Das vormalige Soldatenwerben

Dieser Text wurde im Jahr 1840 geschrieben. Er beschreibt die Rekrutierung von Soldaten in Sachsen um 1700. Möglicherweise haben auch Mitglieder meiner eigenen Vorfahren-Familien, die um diese Zeit in Großtreben wohnen, diese Art des Soldatenwerbens erlebt …

Aber auch außerhalb Sachsens wurde derart rigoros vorgegangen, um möglichst viele junge Männer zu ‚erwischen‘.

Das vormalige Soldatenwerben

Der Tag der ‚Rekrutierung‚ ist noch in unsern Tagen für tausend Eltern und deren militärpflichtige Söhne ein schwer gefürchteter Tag. Auch jetzt noch, wo Gesetz und Ordnung bei dem Aushebungsgeschäfte herrscht, geht der Sachse ungern unter das ‚Maaß‘. Wie war es aber vollends vor hundert und vierzig Jahren und bis zu der Zeit, wo Sachsen ein Königreich wurde. Damals hatte jedes Regiment für Herbeischaffung der ihm nöthigen Rekruten selbst zu sorgen: die Obrigkeit kümmerte sich nicht darum. Nun schickte jede Compagnie ‚Werber‚ aus, welche durch List, durch Ueberredung, durch Gewalt, kurz durch jedes Mittel die benöthigte Anzahl Rekruten herbeizubringen suchten.

Da überfiel man die jungen Männer in den Häusern, holte sie Nachts aus dem Bette, lauerte ihnen auf in den Schänken, auf den Straßen, sogar auf dem Wege zur Kirche. Vielen stellten die Werbeofficiere unter irgendeiner Verkleidung nach, lockten sie auf diese Weise hinweg, oder machten sie durch gereichte Getränke trunken und zwangen sie dann zur Annahme des Handgeldes und zum Fahnenschwure. In den Jahren 1697 bis 1701 war das Unwesen der Werber zur größten Plage geworden: niemand mochte in Sachsen gern reisen oder verweilen; Handel und Gewerbe litten unglaublich.

Der damalige Feldmarschall Schöning billigte das schändliche Verfahren. Da hörte endlich der Kurfürst (August der Starke) davon und untersagte den Officieren bei Strafe der Cassation ein solches Verfahren den 24. Februar 1702 (nach Andren den 27. Februar). Aber leider wiederholten sich die Unbilden der Werber immer wieder aufs Neue, besonders wenn Krieg ausbrach.

(Quelle: C. A. F. Mohr, ‚Tägliche Erinnerungen aus der sächsischen Geschichte: Eine Gabe für die Schulen und die Jugend der gesammten sächsischen Lande‘;  Leipzig, 1840)

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