Trauriger Zustand der Stadt Landsberg (Pr. Eylau) um 1840

Von 1876-1880 wird die Chronik der ostpreußischen Stadt Landsberg von dem ursprünglich aus dem Kreis Gerdauen stammenden Rektor Carl Ludwig Holldack (1807-1884) geführt, der u.a. auch den Zustand der Stadt bei seiner dortigen Ankunft im Jahr 1841 beschreibt. Er berichtet:

‚Wie wenig Landsberg in unserem Preußen bekannt, erfuhr ich selbst, als ich 1841 aus dem glücklichen Litthauen, hierher kam und welche Noth ich hatte, um über Schippenbeil, Bartenstein und Pr. Eylau den Weg nach Landsberg zu finden. Ich fuhr damals noch ohne Chaussee – bei Grünhöfchen gleich hinter Eylau hatten die Pferde noch einen tüchtigen Lehmweg zu laufen – zwischen Zipperken und Woymanns gab`s noch den langen Woriener Wald zu passieren, wo inmitten des Waldes über einen gefährlichen Bruch nur eine zerfallene Knüppelbrücke trug dann kam hinter Woymanns auf der Höhe noch ein Birkenwäldchen und wenn man dieses passiert, sah man von dieser Höhe weit in der Ferne, im tiefen Grunde ein Cumulat von grauen Gebäuden, nicht bezeichnet durch eine Thurmspitze oder durch sonst einen erhabenen Gegenstand.

Und dieser Haufen von Gebäuden war unser Städtchen Landsberg. Und in welchem Zustande fand ich nun dieses Städtchen, wo ich nun bleiben und wohnen sollte? So zerfallen, verfallen und verlumpt, so daß ich mich schämte, hierher gegangen zu sein, und ich wäre wirklich bald auf und davon gegangen, wenn mich nicht die Freundlichkeit seiner Bewohner: des praktischen Arztes Heinrich, des Medizinapothekers Lehmann, des Kaufmanns G. Reimer und mehrerer anderer Biedermänner zurückgehalten und gefesselt.

Ausschnitt aus einem Pr. Eylauer Kreisblatt von 1848 – Landsberg hat insgesamt 2072 Bewohner

Wie war dann nun Landsberg ? Wie sah es denn aus ? Nicht einmal wie ein gutes, schönes Dorf (Norkitten, Butsinen etc.) Litthauens. Die Giebel der Häuser waren alle mit Brettern verschlagen und gaben, durch die Witterung in Grau verwittert der Stadt dunkeles Aussehen höchstens ein weißer Schornstein markierte in der Ferne das einzelne Wohnhaus. Die Straßen der Stadt waren zwar gepflastert, aber so schief und bergig wie es die bergige Lage des Ortes erforderte wenn man auf der anderen Seite des Marktes ging, so sah man auf der anderen Seite von den Vorübergehenden nur deren Büste; in den Straßen und auf den Seitentheilen des Marktes gingen große Mittelsteine und nebenbei waren solche Geleise ausgefahren, daß man darin die Füße brechen konnte; der Markt war außerdem verunziert durch die alte Wache (siehe fol. 16) und durch die beiden hochgebauten Röhrenbrunnen;

Die Häuser um den Marktplatz hatten beinahe noch alle die sogenannten Tauben, an denen zu beiden Seiten lange hölzerne Rinnen hervorragten, die bei Regenwetter das Wasser weit hinaus auf die Straße ausspülten, das Rathaus war vernagelt und sein Gemäuer sehr grau und abgefallen und der Rathausthurm war abgebrochen bis auf die Laterne und einige Seitentheile des Thurms, die sogenannten Becken bewegten sich hin und her im Winde.

Die Hinterstraßen der Stadt, sogar gegenüber der Kirche !! waren mit hohen Mistkasten bebaut, auf denen sich die Spiegel oder Brillen der Abtritte der Vorderhäuser präsentirten: die hohe Brücke war eingestürzt und es ging eine Bohlen-Nothbrücke über den alten Festungsgraben; der Kirchthurm war bis auf das Rumpfstück abgebrochen und oben darüber ein hölzern Nothdache geschlossen, weil das Gemäuer mit den Eckthürmchen herabgefallen; der Platz war vor der Kirche noch mit allen eingefallenen Gräbern besetzt, aber so löcherig und falzerig, daß man fast nicht gehen konnte.

Anmerkung: Im Februar 1841 gibt der Landrat bekannt, dass mit den Reparaturarbeiten der Kirche begonnen werden soll:

Am Giebelende lag ein Haufen Schutt von 15-20 Fuß Höhe, neben dem alten Schulgebäude der Rektor-Classe ein ähnlicher Lehm- und Schutthaufen, so daß die Schüler der Rektor-Classe sehr oft den Weg nach dem Angerberge, wo sie ganz offen ihre Nothdruft verrichteten durch die Giebelfenster nahmen.

Die Schmutzstraßen wurden selten gereinigt zu beiden Seiten lagen rechts und links aufgefahrene auhölzer. Die Scheuer selbst noch alle mit Stroh gedeckt, was dem Ansehen unseres Städtchen ein düsteres Aussehen gab. An eine Beleuchtung der Straßen während der Nachtzeit war nicht zu denken höchstens leuchteten einige Thranlampen über den Thüren der Kaufmannshäuser.

Die beiden massiven Thore waren 1841 schon abgebrochen, aber man hatte noch keine Zeit gefunden, nun den Bauschutt von den beiden Thorstellen wegzufahren. Schweine trieben sich in ganzen Scharen auf den Straßen herum und wühlten die freien Plätze um, das Rindvieh und die Pferde, alles wurde durch die Häuser und durch die Straßen getrieben, wenn der Hirte blies und die Straßen wurden durch den Viehkoth sehr verunreinigt – unsere Stadt glich daher mehr einem Dorfe, als einer civilisirten Stadt.

Ja, so traurig und unansehlich, ich übertreibe nicht sah unsere Vaterstadt nach 1841 aus, als ich mich hier ansiedelte. Keiner wollte Etwas bauen oder verschönern, weder Magistrat, noch Bürgerschft. Alles blieb so verfallen und unschön und wurde der jungen Generation zum Bauen und Verschönern überlassen‘.

Ab etwa 1860 ändert sich das traurige Bild. Es wird viel gebaut und renoviert und die kleine ostpreußische Stadt Landsberg wird zusehends schöner ….. Dazu auch der folgende Beitrag:

Carl Ludwig Jeromin – der erste Maurermeister in Landsberg

Weitere Informationen zur Geschichte der Stadt:

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