Nachrichten aus der Burgschanze bei Lesum – Teil 2

Teil 1: Nachrichten aus der Burgschanze bei Lesum

1666/67 – Abriss der Burgschanze an der Wümme mit umliegendem Gelände zwecks möglicher Erweiterung der Festung bzw. Anlegung einer neuen Stadt – Kolorierte Handzeichnung, unsigniert – entnommen aus der Akte Rep. 5 a Nr. 7614 (alt: Rep. 5a Fach 387 Nr. 8)

Vom Staatsarchiv Stade wurden auch diese Dokumente digitalisiert:

Bewerbung des Lüder Clüver vom Mai 1659 auf die Proviant-, Akzise- und Zollverwaltung zur Burg; Kautionsleistung des Bremer Baumeisters Johann von Hassel für Clüver vom 8. Mai 1659

Regierungsmandat an den Zöllner Heinrich Boeck in der Burg vom September 1661 wegen Räumung seiner Wohnung in der Garnison für den Kommandanten und Umzugs auf den Burgdamm; Gesuche Boecks vom August und Dezember 1662 um notwendige Unterhaltung und Behausung auf dem Burgdamm und Erstattung des geleisteten Vorschusses, auch um Reparierung von Damm und Brücke (mit Anlage: Rechnung wegen vorgeschossener Gelder)

Memorial des Lizentinspektors Martin Bengtson vom Juni 1665 wegen Beförderung des Zoll- und Akzisewesens bei der Burg, mit beigefügtem Bericht Boecks, auch zur Einsetzung einer Fähre während des Brückenbaus (mit Anlage); nachfolgende Regierungsmandate an den Kommandanten in der Burg, Major Heinrich Johanson, wegen Unterstützung des Zöllners, auch bei Verpflichtung des Krügers Berend Meyenburg zur Akzisezahlung von seinen ausgeschenkten Getränken; weitere Berichte Bengtsons und Boecks vom Juli 1665 und nachfolgende Regierungsmandate

Beschwerde der am Burgdamm wohnenden Friedrich Schwarting und Claus Wohlers gegen den Zoll- und Proviantverwalter Heinrich Boeck zur Burg vom Januar 1663 wegen Forderung des rückständigen Krug- und Hofgeldes, mit nachfolgendem Regierungsmandat; weiteres Gesuch der beiden vom August 1664 um Erlass des rückständigen Geldes

Gesuch des Akziseeinnehmers Heinrich Boeck zu Burgdamm vom April 1668 um Amtsnachfolge durch seinen Sohn, auch Gesuch des Sohnes Johann Boeck dazu; Notifikationsschreiben des Kommandanten zur Burg, Heinrich Johanson, vom April 1668 zum Tod des Heinrich Boeck; Rekommendationsschreiben des Generals Conrad Mardefelt vom Mai 1668 für seinen Sekretär Johan Beckmann wegen des Akziseeinnehmerdienstes zur Burg, mit nachfolgender Regierungsverfügung

Beschwerde des Heinrich Meyer, Eltermann in Bremen, gegen die Zöllner in Burgdamm und Ottersberg vom Juni 1668 wegen von seinem Zehnt- und Meierzinskorn geforderten Zolls, mit nachfolgendem Bericht Kynnardts dazu

Korrespondenz des Generalgouverneurs Baron Nils Gyllenstierna mit dem Leutnant Heinrich Schierholz, Kommandant der Burgschanze -Laufzeit 1699-1704 – enthält: Korrespondenz vom 7. Juni 1699 bis 18. Januar 1704, u.a. zu folgenden Inhalten: zur Bewerbung des Leutnants Schierholz um die Kommandantschaft (1699, mit nachfolgendem Schreiben Gyllenstiernas an den schwedischen König vom 12. Juni 1699 und königlicher Bestallung vom 24. Juli 1699); zur Klage des Bauern Hinrich Lürsen wegen Diebstahls (1700); zur beschädigten Brücke in der Burgschanze und zu fehlendem Proviant (1700); zur Verhaftung von Deserteuren (1701); zum Verbot der Einfahrt von mit zollbaren Waren beladenen Wagen in der Nacht (1702); zum Tod des Konstabels Johann Prigge und Wiederbesetzung der Stelle (1703); zur Erlegung eines Wegegeldes von über den Burgdamm Reisenden und Herstellung eines Schlagbaums (1703); zur Untersuchung eines dem Zimmergesellen Peter Rademaker geschehenen Diebstahls (1703); zu Exzessen der in der Burgschanze liegenden Soldaten gegen Reisende (1704) – Alte Archivsignatur Rep. 5a Fach 76a Nr. 263

Am 9. November 1682 erfolgt die Bestallung von Martin Senff als Kommandant der Burg


Zu seiner Zeit (1683) sind in der Burg u.a. 200 gefüllte Handgranaten, 113 Schaufeln und Spaten, 1322 ‚Mousquett-Kugeln‚ sowie 2 Brechstangen vorhanden!

Artiglerie Inventarium pro 1. Jan. 1683

  • Eysern Stücken
  • Lavetten
  • Blok-räder
  • Ladeschaufeln
  • Kugeln
  • Pulver
  • Lunten
  • Hand-granaten gefülte
  • Musquett Kugeln
  • Schaufeln u. Spaden
  • Hakken und Pikken


Nach dem Tod des Kommandanten Martin Senff – er verstirbt im Februar 1699 im Alter von 78 Jahren – wird ein Nachfolger benötigt! Etwa 4 Wochen später – am 12.6.1699 – wendet sich Baron Nils Gyllenstierna von Stade aus an den schwedischen König.

Nils Gyllenstierna (deutsch: Nikolaus Gyldenstern), ab 1706 Graf Gyllenstierna af Fogelvik (* 13. Oktober 1648 in Wismar; † 30. März 1720 in Stockholm) war ein schwedischer Feldmarschall und von 1698 bis 1710 Generalgouverneur der Herzogtümer Bremen und Verden. Als solcher wurde er 1699 in die St. Antonii-Brüderschaft in Stade aufgenommen. Am 15. November 1699 wurde er Befehlsherr über alle schwedischen Truppen in Deutschland. (Wikipedia)

Gyllenstierna teilt dem König mit dass der ‚in der Bremerburg … viele Jahre gestandene Commandant Capitain Martin Sempff für (=vor) einiger Zeit mit Tode abgangen‘ sei und dass es notwendig sei, dass ‚die dadurch erledigte Stelle mit einem Hierzu tüchtigen Officier hinwiederumb besetzet werde.

Weiter schreibt er: ‚Wann nun der bey meiner unterhabenden Bataillon stehende Leutenant Schierholtz mir in mehrem geziemend zu vernehmen gegeben, wasgestalt mit herannahenden Alter Er besorgen müßte, daß seine kräffte abnehmen, und ihme die dienste bey der Bataillon mit der Zeit schwer fallen dürfften, und dahero inständigste ansuchung gethan, daß ihme diese vacante Stelle nebst der Jährlichen in einhundert … bestehenden pension, welche der sehl(ige) Capitain Sempff, und was Er daselbst an Weyden und sonsten zu genießen gehabt conferiret werden möchte;

Als habe mich veranlaßet befunden, jetz erwehnten Lieut(nant) Schierholtz in ansehung seiner Vieljährigen treuen dienste sothane Commandantschafft auff gleiche weise wie selbige der Capitaim Sempff gehabt, bis auff Eure Königl(iche) Majestät‚.

1695 wird Henrich Schierholtz in einer Musterrolle als Leutnant der Compagnie des Majors von Issendorf genannt (Reichsarchiv Stockholm)

Henrich Schierholtz weist in seinem Bewerbungsschreiben an den schwedischen König darauf hin, er habe den march mit nach Ungarn gethan‘ und auch ansonsten alle ihm ‚anbefohlenen Verrichtungen dergestalt versehen‘, und er glaube, dass der Major Issendorf ihm sicherlich ‚ein gutes Gezeugniß beylegenwerde. Außerdem betont er, dass er sich zutraue, den Dienst noch einige Jahre auszuüben /er ist zu dieser Zeit ca. 59 Jahre alt!/ ‚gleichwohl aber auch in Sorgesei, ‚daß mit herannahendem Alter auch die Kräffte … abnehmen‘ würden.

Henrich Schierholtz bekommt den Posten – er wird der neue Kommandant der Burgschanze!

