Über die Papiermühle in Finken, Pr. Eylau

Schon der Orden brauchte Papier“ überschreibt Dr. Hansheinrich Trunz seinen Artikel über alte Papiermühlen in Ostpreußen, (in: Das Ostpreußenblatt, 1968, Nr. 19, S. 11) und berichtet: „Die Lieferungen erfolgten, wie wir aus den Ordensakten und Abrechnungen ersehen können, aus Nürnberg, Augsburg, Lübeck oder Antwerpen. auch aus Italien war solches dabei.“

Die Herstellung von Papier „erfolgte wie zum Teil heute noch, aus Alttextilien, d.h. aus Baumwolle, Leinen und Hanf, deren Fasern in Mörsern zerkleinert wurden. Als später eine so primitive Aufbereitung des Rohmaterials nicht mehr ausreichte, übernahmen mit Wasserkraft angetriebene Stampfen diese Arbeit. In Deutschland erstand die erste derartige Papiermühle 1290 in Ravensburg.“ (Quelle: s. o.)

aus dem Buch ‚Neue Bilder Galerie für junge Söhne und Töchter zur angenehmen und nützlichen Selbstbeschäftigumg aus dem Reiche der Natur, Kunst, Sitten und des gemeinen Lebens“ Berlin 1798

Wann genau im Ostseeraum mit der Herstellung von Papier begonnen und wann die erste Papiermühle errichtet wurde, ist nicht bekannt. Um 1470 wird ein Papiermüller in Danzig genannt und am 4. November 1523 erteilt der letzte Hochmeister des Ordens und spätere Herzog Albrecht eine Baugenehmigung für die erste Papiermühle in Königsberg.

Es folgt der Bau weiterer Mühlen unweit von Königsberg: Kreuzburg 1569 – Ober-Ecker 1632 – Trutenau 1666 – Finken 1680 – Unter-Ecker 1682 – Carben 1689 – Ludwigsort 1693 – Grünwehr 1698 …. insgesamt werden in Ostpreußen mindestens 21 Papiermühlen angelegt.

Das Ostpreußenblatt, 1968, Nr. 19, S. 11

Die Papiermühle in Finken (heute Zięby) im Kirchspiel Buchholz – nicht weit entfernt von Landsberg – gehört zu den ersten ihrer Art in Ostpreußen. Sie verdankt ihre Entstehung der Unternehmungslust der Familie von Kreytzen. ‚Das Privileg zu dieser Papiermühle soll vom 16. März 1680 stammen. In diesem Jahr schloss der Churfürstlich Brandenburg Preußische Ober-Appellations-Gerichtsrat und Erbherr auf Peisten Hans von Kreytzen einen Kontrakt mit dem Papiermachergesellen Nicolaus Krüger aus der Ecker wegen Errichtung einer Papiermühle in Finken.‚ (Quelle: Hans Kohtz, Ostpreußische Papierfabrikation; 1934)

KB Buchholz

Der Papiermacher darf im Mühlenteich für seinen Bedarf fischen, Bier brauen und nach Anweisung des Waldwärters aus den Wäldern Brennholz holen.

Das Ostpreußenblatt, 1968, Nr. 19, S. 11
Im Jahre 1703 wird auf dem „Drei-Finken-Papier“ in Königsberg die Flora Prussica von Johann Loesel gedruckt.

Nach Nicolaus Krüger übernimmt 1720 der Papiermacher Johann Wilhelm Steinmetz die Mühle Finken. Hochverschuldet muss er sie im Jahre 1749 jedoch aufgeben und der Erbherr auf Peisten – nunmehr Christian Gottfried von Kreytzen – vererbpachtet die Mühle an den Papiermacher Emanuel Austigall, einen Schwiegersohn von Steinmetz, der bis dahin in Ludwigsort den Betrieb geführt hatte.

„In einem Vertrag vom 18.3.1749 übernahm Austigal den Betrieb mit allem Zubehör und 2 Hufen Land gegen eine jährliche Pacht von 500 Gulden. Er hatte alle Gebäude nebst Wehr selbst zu unterhalten, bekam aber Bauholz geliefert sowie bei Bedarf Arbeitskräfte gestellt. Für den Papiertransport nach Königsberg sorgte von Kreytzen gegen jährlich 5 Ries 3-Finken-Schreibpapier und 2 Ries feinstes Papier. Bekannt und beliebt war das 3-Finken-Schreibpapier, das als Wasserzeichen einen stilisierten Baum mit drei Vögeln und den Buchstaben NK (= Nicolaus Krüger) führte. Dieses Papier kostete 1756 je Ries (= 144 Bogen) 1 Taler 8 Groschen, war also damals relativ teuer.“ (Horst Schulz, Die Städte und Gemeinden des Kreises Pr. Eylau; S. 387)

