(Karl Victor) Bernhard Ankermann 1859-1943

Aufnahme vom 17.1.1939 (Quelle: Baessler-Archiv, Beiträge zur Völkerkunde)

Im Verlaufe der vergangenen 30 Jahre habe ich mich oft mit Ankermann-Familien beschäftigt und immer mal wieder über einzelne Familien und Personen berichtet, die – wie auch meine Ur-Urgroßmutter – diesen Namen tragen. Wenn man rechts unter den ‚Schlagwörtern‚ auf ‚Ankermann‚ klickt, wird man viele Informationen darüber finden!

Erwähnt habe ich auch den Ethnologen Karl Viktor Bernhard Ankermann bereits – zum Beispiel als Bruder der Malerin Elisabeth Ankermann. und der Klavierlehrerin Marie Ankermann.

Mein Ahnenprogramm zeigt den Verwandschaftsgrad zu mir tatsächlich noch an – unsere gemeinsamen Vorfahren leben einige Generationen zuvor im Kreis Pr. Eylau – in Pompicken, Krücken bei Kreuzburg und in Seeben.

Durch diese Eheschließung am 24. November 1777 in Klein Dexen sind unsere Ahnenlinien miteinander vernüpft:Christian Ankermann, ein Junggesell aus Ponarten (=Ponarth) mit Jgfer Dorothea Ankermannin in Pompicken‚. Beide sind 26 Jahre alt. Christian und Dorothea sind Bernhard Ankermanns Urgroßeltern Dorothea ist die jüngste Schwester meines Vorfahren Johann Christoph Ankermann aus Pompicken.

Die väterlichen Vorfahren:

Karl Viktor Bernhard Ankermann gehört sicherlich zu den bekanntesten Vertretern des Namens ‚Ankermann‚. Beim Durchstöbern des Internets entdeckt man viele Hinweise auf seine Literatur und Abbildungen von Gegenständen, die er von seinen zahlreichen Studien- und Forschungsreisen mitbrachte. Man findet jedoch fast keine Angaben über seine Familie und seine Herkunft.

Sowohl seine väterlichen als auch seine mütterliche Vorfahren stammen aus Ostpreußen und auch er kommt dort zur Welt.

Im Zusammenhang mit seiner Dissertation über ‚afrikanische Musikinstrumente‚, die bis heute zitiert wird und als erste systematische Auswertung von Museumsbeständen zu afrikanischen Musikinstrumenten gilt, verfasst Bernhard Ankermann selbst 1901 einen kurzen Lebenslauf. Er schreibt:

Ich, Bernhard Ankermann, bin geboren am 14. Februar 1859 in Tapiau in Ostpreußen als ältester Sohn des praktischen Arztes Dr. Hermann Ankermann und seiner Ehefrau Bertha geb. Laudien Ich besuchte das Gymnasium zu Rastenburg, erhielt daselbst Ostern 1878 das Zeugnis der Reife und studierte dann in Königsberg Medizin. Nach dem Tode meines Vaters (Anmerkung: sein Vater Gustav Hermann Ankermann verstarb 1885 in Rastenburg – die Mutter bereits zwei Jahre zuvor) sah ich mich genötigt, das Studium aufzugeben und eine Stelle als Corrector bei der Königsberger Hartungschen Zeitung anzunehmen.

‚Die ererbte Zähigkeit und Willensstärke seiner ostpreußischen Heimat ließen ihn aber den Weg zum Studium zurückfinden. So begann er dann seinen Beruf in einem Alter, in dem andere längst in Amt und Würden zu sitzen pflegen‘ erklärt Ankermanns Nachfolger Alfred Schachtzabel 1939 in seiner Rede anlässlich des 80. Geburtstags von Bernhard Ankermann. (Quelle: Baessler-Archiv, Beiträge zur Völkerkunde)

Bernhard Ankermann schließt seinen Lebenslauf 1901 mit dem Satz: ‚Seit Ostern 1896 bin ich am Kgl. Museum für Völkerkunde zu Berlin thätig, zunächst als Volontär, dann (seit Ostern 1897) als Hilfsarbeiter‘. Das Museum befindet sich zu dieser Zeit in der Königgrätzer Str. 120, Ecke Prinz-Albrecht-Straße – im Stadtteil „Südliche Friedrichstadt„.

Königliches Museum für Völkerkunde in Berlin, 1895 (Wikipedia)

1902 geben die ‚Königlichen Museen in Berlin‚ bekannt, dass Bernhard Ankermann – gemeinsam mit anderen – zum Direktorialassistenten ernannt wurde.

1903 wohnt Bernhard Ankermann in Wilmersdorf, in der Uhlandstr. Nr. 47. Mit ihm zusammen lebt dort – zumindest eine Zeit lang – die unverehelichte Malerin Minna Laudien, die 1903 im Alter von 63 Jahren in seiner Wohnung verstirbt. Dabei handelt es sich um seine Tante Caroline Antonia Minna Laudien, eine Schwester seiner Mutter, die 1840 in Gumbinnen geboren wurde.

Bernhard Ankermann zeigt beim Standesamt den Tod der Malerin Minna Laudien an

Am 8. September 1906 heiratet Bernhard Ankermann in Charlottenburg die etwa 20 Jahre jüngere Luisa Nanny Augusta Maria Neesen, eine Tochter des Geheimen Regierungsrats, Professor Dr. phil Friedrich Theresia Adolf Neesen und dessen Ehefrau Anna Elise Karoline Fuhrmeister, die am 24.5.1878 in Berlin-Schöneberg zur Welt kam. Trauzeugen der beiden sind 1. der Vater der Braut und 2. Bernhards jüngster Bruder Rudolph Fritz Ankermann (* 1.11.1870 in Rastenburg), der mittlerweile als Kaufmann in Breslau lebt.

Zur Familie der Braut: ihr Vater wird 1849 als Sohn von Johann Joseph Balduin Neesen und Ehefrau Dorothea Louise Knippenberg in Dortmund geboren. Diese beiden heirateten am 26.2.1847 in Bremen – dort kommt die Mutter 1819 als Tochter des Kaufmanns Diedrich Victor Ludwig Knippenberg und dessen Ehefrau Mutter Dorothee (Doris) Wülbern zur Welt.

Im Jahr nach der Eheschließung von Oktober 1907 bis Mai 1909 wird Bernhard Ankermann auf seiner Forschungsreise ins Grasland von Kamerun begleitet von seiner Ehefrau und (laut Schachtzabel) ‚Gehilfin‚. Sie bringen dem Berliner Museum eine Sammlung von 1700 wertvollsten Ethnographika, 800 hervorragend schönen Photos und zahlreiche phonographische Aufnahmen.‘ (Alfred Schachtzabel) Quelle: Baessler-Archiv, Beiträge zur Völkerkunde)

1912 wird Bernhard Ankermann der Professoren-Titel verliehen.

1920 wohnt das Ehepaar Ankermann in der Humboldstraße Nr. 25a.

Adressbuch Berlin von 1920

Die Ehe bleibt kinderlos. Im Haus Humboldstraße Nr. 25 verstirbt Bernhard Ankermanns Ehefrau am 26. März 1925 im Alter von nur 46 Jahren – er zeigt beim Standesamt ihren Tod an.

Im Juli 1921 wird im Deutschen Reichsanzeiger verkündet:

1925 geht Bernhard Ankermann in den Ruhestand. Sein Nachfolger Alfred Schachtzabel berichtet 1939 anlässlich Ankermanns 80. Geburtstag: ‚Als stillen, zuweilen zum eigenen Nachteil bescheidenen Forscher finden wir ihn seit 1896 am Berliner Museum, wo er sich im Laufe der Jahre Kenntnisse in der Völkerkunde Afrikas erwarb, die überragend wurden und auch heute noch unerreicht sind. Und damit wurde er einer der hauptsächlichsten und sicherlich der tiefschüfendste Baumeister der systematischen ethnologischen Forschung, zu einer Zeit, als diese junge Wissenschaft um die Festigkeit der eigenen Grundlage und die endliche Loslösung von den Naturwissenschaften und damit um die Anerkennung als selbständige Disziplin ringen musste. …

Das Staatliche Museum für Völkerkunde zu Berlin und das Baeßler-Archiv, die beide Ankermann bisher so viel zu danken haben, wünschen dem Senior der deutschen Völkerkunde noch für lange Zeit gute Gesundheit und geistige Frische, deren er sich in seinem hohen Alter erfreut, damit es ihm beschieden sein möge, aus dem von ihm angesammelten Material seiner Lebensarbeit noch so manches zur Erweiterung unserer Kenntnis zu veröffentlichen. Damit wird er auch seinen Lebensabend für sich selbst verschönern, denn ihm war und ist die Arbeit ein Bedürfnis. Quelle: Baessler-Archiv, Beiträge zur Völkerkunde)

Bernhard Ankermann wird 84 Jahre alt. Er verstirbt am 26. Oktober 1943. Seine Dissertation wurde 2019 im Verlag von A. Haack, Berlin, neu aufgelegt.

Heute hat das Ethnologische Museum der Staatlichen Museen zu Berlin seinen Sitz im Humboldt Forum im Berliner Schloss. Gegründet 1873 als Königliches Museum für Völkerkunde, umfasst es ca. 500.000 Objekte aus Afrika, Amerika, Asien und Australien sowie etwa ebenso viele Ton-, Bild-, Film- und Schriftdokumente. Die Sammlung des Ethnologischen Museums gehört zu den bedeutendsten ihrer Art. (Wikipedia)

Vorfahren von Bernhard Ankermanns Mutter:

Weitere Informationen zu Familie Laudien:

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Visitation in Osterstade – 1828 und 1831 in Wersabe

Ich habe mir nicht nur die Visitations-Berichte des Blumenthaler Pastors Theobald über seine Gemeinde und seine Beurteilungen der dortigen Lehrer durchgelesen, von denen ich hier erzählt habe, sondern auch die Berichte der Pastoren in Osterstade aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, denn auch dort leben um diese Zeit einige meiner Vorfahren.

