacob Kohn von Groß Glandau im Eylauschen Ambte.

(geschrieben von Helmut Ramm)

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