Mit der Postkutsche durch Natangen …

Die Mobilität unserer Vorfahren ist bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts sehr eingeschränkt. Meine ostpreußischen Vorfahren im Kreis Preußisch Eylau – in Landsberg und den umliegenden kleinen Dörfern – werden ihre Heimatorte wohl nur selten verlassen haben – es sei denn, sie hatten die Patenschaft bei der Taufe eines Kindes in der Kirche eines benachbarten Ortes übernommen, waren in einem Nachbarort zur Hochzeit eingeladen oder nahmen an einer Beerdingung in einer Nachbargemeinde teil.

Der Besuch des Marktes in Landsberg gehörte für viele der Bewohner umliegender Orte vermutlich schon zu den Höhenpunkten des Jahres!

Reisen war beschwerlich und anstrengend. Als sich Friedrich von Coelln im September 1807 mit der Postkutsche von Königsberg aus in die Stadt Preußisch Eylau bringen lässt, um sich über die dortigen Verhältnisse nach der großen Napoleonischen Schlacht zu informieren, berichtet er:

Von Landsberg aus konnte man um 1830 mit öffentlichen Verkehrsmitteln auf direktem Wege nur nach Bartenstein Creuzburg Pr. EylauHeilsberg Mehlsack Wormditt und Zinten gelangen! Um Königsberg zu erreichen, musste man zunächst mit der Postkutsche 2 Meilen bis Pr. Eylau zurücklegen – dort gab es die Möglichkeit, in eine Kutsche nach Königsberg umzusteigen.

Mit dem Bau der Reichsstraßen 126 und 128 – den direkten Verbindungen von Königsberg in südliche Richung – wurde 1822 begonnen, bis zur Fertigstellung vergingen 30 Jahre.

‚In südliche Richtung führte über die Aweider Allee aus der Stadt hinaus die Reichsstraße 126 über Aweiden, Altenberg, Mansfeld nach Mehlsack, Wormditt und Mohrungen sowie die Reichsstraße 128 von der Schönfließer Allee über Schönfließ, Ludwigswalde, Wickboldt und Wittenberg weiter nach Preußisch Eylau, Landsberg, Heilsberg, Bischofsburg, Ortelsburg und Willenberg bis zur Grenze in Richtung Warschau. Die Bauarbeiten dauerten von 1822 bis 1853′.

Quelle: Fernstraßen ab Königsberg – Eine historische Bestandsaufnahme von Gerhard Mannke

Der 58 km lange Streckenabschnitt von Königsberg nach Bartenstein wurde als wichtigste Nord-Süd-Verbindung in Ostpreußen 1830 fertiggestellt.

Zu diesem Thema auch:

Mit der Postkutsche von Danzig nach Königsberg

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Ein Blick zurück in meine Kindheit …

Mit diesen Inseraten bin ich aufgewachsen – ich war 2 Jahre alt als man 1949 wieder ‚SunlichtSeife‚ kaufen konnte – ‚Opekta‚ und ‚Sanella‚ gab es in unserem Haus in Bremen-Blumenthal auch immer! ‚Gute Butter‚ war etwas Besonderes! Ich erinnere mich daran, dass ich mir in meiner Kinderzeit einmal ein halbes Pfund Butter für mich ganz allein‚ zum Geburtstag wünschte:

Die Autos sahen ein wenig anders aus als heute … Ab und zu fuhren wir mit dem Bus von Blumenthal aus nach Bremen – in die ‚Stadt‚. Ein Besuch bei Karstadt oder C&A war ein Ausflug in diegroße weite Welt‚. Nicht immer wurde dort etwas gekauft – manchmal wurde nur gestaunt. Kleidungsstücke für meine Schwester und mich wurden von unserer Mutter genäht, gehäkelt oder gestrickt. Das sieht man auch an meiner Ausstattung auf dem linken Photo.

‚Einmal ein gekauftes Kleid von C&A war neben dem Wunsch nach ‚guter Butter‘ ein weiterer Herzenswunsch in Kindertagen. Und irgendwann wurde er auch erfüllt!

Weitere Eindrücke aus meiner Kindheit:

Unser ‚altes Haus‘ in Bremen-Blumenthal

Nachdenklich …

In Erinnerung ….

Eine Reise in die Vergangenheit …

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‚Klein Uderwangen‘ und der ‚Kreuzburger Grund‘

Die Wohnplätze ‚Klein Uderwangen‚ und ‚Kreuzburger Grund‚ im Kreis Preußisch Eylau liegen ein wenig außerhalb der zugehörigen Gemeinden. Diese Abgelegenheit ist unbedingt erforderlich, um die Dorfbewohner vor Geruchsbelästigung und Seuchengefahr zu schützen, denn in sowohl in Klein Uderwangen als auch im Kreuzburger Grund befinden sich Abdeckereien.

Tagtäglich werden hier tote Tiere angeliefert, denn die Abdecker – auch Halbmeister oder Schinder genannt – sind zuständig für die Entsorgung sämtlicher Tierkadaver – auch für die Entfernung herumliegender Katzen- und Hundekadaver. Die Kadaver werden von ihnen zerlegt und die nicht zu verwertenden Reste werden vergraben oder verbrannt. Man ahnt den Geruch!

Sowohl der Beruf des Abdeckers als der des Scharfrichters gehören über Jahrhunderte zu den unehrenhaften Berufen. Man meidet die Gesellschaft von Personen, die diesen Beruf ausüben. In den Kirchen haben Abdecker und Scharfrichter oft eigene Bänke – sie können weder Bürger einer Stadt werden noch werden sie vor Gericht als Zeugen angehört.

‚Am untersten Rande der unehrlichen Leute stand der Abdecker, … der zwar einer für die Gesellschaft unverzichtbaren Tätigkeit nachging, die ihm auch ein gutes Einkommen brachte, aber ganz und gar in Verruf stand. Er war dafür zuständig, totes Vieh zu beseitigen und ihm die Haut abzuziehen, nicht selten musste er die Hingerichteten und Selbstmörder verscharren. Hinzu kamen oft noch andere gemeindliche, aber nicht minder anrüchige Tätigkeiten wie etwa die Abortreinigung. Seinem Ruf entsprechend wohnte .. der Abdecker abseits der Ansiedlungen, gemeinsames Feiern mit ihm war selbstverständlich ausgeschlossen, eine Patenschaft für ein Abdeckerkind zu übernehmen anrüchig und an seiner Beerdigung teilzunehmen verboten. Der Abdecker war im vollsten Sinne infam ... wie redlich er im modernen moralischen Sinne auch sein mochte‘. (Quelle: Richard van Dülmen: Kultur und Alltag in der Frühen Neuzeit; Dorf und Stadt; C.H.Beck, 1999 – Kapitel: Stand und Ehre)

Abdecker-Familien bleiben fast immer unter sich – ihre Söhne und Töchter heiraten fast durchweg in andere Abdecker-Familien ein. Ein Umdenken setzt erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts ein.