Zuständig ist hier die Inspektion in Hagen.

Bei einem ‚Klick‘ auf das folgende Bild sollte man dort landen!

Von 1826 bis 1829 Georg Conrad von Hanffstengel Pastor in Wersabe. Er berichtet 1828 an die Inspektion in Hagen:

Da ich erst seit 2 Jahren hieselbst mein Amt verwalte, so kann ich einen völlig genauen Bericht über die Schullehrer und die Gemeinde nicht abstatten, und bitte darum gehorsamst das Folgende hiernach gewogentlichst zu beurtheilen. …

Über die Schulen und Lehrer…

Im Kirchspiel Wersabe existieren 3 Schulen – die Hauptschule befindet sich in Wersabe. Sie ist ‚dem Präparanden Halberstadt conferirt, weil aber dieser mit höherer Genehmigung bei dem Herrn Patron dieser Gemeinde noch seine Hauslehrerstelle in Acht nehmen darf, so verwaltet den Schuldienst Ludwig Eckloff, früher Präparand auf dem königlichen Seminar in Stade.

Dieser besitzt gute Anlagen, so daß er etwas gut fassen, leicht behalten und schicklich wieder zu lehren im Stande ist, es fehlt ihm ein gründlicher Unterricht und muß sich noch sehr vervollkommnen, um recht tüchtig zu werden. Jedoch ist er schon ein guter Lehrer zu nennen, mit dessen Thätigkeit, Unterrichtsweise und Behandlung der Kinder nie billiger zufrieden sein wird. Er giebt sich Mühe, versteht namentlich die Kinder gut zu beschäftigen und ihre Aufmerksamkeit rege zu erhalten, auch ihre Achtung, sich zu bewahren bei Beschäftigung ihres Verstandes versäumt er nicht(,) ihrem Gedächtnisse heilige Wahrheiten zu künftigem Gebrauche anzuvertrauen.

Ausgezeichnet ist er als Vorsänger, bei einer sehr guten reinen Stimme hat er Sinn für Musik und Gehör, und führt den Gesang sehr anständig und würdig. Sein Betragen ist gut.

Die Hauptschule ward früher und jetzt gut besucht, auch im Sommer sind regelmäßig die Schulkinder zur Hälfte versammelt.

Die Nebenschule zu Wurthfleth verwaltet ein sehr tüchtiger Schullehrer, Diederich Fischer, schon seit etwa 15 Jahren. Er ist gleich ausgezeichnet durch vielseitige gründliche Kenntnisse in seinem Fache, als Liebe zum Schul-Amte und ein gesittetes und verständiges Betragen, so viel ich ihn habe kennen gelernt.

Seine Kenntnisse, die er besonders unter Leitung meines Vorgängers sich erworben, sucht er noch stets zu vermehren durch mehre treffliche Bücher, die er sich, seines geringen Einkommens und Familie ungeachtet, angeschafft hat, und strebt vorzüglich dahin, gründliche und brauchbare Kenntnisse zu erlangen. Dabei unterrichtet er gut und verwaltet sein Amt mit Treue und Liebe, obgleich jetzt besonders er mit dem Unangenehmen zu kämpfen hat, dass seine Schule im Sommer wenig und auch im Winter Anfangs nur schlecht besucht wird, was seinen Grund vorzüglich darin hat, dass in Wurthfleth die größte Zahl der Schulkinder armer Eltern Kinder sind und bei dem Erwerb dieser Leute die Kinder gut gebraucht werden können oft bis spät in den Herbst hinein. Dabei ist dieser Lehrer ein guter Vorsänger, der richtig und fest singt, wenn auch nicht schön, und den Gesang zur Erbauung zu führen versteht. …

Die Nebenschule zu Rechtebe ist seit 1 ½ Jahren einem jungen Mann, Carsten Diedrich Heesemann, anvertraut, der sich Mühe giebt, Geschick zum Unterricht besitzt, und ziemliche Elementarkenntnisse besitzt. Seine Anlagen sind, wenn auch nicht ausgezeichnet, doch gut, rühmlich ist sein Fleiß, Bescheidenheit, gutes Betragen und Liebe zum Schulwesen. ….

Carsten Diedrich Heesemann wird später Lehrer in Driftsethe – der folgende Text über seine Ausbildung und seinen Werdegang stammt von ihm selbst. Er berichtet:

„Im April 1837 kam ich nach Driftsethe. Im Jahre 1810 den 7. Januar bin ich zu Aschwarden, Gemeinde Bruch, in der Süder-Osterstader-Marsch geboren von unbemittelten Eltern. Obwohl ich von denselben fleißig zu Schule gehalten wurde, kam ich doch nicht zu den nötigen Kenntnissen, denn mein alter 71 jähriger Lehrer, der nie seinen Strickstrumpf aus den Händen verlor, vermochte nicht mehr zu leisten. Nach meiner Konfirmation 1824 kam ich im Herbste als Gehülfe auf ein Jahr nach dem Organisten in Uthlede. Darauf war ich wieder ein Jahr zu Hause und hatte Unterricht bei dem Küster in Bruch, der auch der Schule in Aschwarden vorstand, weil der alte Lehrer heimgegangen war. Im Herbste 1826 kam ich als Lehrer nach Rechtebe, Gemeinde Wersabe, wo ich 2 1/2 Jahr war und im Sommer abwechselnd Unterricnt bei dem Herrn Pastor von Hanfstengel daselbst hatte. Ostern 1829 kam ich auf ein halbes Jahr nach dem Seminar in Stade. Das ist leider die ganze Zeit meines Seminarbesuchs gewesen. Im Herbste des Jahres kam ich nach Hinnebeck, Gemeinde Bruch, als Lehrer, wo ich 7 1/2 Jahr war.“Quelle: http://www.driftsethe.de/schulchronik.html

Zurück zur Visitation von Pastor Hanffstengel, der außerdem berichtet über ..

Das kirchliche Leben …

Das kirchliche Leben fällt als gut in die Augen, und ist besser wie an manchen andern Orten; dem Gottesdienste wird fleißig beigewohnt, und große Stille und Aufmerksamkeit herrscht in diesen Versammlungen. Das Heilige Abendmahl wird von Keinem, soviel ich weiß, versäumt, im Gegenteil, ordentlich und andächtig gefeiert. So läßt sich mit Grund schließen, daß das religiöse Interesse bei Vielen gebührenden Platz findet und das Wort Gottes, welches fleißig gehört wird, auch wurzele im Herzen.

Doch habe ich nicht so oft wie anderswo fromme Äußerungen gehört und schätzbare religiöse Gewohnheiten, Tischgebet, Morgen– und AbendAndacht, überhaupt die so äußerst wichtige Haus-Andacht, scheint auch hier, und zwar noch mehr wie anderswo, namentlich auch in den in dieser Hinsicht so wunderlichen Zeiten der französischen Herrschaft, abgekommen zu sein. Daß der vernünftelnde, alles kritisierende und bezweifelnde Zeitgeist vergangener Jahre auch hier seinen Einfluß geübt, und zum Unglauben an das göttliche Wort geneigt gemacht hat, ist wohl wahrscheinlich, obgleich eigentliche Irrelegiösität sich nicht findet.

Quelle: Hermann Allmers, Marschenbuch; Gotha 1858

Die Sittlichkeit der Gemeinde …

Die Sittlichkeit der Gemeinde ist, meiner Beobachtung nach, im Ganzen wohl nicht ausgezeichnet. Es wird zuviel gehört von unrechtlichem Betragen in Handel und Wandel, von großer Trägheit, besonders des weiblichen Geschlechts in den niedern Classen, von Bettelei, Streit und Unfrieden, und bösen Nachreden, auch Unkeuschheit, als daß gerühmt werden könnte, es wäre die Sittlichkeit hier ausgezeichnet.

Allein es gibt in dieser Gemeinde viele würdige verständige gutdenkende Bewohner, und einer ehrenvollen Erwähnung verdient die Anständigkeit und Sittsamkeit bei feierlichen Versammlungen und fröhlichen Festen.

Früher war es schlimmer …

Früher war es hier schlimmer, aber seitdem eine Diebesbande ausgerottet ist, hört man nichts vom frechen Muthwillen junger Leute, von boshafter Rachsucht bei Beleidigungen, und vieler rechtlicher Einwohner Streben gehet zum Besten. Der Herr helfe dazu nach seinen Gnaden!

Schon der Pastor Johann Gottlieb Visbeck erwähnt1798 in seinem Buch ‚Die Nieder-Weser und Osterstade‘ die Tagelöhner im Kirchspiel Wersabe, die – um sich und ihre Familien ernähren zu können – stehlen oder betteln. Er schreibt: ‚Der fleißigste Arbeiter gewöhnet sich leicht an diesen so bequemen Brod-Erwerb, läßt alle Arbeit liegen, bettelt sein ganzes Leben hindurch, und vererbet seinen Bettelstab wohl gar … auf Kind und Kindeskind. … Selbst das Sterbelager erweichet ihre versteinerte Seelen, wie die Erfahrung ergiebt, oftmals nicht und sie bleiben gegen Himmel und Hölle gleichgültig‚.

