Abhängigkeit und Bestrafung von Gutsbediensteten

Viele meiner ostpreußischen Vorfahren und ihre Anverwandten waren während des 17. bis 19. Jahrhunderts in unterschiedlichen Regionen Bedienstete oder Handwerker adeliger Güter. Bezüge gibt es vor allem zu einigen Gütern des Kreises Pr. Eylau: zur Begüterung Worienen, zur Begüterung Groß Peisten sowie zur Begüterung Wildenhoff im Kirchspiel Canditten.

In Worienen

• Hans Gegner schon um 1650 als Hofmann
• Erdmann Gegner, Sohn Christoph und dessen Sohn Jacob als Böttcher
• Erdmanns Sohn Peter Gegner als Hofmann
• Albrecht Gegner als Arrendator u. Waldwart des Vorwerks Schwadtken
• Christian Schmidt(ke) als Schmied
• Michael Gegner und Carl Wilhelm Schmidt als Kunstgärtner
• Michaels Sohn Gottlieb als Kunstgärtner
• Michaels Sohn Johann Christian Gegner als Diener
• Michael Wilck, Michaels Gegners Schwiegersohn als Zimmermann
• Gottfried Reissmann als Oberwart der Privatförsterei 
• Johann Joachim Grube, dessen Schwiegersohn als Schneidermeister
• Friedrich Westphal als Müllermeister

in Groß Peisten

• Christoph Willfang, um 1719 Hofmann des Vorwerks Wangnick
• anschließend Arrendator von Wangnick
• Michael Politt, sein Schwiegersohn, Arrendator des Vorwerks Kattlack
• Christoph Rosenberg, Arrendator d. Vorwerke Achthuben u. Schwadtken
• Johann Heinrich Ankermann, Erbkrüger, Dorfschulze und Kirchenvorsteher in Peisten
• Carl Sigismund Ankermann, Müller in Peisten 

Die Vorwerke Wangnick, Achthuben, Kattlack und Schwadten lagen in einiger Entfernung vom Hauptgut Groß Peisten.

in Wildenhoff

• Jacob Lehmann, um 1700 Bräuer in Wildenhoff
• Jacob Söcknick, Gerichtsgeschworener am Hofe von Wildenhoff
• Johann Wilhelm Hellwich Müllermeister bzw. Arrendator der Landsberger Ordensmühle 
• Johann Boenke, Krüger in Canditten
• Michael Gutt, Gerichtsgeschworener in Wildenhoff
• Gottlieb Gutt war Hofmann im Vorwerk Amalienhoff, später Freikrüger in Canditten

Und dann gibt es die Familien der Bauern unter meinen Ahnen, die über Jahrhunderte in den zur Begüterung gehörenden umliegenden Dörfern leben und sich mit ihren Ehefrauen und Kindern für die Versorgung ihrer eigenen Familien und die der Gutsherren abrackern. …

Je mehr ich mich mit den Lebenswegen meiner Vorfahren befasse, desto klarer wird mir ihre extreme Abhängigkeit vom Wohlwollen der adeligen Grundherren, denen sie verpflichtet waren – im Fall meiner eigenen Ahnen waren dies die Familien von Tettau von Bredowvon Domhardt in Worienen, in Gr. Peisten die Familie von Kreytzen und in Wildenhoff die Familie von Schwerin.

Abgesehen von wenigen Ausnahmen sind die in adeligen Begüterungen lebenden Personen Untertanen der Gutsbesitzer. Dies bedeutet beispielsweise, dass sie den Gutsbezirk ohne seine Erlaubnis nicht verlassen dürfen, von ihm nach Belieben zu allen erdenklichen Diensten – dem Scharwerk – herangezogen oder auch auf einem seiner anderen Güter angesetzt werden können. Sie werden als „Theile des Guts, zu welchem sie gehören, angesehen und (können) von demselben nicht anders als durch den Loskauf oder durch einen vom Gutsbesitzer ertheilten Freyheitsbrief getrennt werden.“ (Johann Friedrich Goldbeck, Vollständige Topographie des Königreichs Preußen, 1. Teil, Königsberg u. Leipzig; 1785, Seite 62).

Nicht selten versuchen gutsuntertänige Bauern, ihren Gutsherren durch Flucht in benachbarte Ämter zu entkommen. Strafen wie das Tragen eines ‚Schandmantels‘ sind in solchen Fällen an der Tagesordnung – wie 1790 auf dem Hofplatz des Gutes Tolks.

Als Bauer oder Handwerker eines Dorfes unter Landesherrschaft ist das Leben oftmals leichter, da diese nicht so sehr der Willkür einer einzelnen Person ausgesetzt sind, liest man mancherorts.

Doch auch die Landesherrschaft wendet bei Verstößen drastische Maßnahmen an. In einem Erbpachtsvertrag über die Pottlacksche Mühle, den das Amt Natangen im Januar 1736 mit dem Müller Adam Jost Weymar schließt, wird im Zusammenhang mit der Verpflichtung des Mühlenzwangs auch die zu erwartende Strafe bei Verstößen erwähnt. In diesem Vertrag heißt es: es sollen ‚die zu dieser Mühle geschlagenen Zwangspflüchtigen (=Zwangspflichtigen) allzeit vom Beamten mit Nachdruck angehalten werden, in keinen anderen Mühlen zu mahlen, und sollen dieselben Mahl Bücher führen, die Contravenienten aber, wenn sie aus Uebermuth in frembden Mühlen … die Metze und das Mahlgeld bezahlen, auch nach Befinden mit Tragung des Spanischen Mantels, oder härterer Leibes Straffe angesehen werden.

Im Jahr 1738 erlässt der König das sog. ‚Prügelmandat‚. Er habe, sagt er darin, ‚mißfällig vernommen und auch selbst gesehen, daß die Pächter und deren Schreiber, die Unterthanen, welche bei ihren Hofdiensten etwa nicht recht arbeiteten, mit Peitschen und Stockschlägen antrieben; da er nun dergleichen barbarisches Wesen, die Unterthanen gottloserweise mit Prügeln oder Peitschen sklavischer Weise wie das Vieh anzutreiben, absolut nicht haben wolle, so verbiete er es von nun an streng bei Strafe sechswöchentlichen Karrens und im Wiederholungsfalle des Stranges, doch sollte das nicht für (Ost-)Preußen gelten, weil das Volk daselbst sehr faul, gottlos und ungehorsam sei. Für die anderen Provinzen sollten die bei Hofdiensten faulen Unterthanen durch Einspannung in den Stock, Umhängung des Spanischen Mantels und Festungsarbeit bestraft werden, wenn sie aber geschlagen würden, sich beschweren dürfen.‘ (Gustav Adolf Harald Stenzel, Geschichte des preußischen Staats, 3, Teil; Hamburg 1841, Seite 680)

Quelle: Preußische Rechtsquellen Digital

In Ostpreußen darf demnach nach wie vor ohne Beschwerde geschlagen und gepeitscht werden und ich frage mich nicht nur, ob dies auch meinen Vorfahren geschah – sondern auch, ob nicht diejenigen unter meinen Vorfahren, die als Arrendatoren der Vorwerke von Groß Peisten die dort zu erledigenden Arbeiten überwachten, selbst derartige Methoden angewandt haben mögen ….

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Die Nordwest-Zeitung berichtet …

Ich freue mich, dass meine Spurensuche dazu beigetragen hat, die Geschichte der über lange Zeit in Friesoythe ansässigen Firma Ankermann nachzuvollziehen. Der Ursprung der Familie liegt in Ostpreußen – Näheres dazu ist im vorherigen Beitrag nachzulesen.

NWZ vom 20.1.2023
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Firma Ankermann & Co in Berlin und Friesoythe

Ich habe mich in den vergangenen Jahren oft gefragt, wer die in Friesoythe ansässige Firma Ankermann&Co gegründet haben mag und ob es möglicherweise eine familiäre Verbindung dieses Gründers zu den Ankermann-Familien in Ostpreußen und somit zu meinen Ankermann-Vorfahren gibt …?

Es gibt diese Verbindung! Ein alter Ankermann-Stammbaum und eine gründliche Recherche haben mich auf die Spur gebracht. Die Verbindung kommt durch eine Eheschließung zustande, die im Jahre 1777 in der kleinen Kirche von Klein Dexen – Pr. Eylau – vollzogen wird ….

Manchmal schießt meine – ursprünglich nur von genealogischem Interesse geprägte Spurensuche – jedoch weit übers Ziel hinaus. So auch in diesem Fall! Mich interessieren immer auch auch die Lebensläufe der Nachfahren meiner Vorfahren und dies konnte ich ermitteln:

Im Jahre 1940 wird neben den drei Ankermann-Geschwistern – dem Ethnologen und Afriakforscher Professor Dr. Bernhard Ankermann, der Malerin Elisabeth Ankermann und der Klavierlehrerin Marie Ankermann – auch der Apotheker Curt Ankermann im Berliner Adressbuch aufgeführt. Sie alle sind miteinander verwandt – Curts Großvater und der Vater der drei Geschwister sind Brüder.

