Zur Genealogie der Familie Seebeck in Libau und Charkow

Nach erneutem Lesen des Büchleins von Hedda Seebeck über die Spuren ihrer Familie, habe ich versucht, diese ein wenig genauer zu verfolgen …. Hier ein kurzer Einblick in diese  interessante Familiengeschichte – bis hin zur Geburt von Hedda Seebeck selbst.

Johann Seebeck wird am 5. Oktober 1797 in (Bremen-) Aumund geboren und wächst nach dem Tod seiner Eltern mit seinen beiden Schwestern in Vegesack bei den Großeltern auf. Wie fast alle Jungen aus der Umgebung fährt auch er schon früh als Matrose zur See. ‚Mit rissigen Kleidern hatte ich Vegesack verlassen,mit guten Kleidern kam ich im Herbst 1815 zurück und ging gleich mit der Bremer Brigg ‚Telemach‘ nach St. Thomas in Westindien‘ notiert er in seinem Tagebuch. Johann Seebeck wird Kapitän. Von 1812 bis 1848 unternimmt er insgesamt 184 große Fahrten – 151 davon als Kapitän.

Nach seiner Eheschließung mit Katharina Elisabeth Schümann, die am 19.9.1826 in Lübeck stattfindet, zieht das Ehepaar nach Libau. Seit 1795 ist Libau (nach Mitau zweitgrößte Stadt Kurlands) Teil des russischen Reiches und (nach Petersburg und Riga) der drittgrößte russische Ostseehafen. Johann Seebeck kauft in Libau ein Haus für seine Familie und gründet eine Tabakfabrik.

Seebeck_1833

Im Taufeintrag des Sohnes Friedrich Gottfried im Kirchenbuch von Libau ist 1833 vermerkt, dass Johann Seebeck sowohl ‚Schiffs-Capitän‚als auch ‚Besitzer der hiesigen Tabacks-Fabrik‘ ist. Auch nach Gründung der Fabrik fährt Johann Seebeck weiterhin als Kapitän zur See.

Am 22. August des Jahre 1845 verstirbt Johanns Ehefrau an der Ruhr – sie wird nur 43 Jahre alt.

Am 8. Mai 1848 heiratet Johann Seebeck in Libau Karoline Katharina Irmisch, die Pflegetochter des Kantors Christian Friedrich Irmisch zu Doblin.

Seebeck_Heiratseintrag_1848

Johann Seebecks Kinder aus erster Ehe sind:

  1. Maria Johanna Seebeck * 1828 in Lübeck- +23.5.1834 in Libau
  2. Johann Seebeck *5.12.1830 in Libau. Er wird Kapitän und Reeder und heiratet 1859 Laura Elisabeth de Boer, eine Tochter des Lotsen-Kommandeurs Christian Martin de Boer und dessen Ehefrau Sophia Charlotte Graff. Christian Martin de Boer stammt von der Insel Ameland und verstirbt am 16.4.1849 in Libau.
  3. Catharina Dorothea Elisabeth Seebeck *31.12.1831 in Libau wird 1850 die Ehefrau des aus Lübeck stammenden Schiffskapitän Johann Friedrich Gottlieb Brose, eines Sohnes des Gerbers Johann Heinrich Brose.
  4. Friedrich Gottfried Seebeck, * am 13.7.1833 – er stirbt am 21.6.1834
  5. Catharina Seebeck, geb. in Libau am 4.8.1834
  6. Helene Elisabeth Seebeck kommt am 20. Februar 1836 in Libau zur Welt und heiratet dort am 10.6.1854 den dortigen Druckereibesitzer Gottlieb D. Meyer.
  7. Johann Henrich Seebeck, geb am 25.4.1840 und
  8. Karl Friedrich Seebeck, geb. am 9.9.1842

Seinen am 23.3.1849 geborenen Sohn Johannes Alexander Jakob Seebeck aus zweiter Ehe lernt der Vater nicht mehr kennen. Johann Seebeck verstirbt am 6. Januar 1849 am Schlagfluss – zwei Monate vor der Geburt von Alexander.