Am 14. Mai 1703 teilt er dem schwedischen König mit, dass der Constabel Johann Prigge in der Burgschanze verstorben sei. Er schreibt: ‚Ew. Excel(lenz) muß ich in aller Unterthänigkeit hirmit berichten, daß heute Vormittag der hir liegende Constapel Johann Prigge mit Tode abgangen und unterthänig ersuchen, Sie geruhen die gnädige Ordre zu geben, damit an des Verstorbenen Stelle ein ander Constapel gesetzet werden möge, ich habe auch eben anjetzt nach dem Ottersberge an den Stück-Leutenant geschrieben, daß er ad interim einen Constapel Herschicken möge. Womit Ew. Excell(enz) Gottes Gnädiger Obhut empfehle und unterthänig bitte, daß Sie mein Gnädiger Herr verbleiben wollen, der ich mit allem Respect verharre

Drei Jahre später – im Januar 1706 – verstirbt Heinrich Schierholtz. Einige meiner Vorfahren haben ihn auf jeden Fall kennengelernt – aber das ist eine andere Geschichte!



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Verkauf der Zuckerform- und Porcellainfabrik in Aumund – 1757

Mein Vorfahre Caspar Grote wird 1739 in Schönebeck als Sohn des dortigen Jägers Georg Moritz Grote und dessen Ehefrau Anne Alheit Weinberg geboren.

Seine Ausbildung zum Fayencenmaler absolviert er in der Aumunder Zuckerform- und Porcellainfabrik, die 1750 von Diederich ter Hellen, seinem Bruder Wilhelm und dessen Schwager Johann Christoph Mühlhausen gegründet wurde.

ehemaliger Standort der Fabrik

Thomas Begerow: Die Fayence Fabrik befand sich an der heutigen Uhthoffstrasse in Vegesack. Diese hieß früher Bremerstrasse und kam erst 1804 zu Vegesack, vorher Aumund. Zur gleichen Zeit hat der Gastwirt Daniel Hellmers die ehemaligen Fabrik Gebäude übernommen und hier den Gasthof „Stadt Hamburg“ eingerichtet. Um 1890 wurde alles abgerissen, parzelliert und mit Wohnhäusern bebaut. Nebenan befand sich seit 1823 die Eisengiesserei von Uhthoff.

Caspar Grote ist 18 Jahre alt, als die Fabrik 1757 verkauft werden soll. Im März des Jahres erscheint in den Braunschweigischen Anzeigen folgendes Inserat:

Ich freue mich über diese Beschreibung – nun kann ich mir vorstellen, in welcher Umgebung Caspar Grote dort tätig war. Vielleicht hat er zum Frühstücken auch ab und zu an dem kleinen Fischteich gesessen …?

1887 erscheint in der Monatszeitschrift ‚Kunstgewerbeblatt‚ eine Abhandlung über die Fayencefabrikation in Vegesack und Lesum – darin ist zu lesen:

‚Käufer der bankrotten Fabrik war der Elternann Albrecht d’Erberfeldt zu Bremen. Leider war dieselbe damit nicht in die rechten Hände gekommen. D’Erberfeldt machte sich durch seinen weitgehenden Hochmut und ’seinen ganz eigenen Humeur‚ bald bekannt. Letzterer scheint besonders darin bestanden zu haben, daß er sich mit seinen Arbeitern nicht vertragen konnte, und keiner derselben es längere Zeit bei ihm auszuhalten vermochte‘. (Quelle: J. Focke; Beiträge zur Geschichte der Kunsttöpferei; Fayence-Fabriken in Vegesack und Lesum, in: Monatszeitschift Kunstgewerbeblatt, Leipzig 1887

Johann Christoph VielstichWerkmeister der Aumunder Fabrik – hatte die Fabrik bereits 1754 verlassen, um in Lesum seine eigene Fabrik zu gründen. Auch Caspar Grote folgt ihm und arbeitet fortan bei Vielstich in Lesum – vielleicht hat der ‚ganz eigene Humor‚ seines Chefs ihn dazu bewogen, sich einen anderen Arbeitsplatz zu suchen.

Mehr als 300 Jahre später

Bei Erdarbeiten im Zuge der Errichtung der Wohnsiedlung „Am Mönchshof“ wurde im Juni 1981 gegenüber dem Lesumer Hof ein gut erhaltener, tonnengewölbter Brennofen der 1756 von Johann Christoph Vielstich gegründeten Lesumer Fayencemanufaktur ausgegraben. Vielstichs Fayencemanufaktur war nicht nur für ihr hochwertiges Tischgeschirr bekannt, sondern auch für ihre hohen Kachelöfen, von denen einer noch heute im Schönebecker Heimatmuseum zu besichtigen ist. Nach der Blütezeit im 18. Jahrhundert musste die bis 1933 von der Familie Vielstich geführte Töpferei wegen der zunehmenden Konkurrenz durch die industrielle Porzellanproduktion auf Gebrauchskeramik umstellen. Der ausgegrabene Brennofen ist in der Aula der Grundschule Am Mönchshof ausgestellt. Quelle: https://heimatverein-lesum.de/hvl-kalender-2017-07/)

Teil eines Ofens, an dem Caspar Grote mitgearbeitet hat. Der Ofen blieb erhalten und steht heute im Schloss Schönebeck.

Weitere Informationen zu Caspar Grote und seine Familie: https://www.genealogie-tagebuch.de/?p=49

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Quellen zur Forschung in Osterstade und ‚umzu‘

Ich gehöre zu den Familienforschern, die ungern Namen und Daten aus Datenbanken oder Stammbäumen übernehmen, ohne sie selbst überprüft zu haben. Zudem versuche ich immer, nicht nur vorhande Kirchenbücher auszuwerten, sondern möglichst auch andere Unterlagen zu finden, in denen sie erwähnt werden.

Meine norddeutschen Vorfahren lebten über Jahrhunderte um Bremen herum – u.a. in Blumenthal, Rönnebeck, Beckedorf, Lesum … aber auch im Gebiet von Osterstade: in den Dörfern Aschwarden, Rechtenfleth, Wersabe, Hinnebeck und Meyenburg. Während der vergangenen Wochen habe ich über Arcinsys in den Digitalisaten des Landesarchivs Stade gestöbert, um nach Quellen für die Familienforschung in diesen Regionen zu suchen.

Einige Beispiele habe ich hier zusammengestellt – wenn ihr auf die Links klickt, solltet ihr unmittelbar bei den Digitalisaten landen!

Ausschnitt aus einer Situationskarte von Osterstade
Handzeichnung, kopiert durch C.G.Gasschütz (1750-1780)

Die Osterstader Marsch befindet sich in den Landkreisen Cuxhaven und Osterholz und grenzt im Norden an Landwürden und im Osten an die Bremer Schweiz, einem Teil der Osterholzer Geest. Sie wird in Norder-Osterstade und Süder-Osterstade unterteilt. Zum erstgenannten Teil gehören die Orte Büttel, Neuenlande, Rechtenfleth und Sandstedt sowie die Ortsteile Neuenlandermoor, Rechtenflether Moor, Rechtenflether Feldhof, Reepen und Sandstedter Moor.

In Süder-Osterstade befinden sich dagegen Offenwarden, Rechtebe, Wersabe, Wurthfleth, Uthlede, Aschwarden, Rade, Hinnebeck sowie die Ortsteile Rechteber Moor, Wersaber Moor, Cleve, Bruch und Hassel und der Nordteil von Meyenburg. (Wikipedia)

Digitalisiert sind zum Beispiel:

Kopfschatzbeschreibungen verschiedener Ämter1663

Gefunden habe ich darin u.a. Franz Bauerfeindt in Meyenburg (mit Ehefrau und einer Magd) und Johan Öhlich in Rechtenfleth (mit Ehefrau u. Stieftochter) – Carsten Tietjen (Titken) in Heesen mit Ehefrau und 2 Kindern

Verzeichnisse der Knechte und Mägde, die Osterstade verlassen haben und in fremde Dienste gegangen sind – Enthält: Listen von 1730, mit Namensnennung und Angabe der neuen Dienstorte – ein Beispiel aus dem Dorf Wersabe

Dorffschafft Wersabeh 1 Hinrich Meyer nach Englandt – 2Johann Siebs nach Engelandt – 3 Luder Siebs nach Amsterdam zu Schiff

Attestat des Bremer Erzbischofs zur Erbfolge in Rechtenfleth, Osterstade, Sandstedt, Stotel und im Vieland hinsichtlich eines Appellationsprozesses am Reichskammergericht – Auszug:

Landbeschreibungen – Enthält: Beschreibung der Ländereien im Kirchspiel Belum (o. J.), im Kirchspiel Oppeln (1670), im Alten Land (1662) und in Osterstade incl. der Herrenmeier auf der Geest im Amt Hagen (o. J.) Laufzeit 1662 – 1670 – Beispiel:

Streitsache zwischen den Osterstader Einwohnern und den in Osterstade begüterten Bremer Bürgern und Einwohnern wie auch den Einwohnern des Landes Würden wegen Verteilung der Lasten und Einquartierung (unvollständig) – 1656-1663 – Beispiel:

Unterschriften der Bewohner von Sandstedt

Kassierte Protokolle zur regulierten Konsumtionsakzise im Amt Hagen und Osterstade, sowie in der Amtschreiberei Stotel – Laufzeit 1696-1697 Enthält Gebundenes Buch (Fol. 1 – 172), mit Verzeichnung der Konsumtions-Akzise Bem.: An Stelle dieser kassierten Blätter befinden sich im ersten Teil der Kommissionsakten unter den gleichen Blattzahlen die gültigen Verzeichnisse zu Hagen, Osterstade und Stotel (siehe Rep. 5a Nr. 3164)

Viele Seiten sind schlecht lesbar. Angegeben werden: 1. die Anzahl der Personen im Haushalt und 2. bis 5. die Menge der Accise in Form von Naturalien, die ans Amt geliefert werden muss: Malz Brandschrot (?) – Weizen Roggen und Grütze. Gekennzeichnet sind meine Vorfahren Joachim Westphal aus Aschwarden und Hermann Otten aus Hinnebeck

Mannschaftsrollen aus einzelnen Landesteilen von 1682 – Enthält Berichte einzelner Pastoren und Beamter, mit beigefügten Rollen aus den Kirchspielen, Börden, Gerichten bzw. freien Dämmen Scharmbeck, Lesum, Trupe, St. Jürgen, Ritterhude, Blumenthal, Osterstade, Bramstedt, Meyenburg, Schwanewede, Holte und Achim – Beispiel:

Gekennzeichnet sind meine Vorfahren: Röpke Vollers, Baumann in Lobbendorf – Arend Burgwall – Hinrich Haesloop und Albert Voßhahl aus Beckedorf

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Nachrichten aus der Burgschanze bei Lesum

Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich gar nicht viel weiß über die Geschichte der Region, in der meine norddeutschen Ahnen lebten und in der ich selbst aufgewachsen bin – die Geschichte des jetzigen Bremen-Nord. Nun arbeite ich mich nach und nach ein!

Da ich historische Zusammenhänge sehr viel besser verstehe, wenn sie

  • 1. mit Leben gefüllt werden – und
  • 2. wenn ich diese Zusammenhänge aufschreibe

verwende ich mein Genealogie-Tagebuch erneut als ‚Merkzettel‚.

Vor allem möchte ich möglichst viel über die Lebensumstände meiner Vorfahren erfahren! Auch bei der Beschäftigung mit meinen ostpreußischen Ahnen habe ich darauf viel Wert gelegt. Deshalb enthält mein Natangen-Buch neben historischen Abläufen viele Berichte über die Lebensverhältnisse der ehemaligen dortigen Bewohner.

Zunächst einmal beschäftige ich mich mit der Burgschanze bei Lesum und der ‚schwedischen Zeit‚ im Herzogtum Bremen. Mehrere meiner Vorfahren haben zu unterschiedlichen Zeiten einen direkten Bezug zur Burgschanze, deshalb interessiert mich deren Geschichte sehr. Und während der Zeit der schwedischen Besetzung leben viele meiner Vorfahren-Familien in diversen Orten und Dörfern des Herzogtums.

Burg bei Bremen – das Zollhaus an der Brücke über die Lesum – fertige und im Bau liegende Schiffe – Bildvorlage von Anton Radl aus dem Jahr 1818/1819 (Quelle: Adam Storck, Ansichten der Freien Hansestadt Bremen und ihrer Umgebung,
Schünemann, Bremen 1977)

Der Bremer Lehrer und Heimatkundler Franz Buchenau behauptet:

.Es gibt keinen Fleck Erde in Bremens Nähe, der eine so eigenthümliche Geschichte hat, wie der, auf dem der jetzige Ort Burg sich erhebt ..Der Ort Burg kann in seiner ganzen Existenz nur aus seiner Geschichte begriffen werden; er ist weder ein ackerbautreibendes Dorf, noch ein Flecken oder eine Stadt, in der die umwohnende ländliche Bevölkerung einen Mittelpunkt fände; er ist nur eine Ansiedelung, zu der ein wichtiger Flußübergang den Anstoß gegeben hat.‘ (Franz Buchenau, Die freie Hansestadt Bremen und ihr Gebiet; Bremen, Schünemann 1862)

Im Bremer Sontagsblatt von 1865 finde ich ab Seite 111 Notizen des Pfarrers Johann Melchior Kohlmann aus der ‚Geschichte der Feste und Pfarre zu Burg‚ . Einige Auszüge daraus:

  • 1350 baut man eine hölzerne Brücke und beginnt mit der Errichtung der ersten der insgesamt acht Befestigungen, die jedoch schon nach wenigen Jahren durch kriegerische Auseinandersetzungen wieder zerstört wird. Die zweite Befestigung hält von 1387 bis 1538. Beide Male werden lediglich Türme gebaut.
  • Nachdem man erkannt hat, welch große Bedeutung dieser Punkt an der Lesum für den Handelsverkehr und für die Kriegsführung hat, errichtet Bremen die erste Schanze. ‚Mit dem Dorfe Burg wird das Fort wohl noch nicht verbunden gewesen sein; die Häuser der Bauern werden noch außerhalb der Gräben und Wälle gelegen haben, so auch Kirche und Pfarrhaus.‘
  • Am 7. September 1627 wird die Schanze durch die Dänen zerstört – die Bremer kommen jedoch wieder in Besitz des Platzes und bauten sie erneut auf.
  • Den Dreißigjährigen Krieg übersteht Bremen ziemlich unbeschadet – die Herzogtümer Bremen und Verden werden administrativ vereinigt und den Schweden zugewiesen. Der Verwaltungssitz ist Stade!

Nun wird es turbulent!

  • 1654 kommt es zum Ersten Bremisch-Schwedischen Krieg. Gekämpft wird um die Vorherrschaft im Gebiet des Herzogtums Bremen-Verden und den Status Bremens als freie Reichsstadt. Der Ablauf wird hier genau beschrieben:
  • Im Ersten Stader Vergleich einigen sich Schweden und die Stadt Bremen, durch die am 28. November 1654 der Erste Bremisch-Schwedische Krieg beendet wurde. Sie wurde in Stade als Verwaltungssitz des Herzogtums Bremen abgeschlossen.

Das Herzogtum Bremen umfasst folgendes Gebiet:

Das Herzogtum Bremen in einer historischen Kartendarstellung aus dem 17. Jahrhundert. Das Amt Ritzebüttel (hamburgisch) und das Land Hadeln (Sachsen-lauenburgisch) sind nicht als externe Territorien kenntlich gemacht, obwohl sie nicht zum Herrschaftsbereich der Bremer Erzbischöfe gehörten. (Archiv der Ritterschaft).
  • Die Schwedenzeit dauert bis zum Jahr 1719 – aus dieser Zeit sind viele interessante Dokumente erhalten, die sowohl im Staatsarchiv von Stade als auch im Stockholmer Reichsarchiv lagern und teilweise digitalisiert wurden!

Im Stockholmer Archiv entdeckte ich u.a. diese Skizzen

der Burgschanze bei Lesum

Die nachfolgende Zeichnung wird im Staatsarchiv von Stade aufbewahrt:

1666/67 – Abriss der Burgschanze an der Wümme mit umliegendem Gelände zwecks möglicher Erweiterung der Festung bzw. Anlegung einer neuen Stadt – Kolorierte Handzeichnung, unsigniert – entnommen aus der Akte Rep. 5 a Nr. 7614 (alt: Rep. 5a Fach 387 Nr. 8)
Ausschnitt aus obigem Bild

Einen der zahlreichen Ordner des Staatsarchivs Stade aus der Zeit von 1651 bis 1657 habe ich mit großem Interesse Seite für Seite ‚durchgeblättert‚. Enthalten sind überwiegend Briefe, die – von Stade aus – an die verschiedenen Ämter der Herzogtümer Bremen und Verden gesandt wurden.