Adressbuch Berlin 1940

CURT Hermann Hugo Ernst Ankermann – so der vollständiger Name – ist der älteste Sohn des Apothekers Ernst Ankermann und dessen Ehefrau Alma Jeske. (Anmerkung: weitere Informationen zu den Familien s.u.). Zum Zeitpunkt seiner Eheschließung in Berlin-Wilmersdorf (1928) mit Lieselotte Ida Helene Loesch – einer Tochter des Oberförsters Franz Friedrich August Loesch – ist Curt Ankermann Besitzer einer Apotheke in der Kleinstadt Grimmen.

Er verlässt die Kleinstadt und zieht nach Berlin. Hier wird er zunächst als Apotheker in Schmargendorf, dann als Pächter der Wilhelmstädtischen Apotheke genannt, die sich im Haus Luisenstraße Nr. 19 befindet.

Die Lage der Apotheke ist ausgesprochen günstig – in unmittelbarer Nähe befinden sich auch Gebäude der Berliner Charité.

Curt Ankermann verkauft nicht nur Medikamente, er gründet im Haus Luisenstaße Nr. 20 auch ein Chemisches Labor, in dem spezielle Vitamin-Präparate hergestellt werden. Dieses Labor wird nicht von ihm allein betrieben.

Im August 1940 schließt Professor Theo Morell mit dem Apotheker Curt Ankermann ein Privatabkommen, das ihm einen Anteil von 25% an der an diesem Tag neu zu gründenden Kommanditgesellschaft ‚Chemisches Laboratorium Ankermann und Co‚ sichert. (Quelle: Ottmar Katz: Prof. Dr. med The Morell (1982)

Adressbuch Berlin 1942

Der genannte Arzt Theodor Morell ist in Berlin seit Beginn der dreißiger Jahre zu einem ausgesprochenen ‚Prominentenarzt‚ avanciert. In seiner Privatpraxis am Kurfürstendamm und ‚in seinem Wartezimmer gaben sich Prominente wie Richard Tauber, Max Schmeling, Rosita Serrano, Martha Eggert und die Lebensgefährtin von Hans Albers, Hansi Burg, die Klinke in die Hand. Es waren Leute von Bühne und Film, aus Sport, Wirtschaft und Politik Als er mit seinen Behandlungsmethoden Erfolg hatte, war seine Existenz als Leibarzt des Führers (Adolf Hitler) gesichert‘. (Quelle: IRVING – Die geheimen Tagebücher des Dr Morell)

Adressbuch Berlin 1942

‚Zwischen 1941 und 1945 verordnete M(orell) mindestens 92 verschiedene Medikamente und machte ihm (Adolf Hitler) über 1000 intravenöse und intramuskuläre Injektionen zu dessen Zufriedenheit und teilweise auf dessen Verlangen. Psychopharmaka kamen dabei nicht zum Einsatz. Zugleich baute M(orell) vom jeweiligen Führerhauptquartier aus seit 1943 ein Pharma-Imperium auf, das von Riga über Winniza und Olmütz bis Charkow reichte, aber in dem Maße liquidiert wurde, wie die besetzten Ostgebiete verlorengingen. Er war Eigentümer bzw. Treuhänder mit Vorkaufsrecht von sechs Firmen in den von Deutschland besetzten Gebieten. An einer Reihe deutscher Pharmafirmen war er maßgeblich beteiligt‚. (Quelle: Schenck, Ernst Günther, „Morell, Theodor“ in: Neue Deutsche Biographie 18 (1997), S. 97-98

Adressbuch Berlin 1941

Die Zusammenarbeit Theodor Morells mit der Firma Ankermann & Co funktioniert. ‚Die Firma erklärte sich am 1.8.1941 bereit, … 40.000 Riegel = 160.000 Täfelchen Intelan zur Verfügung zu stellen, und Ankermann teilte Morell am 4.11.1941 mit, er habe nach Rücksprache mit dem leitenden Apotheker der Waffen-SS, Oberführer Dr. Blumenreuther 40.000 Vitamin A + D Tabletten „ Intelan human “ an das SS – Hauptsanitätslager in Berlin – Lichtenberg versandt‘. (Quelle: Ernst Günther Schenck, Prof. Dr. med. Theodor Gilbert Morell: Hitlers Leibarzt und seine Medikamente)

Quelle: Hans-Joachim Neumann u. Henrik Eberle ‚War Hitler krank?‘

Im Oktober 1942 verlegt Curt Ankermann den Betrieb – zumindest einen Teil davon – wegen der sich verstärkenden Luftangriffe auf Berlin nach Friesoythe/Oldenburg in das dort bereits bestehende Impfstoffwerk von Dr. Meiners.

Fabriziert wird nun sowohl in Berlin als auch in Friesoythe. In Berlin werden u.a. auch antibiotikumhaltige Mittel hergestellt, die zur Aufzucht und Mast von Schweinen und Geflügel verwendet werden. Eine Filiale des Berliner Betriebs wird zunächst unter TreuhandVerwaltung gestellt – später wird sie Volkseigentum der DDR. ‚Im Zuge der Rekonstruktion der pharmazeutischen Industrie der DDR erhielt der VEB Serum-Werk Bernburg Ende 1960 den bis zu diesem Zeitpunkt in Treuhand-Verwaltung befindlichen Betrieb Vitamin-Chemie Ankermann & Co GmbH Berlin-Mitte als neuen Betriebsteil‘. (Quelle: Florian Georg Leupold, Die Geschichte des VEB Serum-Werk Bernburg von 1954 bis 1990 unter besonderer Berücksichtigung biogener Arzneistoffe; Dissertation Marburg/Lahn 2018)

In Friesoythe wird der Name Ankermann & Co beibehalten – als Inhaber des Werks wird der Chemiker Helmuth Wawretschek genannt, der auch aus Berlin stammt.

Curt Ankermann selbst lebt fortan in Hamburg, wo 1956 die Paracelsus Apotheke eröffnet, die noch heute unter dieser Adresse besteht. Noch 1973 wird Curt Ankermann im Hamburger Adressbuch genannt – 1978 verstirbt er in Überlingen am Bodensee.

Adressbuch Hamburg – 1960

Ankermann & Co in Friesoythe

Über die Ankermann-Werke in Friesoythe berichtet die Oldenburger Nordwest-Zeitung immer wieder – zum Beispiel im Juni 1949:

NWZ Februar 1950

Der chemischen Fabrik Ankermann&Co, die nach ihrer Ausbombung in Berlin bei dem ihm befreundeten Impfstoffwerk in Friesoythe Unterkunft gefunden hat, ist es gelungen, ein Mastmittel herzustellen, von dem eine erhebliche Beschleunigung der Mast von Schweinen, Kälbern und Geflügel erwartet wird. Das neue Mittel heißt ‚TURIL‘.

Durch die Herstellung von TURIL und des in der Jungtieraufzucht bewährten Vitaminkonzentrats MIKULSION ist es der Firma Ankermann möglich geworden, den Einwohnern der so schwer getroffenen Stadt Friesoythe neue Arbeitsmöglichkeiten zu erschließen.

Im Dezember 1954 kann man im Münsterländer lesen: ‚Seit 1946 hat Friesoythe neben dem Impfstoffwerk Dr. Meiners ein weiteres pharmazeutisches Werk: Ankermann&Co, ein Flüchtlingsunternehmen, Sitz Berlin. AmRande der Stadt, rechts von der Straße nach Cloppenburg, bevor sie die Soeste überschreitet, liegt etwa 100 m seitwärts ein niedriges, nicht umfangreiches Gebäude, in dem täglich Erzeugnisse hergestellt werden, deren Abnehmer in der Bundesrepublik und in fernen überseeischen Ländern sitzen …. Flüssige Vitamine werden erarbeitet. Nachdem der chemische Prozeß abgeschlossen ist, werden sie in Glasfläschen gefüllt, … luftdicht abgeschlossen und versandfertig gemacht. … Mit dem Firmennamen tragen sie auch den Namen Friesoythe in die Bundesrepublik und in ferne überseeische Länder. Hauptabnehmer des Vitamins Ankermann&Co ist Indien. Lieferungsverträge mit Burma und anderen Ländern sind geplant.‘

Seit 1956 trägt ein – noch heute im Handel befindliches – Vitamin-B-12-Präparat den Namen ‚Ankermann‚. Hergestellt wird es damals in Friesoythe – 1959 wird im Ärzteblatt dafür geworben:

Werbung im Bayrischen Ärzteblatt – Oktober 1959

Im Laufe der Jahrzehnte expandiert das Friesoyther Werk – 1973 wird die Fa. Ankermann & Co ein Tochterunternehmen des US-Konzerns ‚Cooper Laboratories International Inc.‘ Neue Produkte werden hergestellt und in viele Länder der Welt exportiert. Im Jahr 1974 hat das Werk 90 Mitarbeiter.