Wersabe, den 15ten August 1828 G. v. Hanffstengel, Pastor

Einige Jahr später ….

1831 berichtet Georg Dietrich August Brünjes, der Nachfolger von Pastor Hanffstengel (von 1830–1854 Pastor in Wersabe) über die Gemeinde Wersabe:

Daß der Zustand derselben sowohl in religiöser als auch sittlicher Hinsicht keinesweges für ausgezeichnet gehalten werden darf. Des Menschen Innern kennt freilich ganz nur der, welcher Herzen und Nieren prüft. Doch gibt sich eine geheiligte Gesinnung durch einen reinen Wandel kund. Wo daher noch öfters Klagen gehört werden, über Verletzung der Keuschheit, Zwietracht in den Ehen, schlechte Kinderzucht, Vernachlässigkeit des öffentlichen Gottedienstes, Geringschätzung der Sacramente, Hang zur Trägheit, Veruntreuungen, Verläumdung u. d. gl. , da ist hinsichtlich der Religiosität und Sittlichkeit noch keine bedeutende Stufe erreicht.

Wann daher ähnliche Klagen auch hier laut werden, und leider durch mehrfältige Beweise sich als gegründet ausweisen: so liegt darin eben nicht das rühmlichste Zeugniß für die hiesige Gemeinde. Indeß neben wenigen ganz lasterhaften und manchen, die in einer oder anderer Hinsicht sich eines unchristlichen Wandels schuldig machen : gibt es doch auch viele, die sich durch ächte Frömmigkeit und sittliche Unbescholtenheit rühmlichst auszeichen. –

Weiß man wie vor nicht vielen Jahren der religiös-sittliche Zustand der hiesigen Gemeinde beschaffen war, erwägt man, dass sie damals wohl nicht mit Unrecht in einem höchst üblen Rufe stand; und bemerkt man dagegen, dass sich jetzt doch nach und nach manche früher herrschende Laster immer mehr verlieren und die Abscheu dagegen allgemeiner wird so darf man sich der freudigen Hoffnung überlassen, dass ächtes Christenthum, da es in manchem früher dagegen verschlossenem Herzen Eingang gefunden, durch des Herrn Gnade von Tage zu Tage mehr an Einfluß gewinnen werde und dass also die Zeit nicht mehr so ferne liegen dürfte, wo die hiesige Gemeinde andern christlichen sich zur Seite stellen könne.


Weitere Berichte zu Osterstade:

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Über den Krug in Canditten, Pr. Eylau

Wenn ich mich eine Weile nicht mit Ostpreußen beschäftigt habe, überkommt mich die Sehnsucht …. Unter meinen Entwürfen für dieses Tagebuch befinden sich aber glücklicherweise noch viele Beiträge zum Thema ‚Ostpreußen‘ – so auch dieser über den Krug in Canditten im Kreis Pr. Eylau!

Durch die Eheschließung meiner Vorfahrin Catharina Lehmann, einer Tochter des Wildenhofer Bräuers Jacob Lehmann, gibt es bereits um 1739 einen Bezug meiner Vorfahren zum Krug in Canditten, denn Catharina heiratet 1739 den verwitweten Krüger George Steinau, lebt mit ihm im diesem Krug und bringt dort von 1740 bis 1751 mehrere Kinder zur Welt.

Nach dem Tod ihres Ehemanns bleibt Catharina im Krug von Canditten – sie schließt eine neue Ehe und ihr Ehemann Johann Boenke betreibt den Krug weiterhin. Das Ehepaar bekommt 6 weitere Kinder – darunter im Jahre 1755 auch meine Vorfahrin Anna Barbara Boenke.

Auch in der nächsten Generation wird der Krug von meinen Ahnen bewirtschaftet, denn Anna Barbara ehelicht Gottlieb Gutt, der den Krug seines Schwiegervaters weiterführt. Es folgt der 1788 geborene Sohn Johann Christoph Gutt. Als dieser am 24. Januar 1817 in Ludwigswalde Loysa Charlotta Liedtke – eine Tochter des Altenberger Köllmers Gottfried Liedtke und dessen Ehefrau Anna Louisa Hempel heiratet, hat er den Krug in Canditten bereits übernommen.

Die Kirchenkassenrechnungen von Canditten enthalten einen Brief von Pfarrer Schiemann aus dem Jahr 1824, in dem Johann Christoph Gutt erwähnt wird. Der Pfarrer wendet sich an den ‚General-Landschaftsrath‚ und teilt diesem mit:

Wohlgebohrner, Hochzuverehender Herr General-Landschaftsrath!

Der hiesige culmische Krüger Gutt ist gesonnen, einen großen zum Kruge gehörigen Garten, welcher in 2 Abtheilungen an die beiden Pr(ediger) Wittwen Gärte gränzet, 2 ½ Morgen groß ist und in guter Cultur, ca 3 ½ bis 4 Sch. Aussaat u. ein Wiesenstück von 1 bis 2 Fuder Heu enthält(,) zu verkaufen, um eine Schuld, welche er an H. Amtmann Spaeth restirt, tilgen zu können. Schon früher habe ich oft daran gedacht(,) diese Gärten für die künftigen Prediger-Wittwen mit dem in der hiesigen Wittwen-Casse gesammelten kleinen Capital ankaufen zu dürfen, doch hatte Krüger Gutt bisher keine Lust, sie zu verkaufen. Jetzt bietet er sie den Vorstehern für 85 RM an, er gewiß würde, wenn der Kauf zu Stande käme, auch hirvon noch etwas abgehen. ….

Dem Herrn Reichsgrafen von Schwerin habe ich diese Sache vorgelegt und gebeten, sein Gutachten darüber gefälligst abgeben zu wollen.

Mit vorzüglichster Hochachtung bin ich jederzeit Ew. Wohlgeb. ganz ergebenster … Schiemann

Canditten, d. 23ten August 1824

Der Krug scheint sich in der Nähe der Kirche zu befinden, was wohl häufiger der Fall war. Die Krüge wurden offenbar bewusst so angelegt, dass sich die Besucher der Gottesdienste dort anschließend noch versammeln und ‚feiern‘ konnten. Bei meinem letzten Besuch in dieser Region habe ich gelernt, dass dies auch im Kirchdorf Eichholz – nicht weit entfernt von Canditten – zutraf. Hier befand sich der Krug der Kirche unmittelbar gegenüber. Das Gebäude steht dort noch heute.

War dieses schöne Gebäude möglicherweise der ehemalige Krug? Er befindet sich direkt an der großen Straße von Landsberg nach Blumstein (wie unten angegeben) – die Kirche liegt dort, wo das Kreuz zu sehen ist!

Johann Christoph Gutt und seine Ehefrau bekommen drei Kinder, die im Canditter Krug zur Welt kommen und aufwachsen: Gotthilf Amalie *23.12.1817 – Charlotta Wilhelmine *27.2.1820 (sie heiratet 1846 in Ludwigswalde Carl Grohnert, den damaligen Kämmerer in Milgen) und Carl Ludwig August Gutt *23.8.1822.

Die Mutter der Kinder muss vor 1831 verstorben sein, denn am 18. Januar 1831 heiratet der Krüger Johann Christoph Gutt in Landsberg Lowisa Paegert, die einzige Tochter des in Eichen noch lebenden Eigentümers Johann Paegert. 10 Jahre apäter – im November 1842 verstirbt – Johann Christoph Gutt in Eichen.

Ab etwa 1870 ist der Krug für einige Jahre im Besitz des Kaufmanns Wilhelm August Kalusch und seiner Ehefrau Henriette Poschmann. Die Familie stammt aus Eisenberg im Kreis Heiligenbeil und bringt mindestens drei Kinder mit nach Canditten:

  • August Wilhelm Kalusch *um 1859
  • Minna Berta Kalusch *1865
  • Franz Gustav Kalusch *1869

Am 3. Mai 1873 kommt in Canditten Sohn Wilhelm Adolf Kalusch zur Welt. Nur ein Jahr danach – m Mai des Jahre 1874 – gibt August Kalusch im Kreisblatt bekannt, dass er den Krug in Canditten verkaufen möchte. Durch dieses Inserat erfahren wir Näheres über die Gastwirtschaft des Ortes, die sicherlich viele Bewohner von Canditten besucht haben. Der Text lautet:

Canditten, pr. Wildenhof, im Mai 1874 August Kalusch

Zu Familie Kalusch:

Sohn August Wilhelm lebt später mit seiner Ehefrau Heinriette Mill als Mälzer in Danzig, wo er 1927 verstirbt. von 1885 bis 1894 werden in Danzig ihre 5 Kinder geboren: Anne Grete *1885 – Gertrude Carla *1887 – Arthur August *1889 + 1914 – Willy Kurt *1891 + 1914 und Paul Max Kalusch *1894. August Wilhelm verstirbt am 12 Sep 1927 im Danziger Diakonissenkrankenhaus.

Minna Bertha Kalusch *1865 in Eisenberg oo 1915 in Hamburg Wilhelm Karl Runge. Franz Gustav Kalusch *1869 in Eisenberg wird Schuhmacher in Danzig und heiratet dort 1926 Caecilie Natschke * 1891 in Abbau Strepsch, Kr. Neustadt

Der in Canditten geborene Wilhelm Adolf Kalusch wird Schmiedemeister in Danzig und heiratet dort 1931 Margarete Babette Gutermuth *1890 in Dallherda, Kr. Gersfeld.

Aus den Heiratsurkunden ihrer Kinder lässt sich schließen, dass sowohl der Kaufmann und kurzzeitige Krugbetreiber August Kalusch als auch seine Ehefrau vor 1918 im Kreis Heiligenbeil verstarben – er in Hanswalde und sie in Rehfeld.