Seebeck_Sterbeeintrag_Libau

Alexander Seebeck wird Agronom, heiratet am 19. September 1873 in Libau Anna Christine Jensen aus Kopenhagen, eine Tochter des dänischen Kapitäns Otto Georg Jensen und dessen Ehefrau Christine Gertrude Nieckels. Alexander und Anna sind die Großeltern von Hedda Seebeck, der Verfasserin der o.g. Chronik. ‚Das Ehepaar zieht ins Innere Rußlands, wo Alexander im Gouvernement Charkow das Gut Spilowka pachtet. Hier kommen die Kinder Karl Seebeck (11.4.1875 ), mein Vater, und Alexandra (Sascha) zur Welt‘ berichtet Hedda Seebeck.

Nach der Geburt des zweiten Kindes zieht die Familie zurück nach Libau, wo 1877 und 1879 zwei weitere Töchter geboren werden: Laura Katharina Elisabeth Seebeck und Rita Seebeck

Libau_1878

Im Jahre 1879 verliert Alexander Seebeck bei der Arbeit mit einer Dreschmaschine tragischerweise zwei seiner Finger. Aufgrund fehlender ärztlicher Behandlung und anschließendem Wundfieber stirbt er mit nur 30 Jahren und wird auf dem deutschen Friedhof in Sumy bestattet. Anni Seebeck wohnt fortan mit ihren Kindern im Haus ihres Vaters in der Königstraße in Libau und sorgt für den Unterhalt der Familie. Rita, die jüngste Tochter, wird von ihrem Onkel Johannes aufgenommen und zieht mit ihm nach Baku. (Rita Seebeck studiert später in Dresden und wird Malerin).

Sascha Seebeck heiratet den Pastoren Carolus Tempel, einen Freund ihres Bruders und lebt fortan in Balgallen. Karl Seebeck selbst übernimmt in Libau die Druckerei des angeheirateten Onkels Gottlieb D. Meyer und ist nach dessen Tod Verlagsdirektor und Geschäftsführer der Libauschen Zeitung. Außerdem ist er Stadtverordneter sowie Mitbegründer des deutschen Gymnasiums, des Theaters und der Philharmonie in Libau.

1907 werden Karl Seebeck und die Lehrerin Auguste Henriette Lina Zametat (Schametat) – genannt ‚Elli‘ – in Balgallen von Schwager Carolus Tempel getraut. Karls Ehefrau ist eine Tochter des Kellners Michael Zametat, der ursprünglich aus Woidehnen im Ksp. Ragnit stammt. Die Mutter Gottlieb (Libbe) Kupffermann ist aus Wormen gebürtig (Vater: Saback Jannis Kupffermann, 1880 Knecht in Wormen. Michael Zametat und seine Ehefrau haben sich am 7.9.1880 in Libau vermählt – am 10.1.1884 wird dort als erstes Kind Auguste Henriette Lina geboren. Ihre Schwester Eugenie (Jenny) Zametat heiratet später Paul Skalon, den damaligen Kommandanten der Kadettenanstalt in Woronesch).

Balgallen_1907

Die Hochzeitsreise von Karl und Elli Seebeck geht nach Moskau und auf die Krim und anschließend kommen in Libau (von 1907 bis 1921) vier weitere ‚Seebecks‘ zur Welt:

  • 1907 Harald Seebeck
  • 1908 Hilde Seebeck
  • 1914 Ellen Seebeck
  • 1919 Werner Seebeck (+ im Alter von 9 Monaten) und
  • 1921 Hedda Seebeck (die Verfasserin der Chronik)

Spannend finde ich auch, dass Familie Seebeck – nach ihrem Umzug von Libau in eine von Karl Seebeck erbaute Villa nach Grobin – befreundet war mit der Familie von Zenta Maurina, deren Bücher ich so gern gelesen habe.

(Die obigen Einträge stammen aus den vom Litauischen Staatsarchiv digitalisierten Libauer Kirchenbüchern).

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