Im Oktober 1974 ist im ‚Münsterländer‘ der NWZ ist zu lesen: ‚Die Arzneimittelfirma Ankermann & Co GmbH mit Sitz in Friesoythe (Kreis Cloppenburg) ist jetzt der europäische Versorgungspunkt für Kavosan, Avena und Emulave – Medikamente zur Haut- und Mundpflege. Damit löst die Tochtergesellschaft des US-Konzerns ‚Cooper Laboratories International Inc.‘ die italienische Schwesterfirma in Mailand ab, die noch bis vor kurzem Zentralverteiler für Kavosan, Avena und Emulave in Europa gewesen war. Gleichzeitig mit dem Ausbau der Produktions– und Lagerräume vergrößerte das seit 1946 in Friesoythe ansässige Unternehmen seine Mitarbeiterzahl von bisher 72 bis nunmehr 90 Beschäftigte‘.

Nachfolgend einige Zeitungsberichte der NWZ aus der Zeit von 1974 bis 1996, in denen die Ankermann-Werke in Friesoythe erwähnt werden. Die Rechte der Berichte liegen bei der Nordwest-Zeitung – die Wiedergabe der Ausschnitte in diesem Blog geschieht mit freundlicher Genehmigung der NWZ.

Friesoyther Nachrichten – Beilage der NWZ – November 1974
Der Münsterländer – Beilage der NWZ – März 1979
Der Münsterländer – Beilage der NWZ – Januar 1980
Der Münsterländer – Beilage der NWZ – Februar 1996

Seit Gründung des Werks in Friesoythe sind inzwischen 50 Jahre vergangen und obwohl das Unternehmen mittlerweile mehrfach den Besitzer gewechselt hat, ist es auch 1996 immer noch unter dem Namen ‚Ankermann‚ bekannt

Zur Familie von Curt Ankermann

Curt Ankermanns Großvater väterlicherseits – Eduard Wilhelm HUGO Ankermann – heiratet 1862 in Königsberg MINNA Antonie Kathinka Laudien, eine Tochter des Königsberger Pfarrers Theodor Laudien. Hugo Ankermann ist Arzt – zunächst in Königsberg und dann Allenburg, wo seine Ehefrau drei Söhne zur Welt bringt:

  • Ludwig Theodor BRUNO Ankermann *1863
    • ALFRED Hugo Hermann Ankermann * 1865 und
      • ERNST Anton Franz Ankermann *1867

Bruno Ankermann wird Pfarrer – zunächst in Gerdauen, dann in Lindenau, im Kreis Heiligenbeil. 1926 ist er Konsistorialrat in Königsberg, wo er 1938 verstirbt. Er ist verheiratet mit Hedwig Anna Louise Laudien. Die beiden haben insgesamt 9 Kinder.

Bruder Alfred lebt als General-Landschaftskalkulator in Königsberg – heiratet Luise Catharina Charlotte (Käthe) Moehrke und bekommt 2 Söhne.

Ernst Ankermann – der jüngste Bruder – wird Apotheker. 1893 legt er in Königsberg seine Staatsprüfung ab. Er zieht zunächst nach Danzig, aber schon 1895 lebt er als Apotheker in Gollantsch – südwestlich von Bromberg. Er ist verheiratet mit Alma Jeske und bekommt 3 Kinder, die in Gollantsch zur Welt kommen: Curt Ankermann Bruno Ankermann und Else Ankermann.

Ernst Ankermann wird vor 1910 als Besitzer der Fima „Ernst Ankermann, Adler-Apotheke und Drogenhandlung“ in Argenau genannt – 1916 wird seine Ehefrau Alma Ankermann, geb. Jeske – inzwischen verwitwet – als Apothekenbesitzerin in Rogasen aufgeführt

Curt Ankermannns Bruder Bruno Ankermann wird als Inhaber verschiedener Apotheken in Posen genannt – 1935 z.B. als Inhaber der ‚Löwen-Apotheke und Drogenhandlung in Stolpmünde‚.

Schwester Else Ankermann heiratet einen Pfarrer.

Nach dem Tod seiner Ehefrau heiratet der o.g. Arzt Hugo Ankermann – Vater von Bruno, Alfred und Ernst – in 2. Ehe Rosalie Amalie Renate Schmidt aus Danzig – 1873 wird in Königsberg ihre Tochter Gertrud Amalie Charlotte Ankermann geboren. Sie wird Lehrerin und lebt nach ihrer Heirat mit dem Witwer Friedrich Johann Heinrich Stührenberg in Rastede bei Oldenburg.

Viele weitere Beiträge zu Personen und Familien namens ‚Ankermann‘ – zu verschiedenen Zeiten in unterschiedlichen Orten – sind hier zu finden!

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Trauriger Zustand der Stadt Landsberg (Pr. Eylau) um 1840

Von 1876-1880 wird die Chronik der ostpreußischen Stadt Landsberg von dem ursprünglich aus dem Kreis Gerdauen stammenden Rektor Carl Ludwig Holldack (1807-1884) geführt, der u.a. auch den Zustand der Stadt bei seiner dortigen Ankunft im Jahr 1841 beschreibt. Er berichtet:

‚Wie wenig Landsberg in unserem Preußen bekannt, erfuhr ich selbst, als ich 1841 aus dem glücklichen Litthauen, hierher kam und welche Noth ich hatte, um über Schippenbeil, Bartenstein und Pr. Eylau den Weg nach Landsberg zu finden. Ich fuhr damals noch ohne Chaussee – bei Grünhöfchen gleich hinter Eylau hatten die Pferde noch einen tüchtigen Lehmweg zu laufen – zwischen Zipperken und Woymanns gab`s noch den langen Woriener Wald zu passieren, wo inmitten des Waldes über einen gefährlichen Bruch nur eine zerfallene Knüppelbrücke trug dann kam hinter Woymanns auf der Höhe noch ein Birkenwäldchen und wenn man dieses passiert, sah man von dieser Höhe weit in der Ferne, im tiefen Grunde ein Cumulat von grauen Gebäuden, nicht bezeichnet durch eine Thurmspitze oder durch sonst einen erhabenen Gegenstand.

Und dieser Haufen von Gebäuden war unser Städtchen Landsberg. Und in welchem Zustande fand ich nun dieses Städtchen, wo ich nun bleiben und wohnen sollte? So zerfallen, verfallen und verlumpt, so daß ich mich schämte, hierher gegangen zu sein, und ich wäre wirklich bald auf und davon gegangen, wenn mich nicht die Freundlichkeit seiner Bewohner: des praktischen Arztes Heinrich, des Medizinapothekers Lehmann, des Kaufmanns G. Reimer und mehrerer anderer Biedermänner zurückgehalten und gefesselt.

Ausschnitt aus einem Pr. Eylauer Kreisblatt von 1848 – Landsberg hat insgesamt 2072 Bewohner

Wie war dann nun Landsberg ? Wie sah es denn aus ? Nicht einmal wie ein gutes, schönes Dorf (Norkitten, Butsinen etc.) Litthauens. Die Giebel der Häuser waren alle mit Brettern verschlagen und gaben, durch die Witterung in Grau verwittert der Stadt dunkeles Aussehen höchstens ein weißer Schornstein markierte in der Ferne das einzelne Wohnhaus. Die Straßen der Stadt waren zwar gepflastert, aber so schief und bergig wie es die bergige Lage des Ortes erforderte wenn man auf der anderen Seite des Marktes ging, so sah man auf der anderen Seite von den Vorübergehenden nur deren Büste; in den Straßen und auf den Seitentheilen des Marktes gingen große Mittelsteine und nebenbei waren solche Geleise ausgefahren, daß man darin die Füße brechen konnte; der Markt war außerdem verunziert durch die alte Wache (siehe fol. 16) und durch die beiden hochgebauten Röhrenbrunnen;

Die Häuser um den Marktplatz hatten beinahe noch alle die sogenannten Tauben, an denen zu beiden Seiten lange hölzerne Rinnen hervorragten, die bei Regenwetter das Wasser weit hinaus auf die Straße ausspülten, das Rathaus war vernagelt und sein Gemäuer sehr grau und abgefallen und der Rathausthurm war abgebrochen bis auf die Laterne und einige Seitentheile des Thurms, die sogenannten Becken bewegten sich hin und her im Winde.