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Martha Elisabeth Schaumlöffel (1789-1812)

Mich interessieren immer auch die Einzelschicksale der Geschwister meiner Vorfahren – in diesem Fall das Schicksal von Martha Elisabeth Schaumlöffel, einer Schwester meines Vorfahren Johann Georg Schaumlöffel.

Und ständig lerne ich etwas dazu – vor allem über die Geschichte der jeweiligen Region und über die Lebensumstände meiner Ahnen.

Als sich Johann Conrad Schaumlöffel mit seiner großen Familie als Schneidermeister um 1800 in Vegesack niederlässt, ist Martha Elisabeth ein Schulkind – etwa 11 Jahre alt.

Die Anfangsjahre der Familie in Vegesack waren sicherlich nicht leicht. Die Familie stammt aus Hessen – sämtliche Kinder (insgesamt 9) kamen in Kassel zur Welt. Wie (fast) alle Eltern – werden Johann Conrad Schaumlöffel und seine Ehefrau Anna Elisabeth (Goebel) Giebel bemüht gewesen sein, ihren Kindern einen guten Start in der neuen Heimat und eine glückliche Zukunft zu ermöglichen.

Vegesack 1848 – Von Carl Justus Harmen Fedeler https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=8719785

Vier der Söhne erlernen – wie der Vater selbst – das Schneiderhandwerk, zwei von ihnen bleiben in Vegesack, einer lässt sich in Lüssum nieder und der 1790 in Kassel geborene Wilhelm Bernhard zieht nach Amsterdam und gründet dort eine Familie. Das Schicksal von Jacob – dem jüngsten Sohn, der 1808 im Alter von 15 Jahren in der Blumenthaler Kirche noch konfirmiert wird – liegt noch im Dunkeln.

Die erste Familienfeier im Norden ist die Konfirmation von Sophie Elisabeth in der Reformierten Kirche von Blumenthal, zu der zu dieser Zeit auch die Vegesacker gehören. Die jüngste Tochter verstirbt 1806 – im Alter von 11 Jahren – an den Frieseln. Sophie Elisabeth bleibt in Vegesack – sie heiratet 1814 den aus Nienburg stammenden Schneidermeister Carl Heinrich Conrad Müller.

Und dann ist da noch Martha Elisabeth Schaumlöffel. Durch ihre Sterbeeurkunde, die 1812 im Vegesacker Kirchenbuch zu finden ist, erfahre ich Näheres über ihr Leben. Auch Martha Elisabeth verlässt Vegesack – sie wird Dienstmagd im Bremer Stephani-Viertel.

Das rote Kreuz auf dem folgenden Kartenausschnitt zeigt die Lage der Straße ‚Stephanitorwall‚ an – hier lebt und arbeitet Martha Elisabeth Schaumlöffel bis zum 20 Oktober des Jahres 1812. An diesem Tag verstirbt sie im Alter von nur 23 Jahren im dortigen Haus Nr. 16. Leider wird in ihrer Sterbeurkunde keine Todesursache angegeben – man erfährt lediglich, dass ihre sterblichen Überreste von Bremen nach Vegesack überführt werden.

Um die Urkunde verstehen und einordnen zu können, muss man wissen, dass die Stadt Bremen als Teil des Herzogtums Bremen zu dieser Zeit unter französischer Verwaltung steht. So erklärt sich u.a., dass der darin erwähnte Simon Hermann Nonnen nicht als stellvertretender Bürgermeister, sondern als ‚Maire-Adjoint‘ bezeichnet wird. Mehr über die Bremer Franzosenzeit findet man hier.

Quelle: Archiv des Weserkuriers

Das Departement der Wesermündungen oder französisch Département des Bouches du Weser entstand als eines der drei hanseatischen Departements am 1. Januar 1811. Die Reichsstadt Bremen, Teile des Herzogtums Bremen, Herzogtum Oldenburg und Delmenhorst, Herzogtum Verden, Teile des Fürstentums Lüneburg sowie Teile der Grafschaft Hoya gehörten zum Departement. – Napoleon unterstanden der Oberkommandierende der Armee und der Generalgouverneur der nordwestdeutschen Departements. Präfekt des Wesermündungsdepartements war bis zum 17. Oktober 1813 Philipp Karl Graf von Arberg, früher Kammerherr von Napoleon; Unterpräfekt war der spätere Senator Johann Pavenstedt. (Wikipedia)

Ausschnitt aus der Sterbeeurkunde von Martha Elisabeth Schaumlöffel:

Heute den Ein und zwanzigsten des Monaths October des Jahres Achtzehnhundert zwölf um acht Uhr des Abends wurde uns(,) dem Maire der Commune Vegesack Departements der Wesermündungen durch Georg Schaumlöffel zu Vegesack über das am zwanzigsten October achtzehnhundert zwölf zu Bremen im Hause numero Sechzehn am Stephaniethors Wall Westcanton Bremen erfolgten Ableben der Eliesabeth Schaumlöffel drey und zwanzig Jahr alt, unverehelicht, Dienstmagd zu Bremen, Tochter von Johann Conrad Schaumlöffel und Eliesabeth Marta Gibel (= Anna Elisabeth (Goebel) Giebel) von den Herrn Maire Adjoint Nonnen in Bremen eine Sterbe-Urkunde zugesandt, die hier angelegt ist und wörtlich folgendermaßen lautet:

Heute den Ein und zwanzigsten des Monaths October Achtzehnhundert zwölf, um Mittag, vor uns, Simon Hermann Nonnen, Adjoint des Maire und von demselben deligirter Beamter des Civilstandes der Stadt Bremen, Hauptort des Departements der Wesermündungen, erschien Georg Schaumlöffel, fünf und zwanzig Jahr alt, Schneider als Bruder, wohnhaft zu Vegesack, und Johann Adolph Hölty, ein und dreißig Jahr alt, employé hieselbst und erklärten daß Gestern Morgen um Drey Uhr Eliesabeth Schaumlöffel, drey und zwanzig Jahr alt, Dienstmagd hieselbst, Tochter von Johann Conrad Schaumlöffel und Eliesabeth Marta Gibel (= Anna Elisabeth (Goebel) Giebel) in dem Hause numero Sechzehn am Stephaniethors Wall Westcanton gestorben ist, und haben die Erklärenden, nachdem ihnen dieses vorgelesen worden, es zugleich mit uns unterschrieben. Bey der Vorlesung erklärten der Declarant und der Zeuge, dass die Leiche der Verstorbenen nach Vegesack Mairie Vegesack transportirt werden solle, worüber Protocoll aufgenommen, welches diesem Act beygefügt werden soll.

Anhand des Bremer Adressbuchs von 1812 habe ich versucht, herauszufinden, in wessen Haushalt Martha Elisabeth Schaumlöffel gedient haben mag. Im Haus Nr. 16 wohnen im Jahre 1812 der Krahnmeister Johann Wilhelm Eitzen und die Witwe Precht. Da die Adressbücher zu dieser Zeit nicht nach Straßen geordnet sind, musste ich das gesamte Adressbuch durchblättern und habe ’nebenbei‘ auch die anderen Bewohner der Straße ermittelt – die Schreibweise wurde genau übernommen.

1Klencke, Christian, Kimker (=Böttcher)
2Graffstedt, Hilmer, Brantweinbrenner
3Fehrmann, Johann, Schlosser
4Daniels, Ludwig, Torfhandel
5Gesselmann, Anton, Kahnschiffer
7Hutzing, Johann Anton, Brantweibrennerei Plump, Friedrich Strumpffabrikant, Stephanithorsstraße 7
8Reiners, Daniel, Kahnschiffer
9Blumberg, Hinrich, Tischler, auch Viertel- und Spinnekämpfer, hinter St. Stephanithorswall 9
12Witwe von Lüder Mensing
13Eggers, Hinrich, Windmüller, hinter St. Stephanithorswall 13 Mühlenbrock, Hinrich, Windmüller Meyer, Meinke, Kahnschiffer
14Selling, Hermann, Schuhmacher
16Eitzen, Hermann Wilhelm, Krahnmeister – Witwe Precht
20Borchers, Simon, Kaufmann
22Pöttger, Diedrich, Kahnschiffer
23von Harten, Hinrich, Kahnschiffer Sanders, Johann Hinrich, Hökereiwaaren
24Gesselmann, Dettmer, Kahnschiffer Hartz, Hinrich, Seeschiffer
26Bosselmann, Wilhelm
30Bönker, Johann Friedrich, Schneider
32Falckenburg, Johann Kochenhauer

Wunnenberg, Lambert – Hausvater im Werkhause
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‚Voll Enthusiasmus‘ an die Hauptschule in Blumenthal …

Von 1815 bis 1863 heißt der Lehrer an der Blumenthaler Hauptschule Martin Gerhard Meierdierks.

Martin Gerhard Meierdierks wird am 27. Januar 1789 als Sohn des Ratsdieners Conrad Meierdierks und dessen Ehefrau Mette Dorothée Meiers in Bremen geboren und am 1. Februar in der Ansgari Kirche getauft. Er ist bereits Lehrer in Blumenthal, als er am 31. Juli 1816 in Bremen Rebecca Bäckmann heiratet, eine Witwe des Bremer Bürgers und Bierbrauers Lüder Mensing und Tochter des Bürgers und Kaufmanns Henrich Bäckmann und Anna Tölke.

