Abhängigkeit und Bestrafung von Gutsbediensteten

Viele meiner ostpreußischen Vorfahren und ihre Anverwandten waren während des 17. bis 19. Jahrhunderts in unterschiedlichen Regionen Bedienstete oder Handwerker adeliger Güter. Bezüge gibt es vor allem zu einigen Gütern des Kreises Pr. Eylau: zur Begüterung Worienen, zur Begüterung Groß Peisten sowie zur Begüterung Wildenhoff im Kirchspiel Canditten.

In Worienen

• Hans Gegner schon um 1650 als Hofmann
• Erdmann Gegner, Sohn Christoph und dessen Sohn Jacob als Böttcher
• Erdmanns Sohn Peter Gegner als Hofmann
• Albrecht Gegner als Arrendator u. Waldwart des Vorwerks Schwadtken
• Christian Schmidt(ke) als Schmied
• Michael Gegner und Carl Wilhelm Schmidt als Kunstgärtner
• Michaels Sohn Gottlieb als Kunstgärtner
• Michaels Sohn Johann Christian Gegner als Diener
• Michael Wilck, Michaels Gegners Schwiegersohn als Zimmermann
• Gottfried Reissmann als Oberwart der Privatförsterei 
• Johann Joachim Grube, dessen Schwiegersohn als Schneidermeister
• Friedrich Westphal als Müllermeister

in Groß Peisten

• Christoph Willfang, um 1719 Hofmann des Vorwerks Wangnick
• anschließend Arrendator von Wangnick
• Michael Politt, sein Schwiegersohn, Arrendator des Vorwerks Kattlack
• Christoph Rosenberg, Arrendator d. Vorwerke Achthuben u. Schwadtken
• Johann Heinrich Ankermann, Erbkrüger, Dorfschulze und Kirchenvorsteher in Peisten
• Carl Sigismund Ankermann, Müller in Peisten 

Die Vorwerke Wangnick, Achthuben, Kattlack und Schwadten lagen in einiger Entfernung vom Hauptgut Groß Peisten.

in Wildenhoff

• Jacob Lehmann, um 1700 Bräuer in Wildenhoff
• Jacob Söcknick, Gerichtsgeschworener am Hofe von Wildenhoff
• Johann Wilhelm Hellwich Müllermeister bzw. Arrendator der Landsberger Ordensmühle 
• Johann Boenke, Krüger in Canditten
• Michael Gutt, Gerichtsgeschworener in Wildenhoff
• Gottlieb Gutt war Hofmann im Vorwerk Amalienhoff, später Freikrüger in Canditten

Und dann gibt es die Familien der Bauern unter meinen Ahnen, die über Jahrhunderte in den zur Begüterung gehörenden umliegenden Dörfern leben und sich mit ihren Ehefrauen und Kindern für die Versorgung ihrer eigenen Familien und die der Gutsherren abrackern. …

Je mehr ich mich mit den Lebenswegen meiner Vorfahren befasse, desto klarer wird mir ihre extreme Abhängigkeit vom Wohlwollen der adeligen Grundherren, denen sie verpflichtet waren – im Fall meiner eigenen Ahnen waren dies die Familien von Tettau von Bredowvon Domhardt in Worienen, in Gr. Peisten die Familie von Kreytzen und in Wildenhoff die Familie von Schwerin.

Abgesehen von wenigen Ausnahmen sind die in adeligen Begüterungen lebenden Personen Untertanen der Gutsbesitzer. Dies bedeutet beispielsweise, dass sie den Gutsbezirk ohne seine Erlaubnis nicht verlassen dürfen, von ihm nach Belieben zu allen erdenklichen Diensten – dem Scharwerk – herangezogen oder auch auf einem seiner anderen Güter angesetzt werden können. Sie werden als „Theile des Guts, zu welchem sie gehören, angesehen und (können) von demselben nicht anders als durch den Loskauf oder durch einen vom Gutsbesitzer ertheilten Freyheitsbrief getrennt werden.“ (Johann Friedrich Goldbeck, Vollständige Topographie des Königreichs Preußen, 1. Teil, Königsberg u. Leipzig; 1785, Seite 62).