Die Hinterstraßen der Stadt, sogar gegenüber der Kirche !! waren mit hohen Mistkasten bebaut, auf denen sich die Spiegel oder Brillen der Abtritte der Vorderhäuser präsentirten: die hohe Brücke war eingestürzt und es ging eine Bohlen-Nothbrücke über den alten Festungsgraben; der Kirchthurm war bis auf das Rumpfstück abgebrochen und oben darüber ein hölzern Nothdache geschlossen, weil das Gemäuer mit den Eckthürmchen herabgefallen; der Platz war vor der Kirche noch mit allen eingefallenen Gräbern besetzt, aber so löcherig und falzerig, daß man fast nicht gehen konnte.

Anmerkung: Im Februar 1841 gibt der Landrat bekannt, dass mit den Reparaturarbeiten der Kirche begonnen werden soll:

Am Giebelende lag ein Haufen Schutt von 15-20 Fuß Höhe, neben dem alten Schulgebäude der Rektor-Classe ein ähnlicher Lehm- und Schutthaufen, so daß die Schüler der Rektor-Classe sehr oft den Weg nach dem Angerberge, wo sie ganz offen ihre Nothdruft verrichteten durch die Giebelfenster nahmen.

Die Schmutzstraßen wurden selten gereinigt zu beiden Seiten lagen rechts und links aufgefahrene auhölzer. Die Scheuer selbst noch alle mit Stroh gedeckt, was dem Ansehen unseres Städtchen ein düsteres Aussehen gab. An eine Beleuchtung der Straßen während der Nachtzeit war nicht zu denken höchstens leuchteten einige Thranlampen über den Thüren der Kaufmannshäuser.

Die beiden massiven Thore waren 1841 schon abgebrochen, aber man hatte noch keine Zeit gefunden, nun den Bauschutt von den beiden Thorstellen wegzufahren. Schweine trieben sich in ganzen Scharen auf den Straßen herum und wühlten die freien Plätze um, das Rindvieh und die Pferde, alles wurde durch die Häuser und durch die Straßen getrieben, wenn der Hirte blies und die Straßen wurden durch den Viehkoth sehr verunreinigt – unsere Stadt glich daher mehr einem Dorfe, als einer civilisirten Stadt.

Ja, so traurig und unansehlich, ich übertreibe nicht sah unsere Vaterstadt nach 1841 aus, als ich mich hier ansiedelte. Keiner wollte Etwas bauen oder verschönern, weder Magistrat, noch Bürgerschft. Alles blieb so verfallen und unschön und wurde der jungen Generation zum Bauen und Verschönern überlassen‘.

Ab etwa 1860 ändert sich das traurige Bild. Es wird viel gebaut und renoviert und die kleine ostpreußische Stadt Landsberg wird zusehends schöner ….. Dazu auch der folgende Beitrag:

Carl Ludwig Jeromin – der erste Maurermeister in Landsberg

Weitere Informationen zur Geschichte der Stadt:

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Hoffentlich waren sie zufrieden ….

Ich kann meine ostpreußischen Gegner-Vorfahren bis um 1650 zurück verfolgen. Sie leben um diese Zeit im Kirchdorf Eichhorn des späteren Kreises Preußisch Eylau. Schon zu Zeiten von Georg Abel von Tettau wird dort Hans Gegner als Hofmann der Begüterung Worienen genannt.

Einige Generationen später verlassen mehrere Gegner-Nachfahren ihre ostpreußische Heimat und ziehen in ganz unterschiedliche Regionen. Fast immer sind es junge alleinstehende Männer, die Ostpreußen den Rücken kehren, um ihr Glück in einer anderen Welt zu suchen: in Berlin Stettin Breslau Dänemark Schweden oder aber in Amerika ….

Und einige von ihnen scheinen ihr Glück auch gefunden zu haben!

Zu diesen mutigen jungen Männern gehört auch Johann Gottfried Gegner, der am 8. Mai 1794 als jüngster Bruder meines Ur-Ur-Ur-Großvaters Ernst Wilhelm Gegner in Eichhorn zur Welt kam. Als Unteroffizier des Garde Regiments heiratet Johann Gottfried in Berlin Friederike Charlotte Sophia Fick aus Treptow a. d. Rega und lebt später als Steuer-Kontrolleur in Mengelrode (Kreis Erfurt) und in Cörlin (Kreis Belgard). In Mengelrode wird 1826 auch Sohn Johann Gustav Heinrich Gegner geboren.

Über diese Familienzusammenhänge habe ich vor einigen Jahren schon berichtet.

Bislang habe ich in Karteien und Datensammlungen immer vergeblich nach Nennungen des Namens ‚Gegner‚ gesucht – aber nun entdeckte ich beim Durchblättern von Band 117 des ‚Deutschen Geschlechterbuchs‚ zufällig dieses Foto!

Das Bild zeigt Marie Auguste Friederike Gegner, eine Enkelin des von Eichhorn ‚ausgewanderten‘ Johann Gottlieb Gegner und Tochter dessen Sohn Johann Gustav Heinrich Gegner und seiner Ehefrau Auguste Johanne Henriette Klewe.

Gustav Gegner wird Regierungs-Kanzleisekretär in Stettin, wo Marie am 3. Februar 1860 als 6. Kind zur Welt kommt.

Das obige Foto ist vermutlich 1889 in Stettin entstanden. Marie ist mittlerweile verheiratet und elegant gekleidet. Auf ihrem Schoß sitzt Sohn Hans Gustav Eduard Borkowski, ihr ältester Sohn, der fast auf den Tag genau 9 Monate nach ihrer Eheschließung mit dem Stettiner Kaufmann Otto Richard Borkowski geboren wurde.

Auch ein Foto ihres Ehemanns gibt es zu sehen – ich finde, er sieht sehr freundlich aus! Gemeinsam mit seinem Schwager Max Bauck betreibt Otto Borkowski in Stettin eine Mehlgroßhandlung.

Adressbuch Stettin 1899
Adressbuch Stettin 1899

Angaben zu den Söhnen von Otto Borkowski und Marie, geb. Gegner: Sohn Hans wird später Studienrat in Kolberg. 1920 heiratet er in Stettin Charlotte Mathilde Therese Scholtz (*1891). Sein Bruder Rudolf Max Otto Borkowski (*1893 in Stettin) wird Apotheker. Er ehelicht 1923 Charlotte Emilie Berta Gutowski (*6.6.1905) in Gilgenburg, Kr. Osterode und lebt mit seiner Familie zunächst in Stettin – ab 1937 ist er Besitzer der Linden-Apotheke in Ducherow bei Anklam.

Hier sieht man sie: Hans und Rudolf Borkowski – Rudolf mit seiner Familie (Quelle: Dtsch. Geschlechterbuch 117)

Auch Maries jüngere Schwester Ottilie Antonie Margarethe Gegner (*1863 in Stettin) wird erwähnt – sie wird die Ehefrau des o.a. Stettiner Kaufmanns Max Gustav Bauck, der als Schwager von Otto Borkowski genannt wird.

Beide Gegner-Mädchen scheinen somit eine ‚gute Partie‚ gemacht zu haben! Hoffentlich waren sie auch zufrieden!

Max Bauck wird 1855 in Jagertow im Kreis Belgard als Sohn des Rittergutsbesitzers Ernst Albert Friedrich Theodor Bauck und desses Ehefrau Berta Wilhelmine Marie Devantier geboren. Lt. Angabe im Geschlechterbuch ist Albert Baucks Vater ein unehelicher, angenommener Sohn des Jagower Rittergutsbesitzers Johann Wilhelm Gottfried Ernst Bauck. Die Mutter heißt Dorothea Henriette Brose.

Durch seine anschließende Eheschließung mit Juliane Albertine Friederike von Bonin, einer Tochter von Georg Friedrich Felix von Bonin und Friederike Henriette von Manteuffel, wurde Ernst Bauck Besitzer des Guts Jagertow.

Quelle: Geschichte des Hinterpommerschen Geschlchts von Bonin

Marie Borkowski, geb. Gegner, verbringt ihre letzten Lebensjahre offenbar bei Sohn Rudolf in Ducherow – dort verstirbt sie am 12. März 1938. Das Sterbedatum ihrer Schwester Margarethe Bauck, geb. Gegner, konnte ich nicht ermitteln.

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Ein Kanal von Gallehnen nach Worienen …

Mit der Begüterung Worienen im Kreis Pr. Eylau habe ich mich lange und intensiv beschäftigt – so intensiv, dass letztlich sogar ein Buch daraus wurde … Teile dieses Beitrags habe ich dem Buch entnommen.

Eine Mühle existiert in Worienen bereits um 1437. Auch in der Verleihung der Begüterung an Fabian von Lehndorf (1558) wird diese Mühle erwähnt. Sie befindet sich zunächst in unmittelbarer Nähe des späteren Schlossgebäudes – am sogenannten „Winterteich“, der damals noch „Mühlenteich“ hieß.

