Immer mal wieder entdecke ich in alten Zeitungen Berichte über die Schlacht in Galizien, bei der am 2. Mai 1915 u.a. auch mein Großvater Carl Ludwig Gegner starb. Der nachfolgende Text stammt aus einer Ausgabe des vom Staatsarchiv in Litauen digitalisierten Tageblatt für Litauen (1913-1918). Und immer wieder bin ich fassungslos …
‚Preußische Garderegimenter warfen den Feind aus den Höhenstellungen östlich der Biala und stürmten bei Staszkowka sieben hintereinander gelegene erbittert verteidigte russische Linien. Entweder von den Russen angesteckt oder von den Granaten getroffen, entzündete sich die hinter Gorlice gelegene große Naphtaquelle. Haushoch schlugen die Flammen aus der Tiefe und eine Rauchsäule von mehreren hundert Metern stieg gegen Himmel. Am Abend des 2. Mai als die heiße Frühlingssonne allmählich einer kühlen Nacht zu weichen begann, war die Hauptstellung ihrer ganzen Länge und Tiefe nach in einer Ausdehnung von etwa 16 Kilometer durchbrochen und ein Geländegewinn von durchschnittlich vier Kilometer erzielt. Mindestens 20.000 Gefangene, mehrere Dutzend Geschütze und etwa 50 Maschinengewehre bleiben in der Hand der verbündeten Truppen, die im Kampfe um die Siegespalme gewetteifert hatten. Außerdem wurde eine noch unübersehbare Menge von Kriegsmaterial aller Art erbeutet, darunter große Mengen von Gewehrern und Munition.‘
Die furchtbar vielen toten Soldaten, zu denen auch mein Großvater gehört, der als Gardesoldat bei genau dieser Schlacht am 2. Mai des Jahres 1915 sein Leben verlor, werden in dem Artikel überhaupt nicht erwähnt. Carl Ludwig Gegner war nicht einmal 29 Jahre alt. Hat auch er mit den anderen voller Begeisterung ‚um die Siegespalme gewetteifert‘ oder hat er auch an seine Frau und seine beiden beiden kleinen Söhne gedacht, die er vielleicht nie wiedersehen würde …?
Meine Mutter war bei Ausbruch des 1. Weltkrieges 21 Jahre alt. Sie starb gesund im hundertsten Lebensjahr und hat uns viel aus alter Zeit erzählt. Ihr jüngerer Bruder hatte gerade das Abitur und zog mit den anderen begeistert in den Krieg. Sie sprach immer wieder bei ihren Erzählungen von der großen Begeisterung der jungen Männer.