Sein Vater war bereits vor 1816 verstorben – die Mutter stirbt am 23. Juni 1822 im Alter von 64 Jahren in ihrer Wohnung in der Ansgarikirchgasse Nr. 15.

Martin Gerhard Meierdierks unterrichtet in Blumenthal u.a. auch den späteren Schiffskapitän und Marinemaler Fritz Müller, der von ihm 1830 auch konfirmiert wurde.

Lehrer Meierdierks wird bereits in meinem vorherigen Beitrag von Pastor Theobald in dessen Berichten an die Schulinspektion ‚als ein sehr vielseitig gebildeter, in den Schulwissenschaften wohl unterrichteter Mann‘ gelobt, bei dem ’sich auch ein lobenswerthes Streben zeige, ‚durch seine Kenntnisse nützlich zu werden‚. Weiterhin schildert der Pastor: ‚Seine Handschrift sowie seine Fertigkeit im Rechnen ist ausgezeichnet gut. Gegen die Disciplin in der Schule ist nichts zu erinnern. Sein Lebens-Wandel ist untadelhaft

Dass die Handschrift von Herrn Meierdirks wirklich ausgezeichnet ist, können auch wir fast 200 Jahre später noch begutachten, denn am 13. Oktober 1828 wendet sich der Lehrer mit einem persönlichen Schreiben von Blumenthal aus an den Superintendenten in Osterholz. Auf diese Weise erfahren wir auch Genaueres über die schwierigen Bedingungen, unter denen Herr Meierdierks seinen Dienst in Blumenthal antrat und ausübte. Er schreibt:

‚Als ich im Jahr 1815 mein Amt als Schullehrer hieselbst antrat, fand ich ein Schulzimmer von 550 fuß, mit einer Decke von nicht 8 fuß Höhe, das Ganze in jeder Hinsicht im traurigsten Zustande, und in diesem Locale 250 Kinder zu unterrichten. So aufrichtig mein Eifer war, so mußte ich doch nothwendig sogleich die Erfahrung machen, daß es unmöglich sey, bei solchen Mitteln viel Gutes bewirken zu können. Bey denjenigen Mitgliedern der Gemeine, deren nähere Bekanntschaft ich machte, und denen ich meinen Plan zur Vergrößerung des Schulzimmers und zur Anstellung eines Gehülflehrers mittheilte, fand ich indessen Theilnahme und glaubte nun, voll Enthusiasmus, aber jung, und ohne vollständige Kenntniß meines Terrains, auf den allgemeinen Sinn der Gemeine für eine gründliche Schulverbesserung rechnen zu dürfen.

Ebenso wurde mir, bey der im Jahre 1817 hier abgehaltenen General-Kirchenvisitation, vom Herrn Generalsuperintendenten Hoffnung gemacht, daß ein Unterlehrer hier angestellt werden würde.

Demzufolge legte ich dem Königl. Consistorio einen Plan zur Erweiterung und zweckmäßigeren Einrichtung des Schulzimmers, der auf Anstellung eines zweiten Lehrers berechnet war, vor; und hatte das Vergnügen, diesen Plan gebilligt zu sehen. Der Bau der Schule wurde vom Consistorio verordnet, verzögerte sich aber, weil jetzt schon Spaltungen in der Gemeine entstanden, bis ins Jahr 1819, wo er endlich vor sich ging.

Während dieser Zeit erschien das Consistorial-Decret, welches die Anstellung eines Unterlehrers an denjenigen Schulen verordnet, worin 110 und mehrere Kinder unterrichtet werden. In der Ueberzeugung, daß die mit einer solchen Anstellung verbundenen großen Kosten, mir, als vor diesem Gesetz, an einer Schule angestellten Lehrer, wo niemals ein Unterlehrer gehalten worden war, nicht zur Last fallen könnte, wandte ich mich mit der Bitte an Königl. Consitorium, deshalb mir eine günstige Bestimmung zu erlassen; erhielt aber die Weisung, dass ich mich deshalb mit der Gemeine zu verständigen habe.

Hier fand ich nun leider, daß ich mich, den Gemeinsinn derselben betreffend, sehr verrechnet hatte. Meine billigsten Wünsche und Vorschläge wurden von den deshalb Bevollmächtigten, als ihnen durchaus nicht angehend, verworfen. Ich gab indeß die Hoffnung nicht auf, nahm auf meine Kosten einen fähigen Gehülfen an, und erwartete mit Gewißheit, daß der erwiesene Erfolg eines zweckmäßigen Unterrichts ihrer Kinder sie billiger gemacht haben würde. Ich habe dies 3 Jahre lang mit Aufopferung eines bedeutenden Theils meiner Einnahme fortgesetzt; aber vergebens. Neue Vorschläge wurden so wie die früheren zurückgewiesen. –

Unter diesen Verhältnissen sah ich mich also genöthigt, den Unterricht wieder allein zu übernehmen, da bey meiner geringen und seit meines Dienst Antritts noch sehr geschmälerten Einnahme, ich nicht im Stande bin, die Verbesserung des Unterrichts, die mir jährlich wenigstens 120 Grote kostet, für die ganze Gemeine aus meiner Tasche zu bezahlen!

Zu dieser Zeit, als die Neurönnebeker, eigenmächtigerweise eine Nebenschule für ihre Dorfschule errichtet hatten, fingen einige Alt-Rönnebeker an, ihre Kinder entweder in diese oder in die Nebenschule zu Farge zu schicken, und zu meinem großen Nachtheile mußte ich erfahren, daß der Eifer, mit dem ich die Gemeine auf die Mängel des bisherigen Unterrichts und auf Verbesserung desselben, aufmerksam gemacht hatte, nur dazu gedient hatte, Nebenschulen zu begünstigen und mir in pecuniairer Hinsicht großen Schaden zuzufügen, da, wie Ew. Hochehrwürden erinnerlich seyn wird, für Rechenunterricht halbjährig 51 Grote, für die übrigen Schüler aber nur 15 Grote Schulgeld vergütet wird.

Bald nach Errichtung der Neurönnebeker Nebenschule, etablirte ein Frauenzimmer namens Hilken, aus Bremen, ohne Erlaubniß dazu nachzusuchen, zu Alt-Rönnebek ebenfalls eine Anstalt, die anfangs unter dem Namen einer Unterrichtsanstalt für weibliche Arbeiten ins Leben trat, bald aber als wirkliche Nebenschule sich zeigte, indem diese Person anfing größere Kinder, die zu meiner Schule gehörten, an sich zu ziehn, und solche sowohl des Tages zu gewöhnlicher Schulzeit, als auch Abends in der Religion, im Rechnen, Schreiben und Lesen zu unterrichten.

Eine zweimalige Weisung des Pastor Theobald, sich in ihrem Unterricht auf Kinder bis zu 6 Jahren zu beschränken, wie unser Lagerbuch solches vorschreibt, ist ohne Erfolg geblieben, und sie soll bis diesen Augenblick an 30 Kinder unterrichten.

Mit dem neuesten Vorfall dieser Art sind Ew. Hochehrwürden schon bekannt; ich wiederhole deshalb nur, daß der Mann, welcher mit seiner Frau, gemeinschaftlich, eigenmächtigerweise eine Nebenschule errichtet hat, von Raden (von Rahden) heißt, in Blumenthal selbst wohnt, und an die 30 Kinder, ebenfalls in der Religion, im Rechnen, Schreiben und Lesen unterrichtet.

Um zu zeigen, wie groß mein Verlust durch das Etablissement dieser Nebenschule ist, brauche ich wol nur zu bemerken, daß in hiesiger Gemeine im Durchschnitt 280 schulpflichtige Kinder sind, und daß ich im vorigen Winter 136 und in diesem Sommer 93 Kinder auf meiner Schulliste hatte; nicht zu gedenken, was ich dadurch an Privatunterricht verliere.

Dieses, Ew. Hochehrwürden, ist die gegenwärtige Lage der hiesigen Hauptschule. Daß ich, der ich mit aufrichtigem und redlichem Eifer das Gute gewollt, und darnach gestrebt, unmöglich ruhig dabey seyn kann, sondern mich sehr unglücklich fühlen muß, wenn ich sehe, daß meine guten Absichten mißgedeutet, und meine Pläne für das Bessere bis jetzt so ganz gescheitert sind, brauch ich wol nicht zu erwähnen.

Mit festem Vertrauen auf Ew. Hochehrwürden bekannten Eifer für die Beförderung des Guten, und erlauben Sie mit hinzuzufügen, auch auf ihr mir so gütig gezeigtes Wohlwollen, ergeht deshalb meine gehorsamste Bitte an Ew. Hochehrwürden: Dieselben wollen sich gewogentlich dahin verwenden, daß die genannten, eigenmächtig errichteten Nebenschulen aufgehoben, und ein Fand zur Salarirung und Unterhaltung eines Unterlehrers an hiesigen Hauptschule ausgemittelt werde.

Mit der vollkommensten Hochachtung verharret

Ew. Hochehrwürden

gehorsamster Diener

Meierdirks

Blumenthal, d. 13ten October 1828

Quelle: Visitationen in der Inspektion Osterholz – Laufzeit -1827-1834 -Enthält die Kirchengemeinden Ritterhude, Scharmbeck, Hambergen, Osterholz, Blumenthal, Neuenkirchen, Lesum und Worpswede

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Schulvisitationen in Blumenthal – 1827 und 1834

Viele meiner Vorfahren leben über Jahrhunderte im Kirchspiel Blumenthal an der Weser – im Ort Blumenthal selbst und in den zu diesem Kirchspiel gehörigen Dörfern – u.a. in Rönnebeck, Farge oder Lüssum. Auch ich selbst bin in Blumenthal aufgewachsen.