Von den ehemaligen Woriener Bewohnern wurde dieser Teich nicht „Winterteich„, sondern “Widderteich“ genannt. Er wird jedoch auch in den Gutsakten als „Winterteich“ bezeichnet. Wie dieser Namenswechsel zustande kam, ist nicht bekannt – allerdings haben die Bewohner nach dieser Änderung offenbar nach Erklärungen für die Benennung gesucht. So erzählte man sich, dass das Wasser beim Bau der Schlossanlage mit Hilfe eines Widders in den Wasserturm gepumpt worden sei und dass daher der Name „Widderteich“ stamme.

Das Symbol der Schleuse kann man im obigen Messtischblatt gut erkennen

Den Gutsakten (Staatsarchiv Olsztyn, Best. 383/55, Grundakten der im Haupt Amte Preusch Eylau gelegenen Worienenschen Ritter-Güter) kann man entnehmen, dass diese Mühle im Laufe der Zeit mehrfach erneuert und zeitweise gar nicht betrieben wird. Erst unter Mathias Christoph von Bredow (Gutsbesitzer von Worienen in der Zeit von 1724-1763) wird an anderer Stelle eine neue Mühle erbaut und betrieben. Diese befand sich „auf dem Felde, links am Wege von Worienen nach Polassen.“ (Gutsakten).

Der alte Mühlenteich am Hofe wird fortan zur Fischzucht genutzt.

Von 1763 bis 1833 befindet sich die Begüterung Worienen im Besitz der Familie von Domhardt. Erster Besitzer ist der damalige Kammerpräsident und spätere Ober-Präsident sämtlicher preußischer Kammern (Königsberg, Gumbinnen und Marienwerder) Johann Friedrich von Domhardt.

Bei Übernahme der Begüterung durch Johann Friedrich von Domhardt ist die Mühle baufällig und nicht mehr zu verwenden. Der Ober-Praesident von Domhardt ließ also im Jahre 1764 die … oberschlächtige Mahl-Mühle von zwey Gängen und eine Schneide-Mühle an dem großen Teiche anlegen, und weil es dieser Mühle an Waßer fehlte, so aquirirte er das an den Preusch. Eylauschen Müller Keiter ausgethane Königliche Amts-Vorwerk Gallehnen von diesem…“ (Anmerkung: dieser Müller Keiter – zeitweise Keyter, aber auch Kieter geschrieben – der Kaufvertrag wird im Dezember 1771 geschlossen).

Johann Friedrich von Domhardt lässt vom Vorwerk Gallehnen aus einen Kanal durch den Mohrbruch bis nach Worienen ziehen und – zur Aufstauung der Elm – in Gallehnen eine StauSchleuse mit einem Überfall anlegen, so dass das aufgestaute Wasser der Elm in den Kanal treten und der neuen Mühle zufließen muss. Durch Ableitung werden auch die Wiesen bei Glomsienen und Dörsen, die im Sommer häufig überschwemmt sind, vom Wasser befreit. Anschließend verkauft Domhardt das Vorwerk Gallehnen für 1000 Rthlr an den Oberamtmann Kirschstein.

Das Vorwerk Gallehnen (Quelle: Bildarchiv Ostpreußen)

Domhardt übernimmt die Kosten für die ständige Unterhaltung der Stau-Schleuse, Kirschstein aber „für sich, seine Nachkommen und künftige Besitzer des Vorwercks Gallehnen . . . . die Räumung des Canals in den Gallehnschen Grentzen, die Erhaltung und Wiederherstellung des Grund-Stockes und bey einem neuen Bau der Stau-Schleuse die Gestellung einiger Erd- und Lehm-Fuhren zur Hälfte“. (Gutsakten)

Diese Vereinbarung wird jedoch nicht eingehalten.

Um 1790 gehört das Vorwerk Gallehnen dem damaligen Erbherrn von Worlack Ludwig Friedrich Ferdinand von Beguignolle. Und wieder gibt es Probleme mit der Unterhaltung des Kanals und somit auch mit der Wasserversorgung der Woriener Mühle.

Ausschnitt aus den Gutsakten

Ludwig Friedrich von Domhardt (Sohn und Erbe von Johann Friedrich von Domhardt) notiert 1792 persönlich in den Grundakten: „Im Sommer des vorigen Jahres hat der jetzige Erb Pacht Besitzer des Vorwercks Gallehnen Lieutnant Beguignolle die Erfüllung seiner Obligenheiten verweigert und er hat deshalb bei der Königlichen Regierung rechtlich belanget werden müssen; hier schwelet der Proceß in der ersten Instantz und soll nach dessen gänzlicher Entscheidung, wahrscheinlich in der dritten Instantz hier das Nöthige eingeschaltet, auch der Weg angezeiget werden, auf dem der Worienschen Mühle ohne große Kosten das nöthige Mahl Waßer zuzuführen, ohne so wenig die Gallehnensche als irgend eine andere Grentze zu berühren“. (Gutsakten)

Letzlich kauft Ludwig Friedrich von Domhardt das Vorwerk Gallehnen wieder zurück. Er berichtet: „Ich habe dieses Vorwerk am 15. November 1792 . . . an mich gekauft und damit dem Proceß ein Ende gemacht. Denen Worienschen Güthern ist es wegen der Mühle und wegen seines vielen und guten Heuschlages unentbehrlich. Noch ist es sehr deteriosieret und die oeconomische Gebäude sind äußerst baufällig. Ich werde es succesive melioriren und die Gebäude, so wie es nöthig und die Umstände es gestatten, neu bauen oder reparieren laßen.“ (Gutsakten)

Auszug aus den Vasallen-Listen 1823

Um 1835 ist Gallehnen im Besitz des Amtmanns Valentini auf Henriettenhof.

Vom Jahre 1728 an werden im Kirchenbuch durchgängig Müller, Müllergesellen bzw. Pächter oder Besitzer der Woriener Mühle genannt. Als solche konnte ich ermitteln:

Auszug aus meiner Chronik von Worienen

Der Müllermeister Friedrich Westphal, der die Woriener Mühle von 1818 bis 1826 betreibt, ist mein Ur-Ur-Ur-Großvater. In dieser Zeit werden dort von seiner Ehefrau Anna Carolina Gutt vier Kinder zur Welt gebracht – u.a. auch mein Ur-Ur-Großvater Johann Carl Westphal.

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Geschlossene Heiratskreise

Der Soziologe und Genealoge Hermann Mitgau (1895-1980) beschäftigte sich u.a. mit der ‚Heiratspolitik‚ bestimmter Gesellschaftskreise und prägte in diesem Zusammenhang den Begriff der ‚Sozialen Inzucht‚. 1968 schreibt er:

„Bis heute verbreitet und mühelos feststellbar ist das oft generationentiefe Untereinanderverwandtsein‚ bestimmter Gesellschaftskreise – etwa des Hohen Adels oder der Hofbesitzer eines alten Bauerndorfs oder auch ‚führender Familien‚ der Finanz und Industrie, wobei es sich nicht einmal um örtlich eng zu ziehemde Grenzen zu handeln braucht. Das Heiraten innerhalb gleichgestellter sozialer Schichten wollen wir ‚Soziale Inzucht‚ nennen (in Parallele zu dem Begriff der biologischen Inzucht). Diese Soziale Inzucht ergibt ‚Geschlossene Heiratskreise‚ …

Man tat alles, um gewissermaßen genealogisch unter sich zu bleiben: der alte Adel als Führungsschicht in der Politik … die Industriemagnaten wie die Völlhöfner auf dem Lande. Denn alle ständische Priviligierung ruft hervor (und ist dadurch bedingt) Zusammenhalt nach außen, d.h. Abwehr der konkurrierenden Nachbarschicht und Gleichberechtigungs– wie Ausgleichsstreben nach innen. ..

Mitgau erinnert daran, dass Eheschließungen früherer Generationen nicht aus Liebe vollzogen wurden, sondern dass die Ehepartner nach ganz anderen Gesichtspunkten erwählt wurden.

Wir vergessen heute leicht, dass es einmal Jahrhunderte gegeben hat, in denen man in dem ‚Wir‚ solcher Gemeinsamkeit lebte, handelte, dachte und empfand, d.h. in unserem Falle, dass nicht die Person, sondern der Standesvertreter und der Erbe, die Erbin heiratete, dass noch weit bis ins 18. Jahrhundert hinein auch in den Städten die Eltern die Ehe stifteten und zwar nach wohl überlegten Gesichtspunkten solider Vermögenspolitik und Standesgemäßheit..‘.

Beispiele ‚Geschlossener Heiratskreise‚ finden wir in vielen verschiedenen Gesellschaftsschichten zu unterschiedlichen Zeiten in unterschiedlichen Regionen – auch in Ostpreußen!