Man erfährt viel über die damaligen Lebensbedingungen der Landbewohner und ich stelle mir vor, dass auch einige meiner Vorfahren, die um diese Zeit innerhalb des Herzogtums Bremen leben, mit einer Schublade voller Torf oder Holz zur Burgschanze beordert wurden … Und sicherlich werden sie verpflichtet gewesen sein, Proviant und Fourage für die Soldaten und ihre Pferde abzuliefern und sich mit ‚guten Gewehren‘ auszustatten.

Vor 1700 betrifft dies meine Ahnen Hermann Otten, Henrich von der Lieth und Henrich Dreyer in Hinnebeck – Carsten Tietjen in Heesen – Johann Kreye, Johann Siemer, Hinrich Selßen und Berend Bellmer in Schwanewede – Johann Jachens in Holthorst, Ksp Lesum – Arend Burgwall, Cord Voßhall und Henrich Haesloop in Beckedorf – Jacob Steinbrügger in Rönnebeck – Johann Ratjen in Ritterhude – Henrich Seedorf in Lintel, Ksp Scharmbeck – Friedrich Fixen, Hinrich Behnken und Johann Ölrich in Offenwarden Moor – Dietrich Langhaar in Aschwarden – Wohler Ohlsen in Uthlede – Lüder Hinrichsen in Sandstedt – Hinrich Pundt in Vorbruch, Neuenkirchen und Franz Bauerfeindt in Meyenburg – Claus Hancken in Heine

Notizen aus diesem Ordner:

  • Mai 1653 – Wulbrand Clüver – als Steuereinnehmer der Börde Bramstedt – soll angeben, welche Höfe der dortigen Bauleute unbewohnt sind – auch andere Ämter müssen diese Angaben machen
  • Verschiedene Amtmänner (aus dem Land Wursten Lehe Beverstedt Viehland) werden ermahnt, da eine Reihe von Personen aus ihrem Gebiet im April bei auf der Weser angegriffenen Schiffenhandthätig‘ geworden seien. Sie sollen nach Stade gebracht werden!
  • Juni 1654 – einige Amtmänner werden aufgefordert, Männer mit ‚ober- und Untergewehr sambt allem zubehöre, auch Schauffeln und Spaden‘ nach Ottersberg zu schicken
  • Juni 1654 – in Stade möchte man wissen, ‚wieviell Bremer Ochsen jetziger Zeit in Osterstade geweidet werden‘ – der Amtmann zu Hagen soll ‚fleißige Obacht geben‘, dass keine Ochsen über die Weser ‚weggeführet werden‘
  • Kontributionszahlungen sind fällig – manchmal werden auch die Namen der Dorfbewohner genannt
  • Pferde sollen geliefert werden
  • es wird Material zum Fortifikations–Bau benötigt! Ermahnungen, weil es mit der Lieferung der Pallisaden nicht klappt und fernerer Verzug nicht zu dulden sei
  • Juli 1654 – die schwedische Königin ist ‚zu Hamburg glücklich angelanget‘ und den Grafen im Alten Land und im Land Kehdingen wird befohlen, ‚ein und andere Victualien, alß Hüner, Tauben, Fische und dergleichen‘ ‚zur Küche‘ zu liefern
  • fremde Kriegswerbung wird untersagt
  • in Buxtehude fehlt Schießpulver
  • April 1655 – u.a. an Frantz von Schönebeck, Richter zu Lesum: in Lesum und Ritterhude sowie in anderen Ämtern soll eine Zeit lang eine Compagnie des Regiments der Grafen von Waldeck einquartiert werden – die Soldaten sollen verpflegt werden!
  • 20. April 1655 – Maria Eleonore ist gestorben (Maria Eleonora von Brandenburg (* 11. November 1599 in Königsberg; † 28. März 1655 in Stockholm) war eine Prinzessin von Brandenburg und durch Heirat Königin von Schweden) – es wird gebührende Trauer‘,entäußerung aller üppigkeit und pracht in Kleider‘‚einhaltung der Music‚ und leutung der Glocken angeordnet
  • 19.6.: ‚demnach bereits vor einigen Wochen die königliche Leiche in Stockholm beerdiget ‘ kann das Läuten eingestellt werden, aber ‚mit der Music soll auf fernere ordre eingehalten werden‘
  • Mai 1655 an alle Ämter der Herzogtümer Bremen und Verden: eine ansehnliche Anzahl guter starcker Pferde in behuff der artiglerei‘ muss herbeigeschafft werden
  • ‚Wegen einiger zum Fortificationsbau zur Burg nöhtiger Materialien und Mannschafften‚ werden die umliegenden Börden angeschrieben – u.a. Frantz von Schönebeck, Richter zu Scharmbeck
  • auch die Börde Beverstedt wird aufgefordert:

Alß auch bey verfertigung der Schantze zur Burg einige Haußleuthe nothwendig erfordert werden, so wird Zugleich Euch hirmit anbefohlen, die anstalt zu machen, daß gegen nechst künfftigen dienstag, wird seyn der 2te Monaths July, frühe Morgens, auß der Böhrde Beverstedte 44 Personen, undt Zwar duchtige Mannschafft, mit Schauffeln und Spaden versehen sich dahin ohnfehlbahr erheben, undt daselbst, was Ihnen alda Zu arbeiten angewiesen wird, mit fleiß verrichten.

Insgesamt werden 200 Mann und viele verschiedene Materialien (u.a. Bretter, Pfähle, Pallisaden und Fassinen ( faschine, f. = fest zusammengeschnürtes reisigbündel, das zur befestigung und sicherung von ufern, wegen, militärischen verteidigungsanlagen o. ä. verwendet wird) angefordert