Die meisten meiner dortigen Ahnen haben – wie auch ich – in Blumenthal eine Schule besucht, allerdings unter völlig anderen Bedingungen als ich.

Ältestes Blumenthaler Schulgebäude von 1787
Quelle: Ulf Fiedler/Bernhard Havighorst, Das alte Blumenthal in Bildern, Johann Heinrich Döll Verlag

Bis ins 19. Jahrhundert besteht das Schulwesen aus kirchlichen und privaten Schulen und untersteht weitgehend der Aufsicht der Kirchen. Von Zeit zu Zeit werden die Pastoren der einzelnen Gemeinden aufgefordert, einen Bericht über den Zustand der Schulen in ihrer Gemeinde, eine Beurteilung der dort unterrichtenden Lehrkräfte sowie einen Bericht über den ‚sittlichen und religiösen Zustand‚ ihrer Gemeinde abzugeben.

Blumenthal um 1818-1819
Gouache: Anton Radl, Stich: Carl Heinrich Rahl, Wien – Adam Storck: „Ansichten der Freien Hansestadt Bremen und ihrer Umgebung“. Verlag: Carl Ed. Schünemann KG, Bremen, 1977



Auch der Blumenthaler Pastor Philipp Adolph Theobald (1778-1837) ist während seiner Dienstzeit verpflichtet, Schulvititationen durchzuführen und seine Berichte an die Inspektion nach Osterholz zu senden. 1827 schreibt er:

Pflichtmäßiger Bericht

über Kirchen– und Schul-Angelegenheiten, von Blumenthal. Eingereicht bei der Kirchen-Visitation daselbst am 12ten September 1827 von dem zeitigen Prediger P. A. Theobald.

I. Über die Schullehrer und das Schulwesen

A. Der Haupt Schullehrer, Organist, und Küster M. Meyerdiercks zu Blumenthal

B. Der Schullehrer Johann Heinrich Ficke zu Farge

Ad A. Ersterer ist ein vielseitig gebildeter, in den Schulwissenschaften wohl unterrichteter Mann. Bei ihm zeigt sich auch ein lobenswerthes Streben, durch seine Kenntnisse nützlich zu werden, von welchem auch erfreuliche Früchte sich darlegen. Nur bleibt zu wünschen, dass er sich bei dem katechetischen Unterricht, besonders in seinen Anreden, sowohl als in der Stellung seiner Fragen, zu der beschränkten Fassungskraft der Kinder herablassen möge.

Im Übrigen ist die Art seiner Unterweißung vorzüglich. Seine Handschrift sowie seine Fertigkeit im Rechnen ist ausgezeichnet gut. Gegen die Disciplin in der Schule ist nichts zu erinnern. Sein Lebens-Wandel ist untadelhaft.

Ad B. Der Schullehrer zu Farge, Johann Heinrich Ficke, ist im Ganzen ein recht gutmüthiger Mensch, hat auch den Willen, nützlich zu werden, und läßt es an Fleiß nicht fehlen. Seine Anlagen aber, sind wohl nicht von der Art, daß er sich in diesem Fache über das Mittelmäßige erheben wird. Bei seinem Katechisiren zeigt er Eifer und Fleiß, doch ist er darin noch zurück, auch fehlt es seiner Sprache an Wohlklang. Er singt, schreibt und rechnet ziemlich. Sein Wandel ist untadelhaft.

Die Haupt-Schule wird hier im Sommer und Winter recht fleißig besucht, weniger ist dieß während der Sommer-Monate bei der Schule in Farge der Fall, wo sich dann nur die kleineren Kinder einfinden.

Viele der größeren Kinder besuchen die Schule oftmals nur im Winter – im Sommer wird ihre Mithilfe bei der Arbeit in der Landwirtschaft benötigt.

II. Über den sittlichen und religiösen Zustand der Gemeine

Der in der hiesigen Gemeine herrschende religiöse Geist ist im ganzen gut. Die Kirche wird unausgesätzt fleißig besucht, die Zahl der Communicanten ist nach der Größe der Gemeine beträchtlich, während des Gottesdienstes herrscht die erforderliche Feierlichkeit, und Stille, und es sind mir während meiner hiesigen Amtsführung viele recht erfreuliche Kennzeichen christlich religiöser Tugend bekannt geworden.

Gemein herrschende Laster habe ich Gottlob hier nicht bemerkt. Einzelne Unsittlichkeiten, als Völlerei, und Ungerechtigkeit gegen des Nächsten Eigenthum, so wie fornications Fälle (fornication=Unzucht), kommen leider auch hier vor.

Nach meiner Überzeugung hat der Umstand, daß so viele Fremde, aus andern Ländern und Gegenden kommende Subiecte hier sich ansiedlen, einen nicht vortheilhaften Einfluß auf das sittliche Leben der Gemeine; daher ich den Wunsch nicht unterdrücken kann, daß höheren Orts eine größere Einschränkung in Ansehung der Aufnahme solcher Subiecte, als wohl bisher geschehen, stattfinden möge.


Mehrere Jahre später – am 27. Juni 1834 – berichtet Philipp Adolph Theobald:

Das, was ich in meinen früheren Berichten dieser Art von dem in der hiesigen Gemeinde herrschenden religiösen Sinn im allgemeinen mit Wahrheit rühmen konnte, dass derselbe gut zu nennen sey, das findet Gott Lob, auch ietzt immer noch statt.

Der fleißige Besuch des Gottes Dienstes, und des heiligen Abendmahls, die musterhafte Stille und Andacht, welche während allen gottesdienstlichen Verrichtungen statt findet, ist eine sehr erfreuliche Erscheinung, und läßt mit Recht, auf Liebe zu dem Christenthum schließen.

Freilich bleibt im besonderen immer noch vieles zu wünschen übrig. So wie überall, gibt es leider auch hier manche Menschen, und besonders in den niedern Classen, die größtentheils aus Ansiedlern, die sich hier nieder lassen, oder sich in Gaststätten aufhalten, besteht, denen das Höhere und Göttliche gleichgültig ist, welches sich dadurch an den Tag legt, daß sie an dem öffentlichen Gottesdienst keinen Antheil nehmen, und durch manche offenbare Unsittlichkeiten, als Diebereien und unzüchtige Handlungen, sich zu Schulden kommen laßen. Von letzteren haben sich ohnlängst wieder zwei traurige Beyspiele gezeigt, indem bei zwei unehelichen Geburts-Fällen auch zwei Auswärtige als Väter der Kinder angegeben worden sind.

Auch verdient noch außer diesem das wohl eine Rüge, dass unter den Beßeren selbst, der ietzt so allgemein herrschende Sinn, zu Zerstreuungen und luxoriöser Lebensweise, der gewöhnlich mit den Vermögens-Umständen in keinem Verhältniße steht, auch hier ietzt mehr noch als früher hervortritt, und manches Gute behindert, das außer dem geschehen würde. Von Secten-Wesen und Schwärmerey zeigt sich hier aber keine Spur.

Die hiesigen Schulanstalten sind in guter Ordnung. Der Haupt Schullehrer Meierdiercks, setzt seine Amts-Geschäfte als Schullehrer, Organist und Küster mit Eifer und Fleiß fort, wobei er durch einen Gehülfen unterstützt wird. Die Einrichtung des Schulwesens selbst erscheint als zweckmäßig.

Die beiden Neben Schulen zu Neu-Rönnebeck und Farge, sind gleichfals mit tüchtigen und fleißigen Lehrern besezt. Der Schulunterricht wird hier, in allen Schulen, durchs ganze Jahr fortgesezt, und auch im Ganzen, besonders von den kleinen Kindern fleißig besucht; von den Größerern aber werden im Sommer zum öfteren viele in der Schule vermißt.

Hinsichtlich der beiden hiesigen privat Unterrichts-Institute habe ich zu bemerken, dass beide noch in bekannter Art fort bestehen, und dass der von Radensche in diesem Jahre wieder von mehr Kindern als in dem vorigen, besucht wird.

Bereits vor 1828 werden im Kirchspiel Blumenthal zwei Privatschulen gegründet – eine in Rönnebeck von einer Frau namens ‚Hilken‚, die aus Bremen stammt, eine andere in Blumenthal von einem Herrn ‚von Rahden‚ und dessen Ehefrau. Beide Schulen werden in einem Beschwerdeschreiben des Lehrers Meierdierks erwähnt, da dieser durch die Etablierung dieser Schulen einen Teil seiner Schüler und damit einen Teil seines Gehalts verliert.

Quelle: Visitationen in der Inspektion Osterholz – Laufzeit -1827-1834 -Enthält die Kirchengemeinden Ritterhude, Scharmbeck, Hambergen, Osterholz, Blumenthal, Neuenkirchen, Lesum und Worpswede

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Ein sinnvolles Werkzeug und schönes ‚Spielzeug‘

Michael Nülken in Magdeburg ist Sachverständiger für alte deutsche Handschriften. Auf seiner Seite findet man u.a. einen Schrift-Generator, mit dem man auf einfache Weise Texte in alte deutsche Handschriften umwandeln und üben kann.

https://www.deutsche-handschrift.de/

Michael Nülken schreibt: Die sicherste Methode, um „alte Schriften“ lesen zu lernen, ist und bleibt: „Lesen, Lesen, Lesen …“. Das finde ich auch und füge noch hinzu: „Üben, Üben, Üben!“ Ich bin ganz begeistert von diesem Schrift-Generator, der sicherlich für viele Familienforscher sehr hilfreich sein kann!