  • Die Kinder von Kölmern heiraten gewöhnlich untereinander. ‚Der Kölmer fühlte sich als freier Mann auf freier Scholle, als kleiner König auf seinem Grund und Boden, auch wenn dieser noch so klein war Der Standesunterschied zwischen ihm und dem Scharwerksbauern war so groß, dass er seine Tochter unmöglich dem Wirt eines landesherrlichen oder adeligen Dorfes gegeben hätte.“ (Emil Johannes Guttzeit, Alte natangische Bauerngeschlechter)

Manchmal wurde auch ein wenig nachgeholfen:

  • Zugewanderten Handwerksmeistern wurde die Niederlassung erleichtert, wenn sie eine Witwe der Zunft heirateten
  • Kaufleute erhielten Vergünstigungen, wenn sie Bürger einer Stadt werden wollten. So wollte man verhüten, dass kostbares Heirats- und Nachlassgut die Stadtmauern verließ.

Es ist interessant, diese These anhand der eigenen Vorfahren zu prüfen.

  • Bei meinen Kölmer-Vorfahren im Kreis Heiligenbeil wird diese Heiratspolitik sehr deutlich. Die Kölmer-Familien im Kirchspiel Eichholz namens Tolkmitt Hantel Sternberg Ross Lange usw. sind teilweise schon Taufpaten ihrer späteren Schwiegertöchter oder Schwiegersöhne.
  • Auch bei den Müllern und Mühlenbesitzern unter meinen Ahnen wird offenbar viel Wert darauf gelegt, dass die Schwiegerkinder demselben Stand angehören …
  • Mehrfach werden während des 17. und 18. Jahrhunderts die Kinder der Arrendatoren einiger zur Begüterung von Groß Peisten gehörigen Vorwerke miteinander verheiratet:
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Photos von Elisabeth Ankermann …

Ich freue mich sehr, dass ich nun ich eine Vorstellung vom Aussehen der Malerin Elisabeth Ankermann habe, mit deren Leben und Wirken ich mich schon mehrfach beschäftigt habe. Man findet mehrere Beiträge in meinem Genealogie-Tagebuch, in denen sie erwähnt wird. Nirgends war ein Photo von Elisabeth zu finden … diese Bilder wurden mir dankenswerterweise von ihrer Großnichte zugesandt!

Elisabeths Urgroßvater Christian Ankermann – kölmischer Gutsbesitzer in Ponarth – ist der Ehemann von Dorothea Ankermann, der jüngsten Schwester meines 5fach-Urgroßvaters Johann Christoph aus Pompicken im Kirchspiel Klein Dexen.

Bislang wusste ich:

  • Elisabeth Ankermann kam am 17. Oktober 1863 in Tapiau als Tochter des Arztes Gustav Hermann Ankermann und seiner Ehefrau Bertha Johanna Julia Laudien zur Welt
  • von 1893-1937 war sie Mitglied des VdBK (Verein Berliner Künstlerinner e.V.)
  • sie malte Stilleben und Landschaften
  • in der 1. Hälfte des 20. Jh wurden viele Postkarten mit ihren Motiven herausgebracht
  • Elisabeth lebte in Berlin – 1893 in der Yorkstraße Nr. 79
  • dort erteilte sie Unterricht im Malen und kunstgewerblichen Arbeiten
  • in der Zeitschrift ‚Die Frau‚, die von Helene Lange herausgegeben wurde, erscheinen mehrere Inserate, in denen sie ihren Unterricht anbietet
  • 1893 stellt Elisabeth Ankermann mit anderen Mitgliedern des VdBK in Chicago aus
  • von 1894-1904 ist sie auf mehreren anderen Ausstellungen des Vereins vertreten
  • in den 1930er Jahren ist Elisabeth Mitglied der Reichskammer der bildenden Künste (Landesleitung Berlin)
  • sie wohnt zusammen mit ihrer Schwester Marie, die als Klavierlehrerin arbeitet
  • am 16. November 1945 verstirbt Elisabeth in ihrer Wohnung in der Helmstedter Str. 25 in Berlin-Wilmersdorf – fast 4 Wochen später vestirbt auch Marie.

Im Besitz der Großnichte von Elisabeth Ankermann befinden sich auch diese beiden Bilder – sie waren ein Geschenk zur Hochzeit ihrer Eltern, die 1936 stattfand.

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Max Laudien und Amélie Ritzerow

Max Theodor Heinrich Laudien wird am 15. Oktober 1859 als ältester Sohn des Kapellmeisters und späteren Musikdirektors Heinrich Julius Laudien und dessen Ehefrau Johanna Mathilde Bertha Ankermann in Königsberg geboren. (Hier ein Beitrag über seinen Vater: Heinrich Julius Laudien – Musikdirektor in Königsberg)

Nach Max kommen in Königsberg noch 5 weitere Geschwister zur Welt – sie alle wachsen von frühester Kindheit an mit Musik auf und so ist es nicht verwunderlich, dass sowohl Max als auch sein jüngster Bruder Hugo Laudien eine musikalische Laufbahn einschlagen. Beide werden Kapellmeister. Hugo wird leider nur 30 Jahre alt und verstirbt bereits 1899 in Elbing – Max erreicht als Kapellmeister sein 50jähriges Dienstjubiläum.

Beim Durchstöbern alter Theaterlektüre entdeckt man, dass Max Laudien an verschiedenen Theatern in unterschiedlichen Regionen engagiert war: zum Beispiel 1890 in Königsberg – 1894 am Thalia Theater in Lodz – zwischendurch in Kiel oder in Elberfeld und schließlich in Basel. Während seiner Aufenthalte in Königsberg wohnt Max Laudien bei seinen Eltern in der Lobeckstraße Nr. 15.

Bei einem seiner Engagements lernt Max Laudien vermutlich die Schauspielerin Emma Henriette Amalie Ritzerow aus Rostock kennen, die sich – möglicherweise seinetwegen – nach 10jähriger Ehe von ihrem bisherigen Ehemann, dem Kaufmann Leonhard Peter Diedrich Trusty (geboren 8.12.1859 in Reval als Sohn des Aufsehers Johann Trusty und Anna Trusty, geb. Hallmann) scheiden lässt.

Emma Henriette Amalie Ritzerow wurde am 4. September 1864 als Tochter des Translators und Dr. phil. Bernhard Christian Heinrich Ritzerow und dessen Ehefrau Friederike Maria Luise Burmeister in Rostock geboren. Großvater Johann Heinrich Ritzerow war Notar in Rostock – seine Ehefrau Sophia Maria Elisabeth Mevius stammt aus einer Güstrower Korbmacherfamilie.

Der Kapellmeister Max Laudien und die Schauspielerin Amalie Ritzerow heiraten am 17.9.1897 in Berlin.

Ein Künstlerleben wird sicherlich nicht leicht gewesen sein – diesen Eindruck bekommt man auch, wenn man die Inserate studiert, in denen damaligen Bühnenkünstlern Ratschläge erteilt werden. So wird ihnen, ’speziell solchen, deren Mittel zum Halten einer Köchin nicht ausreichen, die aber dennoch nach langer Probe ein gutes Mahl finden möchten‘ 1895 beispielsweise Peterson’s Reformkocher empfohlen! Dieser Kocher – heißt es – sei sowohl zum Kochen als auch zum Braten, Backen und Einmachen geeignet und könne ohne Küche, ohne Aufsicht und ohne Gefahr des Überlaufens oder Anbrennens verwendet werden.

Damit der anstrengende Beruf möglichst lange ausgeübt werden kann, wird den Bühnenkünstlern geraten, sich vorbeugend mit Informationen über Nerven- und Herz- und Magenkrankheiten, über die menschliche Stimme und deren Pflege zu versorgen.

Engagements des Ehepaars sind nicht immer am selben Ort möglich. 1911 finden wir die am Stadttheater Barmen engagierte Amélie Laudien – so nennt sie sich mittlerweile – am Düsseldorfer Theater als ‚Auguste von Wendlowski‚ im Schauspiel ‚Heimat‚ von Hermann Sudermann. 1913 tritt Amélie in Lübeck auf – Max ist als Kapellmeister und Chordirektor in Basel tätig.

Quelle des Theaterzettels

Die Stadt Basel wird schließlich fester Wohnort des Ehepaars Laudien – hier feiert Max Laudien 1934 seinen 75. Geburtstag und sein 50jähriges Dienstjubiläum und engagiert sich noch als Kassenwart im dortigen Stadttheater.

Im Januar 1944 versterben sowohl Max Theodor Heinrich Laudien als auch Emma Henriette Amalie Ritzerow in Basel. Ihr Grabstein befindet sich auf dem dortigen Friedhof am Hörnli.

