Meine norddeutschen Vorfahren lebten über Jahrhunderte ‚um Bremen herum‚ – u.a. in Blumenthal, Rönnebeck, Beckedorf, Lesum … aber auch im Gebiet von Osterstade: in den Dörfern Aschwarden, Rechtenfleth, Wersabe, Hinnebeck und Meyenburg. Wenn ich mich über ihre Lebensumstände informieren möchte, spielen auch die Osterstader Ochsen eine Rolle!
‚Der Vieh-Handel, oder vielmehr der Handel mit fetten Ochsen, ist für Osterstade allemal der wichtigste Nahrungszweig. Zwar führen nur einige diesen Handel (wiewohl er jedem offen steht, die dazu Gelegenheit, Verlag und Kenntniß haben). Aber ganz Osterstade hat an dem guten oder widrigen Schicksale dieses Handels Antheil; weil von demselben die jährliche Einnahme ihrer Ländereyen und der Preis ihres aufgezogenen Magern Viehs abhängt‘. schreibt Johann Gottlieb Visbeck 1798 in seinem Buch ‚Nieder-Weser und Osterstade‚.
Auch in der Mitte des 17. Jahrhunderts – zur Zeit der schwedischen Besetzung des Herzogtums Bremen – ist der Handel mit Ochsen ein wichtiger Geschäftszweig der Bauern in Osterstade. Viele Bremer Bürger lassen ihre Ochsen auf den fruchtbaren Wiesen in Osterstade weiden – und immer wieder kommt es wegen dieser Ochsen zu Streitigkeiten zwischen den Osterstader Bauern und den Bürgern der Stadt Bremen.
Im Niedersächsischen Landesarchiv (Abteilung Stade) lagern eine Reihe von Akten wie diese ‚Acta wegen der Ausgetauschte und Verpartirte Ochsen‘, …
Der Zweite Bremische Krieg steht kurz bevor – in Habenhausen hat der schwedische Feldmarschall Carl Gustav Wrangel sein Hauptquartier eingerichtet. Er kann sich jedoch nicht nur auf die Vorbereitung des Kriegs konzentrieren, sondern muss sich auch mit den Osterstader Ochsen beschäftigen.
Am 31. Oktober 1666 teilt er der Regierung in Stade mit:
‚Demnach sich befindet, das das Viehe so aus dem Oster Stadischen alß den Brehmern zuständig, neulich nach der Burg getrieben, und daselbsten unter die Soldatesque vertheilet worden, gar schlecht und gering gewesen, undt nun nicht gläublich, dass so geringes Vieh von denen Brehmischen in die Weyde solte gethan sein.
Dannenher wohl vermuthlich, dass Solches von denen Leuten im Oster Stadischen vertauschet sein muß, welcher aber keines Weges zu zulaßen ist; Deßhalben den(n) auch S. Hochgeb(ohrne) Excell(en) undt Gnaden gegenwärtigen Commissarium von der Lieth committiret, dass er nach dem Osterstadischen reisen, die Sache recht untersuchen, und da er leuthe antrift, darauf er einige suspition haben möchte, in gegenwarth des amtmanns oder eines vogts examiniren, undt nach beschaffenheit der Sache, auch die Leuthe, so sie hierunter schuldig befunden, und nicht genugsame caution stellen können, das Verholte und Vertauschte Viehe wirklich zu restituiren, oder bahre bezahlung dafür zu erlegen, anhero nach dem Hauptquartier führen zu laßen.‘
Am 8. November 1666 wendet sich Hermann Almers aus Sandstedt an die Regierung in Stade und berichtet: der Proviantmeister Lüder Clüver habe ihm zwei Dragoner geschickt. Er solle einem begüterten Bremer Bürger namens Hinrich Middelstorff 60 Rthlr für zwei Ochsen bezahlen und sei darüber ganz unglücklich.
Die Wahrheit sei: Lüder Clüver und Johan Weylandt seien in Sandstedt gewesen. Hinrich Middelstorff habe eine Weile mit ihnen im Kruge gesessen und den beiden berichtet, dass dem alten Amtmann Albertus Matthiaßen zwei Ochsen ‚gerichtlich überweiset‘ worden seien. Diese Ochsen seien jedoch nicht abgeholt worden, sondern der Amtmann habe sie für 38 Rthl an einen Kaufmann verkauft. Von diesem Geld habe er dann u.a. die ‚die restirende Contribution‘ und die Einquartierung bezahlt …
Hermann Almers fügt hinzu: ‚Mein Hochflehentliches suchen und bitten, sie wollen gnädig geneigt, mir die Schwere Execution ab zu nehmen, damit ich mit mein Weib und Kinder gegen den Kalten Winter nicht in das unterste Verderb und schaden gerathen möge
Am 19. November 1666 bitten Bremer Bürger die Regierung in Stade um Erteilung eines Passes nach Osterstade zur ‚Erkundigung‚ einiger Vorfälle. Sie hätten ‚in glaubwürdige Erfahrung gebracht, ‚dass dieser Lüder Clüver aus Vegesack‚ (Anmerkung: Lüder Clüver ist Zolleinnehmer in Vegesack) sich ‚selbstmächtig 10 Oxen angemaßet‘ habe. 8 dieser Ochsen habe er aus der Blumenthaler Heyde nach Rönnebeck und über die Weser führen lassen … (NLA Stade Rep. 5a Nr. 2724)
Der folgende Ausschnitt stammt aus einer Vernehmung der Vieh-Hirten in Osterstade. Sie geben an, Lüder Clüver habe 2 Ochsen über die Weser zu Johann Ricken nach Bremen und 6 Ochsen zu Lür Koch nach Rönnebeck bringen lassen – außerdem habe er 2 Quenen nach Rönnebeck und einen Ochsen nach Vegesack treiben lassen.
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