‚Das Abdeckerwesen krepierter Thiere galt seit uralter Zeit im deutschen Volke für eine verächtliche und ehrlos machende Arbeit … Der Fortschritt der Aufklärung hat jenes Vorurtheil überwältigt. Die Bearbeitung toter Thiere macht nicht mehr ehrlos, sie wird als eine nützliche Arbeit gewürdigt. … Seit dem Jahr 1832 machten die Stände des Landkreises Königsberg die Abdeckerverhältnisse oft zum Gegenstand ihrer Verhandlungen auf den Kreistagen‘. (Quelle: Justizrat Dr. Tortilowicz von Batocki in Preußische Provincial-Blätter; Königsberg 1846)

‚1785 befanden sich im „Königlichen Amt Uderwangen mit Dorf und Kirche, Wasser- und Windmühle“ 58 Feuerstellen mit 536 Einwohnern. Dazu wird ‚KleinUderwangen, Haidmeisterwohnung‚ mit 1 Feuerstelle aufgeführt. – 1820 waren im kgl. Dorf mit Kirche 66 Feuerstellen mit 586 Bewohnern. Dazu kam eine „Halbmeisterei Klein Uderwangen“ mit 1 Feuerstelle, 4 Einwohnern und das das Kgl. Vorwerk (1 Feuerstelle, 20 Personen‘). Quelle: Horst Schulz, Die Städte und Gemeinden des Kreises Pr. Eylau

Einer der Abdecker in ‚Klein Uderwangen‘ ist Simon Meyer. Bevor er sich hier als Pächter der Abdeckerei niederlässt, hat er bereits einen weiten Weg hinter sich … Einträge in verschiedenen Kirchenbüchern verraten seine Herkunft und einiges über seinen bisherigen Lebensweg. Simon stammt aus ‚Louisville‚ in der Nähe von Metz in Lothringen, wo er als ältester Sohn des Fleischermeisters Leopold Meyer um 1792 geboren wird und aufwächst. (Anmerkung: Der Pastor notierte den Herkuntsort sehr deutlich als ‚Louisville‘ – ich konnte den Ort jedoch in alten Karten nicht finden).

Simon Meyer hält sich ab ca. 1813 in Ostpreußen auf – möglichweise kam er als Soldat im Zuge der Napoleonischen Kriege in diese Gegend. Als er 1815 in der Sackheimer Kirche von Königsberg seine 1. Ehe mit Anna Barbara Spey aus Kirschnabeck bei Laukischken schließt, ist Simon Scharfrichterknecht. Auch 1817 – zum Zeitpunkt der Geburt des ältesten Sohnes Gottfried in der Stadt Kreuzburg im Kreis Preußisch Eylau – übt er diesen Beruf noch aus.

Von Kreuzburg aus zieht die kleine Familie zunächst nach Capustigall.

Das Gut Capustigall war im 16. Jahrhundert zunächst ein Gutshof der Herren von Lehndorff, dann von 1637 bis 1700 der Herrn von Mühlheim, danach der Familie von Kreytzen, ab 1711 der Familie von Chièze. Durch Erbe und Heirat gelangte es an die preußische evangelische Nebenlinie des oberschwäbischen Hauses Waldburg, die sich nach dem Ort Waldburg-Capustigall nannte. Mitte des 18. Jahrhunderts wurden die jungen Grafen von Waldburg-Capustigall von Immanuel Kant als Hauslehrer unterrichtet. Kant lebte aber nie im Ort, sondern kam zu Tagesaufenthalten aus dem nahen Königsberg nach Capustigall. 1835 kam das Gut durch Erbschaft an die Grafen von Dohna-Schlobitten. Ab 1850 wurde der Ort in Erinnerung an die früheren Besitzer meist Waldburg genannt. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gut mit dem barocken Gutshof völlig zerstört. (Wikipedia)

Schon in Capustigall ist Simon Meyer für die Abdeckerei verantwortlich. Hier werden weitere 3 Kinder geboren, die in der Kirche von Haffstrom getauft werden: 1818 Carl Leopold – 1820 Carl Ferdinand und 1822 Tochter Christine Wilhelmine.

In dieser Karte aus dem Jahr 1912 ist der Wohnplatz ‚Klein Uderwangen‘ gar nicht verzeichnet.

Mit nunmehr 4 Kindern lässt sich Familie Meyer um 1823 in der Abdeckerei ‚Klein Uderwangen‘ im Kreis Preußisch Eylau nieder, wo Simons Ehefrau Anna Barbara von 1824 bis 1835 noch 8 weitere Kinder zur Welt bringt: 1824 Johann August – Caroline Augustine Amalie – 1825 Justine – 1827 Johann Hermann – 1829 Caroline Elisabeth – 1831 Julius Leopold – 1833 Louise Rosette und 1835 Friedrich Wilhem Meyer. Im Mai des Jahres 1841 verstirbt die Mutter.

Die vielen Kinder müssen versorgt werden …. Bereits am 25. Juni 1841 heiratet Simon in der Kirche von Uderwangen erneut. Seine 2. Ehefrau wird Christine Radowski, geb. Spey, eine Schwester der verstorbenen 1. Ehefrau und Witwe des Faktors Daniel Radowski aus Königsberg. Im Kirchenbuch ist zu lesen:

‚den 25. Juni ist der Abdecker und Wittwer Simon Meyer zu Kl. Uderwangen, gebürtig aus Lousiville, ohnweit Metz in Lothringen, in Frankreich, des dortigen verstorbenen Fleischermeisters Leopold Meyer ältester Sohn, mit seiner Braut, der Factor-Wittwe Christine Radowski geb, Spey zu Königsberg, und aus Kirschnabeck, Laukischker G(emeinde). gebürtig, hinterl(assene) Wittwe des verstorbenen Factors Daniel Radowski zu Königsberg, ehelich verbunden worden.

Simon Meyer hat großes Pech mit einigen seiner Ehefrauen … Als die 1842 geborene Tochter Bertha Louise Meyer 1844 verstirbt, lebt auch Mutter Christine schon nicht mehr. Simons 2. Ehe dauert nur 2 Jahre.

Am 16. Februar 1844 wird in der Kreuzburger Kirche Simons 3. Ehe mit Anna Elisabeth Kraft geschlossen – einer Tochter des Abdeckerpächters Johann Ferdinand Kraft aus dem ‚Kreuzburger Grund‚ und dessen Ehefrau Anna Louisa Ortmann. Anna Elisabeth wurde dort am5, April 1824 geboren.

Diese 3. Ehe endet nach nur wenigen Monaten – schon im Dezember 1844 wird in Uderwangen Simons 4. Heirat gefeiert – vermutlich mit denselben Verwandten wie zu Beginn des Jahren, denn Simons neue Ehefrau Christina Wilhelmina Kraft ist die jüngste Schwester des Kreuzburger Abdeckers Johann Ferdinand Kraft und damit die Tante seiner vorherigen Ehefrau.

Der Pastor von Uderwanger notiert im Kirchenbuch:

Simon Meyer, 51, Witwer u. Pächter der Abdeckerei zu Uderwangen, geboren in Lothringen, in der Gegend von Metz, seit 1813 hier u. Wilhelmine geb. Kraft, 42, verehelicht gewesene Holz abgeschiedene Laerm, des zu Postell verstorbenen Abdecker Pächters Gottfried Kraft vierten Tochter, zuletzt zu Schoenwalde

1846 kommt in der Abdeckerei Tochter Henriette Bertha Meyer zur Welt.

Den Namen ‚Kraf(f)t und Ort(h)mann begegnet man in der Region um Königsberg immer wieder, wenn man sich mit den Familien der Abdecker beschäftigt. Johann Ferdinand Kraft stammt aus Postel (bzw. ‚der Postelle‘) im Kirchspiel Postnicken im Samland, wo seine Familie schon seit mehreren Generationen die Abdecker stellt – Anna Louise Ortmanns Vater betreibt die Abdeckerei in Bieberswalde bei Wehlau

Der Abdecker Simon Meyer wird 65 Jahre alt – er verstirbt am 15. April 1855 an der Epilepsie. Dies ist sein Sterbeeintrag im Kirchenbuch von Uderwangen:

Simons Sohn Johann Hermann Meyer wird zunächst Riemermeister, übernimmt jedoch irgendwann auch die Abdeckerei.