Quelle: Find-a-Grave

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Klein Steegen zu Zeiten der Familie von Massow

Dieses kleine Büchlein von Frieda Busch trägt den Untertitel: „Ein ostpreußisches Lebensbild„. Die Erzählung basiert auf dem Tagebuch von Albertine von Bonin, geb. von Massow, die im August des Jahres 1763 als Tochter von Joachim Anthon von Massow und seiner Ehefrau auf dem Gut Klein Steegen im Kreis Pr. Eylau zur Welt kommt.

Die Arrendatorin“ – so nennt der Gutsherr Joachim Anthon von Massow auf Klein Steegen seine Ehefrau Catharina Sophie Christiane von Tettau liebevoll, als sie die Verwaltung des Gutes über längere Zeit persönlich übernimmt.

Durch diese Erzählung erhalten wir einen Einblick in das Leben auf dem Gutshof und die Bewirtschaftung des Gutes Klein Steegen zu Zeiten der Familie von Massow. Und ich selbst erfahre sogar etwas über meinen Verwandten Christian Schmidt aus Worienen!

Doch zunächst ein Blick zurück: um 1720 ist Klein Steegen im Besitz des Obristen Eberhard von Tettau, der das Gut von seinem Vater Abel von Tettau (1654-1715) übernommen hatte.

Der Familie von Tettau gehören in Natangen – auch in unmittelbarer Umgebung von Klein Steegen – eine Reihe bedeutender Güterkomplexe. Nicht weit entfernt leben zum Beispiel enge Verwandte auf dem Gut Wokellen.

„Die Wokellenschen Güter vergrößerte Abel (von Tettau) durch das am 10. Juni 1681 von ihm für 5000 fl. dazu gekaufte, am 30 Juni 1690 ihm zu adlichen Rechten verliehene Vorwerk Tapperlauken, wobei der Gesammtflächeninhalt der Güter auf 80 Hufen zu stehen kam. – Am 3. Juni 1692 erkaufte er zu Königsberg von dem Kammerherrn Hans v. Kreytzen die Klein-Steegenschen Güter . . . In Folge dieser Erwerbung war der Besitzstand Abels nachstehender: 1. im Amte Pr. Eylau 40 Hufen zu Schönwiese, 11 Hufen 22 Morgen zu Wokellen, 20 Hufen zu Woymans, 7 Hufen zu Tapperlauken oder Zipperken, 80 Hufen zu Blumstein, 6 Hufen zu KleinSteegen, zusammen 172 Hufen 22 Morgen. 2. im Amte Brandenburg 2 Hufen zu Guttenfeld sowie Wikelsdorf. Quelle: Wilhelm Johann Albert Freiherr von Tettau, Urkundliche Geschichte der Tettauschen Familie in den Zweigen Tettau und Kinsky; Berlin 1878; Seite 298

Von 1650 bis 1724 ist auch die Begüterung Worienen im Besitz der Familie von Tettau.

Johann Eberhard von Tettau ist aufgrund seines Berufs kaum anwesend. Das Gut Klein Steegen wird – wie üblich – von einem Administrator geführt – die Bewirtschaftung erfolgt durch Scharwerksbauern.

Im Gut von Klein Steegen halten sich jedoch Tettaus Ehefrau Dorothea Sophie Charlotte von Tettau, geb. von Hussen sowie seine Tochter Sophie Catharina von Tettau (*1723) auf.

Anmerkung: Hier beginnt die Erzählung – die GRAU hinterlegten Textabschnitte wurden wörtlich übernommen!

Johann Eberhard von Tettau befindet sich gerade in Schlesien, als er im Jahre 1742 folgende Nachricht seiner Tochter aus Klein Steegen erhält:

Klein Steegen, im Februar 1742 . Es ‚hat sich meine geliebte Mutter, Eure verehrungswürdige Gattin, bei dem letzten Fischzuge verkühlet. Nun liegt sie totkrank auf ihrem Schmerzenslager und bittet und erwartet sehnlichst, daß Ihr, mein theurer Vater, sogleich kommen möget, sollte unser gnädigster König Euch einen Urlaub gewähren.‘ Eure gehorsame Tochter Sophie Catharina von Tettau

Johann Eberhard v. Tettau erreicht Klein Steegen zu spät – seine Ehefrau ist bereits verstorben. Nach dem Tod der Mutter wird Sophie Catharina von Tettau Alleinerbin des Guts. Der Vater ist in Kolberg stationiert und muss dorthin zurück– Sophie kommt für einige Zeit zur Familie des Kriegsrats von Eichmann in Landsberg in Pension.

Nach seiner Pensionierung erhält der Johann Eberhard von Tettau das Gut Sandwiese in Pommern. Er verheiratet sich erneut – auch Sophie wohnt nun mit ihrem Vater und der Stiefmutter auf dem Gut Sandwiese. In Turtzig – nicht weit von Sandwiese entfernt – lebt Familie von Massow. So lernt Sophie von Tettau ihren späteren Ehemann Joachim Anthon von Massow kennen. Nach dem Tod ihres Vaters werden im Jahre 1748 Hochzeitsvorbereitungen getroffen.

Es war viel, fast zu viel, was nun alles auf Sophie einstürmte. Die Abgabe des Gutes Sandwiese, der Abschied vom Grabe des Vaters, die lange Reise, das Wiedersehen mit Klein Steegen, der Besuch am Grabe der Mutter. Und dann die Hochzeitsvorbereitungen in einem Haus, das viele Jahre in einem Dornröschenschlaf gelegen hatte. … In vier Wochen sollte alles fertig sein. Das Haus war auch wirklich recht schnell hochzeitlich hergerichtet. Etwas schwieriger war es, Keller und Speisekammer in solch kurzer Zeit mit Vorräten zu füllen. Zwei Ochsen und sechs Schweine mussten geschlachtet werden. Um all die Würste zu stopfen, zu kochen, zu räuchern, um die großen Braten zu pökeln, holte sich Sophie aus den Insthäusern die Frauen zur Hilfe. Zum Backen all der vielen, vielen Hochzeitskuchen aber kam ein Konditor aus Königsberg.

Die Verwaltung des Gutes Klein Steegen liegt um diese Zeit in den Händen von Christian Schmidt, der 1729 als Sohn des gleichnamigen Woriener Gärtenierers und späteren Arrendatoren und dessen Ehefrau Anna, geb. Gegner, zur Welt kommt. Nach seiner Eheschließung mit Catharina Dorothea Schultz – einer Tochter des damaligen Guttenfelder Pfarrers Christian Melchior Schultz – übernimmt er die Gutsleitung.

Das Gut befand sich in einem besseren Zustand, als Sophie es zu hoffen gewagt hatte. Gemeinsam mit ihrem Gatten ging sie nun immer wieder durch alle Ställe, Scheunen und Speicher und fuhr mit ihm und dem Verwalter über die Felder. Der merkte sehr bald, dass er es mit zwei durchaus sachverständigen Landwirten zu tun hatte und war froh, dass er ehrlich und anständig gewirtschaftet hatte

Das Bild stammt aus dem Büchlein ‚Die Arrendatorin‘

Nach der Hochzeit muss Sophie eine schwere Entscheidung treffen: will sie zukünftig in Klein Steegen bleiben oder mit dem Ehemann in die Garnison reisen – will sie ‚Soldatenfrau oder Gutsfrau‘ sein? Mittlerweile hatte der Zweite Schlesische Krieg begonnen. Sophie entscheidet sich dafür, ihrem Ehemann zu folgen …

Sophie Catharina von Massow wuchs auch die diese Lebensaufgabe hinein. Es war keine leichte. Lange Jahre wanderte sie mit ihrem Gatten von einem Winterquartier ins andere, von einer Garnison zur nächsten. Nirgends durfte sie sich zuhause fühlen, nirgends fest verwurzelt sein. Lange Jahre ruhelosen und oft gefahrvollen Lebens, wenn die Fronten sich verlagerten. Immer war Sophie tapfere, gütige, helfende Frau. Fünf Kindern schenkte sie das Leben, nur zwei blieben am Leben, die anderen starben wenige Stunden nach der Geburt.

Die beiden lebenden Kinder sind Sohn Ernst Julius von Massow und Tochter Antoinette von Massow. Nachdem ihr Ehemann seinen Abschied genommen hatte, kann Sophie endlich nach Steegen zurückkehren. Auch Tochter Charlotte wurde mittlerweile geboren worden und Sophie ist erneut schwanger. Wir befinden uns im August des Jahres 1763.

Im (Steegener) Garten blühten die alten Linden. An den Fenstern der niedrigen Stuben blähten sich die weißen Gardinen, die Dielen knarrten wie immer an den bestimmten Stellen. Umd Mamsellchen hatte Schmandwaffeln gebacken. Die Dorffrauen kamen und Sophie zeigte ihnen stolz und glücklich die drei Kinder und erzählte ihnen, dass das Vierte wohl kaum noch einen Monat auf sich würde warten lassen. Und Massow ging mit dem Verwalter auf den Hof und in die Ställe. …

KB Guttenfeld – 1763

Wenige Tage später setzten die Wehen bei Sophie ein. Draußen tobte ein Gewitter. Der Donner erschütterte mit seinem Grollen das ganze Haus. Ein Blitz schlug neben dem Haus in den Keller ein.