Es funktioniert so: man gibt einen kurzen Text in ein Schriftfeld ein und wählt die gewünschte Schriftart aus …

Unter dem eingegebenen Wortlaut erscheint ein Text in der jeweils ausgewählten Schriftart, im dem dann auch andere Buchstaben dieser Schriftart angezeigt werden.

Einige Beispiele:

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Die Liebe ist starck wie der Todt …

Noch ein Kirchenbucheintrag, der ein wenig aus dem Rahmen fällt …

In der Löbenichter Kirche zu Königsberg findet am 4. Januar 1711 eine ganz besondere Hochzeit statt …

Der ehrbare und geachtete ‚Toback-Spinner‘ Christian Groß heiratet die ehr- und tugendsame Maria, Witwe des ‚auffm Sackheim‚ verstorbenen Wasserfahrers David Paulowski.

Das Besondere an dieser Eheschließung ist der extreme Altersunterschied der Brautleute!

Der Pfarrer notiert: ‚Der Bräutigam mag kaum 20 Jahr zurück geleget haben, die Braut hingegen ist gern 70 Jahr alt, decrepita, gibbosa, edentula immo depontana (altersschwach, bucklig, zahnlos und mittellos.‘

Vor der Eheschließung hat sich der Pfarrer 0ffenbar mehrfach mit den Brautleuten unterhalten und seine Bedenken kund getan – aber letztlich zeigt er doch Verständnis für die Entscheidung der beiden, denn er setzt hinzu; ‚Sind beide als meine Beicht-Kinder genug vermahnet und ihrer ungleichen Verehligung wegen erinnert worden.

Die Liebe ist starck wie der Todt!!

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Das Kinn von Elisabeth Dehls …

Ich habe mich ein wenig mit der Vererbung körperlicher Merkmale innerhalb meiner Familie beschäftigt – vor allem mit dem Kinn von Elisabeth Dehls.

In diesem Fall hat die Vererbung eindeutig geklappt! Meine Lüssumer Ur-Ur-Großmutter Elisabeth Dehls (1821-1906) hat die etwas putzige Form ihres Kinns an alle drei Töchter weitergegeben – da konnten sich die Gene des Vaters – Carsten Knübel (1814-1881) – wohl nicht durchsetzen!

Von links:

  • Mutter Elisabeth Knübel, geb. Dehls
  • Mathilde Knübel (1851-1918)
  • Margarethe Knübel (1856-1934)
  • Beta Katharina Knübel (1863-1929)

Das folgende Bild zeigt die drei Töchter von Margarethe – von links Margarethe Elisabeth und meine Großmutter Anna Lisette. Ich finde, das putzige Kinn zeigt sich auch in dieser Generation noch!

Eine Generation weiter ….

Links meine Oma Anna Lisette – in der Mitte meine Mutter – rechts Margarethe Knübel, Mutter von Anna Lisette und Oma meiner Mutter – drei aufeinander folgende Frauen-Generationen. Bei meiner Mutter kommt das Kinn von Elisabeth Dehls nun nicht mehr zur Geltung – da sind die Haesloop-Gene hinzugekommen!

Als ich selbst zur Welt kam, ging es bei der Vererbung nicht ums Kinn, sondern um die Farbe der Haare ….. Meine Mutter hoffte inständig, dass sich die Haarfarbe meines Vaters nicht durchsetzen würde!

Sicherlich war ihr vor allem wichtig, ein gesundes Kind zur Welt zu bringen! Aber eine ihrer ersten Fragen soll gewesen sein: „Hat das Kind rote Haare?“ …..

Die hatte das Kind! Und dazu noch reichlich viele Sommersprossen. Das war damals ein Makel, was ich in meiner Kindheit tatsächlich ab und zu noch zu spüren bekam. In meiner Jugendzeit versuchte ich immer wieder vergebens, zumindest die Sommersprossen loszuwerden.

Dieser Ausschnitt stammt aus einer Apotheken-Werbung von 1869 – aber auch 100 Jahre später wurden ähnliche Mittel angepriesen, um Sommersprossen zu vernichten.

Übrigens: mein Sohn hat keine roten Haare und keine Sommersprossen – aber ich hätte mich darüber gefreut!

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Familie Berner und Wiegand im Kreis Pr. Eylau

Vorbemerkung

In diesem Beitrag geht es nicht um meine eigenen Forschungsergebnisse, sondern um die ostpreußischen Vorfahren von Steffi (Stephanie) Schühle.

Steffi und ich lernten uns vor etwa 15 Jahren in der Forschungstelle der Mormonen in Oldenburg kennen – oft saßen wir dort nebeneinander und halfen uns gegenseitig beim Entziffern der Einträge in den Kirchenbüchern. Das war für uns beide besonders spannend, als wir entdeckten, dass wir zeitweise in derselben Region forschten. Auch Steffis Vorfahren lebten zum Teil in Ostpreußen – und zwar nicht weit entfernt von meinen Ahnen: im Kreis Pr. Eylau.

Ihren Ostpreußen-Ordner mit sämtlichen Forschungsergebnissen hatte Steffi bei mir deponiert, weil wir planten, gemeinsam weiter zu forschen, wenn sie nicht mehr soviel arbeiten müsste und irgendwann ein wenig mehr Zeit haben würde …. Diese Zeit kam leider nie, denn 2017 verstarb Steffi ganz plötzlich.

Ich habe versucht, den Ordner an die Familie weiterzugeben – das misslang jedoch. Nun besitze ich ihn immer noch und ich möchte nicht, dass Steffis Forschung vergebens war. Es geht vor allem um Familie Berner und Wiegand im Kreis Pr. Eylau, mit deren Geschichte sich vor Steffi auch andere Familienmitglieder bereits beschäftigt hatten. Vielleicht meldet sich aufgrund dieses Beitrags jemand aus der Familie, der Interesse an Steffis Ordner hat …?

Es gibt eine Familien-Chronik, durch die wir Näheres über die Familien erfahren. Die Nachforschungen wurden vor dem 2. Weltkrieg vorgenommen – viele der heute nicht mehr existierenden Unterlagen waren damals noch vorhanden. Ich verwende die Informationen der damaligen Recherchen, Steffis Forschungsergebnisse und ich zitiere aus der Chronik. Einige Fakten konnte ich selbst noch ergänzen – einige, die wohl aus mündlicher Überlieferung stammen, auch korrigieren.

Familie Berner und Wiegand

Der Verfasser der Chronik geht davon aus, dass Familie Berner zu den Salzburger Immigranten gehört, die 1732 nach Ostpreußen einwanderten – er konnte dies jedoch trotz intensiver Nachforschung nicht belegen.

Als möglicher Vorfahre wird in der Chronik erwähnt: Georg Berner, vertriebener Protestant aus Salzburg, Gericht Radstadt-Oberfritz, Besitz Filznoß, 25 Jahre alt, der 1732 mit seiner Ehefrau Christina geb. Wenger u. dem 8-jährigen Sohn in Rapponatschen, Kirchspiel Gawaiten, angesiedelt wurde.

Im Kreis Pr. Eylau wird die Familie erstmals 1824 genannt. Der älteste nachweisbare Berner-Vorfahre ist Johann Berner, der bei der Eheschließung seines Sohnes Friedrich Gottfried mit Anna Justine Hennig, einer Tochter des Müllers Jacob Hennig.- am 31. Oktober 1824 in der Kirche von Petershagen – als Wagenmacher in Goldap erwähnt wird. Johann übernimmt dann den Dienst als herrschaftlicher Kutscher im Gut Sieslack.

Johann soll noch drei weitere Kinder gehabt haben: 1. eine Tochter, die nach Russland verschleppt und durch Offizier Schuhmacher adopiert wurde – 2. einen Sohn, der als Küfer in Königsberg lebte, dort Haus- u. Grundbesitzer war und keine Kinder hatte – 3. einen Sohn, der nach Spanien und anschließend nach Rio de Janeiro auswanderte und dort eine große Erbschaft hinterließ. Diese Angaben wurden offenbar innerhalb der Familie mündlich überliefert ….

Anna Justine Hennig wird 1805 in der Kirche von Petershagen getauft – im Jahr zuvor, am 14. Oktober 1804, heiraten ihre Eltern dort. Den Heiratseintrag entdeckte ich im Kirchenbuch der evangelischen Kirche von Heilsberg. Vater Jacob arbeitet zu dieser Zeit als Müllergesell auf dem Gut Makohlen bei Heilsberg. Der Eintrag lautet: ‚Jacob Henning, 32, Müllergesell u. ältester Sohn des Eigenkäthners zu Liebenthal bei Mehlsack Johann Henning, und Jungfer Regina Freywaldt, 26, des Kämmerers Adam Freywaldt aus dem Adeligen Guth Nerfken älteste Tochter. Bemerkung: die Copulation ist in Petershagen geschehen – der Bräutigam ist catholisch und die Braut lutherisch‘.

Von Sieslack aus ziehen Friedrich Berner und seine Ehefrau zunächst nach Kapsitten, wo drei Kinder zur Welt kommen:

  • Wilhelmine Berner am 12.5.1826
  • Amalie Berner am 19.9.1828 und
  • Julius Berner am 15.4.1834

Nach der Geburt von Julius kehrt die Familie zurück in den Kreis Pr. Eylau. Vater Friedrich Gottfried arbeitet nun als Instmann und Brenner in Borken. Hier erblickt Tochter Auguste Henriette am 5. Januar 1839 das Licht der Welt. Sie wird jedoch nur ein Jahr alt und verstirbt im Januar 1840 an Durchfall.