Die 1822 in Capustigall geborene Christine Wilhelmine Meyer heiratet 1840 Christian Albrecht, einen Schmiedegsell als Althof im Kirchspiel Schmoditten –Augustine Amalie und Caroline Elisabeth Meyer heiraten 1844 bzw. 1847 in andere Abdecker-Familien ein:

Die Einträge im Kirchenbuch lautebn: 1844 – ‚Carl Gottfried Ortmann, 24, Abdecker Pächter in Heilsberg, vordem in Postnicken mit Augustine Amalie, 19, zweite Tochter des Abdecker Pächters Simon Meyer in Kl. Uderwangen und 1847 – ‚August Worg, Scharfrichterghilfe in Kl. Uderwangen, künftig in Heiligenbeil, Sohn des Abdeckerpächters Wilhelm Worg oo Caroline Elisabeth Meyer‘ (*1829)). Beide Eheschließungen werden in Uderwangen vollzogen.

Der in Kreuzburg geborene älteste Sohn Gottfried Simon Meyer holt sich seine Braut 1839 aus der Windmühle von Gr0ß Ottenhagen – er ehelicht die 17jährige Müllerstochter Louisa Amalia Augustine Supplit.

Louisa Amalia Augustine Supplit bzw. Supplieth ist die Tochter des Müllergesellen Gottlieb Leberecht Supplieth, der im Alter von 20 Jahren in Groß Dirschkeim im Samland einen unehelichen Sohn zeugt und danach verschwindet. Etwa 1 Jahr später heiratet er die Tochter eines Kunstgärtners, mit der er einige Kinder bekommt. Die Ehe wird 1826 geschieden. Danach verliert sich seine Spur …

Auch Gottfried Simon Meyer wird Abdecker. 1847 wird er – der sich zeitweise auch in der Abdeckerei des Schlosses Gerdauen aufhält – durch einen Steckbrief im Königsberger ‚Öffentlichen Anzeiger‚ gesucht. Gemeinsam mit 2 anderen „berüchtigten Verbrechern“ war er aus dem Wehlauer Gefängnis entwichen, in dem er aufgrund verschiedener Diebstähle gelandet war.

Weitere Abdecker in ‚Klein Uderwangen‘

  • 1755 wird Martin Krafft genannt. Seine Ehefrau heißt Anna Christina Porsch.
  • 1775 heißt der Abdecker Jacob Kraft – seine Ehefrau Anna Dorothea Reh
  • Der Halbmeister Ludwig Boeck verstirbt am 19.3.1805 im Alter von ‚etwa 45 Jahren‚ in Klein Uderwangen an der Lungensucht. Seine Ehefrau Anna Louisa, geb. Buchhorn, bringt in Klein Uderwangen 4 Kinder zur Welt: 13.9.1788 – *Maria Elisabeth Boeck – 1.2.1790 *Johann Ephraim Boeck – 4.11.1792 Christina Elisabeth Boeck – 7.2.1799 *Anna Catharina Boeck. Die verwitwete Halbmeisterfrau Anna Louisa Boeck, geb. Buchhorn wohnt noch 1813 in Klein Uderangen. Vermutlich hat sie nach dem Tod ihres Ehemanns den jungen Abdecker Johann Friedrich Klein zu Hilfe geholt, der jedoch nur 26 Jahre alt wird und am 3.3.1811 in Klein Uderwangen verstirbt.

Die älteste Boeck-Tochter Maria Elisabeth (*1788) heiratet 1811 in Uderwangen den Knecht Christian Lentz, einen Sohn des in Weißstein verstorbenen Instmanns Johann Lentz – die jüngste Tochter Anna Lovisa (*um 1801) wird 1820 in Uderwangen die Ehefrau des Landwehrmanns Gottlieb Krause, des jüngsten Sohns des in Lewitten verstorbenen Einwohners Christoph Krause.

  • 1817 betreibt der Abdecker Johann Kurowski mit seiner Ehefrau Karolina Kraft die Abdeckerei in Klein Uderwangen. Im November wird ihre Tochter Heinriette Friderica Amalia Kurowski geboren. Als Witwer heiratet Johann Kurowski 1841 in Kreuzburg wiederum eine Tochter aus der Abdecker-Familie Kraft. Seine 2. Ehefrau ist eine Tochter des Kreuzburger Abdeckerpächters Johann Ferdinand Kraft und seiner Ehefrau Anna Louisa Ortmann. Mittlerweile ist Johann Kurowski Abdecker in Alleinen im Samland – im Kirchspiel Pobethen.
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Eid und Aufgaben eines Hofmanns

Eine ganze Reihe meiner ostpreußischen Vorfahren übten zu unterschiedlichen Zeiten auf verschiedenen Gütern – sowohl im ehemaligen Kreis Pr. Eylau als auch im Samland – das Amt eines Hofmanns aus:

  • Hans Gegner (ca. 1620 – 1665) war Hofmann in Worienen
  • dessen Enkel Peter Gegner (1689 -1759) ebenso
  • Christoph Gnoss (1743-1807) war Krüger u. Hofmann im Neuen Kruge, Worglitten
  • Christoph Willfang (ca. 1680-1740) Hofmann im Peistener Vorwerk Wangnick
  • auch Sohn Johann Willfang wird Hofmann in Wangnick
  • Gottlieb Gutt (1751 – ca. 1830) Hofmann im Wildenhoffer Vorwerk Amalienhof – 1784 Pachthofmann in Schönwiese bei Landsberg
  • Martin Reisemann (ca. 1710 – nach 1776) war Hofmann auf dem Gut Wangen im Samland
  • Hans Colbe (1667- vor 1720) war Hofmann in Sudnicken

Sie alle waren dafür zuständig, die zu Bewirtschaftung des jeweiligen Guts angestellten Arbeiter zu beaufsichtigen und ihre ’sittliche Haltung‘ zu überwachen. Ihre Ehefrauen – die Hofmütter – sorgten für die Verpflegung der ledigen Knechte und Mägde.

Quelle: Was waren unsere Vorfahren, Sonderschrift 18 des VFFOW

Ausschnitt aus dem Kirchenbuch von Eichhorn

Anno 1685 ist copuliret
d(en) 7. Jan. Gerg Sahm, Instmann von Eichhorn
mit J Elisabeth, S(elig) Hans Gegeners,
gewesenen Hofmanns zu Worienen hin-
terl(assene) ehel(eibliche) T(ochter

Und all meine zuvor genannten Vorfahren werden ihren jeweiligen Gutsherren einen Eid wie den folgenden ‚Hoffmanns Eydt‚ in vergleichbarem Wortlaut geleistet haben:

Quelle: Eid und Aufgaben eines Hofmanns. Nach dem 1. Dezember 1640. In: Die Spiegelung neuzeitlich-bäuerlicher Lebenswelten in den Akten ostpreußischer Gutsarchive. Bearbeitet von Gaby Huch. Herausgegeben an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 2021-2023. URL: https://lebenswelten-digital.bbaw.de/dokumente/detail_doc.xql?id=lehndorff_ojw_xrr_hrb

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Mädchenerziehung um 1850

Karl Ludwig Georg von Raumer (* 9. April 1783 in Wörlitz; † 2. Juni 1865 in Erlangen) war ein deutscher Geologe, Geograph und Pädagoge.

Als Pädagoge beschäftigt er sich u.a. auch mit der Erziehung von Mädchen. Sein Buch ‚Die Erziehung der Mädchen‘ erscheint im Jahre 1853 in Stuttgart.