  • September 1655 – ein Teil der angeforderten Leute sind nicht erschienen. Warum?
  • Februar 1656 – wie viele wüste Höfe in der Börde Beverstedt?
  • Juli – August 1656 – in Bremen u. in anderen Orten des Herzogtums nimmt die ‚Pestlianische Seuche zu – es wird bey höchster straffe befohlen, dass ‚niemandem von Bremen, Er sei wer er wolle, bei anhaltender Seuche der durchzug weder hin noch von Brehmen vergönnet‘ werde.
  • Juli 1656 – u.a. an Jacob Lundy, den Commandanten der Burg: … ‚so befehlen wir euch hirmit, dass Ihr zur Burg auf die ankommende reisende leuthe fleißige achtung geben lasset’, damit sich die Seuche nicht weiter ausbreitet
  • September 1656: es muss für den kalten Winter vorgesorgt werden – jede Festung soll mit einem Vorrat an Torf für 3 Monate versorgt werden
  • September 1656 – für den Transport von Pulver nach Lehe werden Wagen u. Pferde benötigt
  • Oktober 1656 – Drucksache – soll (wie üblich) von allen Kanzeln verlesen werden!
  • mehrere Kompagnien werden angekündigt – sie müssen ‚mit einem Nachtlager, auch notdürftigem Bier und brodt‘ versehen werden
  • zur Abführung der 3 Kompagnien Schotten werden Schiffe benötigt
  • Januar 1657 – der Regiments-Quartiermeister beabsichtigt, sich mit 16 Reitern zur Werbung von Soldaten von Stade aus nach Holland zu begeben – sein Weg wird beschrieben, damit er versorgt werden kann
  • März 1657 – ohne Vorzeigen eines Passes der königl. Regierung dürfen keine Waren aus dem Hafen an der Elbe gefahren werden
  • März 1657 – Festungen u. Garnisonen sind ohnverzüglich mit Torf u. Holz zu beliefern
  • März 1657 – die Börde Oldendorf soll 4 Kälber, 6 Hammel, 6 Lämmer, 12 Hühner u. 4 Schock Eier zu Feldmarschall Carl Gustav Wrangel nach Bremervörde liefern – auch andere Ämter werden angeschrieben
  • März 1657 – verschiedene Festungen brauchen Pallisaden und Pfähle
  • März 1657 – es müssen Wagen und Sch(a)ubkarren in die Schanzen geliefert werden – 9 Wagen und 150 aus der Börde Lesum und Scharmbeck nach Burg!
  • März 1657 – der ‚Fortificationsbau‘ erfordert an verschiedenen Stellen ‚eine ziembliche Mannschafft uff eine Zeitlang‘ – nach Burg werden 100 Leute geschickt
  • Mai 1657 – an die Grafen des Alten Landes, des Landes Kehdingen, Amtsvogt des Landes Wursten, Amtmann zu Hagen wegen Osterstade – man soll die Gewehre der Eingesessenen prüfen, ‚damit, wenn von den benachbahrten etwas feindliches tentiret werden solte‘ man zu ‚behöriger gegenwehr greifen kann!
  • Mai 1657 – ‚bey gegenwertigen Zeiten‘ sollen die Fährleute ihre Prahme (flache Fähren zum Übersetzen von Menschen, Vieh und Wagen – eines der kleinsten Schiffe, das Waren transportierte) ans Land ziehen und mit eisernen Ketten befestigen
  • Mai 1657 – man hat erfahren, ‚dass verschiedene Reuther nach eigenem belieben auß den Quartieren bald hir, bald dorthin auffs Land .. reiten und den frembden reisenden sowohl als Einheimischen und Hausleuthen, welche ihnen unterwegens begegnen, das Ihrige abnehmen… Die Offiziere werden angewiesen, besser aufzupassen!
  • Schreiben an verschiedene Ämter, dass die Eingesessenen Proviant und Fourage abliefern sollen und dass ihnen dies ‚nach billigem werth angerechnet werden soll.
  • Schreiben nach Lesum, Osterholz u. Verden: dem königlichen Proviantmeister, Zoll- u. Accise-Inspektor Martin Hempel sollen Wagen und Pferde zur Verfügung gestellt werden
  • Mai 1657 – es müssen einige Tonnen mit Pech und Teer zur Burg gebracht werden – ‚hergegen von dannen eine Anzahl Musqueten und Kugeln nebst einem Protzwagen – benötigt werden: ein Wagen für Pech und Teer – sieben Wagen mit Pferden für die Kugeln und zwei ledige Pferde für den Protzwagen!
  • Mai 1657: in Burg werden noch mehr Materialien benötigt – alle Ämter werden aufgefordert, ‚daß sie dem Commandanten zur Burgh Herrn Baron Forbes uff jedesmahliges begehren so viell holtz oder Materialien, alß er noch zu dem Vestungs Bau daselbst nöthig haben wird, ohnerwartet einiger fernerer verordnung ohnverzüglich abfolgen laßen‘
  • Juni 1657 – man hat gehört, dass die dänische Armee kommt – es soll ‚gute Wacht‘ gehalten werden
  • 1. August 1657 – u.a. an die Ämter Hagen u. Osterstade, Osterholz, Scharmbeck, Lesum u. Stotel: die Eingesessenen sollen mit guten Gewehren ausgestattet werden und sich dort, wo es nötig ist, zur Musterung stellen
  • Dezember 1657 – Schreiben an alle Ämter: auf speziellen Befehl des Königs sollen sämtliche Beamte, Vögte u. andere Bediente am 15. Januar 1658 in Stade erscheinen!
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Im ‚Photographen Atelier‘ von Carl Friedrich Röthlisberger

Diesen Beitrag hatte ich bereits vor mehreren Jahren veröffentlicht, aber nun kann ich ihn durch weitere Informationen ergänzen!

Das nebenstehende Foto wird etwa um 1900 im ‚Photographen Atelier‘ von Carl Friedrich Röthlisberger in Vegesack entstanden sein.

Glücklicherweise hat meine Mutter auf der Rückseite mit Bleistift die Namen der beiden abgebildeten Damen vermerkt: Elisabeth Dehls (oo Meyer) und Anna Kröger (oo Haesloop).

Meine Großmutter Anna Lisette (rechts) hätte ich erkannt. Von ihr existieren noch viele weitere Bilder. Anna Lisette Kröger, geb. Schaumlöffel wurde 1885 in Lüssum geboren und ist hier vermutlich 15 oder 16 Jahre alt.

Elisabeth Catharine Dehls ist zwei Jahre älter als Anna Lisette. Sie ist die älteste Tochter des Lüssumer Zimmermanns und Seefahrers Johann Carl Dehls und seiner Ehefrau Adeline Louise Margarete Hanke.

Auf diesem Bild sieht man Elisabeth Catharine Dehls (sitzend) mit ihren drei Schwestern: Adele Margarethe Dehls (1884-1952) – Caroline Louise Dehls (1886-1947) und Wilhelmine Adelheid Dehls (1890-1976).

Ihr Vater ist ein unehelicher Sohn meiner Ur-Ur-Großmutter Elisabeth Dehls, der am 13. Juni 1847 in Lüssum zur Welt kommt und als dessen Vater im Kirchenbuch ‚Diedrich Rabe aus Süstedt‚ angegeben wird. Elisabeth bringt diesen Sohn mit in die Ehe, als sie am 26. Mai 1850 in Blumenthal den Schneider Carsten Knübel (1814-1881) heiratet. Er wächst gemeinsam mit den sechs ehelichen Knübel-Kindern in Lüssum auf.

Meine Großmutter Anna Lisette und Elisabeth Catharina Dehls – die beiden jungen Mädechen auf dem oberen Bild – sind gemeinsam in einem Vegesacker Haushalt tätig. Ihre sorgsam gebügelten und frisch gestärkten weißen Schürzen deuten auf eine Arbeit als ‚Hausmädchen‚ hin. Damals war es üblich, dass junge Mädchen – in Vorbereitung auf ihre spätere Rolle als Ehefrau und Mutter – nach Beendigung ihrer Schulzeit zunächst in einem fremden Haushalt das Kochen, Backen, Waschen und Putzen erlernten. 

So war es auch zum Beispiel auch bei meiner Urgroßmutter Elisabeth Haesloop, die eine Zeit lang bei ihrem Onkel, dem Schiffskapitän Bernhard von Hagen in Vegesack ‚diente‘.

Dank einer Notiz auf der Rückseite dieses Fotos weiß ich nun, dass die beiden Mädchen im Vegesacker Haushalt des Zoologen Simon Albrecht Poppe arbeiten, Sohn des Schiffskapitäns Georg Poppe und dessen Ehefrau Margarethe Jaburg, die aus einer Vegesacker Seefahrerfamilie stammt.

Nach Simon Albrecht Poppe wird später die Albrecht-Poppe-Straße in Vegesack benannt werden.

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Zur Genealogie der Müller in Zinten, Heiligenbeil

Leider habe ich meine Sammlung ostpreußischer Müller, Mühlenpächter und Mühlenbesitzer aufgrund anderer Projekte ein wenig vernachlässigt. Aber da die Erforschung meiner eigenen Vorfahren gezeigt hat, wie mühsam es ist, die Müller-Familien zu verfolgen und die Zusammenhänge dieser Familien herzustellen, bin ich bei der Durchsicht von Kirchenbüchern nach wie vor wachsam, wenn mir Müller begegnen …

Es begann mit der Suche nach der Herkunft von Anna Juliana Vetter, die 1822 in der Kirche von Klein Dexen in dritter Ehe den Müllermeister Jacob Westphal, einen Halbbruder meines Vorfahren Friedrich Westphal, heiratet. Jacob übernimmt die Schlauthiener Mühle von ihrem zweiten Ehemann Gottlieb Ernst Kohn, der 1822 in der Mühle verstarb. In erster Ehe hatte Anna Juliana 1808 in Kreuzburg den verwitweten Töpfermeister Daniel Congehl geheiratet. In diesem Eintrag wird angegeben, dass sie aus Tilsit stammt.

Irgendwann landete ich bei meiner Suche nach Familien namens ‚Vetter‚ im Kirchenbuch von Zinten, da der dortige Mühlenbesitzer um 1800 Johann George Vetter hieß. Eine Verbindung zu Anna Juliana Vetter ließe sich nicht finden, aber ich beschäftigte mich ein wenig mit der Zintener Mühle und der Müller-Familie Vetter.

Zunächst ein Text aus dem Buch „Der Kreis Heiligenbeil“, Ein ostpreußisches Heimatbuch – zusammengestellt und bearbeitet von Emil Johannes Guttzeit; Rautenbergsche Buchhandlung Leer; 1975:

Die Wassermühle in Z i n t e n, die 1412 erstmalig genannt wird, hatte 1437 3 Gänge und zinste jährlich 80 Mark. Später hatte sie wie andere Mühlen Weizen, Roggen, Malz und gemästete Schweine ans Amt zu liefern. Um 1525 verwaltete sie der Müller Andreas Kante. 1533 erhielt der Müller Hans Matern die Erlaubnis, in der Nähe eine Schneidemühle zu erbauen; als diese 1541 abbrannte, errichtete er sie 1547 von neuem. Um 1580 wird der Müller Basilius Thiel (Thilo) überliefert (er ist der Vater des am 2. Jan. 1579 in Zinten geborenen Pfarrers und Kirchenliederdichters Valentin Thilo (+ 1620); sein Adventslied »Mit Ernst, o Menschennkinder, …« ist allgemein bekannt).