Adressbuch 1820

Die in Finken tätigen Papiermachergesellen kommen teilweise aus weit entlegenen Gegenden und so tauchen im Kirchenbuch von Buchholz immer mal wieder neue Namen auf:

Kirchenbuch Buchholz 1694
  • 1693: Johann Christoph EnterleinChristian R(h)ein
  • 1694: Peter KohnckeFriedrich RatckeJoachim Ladebach
  • 1696: Michael MindeSamuel Ernst Hendemann
  • 1701: Ludwig ZieserJohann Gerge Axmann (Pate bei der Taufe seines Sohnes Nicolaus Gottfried ist u.a. Christian Gottlieb Brüderlein, Papiermüller zu Wusen)
  • 1779 Heinrich Seewald Johann Fröhlich
  • 1780 George Adam Benckendorff

Sowohl die Papiermacher selbst als auch ihre Gesellen scheinen innerhalb des Kirchspiels ein hohes Ansehen zu genießen. Wann immer sie – und zwar relativ häufig – unter den Taufpaten der Kinder von Dorfbewohnern genannt werden, werden sie als „Herren“ bezeichnet.

um 1760 – Monogramm von Johann Friedrich Austigall, Sohn von Emanual Austigall

Bis ins 19. Jahrhundert wird die Papiermühle von Familie Austigall bewirtschaftet – dann übernimmt sie Johann Gottfried Gelinsky – seit 1814 verheiratet mit Johanna Charlotta Decker aus Oberecker – einer Tochter des dortigen Papierfabrikanten Johann Christian Decker und seiner Ehefrau Maria Carolina Günther. Je nach Konjunktur wird die Mühle auch als Mahl- bzw. Ölmühle verwendet.

Quelle: Großes Adressbuch der Kaufleute, Fabricanten und handelden Gewerbsleute; Nürnberg 1843

Johann Gottfried Gelinsky muss um 1843 verstorben sein, denn in diesem Jahr erscheint im Königsberger Amtsblatt folgendes Inserat seiner Witwe:

Meine unweit der Stadt Landsberg im landräthl(ichen) Kreise Preuß(isch) Eylau belegene Papierfabrik Finken bin ich Willens aus freier Hand an den Meistbietenden zu verkaufen, und setzte hiezu einen Termin auf den 8ten August, Morgens 9 Uhr, hieselbst an. Zur Papierfabrik gehören außer den hinlänglichen Wohn- und Wirthschaftsgebäuden noch eine Wassermahlmühle und 2 Kulmische Hufen gutes Land; auch wird das sämmtliche erforderliche Bau-, Nutz- und Brennholz gegen einen mäßigen Kanon aus den Gr. Peistenschen Gütern verabreicht. Papierfabrik FinkenDie Besitzerin Wittwe C. Gelinsky

Nach Einführung der Dampfkraft können alte Industriebetriebe wie die Papiermühle in Finken nicht mehr rentabel arbeiten und der Betrieb wird eingestellt.


Auch in diesen Beiträgen geht es um Finken:

Finken, Pr. Eylau

Inventarium bey dem Finckschen Kruge – um 1742


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Eine Antwort zu Über die Papiermühle in Finken, Pr. Eylau

  1. Hallo Frau Gegner-Sünkle,
    da haben Sie ja eine sehr schöne Seite erstellt. Ich bin über ein paar Ecken mit den meisten Papiermachern aus Finken verwandt und konnte folgende Informationen zu den Papiermachern sammeln:
    16.3.1680-1709 Nicolaus Krüger †um1709
    1720-1749 Johann Wilhelm Steinmetz (Schwiegersohn des Vorgängers) *um 1690 †nach1749
    18.3.1749-1759 Emanuel Austigall (Pächter) †1759
    1750-1786 Johann Friedrich Austigall (2. Sohn & Schwiegersohn des J.W.Steinmetz) *1717 †1786
    1755 Heinrich Austigall (sein Bruder, nur ein WZ) *1725
    1786-1792 Christian Friedrich Austigall (Sohn von Johann Friedrich A.) *1756 †1792
    1805- ~1820 Friedrich Wilhelm Austigall (Sohn *1777)
    ~1821-1843 Johann Gottfried Gelinsky (1814 in Ober-Ecker) *um1782 †um1843
    8.8.1843 Witwe Johanna Charlotta Gelinsky geb. Decker bietet die PM zur Versteigerung an

    Viele Wasserzeichen konnte ich in dem litauischen Buch „Papier in Litauen im 15.-18. Jahrhundert“ finden. (https://elibrary.mab.lt/handle/1/320)
    Falls mir jemand genauere Lebensdaten der Papiermacher zusenden könnte, wäre ich sehr dankbar. Außerdem forsche ich zu allen Papiermühlen mit dem Hauptaugenmerk auf Sachsen, Ostpreußen, Westpreußen, Neumark, Schlesien, Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein etc.
    Schöne Grüße
    Thomas

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