Für Familienforscher, die nicht nur Namen und Daten sammeln, sondern sich auch mit den Lebensumständen ihrer Vorfahren befassen möchten, ist es vielleicht interessant, etwas über damals übliche Erziehungsmethoden zu erfahren. Viele unserer weiblichen Ahnen wurden möglicherweise von pädagogischen Ratschlägen wie denen Raumers geprägt!

Aber glücklicherweise gab es auch in der Mitte des 19. Jahrhunderts Eltern, die sich von derartigen Empfehlungen nicht beeinflussen ließen – und zu allen Zeiten gab es Mädchen und Frauen, die – allen Widrigkeiten zum Trotz – ihren eigenen Weg fanden …. Und: nicht alle Pädagogen des 19. Jahrhunderts stimmten mit Herrn von Raumer überein!

Für kleine Mädchen gibt es keine paßendere Unterhaltung als das Puppenspielen. Wenn sie in der ersten Kindheit ihr Vergnügen daran haben, die Puppe zu warten, zu wiegen, in den Schlaf zu singen und so alles nachzuahmen, was sie die Mutter mit dem kleinen Geschwister thun sehn, so finden sie später ihre Freude daran, der Puppe Kleider zu machen.

Man gewöhne die kleinen Mädchen schon früh, sich nicht schlafen zu legen, bevor sie nicht ihre Spielsachen an den gehörigen Ort geräumt; denn jedes, auch die letzte Kleinigkeit, muß im Hause seinen bestimmten Platz haben. Heranwachsenden Mädchen mache man es zur Pflicht, nicht nur die Sachen, mit denen sie sich beschäftigt, jedesmal wegzuräumrn, ehe sie eine neue Beschäftigung beginnen, sondern auch alles, was sie sonst am unrechten Orte sehn, an den rechten zu bringen.

Wilde, kanbenhafte Spiele sollte man den Mädchen, wie sich von selbst versteht, nie in Gemeinschaft mit Knaben, aber auch nicht unter sich gestatten.

Das Mädchen kann und darf sich in nichts Wißenschaftliches mit jener hartnäckigen, männlichen Ausdauer vertiefen, daß sie darüber alles andere vergäße. Nach Männer Weise in der Wißenschaft gründlich zu sein, darnach könnte nur ein ganz unweibliches Mädchen streben, und nur vergebens streben, da ihr Kraft und Talent des Mannes mangelt.

Wollte man die Mädchen auf gleiche Weise behandeln, so würde man sie für ihren Lebensberuf nicht gut berathen. Ich kannte Mädchen, denen vom Vater ein fester schulmäßiger Stundenplan vorgeschrieben war, es hätten sich die Mädchen in der bestimmten Rechen- und Schreibstunden kaum, oder doch nur unwillig eine Pause erlaubt, um dem kranken Bruder ein Glas Waßer zu holen; wer könnte das billigen?

Wer fühlt nicht, daß die Mädchen viel mehr auf die Seite der Künstler, als der Botaniker zu stellen sind? Das bezeugt schon ihre Neigung, Blument zu malen und zu sticken. Jedem schlichten Menschen erscheint es ganz unnatürlich, wenn Mädchenlehrer mit pedantischer, hölzerner Steifheit, welche sich die Miene gibt, als sei nur sie gründlich und wißenschaftlich, Lilien und Rosen bis in ihre kleinsten Theile zerrupfen und in den terminis technicis der Botaniker beschreiben laßen. Mädchen sollen die Blumen nicht mit den Augen zerlegender Botaniker, wohl gar mit mit Zuziehung einer Loupe betrachten, sondern mit Augen eines zartsinnigen Blumenmalers. Liebenswürdig ist ihre Liebe zu Blumen, die sie aufs sorgfältigste ziehen und ihre Entwicklung vom ersten Keime bis zur Reife des Samens verfolgen.

Was bezweckt aber der Zeichenunterricht bei Mädchen?

Zunächst eins, was vielleicht von Ueberbildeten sehr gering geachtet wird; das Mädchen soll fürs Haus zeichnen lernen. Sie muß im Stande sein, dem Schreiner durch einfache Umriße die Form der Stühle anzugeben, die sei bei ihm bestellt, dem Maurer eine Zeichnung von einem am Orte unbekannten, anderwärts aber erprobten Küchenherd zu machen, und was dergleichen mehr ist. Dann soll sie Vögel, Hunde, Reiter, Häuser u.s.w. den Kindern zeichnen.

Geschlechtsverhältnisse

Manche Mütter sind der, in meinen Augen grundverkehrten Ansicht, man müße Töchter in alle Verhältnisse der Familie, selbst in Beziehung der Geschlechter zueinander, hineinblicken laßen und sie gewissermaßen in Dinge einweihen, welche ihnen einmal bevorstehn, im Fall sie sich verheirathen sollten

Laße man die Kinder, so lange es immer geht, bei dem Glauben: ein Engel bringt der Mutter die kleinen Kinder; welche in manchen Gegenden übliche Sage viel beßer ist, als die an andern Orten gewöhnliche, vom Klapperstorch.

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Henriette Laudien (1826-1902)

Ein gebrochener Fuß und ein gebrochenes Bein hindern mich momentan an vielen Tätigkeiten, aber sie führen dazu, dass ich viele meiner – schon lange im Entwurf vorhandenen – Genealogie-Tagebuch-Beiträge vervollständige …. wie diesen über Helene Laudien!

Mit der ostpreußischen Familie Laudien habe ich mich bereits häufiger beschäftigt – die Familien Laudien und Ankermann heiraten mehrfach untereinander und es besteht ein verwandtschaftliches Verhältnis zu meinen Ankermann-Vorfahren.

Sowohl unter den Mitgliedern der Familie Laudien als auch unter denen der Familie Ankermann tauchen immer wieder Personen auf, die besonders kreativ und künstlerisch tätig waren – als Maler(innen), Musiker oder als Dichter(innen). Zu diesen gehört auch Johanne Friederike Sophie Henriette Preuss-Laudien.

In der Encyklopädie ‚Das geistige Berlin‚ entdeckte ich einen Beitrag, in dem sie selbst – im Alter von fast 72 Jahren – aus ihrem Leben berichtet:

Preuss (-Laudien), Henriette, Schriftstellerin, geboren am 19. Januar 1826 zu Königsberg i. Pr(eußen).

Ich stehe in meinem 72. Lebensjahre. Mein Vater Heinrich Laudien war Baurath in Elbing. Meine Geburt kostete meiner zarten Mutter (Adelheid Bredow) fast das Leben und mehrere Wochen danach starb mein Vater nach ganz kurzem Krankenlager am Nervenfieber. Ich wurde an seinem Sarge getauft.

Bald danach zog meine Mutter nach Königsberg, wo ihre an einen Offizier verheirathete einzige Schwester und ihre Mutter lebten. Wenige Jahre später zog sie nach Pillau, wo ein Bruder meines Vaters Rektor der höhern Bürgerschule und Prediger war, aber schon nach kurzer Zeit als Archidiakonus nach Königsberg berufen wurde.

Dieser Bruder ihres Vater ist Theodor Laudien (1801-1859) ab 1836 Archidiakon an der Altstädtischen Kirche in Königsberg. Zu seinen Söhnen gehört u.a. auch Heinrich Julius Laudien (1829-1893) ab 1868 Musikdirektor in Königsberg u. Kapellmeister, verheiratet mit Johanna Mathilde Bertha Ankermann.