1594 ging die Mühle an den Mühlenmeister Hans Höner über; sein Nachfolger war der Mühlenmeister Pönner, dem 1633 Hans Kühn folgte. 1622 wird der Müller Leonhard Bergau erwähnt. Auf die Erbmüller Bartsch, Griß, Tiede und Erdmann Willner folgte 1751 Joachim Heuer, dem die Mühle in Erbpacht gegeben wurde. Er verkaufte sie 1756 an Georg Ludwig Kiefer für 1800 Taler. Als dieser die Mühle 1759 neu erbaute, erhielt er eine Beihilfe von 156 Talern. Er verkaufte die Mühle an Preuß, der dem Amt im Jahre 1770 300 Taler schuldig blieb; ihm folgte Buchholz, der die Mühle 1780 für 10000 Floren an Hennig weiterveräußerte.

Die Mühle muß damals wenig einträglich gewesen sein; denn sie kam – unter dem Eigentümer Rokitzki – in Zwangsverwaltung, bis sie 1789 für 18000 Floren an Georg Vetter verkauft wurde. Als sie dann 1825 an Bergau überging, brachte sie 12000 Taler. 1827 wurde der Erbpachtkanon aufgehoben, so daß die Mühle nunmehr in vollen Privatbesitz übergehen konnte. Ihre Besitzer waren Patschke, Pauly, zuerst der Vater, dann vor 1902 sein Sohn Wilhelm Pauly, der sie an Frommhagen verkaufte.

Im Jahre 1886 war die Mühle umgebaut und mit neuen Maschinen ausgestattet worden. Um 1910 vermahlte sie täglich 300 bis 450 Ztr. Getreide. Der Mühlenbesitzer W. Pauly (+1936) errichtete 1902 ein eigenes Elektrizitätswerk, das den zwei Dynamomaschinen der Mühle den Strom lieferte. An dies Werk war auch die Stadt Zinten mit der Straßenbeleuchtung und 110 Privathaushalten angeschlossen. Frommhagen, der den Landbesitz vergrößert hatte, verkaufte 1932 eine erhebliche Fläche zu Siedlungszwecken.

Diese Photos von 2006 stammen von Bernhard Waldmann

Einige Ergänzungen von mir: Der erwähnte Georg Vetter – richtig Johann George Vetter – verstirbt am 2.9.1810 in der Zintener Mühle. Er hat mindestens 4 Kinder:

  • Henriette Anna Vetter heiratet am 17.3.1808 in Zinten August Friedrich Wilhelm von Geyso – der Heiratseintrag lautet: ‚Herr August von Geyso, Reichsfreiherr u. Lieut. außer Dienst, mit Demoiselle Henriette, des Herrn Johann George Vetter, Erbmühlenpächters hieselbst ältester Tochter
  • 1809 ist August Friedrich Wilhelm von Geyso Besitzer des Vorwerks Woymanns bei Landsberg im Kreis Pr. Eylau – dort wird am 25. Oktober 1809 Tochter Mathilde Antonette von Geyso geboren.
  • Dorothea Vetter heiratet den Müllermeister Johann George Bergau, der die Mühle in Zinten zunächst pachtet und später Eigentümer der Mühle wird. Die beiden bekommen 5 Kinder, die von 1816 bis 1830 in der Mühle geboren werden.
  • Johanna Lovisa Vetter, geb. 1795 in der Mühle von Zinten heiratet am 4.7.1831 -nach dem Tod ihrer Schwester Henriette in der Festung Friedrichsburg in Königsberg ihren Schwager August Friedrich Wilhelm von Geyso. Der Eintrag lautet:: ‚August Friedrich Wilhelm Freyherr von Geyso, 47, Major außer Dienst, aus Soest in Westphalen, mit Fräulein Johanna Louise Vetter, 36, des verstorbenen Mühlenbau Inspectors Johann George Vetter zweite Tochter‘
  • Charlotta Dorothea Vetter *5.9.1796 in der Mühle von Zinten.

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Forschungsergebnisse werden zu Büchern …

Ich freue mich sehr darüber, dass ich es geschafft habe, viele meiner Forschungsergebnisse der vergangenen (fast 30) Jahre auszuwerten und dass sie nicht nur in einer Schublade verschwinden! Seit gestern ist auch mein zweites Natangen-Buch im Handel erhältlich!

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Christian Hattendorf – ein Bremer Stadtsoldat

Wie meine sächsischen Ahnen, so gehört auch mein Vorfahre Christian Hattendorf zur Ahnen-Linie meiner Großmutter väterlicherseits. Bislang wusste ich lediglich, dass seine Tochter Catharine Sophie Hattendorf am 5. Mai 1763 in der Lesumer Kirche den Fayencenmaler Caspar Grote heiratet. Der Heiratseintrag enthält kaum Informationen über Familie Hattendorf – es wird lediglich angegeben, dass die Familie aus Bremen stammt und Christian 1763 bereits verstorben ist.

Mittlerweile fand ich ein wenig mehr über ihn und seine Lebensumstände heraus und er wird für mich ‚lebendiger‚. Ich entdeckte seinen Namen im Register zur Stammrolle des bremischen Stadtmilitärs von 1731 und in der Stammrolle selbst werden sowohl sein Geburtsort, sein Alter als auch sein eigentlicher Beruf genannt.

Zum ersten Mal habe ich mich ein wenig mit der Geschichte der ‚Bremer Stadtsoldaten‚ beschäftigt …

Die Zitate im nachfolgenden Text stammen aus dem Aufsatz von Johann Focke: Vom bremischen Stadtmilitär. In: Bremisches Jahrbuch. Band 19, Bremen 1900. Hier digitalisiert zu finden!

In Bremen – wie auch in vielen anderen Städten – werden in den ersten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts aufgrund unruhiger Zeiten (die Kriegsgefahr steigt durch das Anrücken des Feldherrn Tilly) besondere Sicherheitsmaßnahmen getroffen: die Wehranlagen der Alt- und Neustadt werden verstärkt und durch ständig anwesende Miliz wird die bisherige Bürgerwache gestärkt.

Bastionen in Bremen 1729 – Von F. B. Werner – Holle Weisfeld: Ostertor – Steintor 1860–1945. Edition Temmen, Bremen 1998, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=4690440

‚Um nicht das gleiche Schicksal zu erleben, das anderen Städten wie Wesel, Soest und Lippstadt widerfahren sei, die leicht überfallen und eingenommen seien, weil sie keine Soldaten gehabt hätten‘, beginnt man ab 1618 gezielt, Soldaten anzuwerben. 1623 sollen diese auf 600 ergänzt werden.

Immer wieder mangelt es jedoch an Geld für die Besoldung der Soldaten, die vehement darauf drängen, entlohnt zu werden. Sowohl die immensen Kosten für die riesigen Festungsbauten als auch der Sold der zusätzlich benötigten Soldaten müssen von der Stadt Bremen aufgebracht werden. Deshalb entscheidet sich die Bremer Bürgerschaft nach langen Verhandlungen für die Einführung der Komsumtion auf ‚essen, drinken und dergleichen Wahren‘.

Die für die Stadtmiliz Angeworbenen werden – ‚nachdem diese ‚einzeln oder in Trupps in der Stadt oder Umgegend von Werbern eingefangen oder durch die bekannten Lockmittel dingfest gemacht waren‘ – offiziell in der Kriegskammer angenommen, die sich innerhalb des Bremer Rathauses befindet.

Im 18. Jahrhundert wird das Anwerben von Soldaten leichter. Ratsherren oder anderen einflussreichen Personen gelingt es immer wieder ‚irgendeinen arbeitsunfähig gewordenen Ehemann ihrer früheren Dienstmagd oder einen abgeworbenen Kutscher, Gärtner oder Bedienten unter die rote Uniform zu stecken.‘ Der Militärstand wird zu einem kleinen Nebenverdienst.