Reddenau – Quelle: Bildarchiv Ostpreußen

Nur wenige Monate später verstirbt der Vater in Borken an der Auszehrung. Nach seinem Tod zieht seine Witwe mit den Kindern nach Reddenau.. ‚Sicher hat sie sich mit ihren Kindern Wilhelmine, Amalie und Julius kümmerlich durchschlagen müssen. Sie kannte die Landarbeit von früher und fand Beschäftigung bei den Bauern oder auf den herrschaftlichen Gütern von Tolks‘ heißt es in der Chronik.

Familie Berner wohnt in Reddenau in unmittelbarer Nähe des Pfarrhauses, direkt neben dem Pfarrgarten. Tochter Wilhelmine heiratet den Arbeiter Johann Bendikat aus Wisborienen, Kr. Pillkallen und gründet mit ihm in Königsberg eine Familie. Tochter Amalie bleibt ledig und ernährt sich als Weißnäherin in Reddenau, wo sie 1905 im Alter von 77 Jahren verstirbt.

Das Pfarrhaus in Reddenau – Quelle: Bildarchiv Ostpreußen

Julius Berner erlernt das Schuhmacherhandwerk in Schippenbeil. Er wird Meister und Mitglied der Schippenbeiler Schuhmacherinnung. Nach seiner Ausbildung kehrt er zurück nach Reddenau, ‚Schon sehr früh muss er sich in seinem Heimatdorf als selbständiger Schuhmacher niedergelassen haben. Im Jahre 1859 machte er in Begleitung seiner Schwester einen Besuch bei der ältesten Schwester in Königsberg. Dort lernte er Rahel Susanne Wiegand kennen, die bei Stockhausen, Heringsgroßverkauf, in Stellung war‘.

Am 4. November 1861 heiraten Julius Berner und Susanna Rahel Wiegand in der Kirche von Reddenau. 1864 wird in Reddenau Sohn Robert geboren – 1868 Paul Albert und 1875 Tochter Minna Johanna.

Susanna Rahel Wiegand stammt aus Rudau im Samland, wo sie am 6. Januar 1837 als Tochter des Müllers Friedrich Wiegand und seiner Ehefrau Susanna Rahel Leidigkeit zur Welt kommt. Sie hat mehrere Geschwister – auch ihr älterer Bruder Friedrich Gotthard Wiegand (* 1816) lebt später im Kreis Pr, Eylau – zunächst in Zohlen, dann in Beisleiden. Dazu später mehr ….

Schuster Berner, wie er im Dorfe hieß, war in Reddenau sehr beliebt. Sein handwerkliches Können war wohl nicht sehr bedeutend. Er war aber gesellschaftlich sehr gewandt, liebte die Erzählung und besuchte zur Unterhaltung gern das Gasthaus. Dort ließ er sich vom Postboten Graf, der die Strecke Bartenstein-Reddenau versorgte und früher selbst Schuhmacher gewesen war, oft das Neuste erzählen.

Auch Julius Berner selbst war wohl ein guter Erzähler und sehr humorvoll. ‚Mit den Gutsherren und dem Gutsverwalter Tuchowski war er manchesmal, besonders bei Fuchs- und Wolfsjagden, unterwegs. Von den Bauern wurde er gern zu Rate gezogen, bei Handels- und Marktgeschäften, bei Gewichtsabschätzen und Preisabsprachen, denn er konnte rechnen wie kein anderer‘. … Wenn er auswärts seine Einkäufe tätigte, nahm er gern seinen Schäferhund mit.

Julius wird nur 44 Jahre und drei Monate alt – er verstirbt am 19. August 1878 in Reddenau.

Ausschnitt aus seiner Stebeurkunde des Standesamts

Nach dem Tod ihres Ehemanns bleibt Susanna Rahel Wiegand mit drei Kindern zurück. Große Unterstützung erhält sie von der Familie ihres Neffen, da ihr Bruders Friedrich Gotthard Wiegand seinen Wohnsitz ebenfalls vom Samland in den Kreis Pr. Eylau verlegt hat.

Friedrich Gotthard Wiegand war zunächst Müller in Kirschnehnen im Samland, verheiratet mit der Müllerstochter Maria Dorothea Schadwinkel, die 1822 in der Mühle von Kirschappen zur Welt kam. Familie Schadwinkel ist eine der bekanntesten ostpreußischen Müllerdynastien.

In der Familienchronik ist zu lesen: Friedrich Gotthard Wiegand war auf Empfehlung nach Zohlen gekommen. Später wurde er Besitzer einer Lohnmühle in Beisleiden, wo das Stammgut der Familie Oldenburg-Januschau war.

Das Ehepaar bringt bereits drei Kinder mit in den Kreis Pr. Eylau und von 1849 bis 1867 werden in Zohlen acht weitere Wiegand-Kinder geboren:

  • Friedrich August Wiegand *1842
  • Marie Wiegand *1843
  • August Wiegand *1846
  • Anna Rahel Wiegand *1849
  • Johann Michael Wiegand *1851
  • Ernestine Wiegand *1854
  • Wilhelmine Wiegand *1856
  • Henriette Charlotte Wiegand *1859
  • Amalie Louise Wiegand *1861
  • Elise Margarethe Wiegand *1864 und
  • Hermann Gustav Wiegand *1867 +1867

Im Oktober 1872 zieht Friedrich Wiegand mit seiner Familie nach Beisleiden um – der Ortswechsel wird auch im Kreisblatt verkündet:

Friedrich Wiegand war nicht – wie in der Chronik angegeben – Besitzer der Mühle in Beisleiden. Er arbeitet dort als Müllermeister. Nur vier Jahre nach dem Umzug verstirbt er am 13. April 1876 in Beisleiden.

Die Mühle wird von nun an von dem ältesten Sohn Friedrich August bewirtschaftet, der 1878 in Beisleiden Auguste Therese Bertha Gronwald, eine Tochter des in Beisleiden ansässigen herrschaftlichen Dieners und späteren Gastwirts Wilhelm Gronwald und dessen Ehefrau Julie Rausch heiratet. 1879 und 1882 werden ihre Kinder Anna Gottliebe Wiegand und Carl August Wiegand geboren.

Nach dem Tod seines Onkels Julius Berner in Reddenau nimmt Friedrich August Wiegand seinen Vetter Robert zu sich nach Beisleiden in die Lehre. In der Chronik heißt es: ‚Robert kam schon im September 1878 … in die Mühle Beisleiden. In der Familie hat er eine gute Lehre verbracht. Im Betriebe waren drei Gehilfen und mit Robert drei Lehrjungen. Kühe, Schweine und Federvieh waren vorhanden, wie es in einer Mühle üblich ist. Der Lohn des Mahlens wurde oft durch einen Anteil an Getreide bezehlt. Die wirtschaftlichen Verhältnisse waren gut‘.

Das Gutshaus von Beisleiden (Bildarchiv Ostpreußen)

Robert Berner geht nach seiner Lehre in Beisleiden auf Wanderschaft, absolviert seinen Militärdienst und ergreift schließlich einen völlig anderen Beruf – er tritt in den Dienst der Reichsbahn. 1890 heiratet er in Berlin Elisabeth Amanda Borbe aus Peterswalde im Kreis. Wehlau. Spätere Wohnorte sind: Berlin – Halle – Ratibor und Jessen. Er stirbt 1944 in Sangershausen.

Der 1868 in Reddenau geborene Paul Berner wird Schuhmacher – wie zuvor Vater Julius. Auch über sein Leben erfahren wir Näheres in der Familienchronik: ‚An Ostern 1882 trat er bei Schuhmachermeister Louis Friedrich in Bartenstein in die Lehre ein. Die Lehrjungen mussten ihr Werkzeug selbst beschaffen, selbst die Borsten und Raspeln. Der armen Mutter wird es sehr schwer gefallen sein, ihren Jungen mit diesen Dingen und mit Kleidung zu versorgen. Bei der kleinen Entfernung von 12 km ist anzunehmen, dass Paul an Sonn- und Feiertagen zu Besuch im Elternhaus weilte.

Die Schuhmacherwerkstatt war ein stattlicher Betrieb mit acht Gesellen und und vier Lehrjungen, die Kost und Wohnung im Hause hatten, wie es damals üblich war. Die Unterkunft war sehr schlecht. So wohnten die Lehrlinge im Dachgeschoss, wo es bei schlechtem Wetter reinregnete. Das Waschen musste am Wasserfass im Hof oder am Kübel im Hauseingang besorgt werden. Das Essen war sehr schlecht. …. Die Lehrlinge wurden in den ersten Jahren mehr zu berufsfremden Arbeiten herangezogen, sodass am Schluss der Lehrzeit das handwerkliche Können sehr gering war.

Auch Paul Berner begibt sich nach seiner Lehre auf Wanderschaft. Es würde zu weit führen, an dieser Stelle seinen gesamten Lebensweg zu schildern … Stationen seines Lebens sind ua.: Basel – Hildesheim – Münster und Straßburg im Elsass. 1950 verstirbt er in Rheinbischofsheim.

Schwester Minna Johanna Berner – genannt Hanna – arbeitet zunächst in einem Haushalt in Berlin, landet dann in Basel, heiratet den Uhrmacher Georg Holder aus Stolp in Pommern und lebt später mit der Familie in Thüringen. Sie stirbt 1930 im dortigen Mühlhausen.

Mehrere der oben genannten Wiegand-Kinder gründen Familien in Berlin.


Die in Reddeanu und Zohlen geborenen genannten Berner– bzw. Wiegand-Personen sind jeweils die letzten Personen beider Familienzweige, die im Kreis Pr. Eylau zur Welt kommen.

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