Meine Großmutter (mütterlicherseits) zog auch nach Pillau mit mir, und dieser geistvollen, hochgebildeten, feinen Frau, Kurländerin von Geburt, Sophie v. Glandorff, an den Sohn einer französischen Emigrantenfamilie, v. Bredow, verheirathet danke ich meines innern Lebens Gehalt und das reinste Glück meiner Kindheit. Von ihr selbst und einem Kandidaten der Theologie bis zum neunten Jahre unterrichtet, besuchte ich dann die, damals unter Direktor Merguet stehende höhere Töchterschule, machte, sehr jung noch, mein Lehrerinnenexamen, unterrichtete in Familien, verschiedenen Privatschulen und auch privatim in Musik, Sprach- und wissenschaftlichen Lehrgegenständen, nachdem ich in Halle noch 11 Jahre Unterricht genommen, wieder in Pillau, heirathete den Lehrer Preuss, der bald danach nach einer kleinen westpreußischen Stadt als Leiter der dortigen Stadtschule gewählt und nach einigen Jahren nach Straßburg an das dort neu gegründete Gymnasium berufen wurde und später in Breslau starb, worauf ich als Wittwe hierher (nach Berlin) zog, wo ich nach dem Zusammenbruch all meines einstigen Glücks lebe.

Der Ehemann Reinhold Theodor Preuss wird am 2.12.1830 in Germau, Kr. Fischhausen geboren. Seine Eltern sind: August Reinhold Immanuel Preuss, Kantor u. Kirchschullehrer in Germau, Fischhausen u. Juliana Amalie Umlauff. Er besucht das Lehrer-Seminar in Preußisch-Eylau und wird zunächst Lehrer an der Stadtschule in Pillau (1857-62). Dort findet 1860 auch die Eheschließung mit Henriette Laudien statt. Anschließende Tätigkeit: Evang. Stadtschule in Gollub/Westpr. (1862-73); Schließlich wird er Vorschullehrer am Gymnasium in Straßburg. 1888 verstirbt er in Breslau. 1887 lebt das Ehepaar dort noch in der Adalbertstr. Nr. 29.

Anlass dazu gab mir Ministerial-Direktor Greiff, der mir eine Stiftsstelle in Aussicht stellte, für die ich, bei der Gründung einst, durch mein bescheidenes Talent erfolgreich gewirkt. Ich war ein glückseliges, wenn auch einsames Kind, eine pflichttreue Lehrerin, eine überaus zärtlich geliebte Gattin, wurde als sogenannte ,,Dichterin“ über Verdienst umschmeichelt und bin nun eine glücksberaubte, einsame, von der Welt vergessene, kranke Frau.

Mein bescheidenes Talent, das Einzige, was mir treu geblieben – Leben und Tod haben all‘ mein Glück geraubt! – habe ich in frühern Zeiten stets zu wohlthätigen Zwecken hingegeben und Vielen damit Freude gemacht und Hülfe gebracht, und das ist noch jetzt in der ernsten Einsamkeit meine beglückendste Erinnerung!

Es muss mir wohl angeboren sein, denn schon in frühester Kinderzeit, im kaum vierten Lebensjahre, habe ich nach mir gestellten Themen in Reimen sprechen können. Wenn dann ich kleiner Knirps dafür geliebkost und beschmeichelt wurde, sagte meine Großmutter stets: ,,das thut sie Adelheid (meiner Mutter) nur zu Liebe, die noch so kindisch ist, sich daran zu amüsiren. Reimen kann jeder Mensch, das hat nichts auf sich!“ und das habe ich bis zu meinem 12. Jahre auch fest geglaubt! Ja, Eitelkeit und Selbstsucht wurden mir gründlich ausgetrieben!

Aber ich war doch wohl ein eigenthümliches Kind, denn ich hörte meine Mutter so oft sagen: ,,sie ist ein Unikum„, was ich mir stets mit ,,Ungeheuer“ übersetzte und heimlich bittere Thränen darüber weinte!

Henriette berichtet weiter: ‚Phantastische Märchen und Verse, das schreibe ich mit Vorliebe noch jetzt! Veröffentlicht wurden sie zuerst auf Anlass von Julius Hammer, Gutzkow und Auerbach, die in Dresden im Hause eines Bekannten meiner Mutter damals verkehrten und von den ihnen vorgelesenen Sachen geäussert hatten: ,,sie verrathen Geist, Gemüth und Talent“. — Julius Hammer setzte sofort das Schema eines Briefes an etwaige Verleger für mich auf, Fr. v. Schober fügte verschiedene Adressen hinzu und so kam es, dass meine erste Märchensammlung gedruckt wurde. Sie hat vier Auflagen erlebt‘.

Schriften: ,,Märchenbilder“, 1859. ,,Neue Märchen“, 1860. ,,Das Märchen von Sylt“, 1877. ,,Fata Morgana“ (Epos), 1877. ,,Im Sturm des Lebens“ (Novelle), 1878. ,,Immergrün“ (Märchen-Poesien), 1879. ,,Der Patriot in der Schulstube“ (Gedichte), 1880. ,,Heidelbeeren“ (Gedichte), 1881). ,,Deutsche Polterabende“, II, 1884. ,,Schnitzel und Späne“ (kleine Novellen), 1884. ,,Kindermund“ (Glückwünsche), 1884. ,,Drewenzblüten“ (Ge dichte), 1885. „“ Weihnachts- und Neujahrslieder“, 1885. ,,Boten Gottes“ (Ep. Dichtung), 1887. ,,Bettelgang“ (Ep. Gedicht), 1888. ,,Luciola“ (Ep. Dichtung), 1891. ,,Er naht!“ (Gedicht), 1893. ,,Polterabend- u. Hochzeitsgedichte“, III, 1894. „Räthselbüchlein für Dämmerstunden“, 1894. „Tonwellen“ (gesammelte Gedichte), 1895. ,,Frühlingsreigen“ 1897.

Wohnung: Charlottenburg, Wilhelmstift.

Soweit Henriette Laudiens Text aus der o. g. Encyklopädie …


Ergänzungen zur Familie:

Henriette Laudiens Mutter Adelheid ist eine Tochter des Kaufmanns Friedrich Gabriel Bredow und dessen Ehefrau Sophie Amalie Glandorff, die am 24.8.1770 in Mitau zur Welt kommt. Dort findet 1791 auch ihre Eheschließung statt. Das ‚von‘, das Henriette Laudien den Familiennamen ‚Bredow‚ und ‚Glandorff‚ hinzugefügt hat, taucht weder im Namen der Mutter noch in dem des Vaters auf.

Heirtaeintrag im KB Mitau 1791 – d. 12. August – H. Friedrich Bredow Negt (Negotiant) aus Königsberg mit Jgfr Amalia Sophia Glandorff, des hies(igen) Kaufhändlers Glandorff ehel(iche) T(ochter)

Die ersten Kinder des Ehepaars werden 1792 und 1793 in Königsberg geboren, wo die Familie in der Lang Gasse Nr. 23 wohnt. Später zieht die Familie in die Nähe von Danzig – 1804 wird Friedrich Bredow als ‚Kaufmann u. Großbürger in Danzig‚ bezeichnet – Sohn Carl Rudolph Bredow kommt 1804 in Guteherberge im Kirchspiel Ohra zur Welt (Zusatz beim Taufeintrag im Kirchenbuch: ‚die Mutter gebahr dieses Kind bey ihrem Aufenthalt in ihrem Garten in Gute Herberge‘ ) – Sohn Louis Adolf Bredow 1808 in Silberhammer. Er wird in der Kirche von Gischkau getauft.

Anmerkung zu Silberhammer: Im Sommer der Jahre 1822 u. 1824 arbeitet Joseph Freiherr von Eichendorff im dortigen Gutshaus – damals im Besitz des Grafen Friedrich von Dohna, der befreundet war mit dem Oberpräsidenten Heinrich Theodor von Schön – u.a. an seiner Novelle ‚Aus dem Leben eines Taugenichts‚.