Friedrich Bernhard Werner – Bremen um 1729 bis 1750

Von 1622 bis 1744 bestand das Stadtmilitär regelmäßig aus drei Kompagnien, deren jede ungefähr zu 200 Mann gerechnet ist.‘ Der an der Spitze stehende Offizier ist gleichzeitig Stadtkommandant und als solcher auch Vorsteher des gesamten Befestigungs-, Ingenieurs- und Artilleriewesens.

Die Bewaffnung wird den Soldaten gegen Bezahlung aus dem Zeughaus geliefert. Sie besteht vorwiegend ‚aus Musketen, den schweren Gewehren mit Luntenschloss, die beim Abfeuern auf Gabeln gelegt wurden. Aber neben den Musketen, die beim bremischen Militär schon früh, nämlich 1681 durch Flinten ersetzt wurden, erhielten sich in allen Armeen noch merkwürdig lange die Piken (Langgewehr), ca. 6m lange Holzspeere mit dünner Eisenspitze.‘

KB St. Stephani 1726

Bei seiner Eheschließung mit Luke Heidewig Bucks, die am 14. August 1726 in der Bremer Kirche St. Stephani stattfindet, ist Christian bereits Stadtsoldat und wohnt ‚hinterm Schutzwall‘.

1731 – zum Zeitpunkt der Nennung in der Stammrolle des bremischen Stadtmilitärs – ist er 35 Jahre alt, seit 5 Jahren Stadtsoldat, verheiratet und hat ein Kind. Er müsste demnach um 1694 geboren unfd um 1726 angeworben worden sein. Sein eigentlicher Beruf ist Schneider und er gibt an, dass er aus Barsinghausen stammt.

Eintrag in der Stammrolle

In Barsinghausen heiraten 1685 Heinrich Hattendorf und Anna Dorothea Kasten, die Witwe des 1684 verstorbenen Berent Ties. Von 1686 bis 1701 werden ihre Kinder geboren: 1686 Curd Jacob Hattendorf – 1688 Tönnies Hattendorf – 1690 Anna Maria Hattendorf + 1691 – 1692 Hans Dieterich Hattendorf – 1694 Otto Hattendorf – 1696 Anna Maria Hattendorf und 1701 Engel Hattendorf. Leider gibt es keinen Sohn namens Christian unter ihnen!

Ich kann mir sogar vorstellen, wie mein Vorfahre Christian Hattendorf während seines Dienstes aussah! ‚1735 besteht die neu ausgegebene Montur aus rotem Laken (offenbar für den Rock), greisem Leinen (für die Beinkleider), weißem Vonal (für die Weste), ferner aus Schnallenschuhen, Hut mit Tressen u.s.w.‘

Nicht nur ihre Waffen, sondern auch ihre Uniformen müssen die Stadtsoldaten selbst bezahlen – die Kosten werden von ihrem Sold abgezogen. Ihr Dienst beschränkt sich überwiegend auf die Bewachung der Stadttore – ab und zu werden sie auch bei Grenzabsperrungen bei Menschen- und Viehseuchen eingesetzt.

Der Sold der Stadtsoldaten ist gering – fast immer arbeiten sie vor allem in ihrem eigentlichen Beruf. Christian Hattendorf wird demnach wohl als Schneider tätig gewesen sein, um seine Familie ernähren zu können.

Als seine Tochter Catharina Sophie 1763 in Lesum heiratet, ist Christian Hattendorf bereits verstorben. Leider konnte ich bisher weder seinen Tauf– noch seinen Sterbeeintrag finden. Auch Informationen über seine Ehefrau Luke Heidewig Bucks sowie der Taufeintrag von Tochter Catharina Sophie fehlen bislang noch. Ich weiß lediglich, dass eine Schwester der Mutter namens Anne Sophie Bucks am 15.11.1732 in Bremen St. Stephani die Ehe mit Anthon Tietz schließt.

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Familie Springefeld in Graditz

‚Bevor die Elbe an der alten wehrhaften Stadt Torgau vorüberfließt, aus deren Mitte die Türme von Schloß Hartenfels weithin sichtbar hinausragen, durchzieht sie in weiten Windungen ein weites Wiesenland. Einzelne uralte Pappeln stehen dort als Wahrzeichen einer vergangenen Zeit. Hier, nicht weit vom östlichen Flußufer, jenseits des Elbdammes, liegt Graditz, mein Geburtsort.‘

Graf Siegfried Lehnhoff ‚, Ein Leben mit Pferden‘, Hannover 1956

Graditz wird bereits 1611 erstmalig als Gestüt erwähnt und ist damit das älteste aller deutschen Gestüte.

 Deutsche Fotothek

Öder-Zimmermann : Gegend um Herzberg und Torgau, 1:53 333, 1586-1634
Beschreibung: Sektion VI : Gegend um Herzberg und Torgau / Matthias Öder, Balthasar Zimmermann. – 1:53 333. – [1586-1634]. – kolor. Federzeichnung. S oben

Datierung: um 1614-1634

In Graditz kommt nicht nur Herr Lehndorff zur Welt – auch einige meiner Vorfahren werden hier geboren – u.a. am 20. Mai 1769 Johanna Rosina Springefeld. Und sowohl ihr Vater Johann George Springefeld als auch ihre Mutter Johanna Maria Raum stammen aus Graditz. Am 23.11.1758 heiraten sie in der Kirche von Zschackau.

Johann George Springefeld ein Junggeselle weyland Johann George Springefelds gewesener Kunst und Baumgärtners in Graditz hinterlasener Sohn und Jungf. Johanne Maria Raumin, weyland Christian Raums gewesenen Haußmanns in Graditz hinterlasener ehgeleibl. mittelste Tochter, so den 23. Novemb. copuliret worden

Der Heiratseintrag enthält zwei Fehler: 1. Der Graditzer Kunstgärtner heißt nicht Johann George, sondern Johann Gottfried Springefeld und 2. ist er nicht der leibliche Vater des Bräutigams – s.u.

Johanna Rosina – die jüngste Tochter des obigen Ehepaars – wächst in Graditz mit drei älteren Geschwistern auf (Johann Gottlob Springefeld *1760 – Maria Sophia Springefeld *1763 und Johanne Elisabeth Springefeld*1767).

Sie ist 4 Jahre alt, als Friedrich August – der damalige Kurfürst von Sachsen – bei seiner Durchreise nach Lichtenberg das Gestüt Graditz besucht. Im Kirchenbuch von Zschackau erwähnt der Pastor dieses Ereignis, da man aus Unwissenheit versäumt hatte, die Glocken zu läuten! Er schreibt: ‚Am 14. October 1773 reisten Sr Churfürstl(iche) Durchl(aucht) unser gnädigster Landesherr, der nebst seiner Frau Gemahlin, hier durch nach Lichtenberg, nachdem Sie vorher das Gestütte in Graditz besehen hatten. Zur Nachricht dienet, daß an denen meisten Orten, wo Sr. Churfürstl. Durchlaucht durchgereiset, mit allen Glocken geläuten worden; welches von hier in Zschackau nicht geschehen, weil man von dieser Gewohnheit keine Wissenschaft hatte.‘

Rosinas ältere Schwester Maria Sophia heiratet am 17. Januar 1790 in Zschackau Johann Gottfried Lindner, einen Bedienten des Graditzer Kammerherrn und Stallmeisters von Lindenau.

Zschackau – Domin: p. N. et Domin I et II post. Epiph. wurde Johann Gottfried Lindner, Bedienter bey Sr. Hochwohlgeb. dem Herrn Kammerherrn u. Stallmeister von Lindenau in Graditz, Gottfried Lindner, Haußgenoßen in Graditz ehel. einziger Sohn, und Maria Sophia Springefeldin, Johann George Springefelds, Haußgenoßens in Graditz ehel. älteste Tochter proclamiret und am 17. Januar in hiesiger Kirche in der Stille copuliret.