In dieser Stunde wurde das Steegener Heimatkind geboren: Albertine Sophie Tugendreich von Massow!

Mittlerweile hatte sich der alte Verwalter (Christian Schmidt) ein eigenes Grundstück gekauft. Sein Nachfolger wird Michael Reimann – im Buch seltsamerweise ‚Albert Reimann‚ genannt, der sich inzwischen verheiratet hatte. Zu Michael Reimann und seiner Ehefrau Catharina, geb. Quell bestand offenbar ein sehr freundschaftliches Verhältnis.

Mehr über Familie Reimann im Anhang!

Massows richteten ihnen eine hübsche kleine Wohnung nebem dem Gutshause ein. So konnte Frau Reimann immer noch Sophie zu Hilfe eilen, wenn ihr die Arbei beim Schlachten, Wurstmachen, beim Lichteziehen oder beim Federnreißen über den Kopf wuchs. Und als später auch Reimanns eine Kinderstube voller Lust und Leben hatten, waren immer Massows Kinder bei Reimanns zu finden oder Reimanns Kinder bei Massows.

Massow baute ein Vorwerk mit einer Ziegelei auf und nannte es Sophienhof. Er hoffte, dadurch den weit entfernt liegenden Feldern besser gerecht werden zu können. Ihnen fehlte vor allem Dung. So wurden Ochsen und Jungvieh aufs Vorwerk gebracht. Ein Hofmann pflegte im Winter die Tiere und wenn sie im Sommer auf der Weide waren, konnte der Mann die Ziegel brennen. Dieses Vorwerk wurde der Grundstein für das nun aufblühende Gut. Massow war als Landwirt genau so tüchtig wie als Soldat.

Und auch das Gutshaus in Klein Steegen wird neu gebaut.

Das Baujahr war ein schlimmes Jahr. Nur das Fundament des alten Hauses blieb teilweise stehen. Reimanns zogen in die große Schulstube und Massows in Reimanns Wohnung. Dann wurde das alte Haus bis auf die Schulstube abgebrochen und das neue Haus nach dem Plan des Meisters Bauch gebaut. Holz war schon vor zwei Jahren aus dem eigenen Wald angefahren und geschnitten worden. Zwei große Kalksteine, die auf eigenem Grund und Boden gefunden wurden, ersparten auch einige Kosten.

Arbeit und Freude – das war das Lebenslied des Steegener Hauses. Im Sommer, wenn die Tage lang und hell waren, wurden vor allen Dingen die Bettinletts gewebt, derbe Leinwand für Bettwäsche, feinere für die Leibwäsche. Selbst Herr v. Massow trug alltags einen selbstgewebten, graugesprenkelten Leinwandrock. Man nähte große Bettdecken aus Kattun, auch lernten die Mädchen die jetzt modern werdende Filethäkelei. Im Herbst kam dann die Obsternte an die Reihe. Viel davon wurde im großen Backofen, wenn die Brote fertig gebacken waren, getrocknet. Die Kinder mussten Hagebutten sammeln und rein machen. Diese wurden dann in der Sonne getrocknet, damit sie für den Tee nicht das feine Aroma verloren. … Da man das Bier selber braute, musste auch Hopfen gepflückt werden. Kam dann wieder der Winter heran, wurde der selbst gebaute Flachs geschwungen und gehechelt. Federn mussten gerissen und sortiert werden für all die vielen Aussteuerbetten der Töchter.

Die Zeit vergeht …. Ernst Julius von Massow wird Referendar in Berlin – am 13. Oktober 1773 heiratet Antoinette, die älteste Tochter, den Grafen Wilhelm Alexander von Canitz und lebt fortan auf dessen Gut in Arnau Albertine von Massow lernt ihren späteren Ehemann Friedrich Erdmann von Bonin kennen, der nach dem frühen Tod seiner Mutter gemeinsam mit seinem Bruder eine Zeit lang auf dem Gut Klein Steegen lebt. Am 3. Juni 1781 schreibt Albertine ihm:

Ich muss dir von Steegen große Veränderungen berichten. Unser Vater hatte den Pächtern unserer Vorwerke gekündigt und verhalf ihnen in seiner großzügigen Noblesse zu eigenen kleinen Besitzungen. Auch kündigte er dem Arrendator, den meine Eltern in den letzten Jahren hielten, und mit dessen Wirtschaftsberechnung sie doch niemals ganz einverstanden waren. Mein Vater übergab nun die ganze Verwaltung meiner Mutter und nennt sie nun nur noch seine ‚liebe Arrendatorin‚. Schon jetzte zeigt sich der Vorteil. Der vormalige Arrendator, welcher untertänig in den Gütern war, hatte eine Gewinnerhöhung von 40 Rth., die mein Vater jährlich von ihm forderte, für unmöglich erklärt. Meine Mutter schätzt jetzt wenigstens dreihundert Rth. bares Geld Gewinnerhöhung bei der eigenen Bearbeitung der Vorwerke. …… Leider beginnt nun ein neuer Prozeß mit dem Nachbarn. Die Prozesse der Grenzschwierigkeiten hatten wir alle gewonnen. Nun hatte der Nachbar einen Mann, der als Müller bei uns angestellt war, als Arrendator für sein Gut genommen. Dieser Müller sollte nun zween Herren dienen. Das konnte er natürlich nicht. In unserer Mühle entstanden Unordnungen. In erster Instanz verlor unser Vater den Prozeß und ging nun weiter.

Anmerkung: Zu Klein Steegen gehört die Mahlmühle in Finken im Kirchspiel Buchholz, die um diese Zeit von Johann Christoph Braun betrieben wird. Dieser wurde vom benachbarten Gutsherrn, dem Grafen von Schwerin auf Wildenhoff als Arrendator für dessen Vorwerk Stobbenbruch abgeworben.

Auch in zweiter Instanz wird der Prozess verloren – die Nachricht erhält Anton von Massow am 22. Juni (1781). In der darauf folgenden Nacht verstirbt er im Gutshaus von Klein Steegen im Alter von 74 Jahren.

1781 – Sterbeeintrag aus dem KB von Guttenfeld

Catharina Sophie Christiane von Massow, geb. von Tettau, erlebt die Hochzeit ihrer Tochter Antoinette und den frühen Tod ihrer Tochter Charlotte. Am 7. Januar 1798 verstirbt sie selbst im Alter von 73 Jahren auf dem Hof Klein Steegen. Johann Eberhard Schulz, der damalige Pfarrer von Guttenfeld, notiert im Kirchenbuch:

den 7ten Januari 1798 um 4 Uhr Nachmittags erfolgte
an einer Entkräftung das Ableben der verwitt-
weten Frau Obristin Catharina Sophia von Massow,
gebohrere von Tettau, Erbfrau auf Klein Steegen,
im 74ten Jahre ihres Alters, deren entseelte
Gebeine den 29ten Januari in das an die
Kirche gebaute Gewölbe zur Ruhe gebracht wurde.

Nach ihrem Tod übernimmt zunächst Sohn Ernst Julius von Massow das Gut Klein Steegen, verkauft es allerdings schon bald an den Memeler Stadtrat und Lehnsherrn der Eichholzschen Güter Gottfried Krieger. Dieser verstirbt am 20. März 1812 auf seiner Rückreise von Klein Steegen nach Memel in Königsberg.

Zu Familie Reimann

Als Michael Reimann und Catharina Quell am 3. Juni des Jahres 1763 in der Kirche von Guttenfeld die Ehe schließen, ist Michael Reimann bereits ‚Cammerdiener bey (der) Hochadl(igen) Herrschaft‘ in Klein Steegen.

Von 1763 bis 1777 kommen in Klein Steegen ihre 7 Kinder zur Welt. Catharina Reimann, geb. Quell verstirbt am 10. September 1785.

Im nachfolgenden Jahr – am 25. Oktober 1785 – heiratet Michael Reimann erneut. Im Kirchenbuch von Guttenfeld ist zu lesen: ‚Den 25.ten October ist copulirt der Wittwer Herr Michael Reimann Administrator in Steegen im 51. Jahr mit Jgfr Catharina Elisabeth Schmidtmannin von 26 Jahr‘.

Catharina Elisabeth Schmidtmann bringt in Klein Steegen 6 weitere Reimann-Kinder zur Welt. Im Taufeintrag der Tochter Dorothea Elisabeth Reimann, die am 11.2.1800 geboren wird, wird Michael Reimann als ‚Eigenthümer in Guttenfeld‚ bezeichnet. Er verstirbt am 8. Oktober des Jahres 1807.

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