KB Mitau 1767 – Heiratseintrag der Urgroßeltern – d. 8. May H. Daniel Glandorff, mit Frau Catharina Amalia Johanning, seel. (Ferdinand?) Beverts Wittwe

Am 30.1.1881 verstirbt Henriettes Mutter Adelheid Laudien, geb. Bredow, im Alter von 77 Jahren u. 9 Monaten – Sterbeeintrag aus dem KB von Straßburg, Westpreußen

Henriette Laudien selbst wohnt um 1900 in Charlottenburg. Am 23. Juli 1902 verstirbt sie dort. Eintrag aus dem Berliner Adressbuch des Jahres 1900:

Die folgenden Zeichnungen stammen aus Henriette Laudiens Buch ‚Neue Märchen‘, das 1860 erstmals erschien. 1863 erfolgte eine 2. Auflage.

Weitere Informationen zu Familie Laudien:

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Diebstahl bei Familie Brummerhoop – 1754

Am 5. April 1754 wird ‚dem Publico‚ durch einen Bericht in den ‚Hannoverschen Anzeigen‚ bekannt gemacht, dass bei Familie Brummerhoop in Aumund (Kirchspiel Lesum) im Herzogtum Bremen von ‚dreyen verkappeten Kerl vermittelst Einbruch‘ zahlreiche Dinge aus einer Schiffskiste und einem Kleiderschrank ‚in diebischer Weise entwendet‘ wurden.

Lessum im Herzogthume Bremen. Als des zur See abwesenden Lühr Brummerhoops Ehefrauen zu Aumund in der Nacht vom 25ten auf den 26. Mart. von dreyen verkappeten Kerln, vermittelst Einbruchs nachspecifificirte Sachen aus einer Schifskiste und Kleiderschrank diebischer Weise entwendet worden, als:

  • 1 bunte linnene Bettebühre
  • 3 Bettlaken M:B:M: gezeichnet
  • 3 weiße Küssebühren M:B:M
  • 1 Stück weiß Linnen, zwey Stück aus dem Pfunde, mit dem Buchstaben M.
  • 2 linnene feine Halstücher M.B.M.
  • 1 seidenes englisches Frauenshalstuch, mit rother Grund und gelben Streifen
  • 1 schwarzes flohrnes Frauenstuch
  • 4 weiße nesseltuchene Frauenstücher M.B.M.
  • 4 weiße dito Mannshalstücher L.B.
  • 1 weiße nesseltuchene Schürtz M.B.M.
  • 1 cattunene violette dito
  • verschiedene mit Spitzen besetzte Frauenhauben
  • 1 ordinairer Mannshuth mit einem schwarzen Flohr
  • 1 Mannshemder L.B.
  • 1 Bündel mit allerley Kinderzeug

So wird solches dem Publico zu dem Ende bekant gemacht, damit, fals von solchen gestolnen Sachen einem oder andern etwas zu Gesicht kommen solte, dem hiesigen Erbgericht zu ferner Inquirirung davon unverzüglich geneigte Nachricht möge ertheilet werden.

Zur Familie:

Ich denke, dass es sich um die Familie von Lühr Brummerhoop und seiner Ehefrau Metje Bringmann handelt. Beide haben 4 Jahre zuvor in Lesum geheiratet – Lühr Brummerhoop stammt ursprünglich aus Flethe – Metje Bringmann aus Farge. Für Metje ist es die zweite Ehe – sie war zuvor verheiratet mit Marten Frese, der in Aumund verstarb. Mehr dazu hier im OFB Lesum!

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‚Vorzügliche Personen‘ im Kirchspiel Canditten

Vom Staatsarchiv Olsztyn wurden u.a. umfangreiche Kirchenakten der evangelischen Diözesen Rosenberg und Bartenstein digitalisiert und publiziert. Unter diesen Akten befinden sich auch Kirchenkassen-Rechnungen des Kirchspiels Canditten im Kreis Pr. Eylau aus den Jahren 1822 bis 1846. Die Kirchenbücher des Kirchspiels enden bereits im Jahr 1823 – zudem sind sie sehr lückenhaft: aus der Zeit von 1800 bis 1820 fehlen die Taufeinträge und eine ähnlich große Lücke besteht bei den Heirats– und Sterbeeinträgen. Für Familienforscher mit einem Bezug zum Kirchspiel Canditten bieten diese Kirchenkassen-Rechnungen deshalb wertvolle neue Ansätze.

Schloss Wildenhoff – Sammlung Duncker

Aufgeführt werden auch die ‚Vorzüglichen Personen‚ des Kirchspiels Canditten, da auch sie ihren Beitrag an die Kirche zu leisten haben. Zu diesem Personenkreis zählen u.a. die damaligen Pächter der Begüterung Wildenhoff sowie die Pächter der zu Wildenhoff gehörigen Vorwerke – zudem weitere höhere Bedienstete wie Wirtschafter Oberförster Polizeiverwalter Müller oder Hauslehrer

Im Jahre 1822 gehören zu den ‚Vorzüglichen Personen‘: August Kiehl (Pächter von Groß Steegen) – Herr Mittmann – Frau Ober-Amtmann Schimmelpfennig von der Oye – Herr Zachau – Herr Stolzenberg und Herr Aust(e) …

1838 werden die Funktionen aller ‚Vorzüglichen Personen‚ näher bezeichnet:

  • H(err) Oberförster Eyff in Wildenhoff
  • H. Polizeiverwalter Bader in Wildenhoff
  • H. Pächter Neumann in Wildenhoff
  • H. Wirtschafter Syh in Wildenhoff
  • H. Wirtschafter Müller in Wildenhoff
  • Wirtschaftseleve Springer in Wildenhoff
  • H. Pächter Rogall in Amalienhoff
  • H. Pächter Lukatis in Gr(oß) Steegen
  • H. Müller Kiehl in Gr. Steegen
  • H. Pächter von Kortzfleisch in Gottesgnade
  • H. Pächter Aust in Liepnick
  • H. Witschaftseleve Aust in Liepnick
  • H. Pächter Gaehler in Gelinden
  • H. Pächter Schiemann in Garbnicken
  • H. Wirtschafter Grube in Augam
  • H. Hauslehrer Teller in Garbnicken

Die folgenden Auflistungen der ‚Vorzüglichen Personen‚ stammen aus den Jahren 1822 182618271836 1838 1839 1844 und 1846

  • 4.4. 1820 – August Kiehl, Pächter von Gr. Steegen u. Johanne Bierkandt *Natalie Gertrude Ottilie – *1822 Carl Gustav Theodor + 1822 – *1823 Carl Gustav Hermann
  • 29.11.1821 – Friedrich Glaubitz, Nagelschmied in Pr. Eylau, 24, jüngster Sohn des daselbst verstorb. Tischlermeisters Johann Glaubitz oo Catharina Elisabeth Aust, 19, jüngste T. von Friedrich Aust, Pächter in Gelinden
  • 8.3. 1822 – Der Königl. Sec. Leutnant u. Pächter von Kl. Steegen H. Carl Albert Hartog, 25, heiratet Johanna Louise Spaeth, 24, einzige Tochter des H. Amtmanns u. Generalpächters von Wildenhoff Carl Heinrich Spaeth
  • 1823 Johann Wilhelm Mittmann, Pächter von Gottesgnade – Ehefrau: Ernestine Lemke * 16.11. Tochter Louise Wilhelmine Maria – + 14.2. Tochter Louise Ottilie (1 Jahr alt)

Auch dieser Beitrag beschäftigt sich mit den Kirchenakten:

Höfe und Katen in Canditten, Pr. Eylau

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Zum Bau der Königsberger Bewallung (1626-1636)

Bildquelle: Caspar Stein, Das alte Königsberg, eine ausführliche Beschreibung der drei Städte Königsberg samt ihren Vorstädten und Freiheiten wie sie Anno 1644 beschaffen waren – 1910 ins Deutsche übertragen von Arnold Charisius

10 Jahre – von 1626 bis 1636 – dauern die Arbeiten eines neuen Walls rund um die Stadt Königsberg. Veranlassung zu diesem Bau gab die Landung des schwedischen Königs Gustav Adolf in Pillau (1626) und dessen Annäherung an die damals vollkommen wehrlose Hauptstadt Preußens. Der Entwurf der Bewallung stammt von Johann Strauß, dem damaligen Professor der Mathematik an der Königsberger Albertina – geleitet wurde der Bau von dem Obersten Grafen Abraham von Dohna.

