Christian Hattendorf – ein Bremer Stadtsoldat

Wie meine sächsischen Ahnen, so gehört auch mein Vorfahre Christian Hattendorf zur Ahnen-Linie meiner Großmutter väterlicherseits. Bislang wusste ich lediglich, dass seine Tochter Catharine Sophie Hattendorf am 5. Mai 1763 in der Lesumer Kirche den Fayencenmaler Caspar Grote heiratet. Der Heiratseintrag enthält kaum Informationen über Familie Hattendorf – es wird lediglich angegeben, dass die Familie aus Bremen stammt und Christian 1763 bereits verstorben ist.

Mittlerweile fand ich ein wenig mehr über ihn und seine Lebensumstände heraus und er wird für mich ‚lebendiger‚. Ich entdeckte seinen Namen im Register zur Stammrolle des bremischen Stadtmilitärs von 1731 und in der Stammrolle selbst werden sowohl sein Geburtsort, sein Alter als auch sein eigentlicher Beruf genannt.

Zum ersten Mal habe ich mich ein wenig mit der Geschichte der ‚Bremer Stadtsoldaten‚ beschäftigt …

Die Zitate im nachfolgenden Text stammen aus dem Aufsatz von Johann Focke: Vom bremischen Stadtmilitär. In: Bremisches Jahrbuch. Band 19, Bremen 1900. Hier digitalisiert zu finden!

In Bremen – wie auch in vielen anderen Städten – werden in den ersten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts aufgrund unruhiger Zeiten (die Kriegsgefahr steigt durch das Anrücken des Feldherrn Tilly) besondere Sicherheitsmaßnahmen getroffen: die Wehranlagen der Alt- und Neustadt werden verstärkt und durch ständig anwesende Miliz wird die bisherige Bürgerwache gestärkt.

Bastionen in Bremen 1729 – Von F. B. Werner – Holle Weisfeld: Ostertor – Steintor 1860–1945. Edition Temmen, Bremen 1998, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=4690440

‚Um nicht das gleiche Schicksal zu erleben, das anderen Städten wie Wesel, Soest und Lippstadt widerfahren sei, die leicht überfallen und eingenommen seien, weil sie keine Soldaten gehabt hätten‘, beginnt man ab 1618 gezielt, Soldaten anzuwerben. 1623 sollen diese auf 600 ergänzt werden.

Immer wieder mangelt es jedoch an Geld für die Besoldung der Soldaten, die vehement darauf drängen, entlohnt zu werden. Sowohl die immensen Kosten für die riesigen Festungsbauten als auch der Sold der zusätzlich benötigten Soldaten müssen von der Stadt Bremen aufgebracht werden. Deshalb entscheidet sich die Bremer Bürgerschaft nach langen Verhandlungen für die Einführung der Komsumtion auf ‚essen, drinken und dergleichen Wahren‘.

Die für die Stadtmiliz Angeworbenen werden – ‚nachdem diese ‚einzeln oder in Trupps in der Stadt oder Umgegend von Werbern eingefangen oder durch die bekannten Lockmittel dingfest gemacht waren‘ – offiziell in der Kriegskammer angenommen, die sich innerhalb des Bremer Rathauses befindet.

Im 18. Jahrhundert wird das Anwerben von Soldaten leichter. Ratsherren oder anderen einflussreichen Personen gelingt es immer wieder ‚irgendeinen arbeitsunfähig gewordenen Ehemann ihrer früheren Dienstmagd oder einen abgeworbenen Kutscher, Gärtner oder Bedienten unter die rote Uniform zu stecken.‘ Der Militärstand wird zu einem kleinen Nebenverdienst.


Friedrich Bernhard Werner – Bremen um 1729 bis 1750

Von 1622 bis 1744 bestand das Stadtmilitär regelmäßig aus drei Kompagnien, deren jede ungefähr zu 200 Mann gerechnet ist.‘ Der an der Spitze stehende Offizier ist gleichzeitig Stadtkommandant und als solcher auch Vorsteher des gesamten Befestigungs-, Ingenieurs- und Artilleriewesens.

Die Bewaffnung wird den Soldaten gegen Bezahlung aus dem Zeughaus geliefert. Sie besteht vorwiegend ‚aus Musketen, den schweren Gewehren mit Luntenschloss, die beim Abfeuern auf Gabeln gelegt wurden. Aber neben den Musketen, die beim bremischen Militär schon früh, nämlich 1681 durch Flinten ersetzt wurden, erhielten sich in allen Armeen noch merkwürdig lange die Piken (Langgewehr), ca. 6m lange Holzspeere mit dünner Eisenspitze.‘

KB St. Stephani 1726

Bei seiner Eheschließung mit Luke Heidewig Bucks, die am 14. August 1726 in der Bremer Kirche St. Stephani stattfindet, ist Christian bereits Stadtsoldat und wohnt ‚hinterm Schutzwall‘.

1731 – zum Zeitpunkt der Nennung in der Stammrolle des bremischen Stadtmilitärs – ist er 35 Jahre alt, seit 5 Jahren Stadtsoldat, verheiratet und hat ein Kind. Er müsste demnach um 1694 geboren unfd um 1726 angeworben worden sein. Sein eigentlicher Beruf ist Schneider und er gibt an, dass er aus Barsinghausen stammt.

Eintrag in der Stammrolle

In Barsinghausen heiraten 1685 Heinrich Hattendorf und Anna Dorothea Kasten, die Witwe des 1684 verstorbenen Berent Ties. Von 1686 bis 1701 werden ihre Kinder geboren: 1686 Curd Jacob Hattendorf – 1688 Tönnies Hattendorf – 1690 Anna Maria Hattendorf + 1691 – 1692 Hans Dieterich Hattendorf – 1694 Otto Hattendorf – 1696 Anna Maria Hattendorf und 1701 Engel Hattendorf. Leider gibt es keinen Sohn namens Christian unter ihnen!

Ich kann mir sogar vorstellen, wie mein Vorfahre Christian Hattendorf während seines Dienstes aussah! ‚1735 besteht die neu ausgegebene Montur aus rotem Laken (offenbar für den Rock), greisem Leinen (für die Beinkleider), weißem Vonal (für die Weste), ferner aus Schnallenschuhen, Hut mit Tressen u.s.w.‘

Nicht nur ihre Waffen, sondern auch ihre Uniformen müssen die Stadtsoldaten selbst bezahlen – die Kosten werden von ihrem Sold abgezogen. Ihr Dienst beschränkt sich überwiegend auf die Bewachung der Stadttore – ab und zu werden sie auch bei Grenzabsperrungen bei Menschen- und Viehseuchen eingesetzt.

Der Sold der Stadtsoldaten ist gering – fast immer arbeiten sie vor allem in ihrem eigentlichen Beruf. Christian Hattendorf wird demnach wohl als Schneider tätig gewesen sein, um seine Familie ernähren zu können.

Als seine Tochter Catharina Sophie 1763 in Lesum heiratet, ist Christian Hattendorf bereits verstorben. Leider konnte ich bisher weder seinen Tauf– noch seinen Sterbeeintrag finden. Auch Informationen über seine Ehefrau Luke Heidewig Bucks sowie der Taufeintrag von Tochter Catharina Sophie fehlen bislang noch. Ich weiß lediglich, dass eine Schwester der Mutter namens Anne Sophie Bucks am 15.11.1732 in Bremen St. Stephani die Ehe mit Anthon Tietz schließt.

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