Am zweiten Adventssonntag des Jahres 1792 kommt es in der Familie zu einem tragischen Unfall. Maria Sophia Lindner – Rosinas Schwester – wird auf dem Weg von Graditz nach Torgau von einem Frachtwagen erfasst und verunglückt dabei tödlich. Der Pastor von Zschackau schildert den Ablauf:

‚Am 9ten Decembr. ereignete sich ein trauriger Zufall. Gottfried Lindners, Haußgenoßen und Handarbeiters in Graditz Ehefrau ging an diesem Tage /Es war der zweyte Advents Sonntag/ nach Torgau, und da sie um halb 8 Uhr bey dem Schanzen Thor ankommt, fährt eben ein Fracht Wagen durch daßelbe; sie will neben demselben vorbeygehen, der Wagen ergreift sie aber, sie schreyet: Au! läßt aber sonst kein Wort hören. Die über dem Thore stehende Schild-Wache kommt herunter und findet das unglückliche Weib jämmerlich zugerichtet in ihrem Bluthe todt daliegend. Der Fuhrmann, welcher aus Sanau? war, wurde bey angestellter Untersuchung ganz unschuldig befunden. Der Leichnam wurde noch an eben dem Tage des Abends auf dem Gottes Acker in Torgau beerdiget.‘

Deutsche Fotothek – Meilenblatt (Dresdner Exemplar) 49 : Torgau – um 1810
http://www.deutschefotothek.de/documents/obj/90011170

Johann George Springefeld – Vater der o.g. Kinder – wird am 7.7.1732 in Graditz geboren. Zunächst ist er dort Schankwirt, später wird er als Hausgenosse bezeichnet. Sechs Monate vor seiner Geburt heiratete seine Mutter Maria Christina Engelmann – eine Tochter des in Altbelgern verstorbenen Schiffmüllers Georg Engelmann – den damaligen Graditzer Kunst- und Lustgärtner Johann Gottfried Springefeld, ohne wohl zu wissen, dass sie bereits von einem anderen Mann schwanger war.

Für Johann Gottfried ist dies die zweite Ehe. Seine erste Ehefrau, deren Namen im Kirchenbuch leider nicht erwähnt wird, war zwei Jahre zuvor in Graditz verstorben und dort mit einer Leichenpredigt und Abdankung bestattet worden.

Aus der ersten Ehe stammt Sohn Johann Gottfried Springefeld, der wie sein Vater den Beruf des ‚Kunst- und Lustgärtners‚ ergreift und 1741 – zum Zeitpunkt seiner Eheschließung mit Anna Christiana Grund, einer Tochter des Zimmermanns Christoph Grund aus Torgau – in Dresden lebt.

Geheiratet wird 1732 in Zwethau – der Heiratseintrag von Johann Gottfried Springefeld und Maria Christina Engelmann wird sowohl im Kirchenbuch von Zwethau als auch im Kichenbuch von Zschackau erwähnt. Im KB von Zschackau lautet er: ‚Herr Johann Gottfried Springefeld, Königl(icher) Lust und Baumgärtner in Graditz und Kreischau, ein Witwer, mit Jungfer Maria Christina Engelmannin, weyl(and) Georg Engelmanns, gewesenen Schiff Müllers in Altbelgern hinterlaßene eheleibl(iche) Tochter – hier nur proclamiret‚. –

In Zwethau wurde nachträglich hinzugefügt: ‚Gedachte Engelmannin hat sich nach der Copulation von einem andern schwanger befunden‘.

Den Namen des leiblichen Vaters von Johann George Springefeld erfährt man in seinem Taufeintrag, der wie folgt lautet: ‚den 7. Juli ist von Frau Maria Christina Springefeldin, gebohrne Engelmann, ein Sohn gebohren worden, den Sie zu ihrem Mann, Hrrn Johann Gottfried Springefeld leichtfertiger Weise gebracht, gebohren und dann darauf getaufet worden. Der Nahme ist Johann George ihm gegeben worden, der Mutter … … Bekentnis von diesem Kinde ist: daß dies Kind zum Vater habe Andreas Taube (,) Schreiber auf dem adelichen Guthe Zwethau.‘

Für mich bedeutet dies: zu meinen Vorfahren gehören Johanna Rosina Springefeld, ihr Vater Johann George, jedoch nicht der Kunstgärtner Johann Gottfried Springefeld, sondern Andreas Taube, der Schreiber und spätere Verwalter des Gutes Zwethau. Ich finde ihn 1727 als ‚Bedienten auf dem Herrenhofe‚ – anschließend über mehrere Jahre als Schreiber des Gutes und 1734 als dessen Verwalter.

1727 erscheint auch Maria Christina Engelmann im Zwethauer Kirchenbuch unter den Taufpaten. Sie dient als ‚Köchin auf dem hochadeligen Hofe‘. Dort werden sich Andreas Taube und Maria Christina Engelmann also kennengelernt haben.

KB Zwethau 1727 – als Patin ‚Jungfer Maria Christina Engelmannin, Köchin auf dem Hoch adl(igen) Hofe alhier
KB Zwethau 1732 – als Pate ‚ Tit. H. Andreas Taube wohlbestater Hoch adl(iger) Verwalter hier in Zwethau

Bei der Durchsicht des Zwethauer Kirchenbuchs habe ich mir noch weitere Schreiber bzw. Verwalter des Gutes Zwethau notiert: um 1710 Johann Michael Hempel als Schreiber – 1715 Christian Cobeus – 1716 ist er Verwalter – 1719 als Verwalter Johann Christoph Vogelsang – 1721 Martin Messerschmidt – 1726 Tobias Anthon May (Mey) – im Februar 1730 bekommt dieser einen Sohn namens Carl Friedrich – 1739 muss der Vater verstorben sein – die Witwe wird noch unter den Paten genannt. Nachfolger von Tobias Anthon May wird dann mein Vorfahre Andreas Taube.

Noch einmal zurück nach Graditz …

Unter August dem Starken wird Graditz im Jahre 1722 zum Landesgestüt erhoben. Es sollte vor allem den kurfürstlichen Marstall mit Rassepferden beliefern.

Der Sächsische Hofbaumeister .Matthäus Daniel Pöppelmann – Erbauer des Dresdener Zwingers – wird damit beuftragt, das Gestüt von Grund auf neu zu errichten, nachdem ihm der Kurfürst im März 1722 mitgeteilt hatte: ‚Wir sind gemeynet, bey unserm Forwege Gratitz ein neu Gestütte anlegen und ein neu steinern Gebäude … aufführen zu lassen, und befehlen hiermit, Du der Oberlandbaumeister wollest dich … gnüglich informieren und ohnverzüglich nach Gratitz dich begeben, alles selbst in Augenschein nehmen ….‘ (Quelle: Graf Siegfried Lehnhoff ‚, Ein Leben mit Pferden‘, Hannover 1956)

Johann Gottfried Springefeld ist vermutlich schon um 1722 als Kunstgärtner in Graditz angestellt. Einige Jahre später wird er bereits als Taufpate bei Johanna Maria Riegel genannt, einer Tochter des damaligen Graditzer Vogts Hans George Riegel.

Meine Vorfahrin Johanna Rosina Springefeld lebt nach ihrer Eheschließung mit dem Mousquetier Johann George Philipp in Torgau – ihre Eltern Johanna Maria Raum und Johann George Springefeld versterben 1798 und 1808 in Graditz. Auch Rosinas Großmutter Maria Christina Springefeld, geborene Engelmann und ihr Ehemann Johann Gottfried Springefeld leben bis zu ihrem Tod – 1758 bzw. 1750 – in Graditz.

Leider verliert sich die Spur des Zwethauer Verwalters Andreas Taube – er scheint das Gut vor 1750 verlassen zu haben. Um 1751 heißt der dortige Gutsverwalter Johann Gottfried Richter.

Eiche bei Graditz – etwa 350 Jahre alt ! https://www.monumentale-eichen.de/sachsen/graditz/

Diesen Baum haben sicherlich auch einige meiner Ahnen bereits gesehen!

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Impressionen aus dem Kreis Pr. Eylau in Natangen

Vorgestern wurde mir ein Probe-Exemplar meines neuen Buches zugesandt. Wenn ich alles genau durchsehen habe und keine Änderungen mehr vorgenommen werden müssen, kann es gedruckt und im Buchhandel angeboten werden.

Ich habe für dieses Buch all meine während der vergangenen 30 Jahre verfassten und gesammelten ‚Natangen-Geschichten‚ chronologisch geordnet. Es enthält Berichte über Begebenheiten in der Region Natangen von der Zeit des Ordens bis zur Gegenwart. Die meisten dieser Berichte beziehen sich zwar auf das Gebiet des ehemaligen Kreises Preußisch Eylau – die Schilderungen der Lebensumstände während der vergangenen Jahrhunderte betreffen jedoch die Bewohner des gesamten Gebiets Natangen.

Für einen ersten Eindruck: dies ist das Inhaltsverzeichnis:

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