Wallbefestigung der Königsberger Städte Altstadt, Kneiphof und Löbenicht (1626) – Urheber: Stadtgemeinschaft Königsberg

Caspar Stein schreibt 1644: ‚Rings um die ganze Stadt, d.h. die drei eigentlichen Städte, ihre Vorstädte und die fürstlichen Freiheiten, zieht sich ein Erdwall, der anno 1626 am Bartholomäustage zu Folge einer bestimmten Anordnung des Freiherrn Abraham zu Dohna begonnen, auch einige Wiesen und Felder mit einschließt. Er hat 32 aus Erde aufgeworfene Bastionen, von denen 8 1/2 zur Altstadt, 10 zum Kneiphofe, 1 1/2 zum Löbenicht und 12 zur Schlossfreiheit gehören. Der Umfang des ganzen Walles soll 1 3/4 deutsche Meilen betragen, mit dem Festungsgraben und der Contrescape dagegen 2 deutsche Meilen und 3 Stadien, ein Stadium aber zu 130 Schritt, und die einzelnen Schritte (d.h. Doppelschritte) zu 6 Fuß gerechnet‘. (Anmerkung: Contrescape = äußere Mauer bzw. Böschung des Hauptgrabens um eine Festung)

Der barocke Befestigungsgürtel … umgab Königsberg mit allen Freiheiten in weitem Umkreis von zwei Meilen, mit 32 Rondells und Ravelins, zwei Toren südlich und sieben Toren nördlich vom Pregel. Mit Ausnahme des Gumbinnischen Tores behielten die Tore ihre Namen bis zum Ende Königsbergs. Die nur auf Zweckmäßigkeit bedachten Durchgänge wie das Steindammer Tor lagen näher bei der Stadt als der Holländerbaum und das Brandenburger Tor. Der Nasse Garten wurde vom Alten Garten abgetrennt, die Lomse befestigt. (Wikipedia)

Beim Bau der Bewallung werden zahlreiche Arbeiter unterschiedlicher Profession benötigt: Teichgräber, Fuhrleute, Zimmerleute für die Anfertigung von Pfählen – Scharmacher, Schmiede zur Herstellung und Lieferung von Spaten und Zangen und viele Tagelöhner. Auch Soldaten wirken beim Bau mit.

Sämtliche Ämter – auch die Ämter Brandenburg Balga Preußisch Eylau und Bartenstein, in denen zu dieser Zeit eine Reihe meiner Vorfahren leben – sind zur Mitarbeit verpflichtet. Sie entsenden entweder Arbeiter nach Königsberg oder bezahlen stattdessen ein sogenanntes ‚Grabegeld

Unter den von den Mormonen digitalisierten Dokumenten entdeckte ich diesen Ordner, der eine Vielzahl von Abrechnungen enthält. Alle Ein– und Ausgaben werden genauestens dokumentiert. Wenn man hier klickt, sollte man den Ordner finden!

Quodlibet Nützlicher Cammer-Cassen- und Kriegessachen wie auch anderen algemeinen nachrichtungen von etzlichen Jahren als von 1620 bieß 1640

Vor allem die Teichgräber sind gut beschäftigt! Unter ihnen werden in den Jahren 1628 und 1629 genannt: Erdmann Neumann – Jacob Sybert – Augustin Hoffmann – Jacob Feyerabend – Melchior Außlend(er) – Barthel Tannenberg – Paull Kariott – Andreas Hoffmann – Jacob Jansen – George Gerlach – Erdmann All – Nicolauß und Michel Gronwaldt – Joachim und Adam Peters – Jacob Kranigk – Baltasar Knoll – Lorenz Sprungk – Lorenz Renken – Christoff Dromenzky – Adam Straßberger – Peter Lingnau . Michell Düttken – Michel Meyer – Herman Lebedanz (Lobedanz), der zeitweise auch als Werkmeister für den verstorbenen Benedict Nagel beschäftigt wird – Urban Steffen – Peter Hohenberg – Jonas Roß – Joachim Schumann – Andreas Germahn – Michell Sarkoffsky

Am 31. März 1628 ergeht, ‚weil es die hohe Noth erfordert‘, von Königsberg aus eine Nachricht an diverse ostpreußische Ämter – diese können entscheiden, ob ihre Untertanen ’selbsten anhero .. kommen und .. graben‘ oder stattdessen Geld schicken wollen, ‚damit solliches Werck uffs schleunigste seinen fordt gang‘ nehmen kann.

Die folgende Zusammenstellung vom 3. Mai 1628 zeigt die Geldbeträge, die von den Ämtern Brandenburg, Balga, Preußisch Eylau und Bartenstein ‚welche selbsten nichts haben graben wollen‘, gezahlt wurden:

Mit Graben und Aufschütten ist es jedoch nicht getan … Zur Bewallung wird zudem viel Holz benötigt. Deshalb werden die Ämter aufgefordert, ‚Starkehten‚ (Staketen) und Pfähle zum Fortifications und Defensionswerck nach Königsberg zu liefern und vom 16. bis 21. Januar 1635 werden von verschiedenen Ämtern Pfähle und Staketen geliefert.

Allein am 18. Januar 1635 sollen insgesamt 433 Staketen und 43 Eichenstangen in Königsberg ankommen!

Und vom 16. bis zum 31. Januar werden aus allen Himmelsrichtungen Unmengen an Pfählen in die preußische Hauptstadt transportiert!

Ab Seite 110 (bis 133) sind in dem dicken Abrechnungs-Ordner Auflistungen der Untertanen einzelner Dörfer zu finden. Oftmals werden die Namen der Bauern und die Anzahl ihrer Pferde genannt und man erfährt, wie viele Staketen die Dorfgemeinschaft zu liefern hat. Die 7 Bauern des Dorfes Hohenfürst im Amt Balga (später im Kreis Heiligenbeil) sollen beispielweise mit ihren 13 Pferden insgesamt 15 Staketen und 1 Eichenstange nach Königsberg bringen. Ich gehe davon aus, dass auch einige meiner eigenen Vorfahren ihren Beitrag zum Bau der Königsberger Bewallung leisteten.


Auf dem höchsten Punkt des alten Königsberger Walls wird von 1811 bis 1813 die Königsberger Sternwarte errichtet. Erneuert wird die Stadtumwallung in der Zeit von 1860 bis 1911.

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Kirchliches Leben im Amt Balga – 16. und 17. Jahrhundert

Deckblatt der Amtsrechnungen – 1636

Die evangelischen Seelsorger im ostpreußischen Amt Balga haben während des 17. Jahrhunderts große Mühe, ihren Gemeindemitglieder den christlichen Glauben näher zu bringen und sie zu einem sittlichen und moralisches Leben zu bewegen.