Nicht selten versuchen gutsuntertänige Bauern, ihren Gutsherren durch Flucht in benachbarte Ämter zu entkommen. Strafen wie das Tragen eines ‚Schandmantels‘ sind in solchen Fällen an der Tagesordnung – wie 1790 auf dem Hofplatz des Gutes Tolks.

Als Bauer oder Handwerker eines Dorfes unter Landesherrschaft ist das Leben oftmals leichter, da diese nicht so sehr der Willkür einer einzelnen Person ausgesetzt sind, liest man mancherorts.

Doch auch die Landesherrschaft wendet bei Verstößen drastische Maßnahmen an. In einem Erbpachtsvertrag über die Pottlacksche Mühle, den das Amt Natangen im Januar 1736 mit dem Müller Adam Jost Weymar schließt, wird im Zusammenhang mit der Verpflichtung des Mühlenzwangs auch die zu erwartende Strafe bei Verstößen erwähnt. In diesem Vertrag heißt es: es sollen ‚die zu dieser Mühle geschlagenen Zwangspflüchtigen (=Zwangspflichtigen) allzeit vom Beamten mit Nachdruck angehalten werden, in keinen anderen Mühlen zu mahlen, und sollen dieselben Mahl Bücher führen, die Contravenienten aber, wenn sie aus Uebermuth in frembden Mühlen … die Metze und das Mahlgeld bezahlen, auch nach Befinden mit Tragung des Spanischen Mantels, oder härterer Leibes Straffe angesehen werden.

Im Jahr 1738 erlässt der König das sog. ‚Prügelmandat‚. Er habe, sagt er darin, ‚mißfällig vernommen und auch selbst gesehen, daß die Pächter und deren Schreiber, die Unterthanen, welche bei ihren Hofdiensten etwa nicht recht arbeiteten, mit Peitschen und Stockschlägen antrieben; da er nun dergleichen barbarisches Wesen, die Unterthanen gottloserweise mit Prügeln oder Peitschen sklavischer Weise wie das Vieh anzutreiben, absolut nicht haben wolle, so verbiete er es von nun an streng bei Strafe sechswöchentlichen Karrens und im Wiederholungsfalle des Stranges, doch sollte das nicht für (Ost-)Preußen gelten, weil das Volk daselbst sehr faul, gottlos und ungehorsam sei. Für die anderen Provinzen sollten die bei Hofdiensten faulen Unterthanen durch Einspannung in den Stock, Umhängung des Spanischen Mantels und Festungsarbeit bestraft werden, wenn sie aber geschlagen würden, sich beschweren dürfen.‘ (Gustav Adolf Harald Stenzel, Geschichte des preußischen Staats, 3, Teil; Hamburg 1841, Seite 680)

Quelle: Preußische Rechtsquellen Digital

In Ostpreußen darf demnach nach wie vor ohne Beschwerde geschlagen und gepeitscht werden und ich frage mich nicht nur, ob dies auch meinen Vorfahren geschah – sondern auch, ob nicht diejenigen unter meinen Vorfahren, die als Arrendatoren der Vorwerke von Groß Peisten die dort zu erledigenden Arbeiten überwachten, selbst derartige Methoden angewandt haben mögen ….

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2 Antworten zu Abhängigkeit und Bestrafung von Gutsbediensteten

  1. Frank Steinau sagt:

    Liebe Irmi, wie immer: ein toller Bericht. Man fragt sich halt, ob die Altvorderen auch mal vom Wege der Tugend abgewichen sind… In den drei Einwohnerlisten von Otto Schemmerling befindet sich ein Eintrag, dass ein Steinau um 1590 aus der Balgischen Dinge Holz entfernet hat – und dafür ein paar Mark Strafe zaghlen musste… So ganz konnte ich noch nicht herleiten, dass dieser STeinau mit mir verwandt ist, aber interessant wäre es schon zu wissen…
    GLG Frank

  2. sari nordlund sagt:

    Frank Steinau Can you speak english or french. Im from Finland and i think our ancestors may come from same area Ostpreussen

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