Zur Einordnung: Im Jahre 1686 findet in Groß Lauth im Kirchspiel Jesau (Kreis Pr. Eylau) der Prozess gegen Anna Bergau statt, die der Hexerei und Zauberei beschuldigt und letztlich ‚ihrer grausamen begangenen Teuffeley und Zanteley halber mit dem Feuer vom Leben zum Tode comdemniret und verdammet‘ wird. Hier nachzulesen: Hexenprozess in Groß Lauth, Pr. Eylau – 1686

Der Theologe und Historiker Adolf Rogge beschreibt den Zustand damaligen kirchlichen Lebens: ‚Die Kirchengebäude waren größtentheils elend und schadhaft. Die Pfarrhäuser waren Hütten, die man heute keinem Instmann anbieten dürfte. Kein einziges, selbst das zu Zinten nicht, besaß einen Rauchfang. Die Pfarräcker waren durch und durch mit Gestrüpp bewachsen oder versumpft. Die Kirchenländereien hatten so wenig Wert, dass vier eingegangene Pfarrhufen zu Hasselberg der Kirche Hohenfürst nur 5 Mark jährlichen Zins einbrachten…

Diese elenden Pfarrstellen waren zum Theil mit äußerst gelehrten Leuten besetzt, die aus allen Gegenden Deutschlands hierher gekommen waren, als „das Evangelium mit vollen Segeln nach Preußenland fuhr“. So war Simon Scholius in Balga ein tüchtiger Schüler Luthers und Melanchtons. Marcus Schwilling, anfangs Diaconus in Zinten, später Pfarrer in Hohenfürst, von Brenz und Schnepff gebildet und zeichnete sich ebenso als Kanzelredner wie als Katechet aus. Valentin Schulz, der Pfarrer in Zinten, ein Schlesier, hatte seine Studien in Wien und Krakau gemacht und wurde als ein verständiger und fleißiger Mann gelobt.

Freilich fehlte es in jener Zeit auch nicht an schwach begabten, zum Theil unstudierten Leuten, welche nicht im Stande waren, das Evangelium mit Nachdruck zu predigen. Sehr übel beraten waren in dieser Beziehung die Kirchen zu Eichholz, Waltersdorf und Lindenau‚.

Anmerkung: Zum Kirche von Eichholz gehörten eine ganze Reihe meiner eigenen Vorfahren – u.a. die Tolkmitts.

Durch wüste Zeiten aller Zucht entwöhnt waren besonders ‚Üppigkeit und Unzucht eingerissen‘. … Beklagt wird vor allem unangemessene Bekleidung beim Abendmahl sowie der Zustand, dass ‚Hurerey‘ an vielen Orten, besonders in der Stadt Zinten, mittlerweile nicht mehr als Laster, sondern als Tugend angesehen würde. Die Gottesdienste wurden kaum besucht – die Kirchen blieben leer. ‚Man schob Kegel unter der Predigt‘.

Schließlich ergriff man ‚Zwangsmaßnahmen‘, um die Leute zum Besuch des Gottesdienstes zu bringen. Jedes Haus wurde unter kirchliche Aufsicht gestellt. ‘Die sog. Schulzenbänke, welche in andern Ämtern bereits eingeführt waren, wurden auch hier (im Amt Balga) eingerichtet. Es waren dies erhöhte Sitze, welche die Ortsschulzen oder sonstige vom Patron der Kirche ernannte Aufseher einnahmen’.

Fortan durfte nur jeweils eine Person aus jedem Haus dem Gottesdienst fernbleiben – wer ohne triftigen Grund fehlte, wurde dem Schulmeister gemeldet, der darüber Buch führte und Strafgelder eintreiben musste. Den 10. Teil dieser Gelder durfte er selbst behalten.

Die Maßnahmen waren erfolgreich. Rogge fährt fort: ‚Das kirchliche Leben nahm im 17. Jahrhundert einen bedeutenden Aufschwung. Die reichlich eingenommenen Tafelgelder (jetzt Klingsäckelgelder), welche die meisten Kirchenrechnungen dieser Zeit, trotz der allgemein im Land herrschenden Armuth nachweisen, deuten auf regelmäßigen Kirchenbesuch hin‘.

Auch die Amtsvertreter achten streng auf die Einhaltung der Feiertage. Die folgende Notiz im Protokollbuch des Amtes Balga bezieht sich auf das Dorf Hohenfürst, in dessen Nachbarschaft – in Lütkenfürst – zu dieser Zeit auch mein Vorfahre Michel Lange als Köllmer und Schulz des Dorfes mit seiner Familie lebt.

Actum den 17. April 1699. Die Pauren von Hohenfürst haben heute am Charfreitage vor der Predigt den Scharwerksacker bei hiesigem Vorwerck gepflüget. Weil denn solches wider der Kirchen und S. Cfl. Dhl (Seiner Churfürstlichen Durchlaucht) Verordnung läufft, da dieser Tag feyerlich begangen werden soll, so sind die Wirths mit Thurm-Straffe beleget worden.‘

Kirchenzucht wird in den evangelischen Kirchen zur Sitte. Der Pfarrer ist zu dieser Zeit hoch angesehen – nicht nur bei den Bauern und einfachen Dorfbewohnern, sondern auch bei den Adeligen, die Patenämter bei seinen Kindern übernehmen oder ihn selbst zu Paten wählen.

In einigen Kirchspielen zeigt sich die sittliche Veränderung deutlich – im Kirchspiel Hohenfürst werden in der Zeit von 1676 bis 1718 nur 22 uneheliche Kinder geboren. In 26 Jahrgängen kommen überhaupt keine unehelichen Geburten vor.

Und auch das Pfarrhaus wird nun ansehnlicher und wohnlicher ..

Besonders in der letzten Hälfte des Jahrhunderts wandeln sich Pfarrhäuser aus rauchigen Hütten in gemüthliche zuweilen comfortable Wohnstätten um. In der äußeren Einrichtung unterscheiden sich die meisten derselben wenig von den damals und zum Theil noch heute üblichen Bauernhäusern. Es wird die große und kleine Stube, sowie ein Studierstüblein für den Pfarrer unterschieden. Die große Stube für gewöhnlich der Aufenthalt für die Dienstleute, hatte einen ungeheuren Kachelofen mit der unvermeidlichen Ofenbank, an den Wänden zogen sich Holzbänke herum. Oftmals tickte in ihr eine, auf Kosten der Kirchenkasse angeschaffte Uhr. In einem Pfarrhause finden wir über dem Bett des Pfarrers eine geladene Pistole‘. (Quelle: Adolf Rogge: Das Amt Balga. Beiträge zu einer Geschichte des Heiligenbeiler Kreises. In: Neue Preußische Provinzial-Blätter)

Bei der Erwähnung der Pistole bezieht sich Rogge auf folgenden Vorfall in Hohenfürst:

Kirchenbuch Hohenfürst 1684

d 10ten Julius 1684 ein Mädgen ins 30 Jahr aetatis gegen 5 Uhr abends des Hans Riemannß eines Instmannß in Hochförst Tochter nahmes Barbara von des Henrich Engelken auch eines Instmannß Sohn nahmens Martin(,) der auch von 30 Jahren seines Alters und im damahligen Pfarr Dienste durch einen Pistolen Schuß in Abwesenheit der Herrschaft(,) so selbige über dem Bette vergessen(,) vor der Hausthüre tötlich verwundet(,) so den Tag darauff etwa umb 5 Uhr auch todes verblichen, und den donnerstag darauff begraben worden.

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