Johann Ernst Theodor Riedel (1780-1850)

Manchmal macht es mir Spaß, aus unterschiedlichen Quellen Lebensläufe von Personen ‚zusammenzubasteln‘, die mir im Kirchenbuch von Eichhorn, Pr. Eylau, begegnen:

Am 31. Juni 1805 heiraten in der Kirche zu Eichhorn, Pr. Eylau, der Diakon Johann Ernst Theodor Riedel und die Kammerjungfer Marie Louise Finteisen. Kennengelernt haben sie sich vermutlich am Hofe von Worienen.

Der Heiratseintrag im Eichhorner Kirchenbuch enthält viele Informationen – weitaus mehr als allgemein üblich. Der Eintrag lautet:

‚Johann Ernst Theodor, 25, Sohn des verstorbenen Pfarrers zu Domnau Johann Christian Riedel und der noch lebenden Frau Christina Eleonora verwitwete Riedel geb. Werner, seit dem Monat Mai 1801 Hauslehrer in dem Adel(ich) Worienschen Hofe, und Dom V? post Trinit(atis) introducirter Diaconus zu Mohrungen, mit der Demoiselle Marie Louise Finteisen, 29, Cammer Jungfer der Frau Präsident von Domhardt auf Worienen und Tochter der verehelicht gewesenen verstorbenen Musicus-Frau Juliana Finteisen, geborene Zitz, geboren zu Stettin im Jahre 1776, den 3. August‘.

Johann Ernst Theodor Riedel stammt aus einer Pastorenfamilie. Er wird am 22.9.1780 in Bartenstein als Sohn des in Domnau verstorbenen Pfarrers Johann Christian Riedel und dessen Ehefrau Christina Eleonora Werner geboren. Sein Großvater Christian Riedel war Pfarrer in Eisenberg, Urgroßvater Georg Riedel war Kantor.

Vor seiner Eheschließung lebt Johann Ernst Theodor Riedel einige Jahre in Worienen. Von 1801 bis 1805 ist er als Hauslehrer am Hofe Worienen angestellt. Er wird dort also die beiden ‚von Domhardt-Kinder‘, die 1791 in Worienen geborene Anna Therese Friederike Adelheid von Domhardt und ihren 1792 geborenen Bruder Alfred Gustav Friedrich von Domhardt unterrichtet haben, die bei seinem Dienstantritt 10 bzw. 9 Jahre alt sind.

Marie Louise Finteisen ist am Hofe von Worienen zur selben Zeit als Kammerjungfer der Frau Präsidentin Agnes Theresia Catharina Honorata von Domhardt, geborene Gräfin von Leszczyc Radolino Radolinska , der Mutter seiner beiden Schüler, tätig. Johann Ernst Theodor und Marie Louise werden sich also täglich begegnet sein. Marie Louise Finteisen wurde am 3. August 1776 in Stettin geboren. Sie ist die Tochter eines Musikers und dessen Ehefrau Juliana Finteisen, geborene Zitz.

Der Traugottedienst in der Eichhorner Kirche wird gehalten von ‚Herrn Laudien, Diaconus der Altroßgärtischen Kirche zu Königsberg als Schwager des Bräutigams‘. Gottfried Laudien ist der Ehemann von Johanna Sophia Concordia Riedel, der 3 Jahre jüngeren Schwester Johann Ernst Theodor Riedels. ‚Gottfried Laudien, geboren den 3. August 1765, ward den 28. September 1798 zum 2. Prediger in der Altroßgärtschen Kirche in Königsberg ordinirt, ging darauf als Pfarrer nach Allenburg und trat endlich zu Cumehnen den 9. Juli 1820 Dom. 6.p.Tri. sein Amt an. Er starb an Nervenfieber den 4. September 1824 um 11 Uhr Abends, 59 Jahre alt‘. (Quelle: Dr. Ludwig Rhesa: ‚Kurzgefaßte Nachrichten von allen seit 1775 an den evangelischen Kirchen in Ostpreußen angestellten Predigern‘; Königsberg 1834).

Von Worienen aus zieht das Ehepaar Riedel also zunächst nach Mohrungen. Schon 1806 verlässt Johann Ernst Theodor Riedel Mohrungen jedoch wieder. Er geht als Pfarrer nach Gr. Thierbach und anschließend –  ab 1816 – ist er Pfarrer in Kl. Dexen. Gleichzeitig wird er Direktor und Lehrer des dortigen Schullehrer-Seminars.

Das Gemeindehaus gehört bis 1834 zum Lehrerseminar

Quelle: DerKreis Pr. Eylau in alten Ansichtskarten; S. 169

Das Lehrer-Seminar in Kl. Dexen – die erste Lehrerausbildungsstätte Ostpreußens – war 1774 gegründet worden, konnte aber nach dem Napoleonischen Krieg aus finanziellen Gründen nicht weiterbetrieben werden. Nach seinem Dienstantritt in Kl. Dexen setzt sich Johann Ernst Theodor Riedel dafür ein, dass der Seminarbetrieb wieder aufgenommen werden kann. ‚Mit klarem Verstand und einem menschenfreundlichen Herzen sowie Kraft und Lust zur Arbeit hatte er bereits an Kursen Zellers in Königsberg teilgenommen und eröffnete sofort das Dexer Seminar auf neue … Mit 10 Zöglingen trat das Seminar Kl. Dexen zu Ostern 1816 wieder neu ins Leben.‘ (Horst Schulz, Der Kreis Pr. Eylau, S. 611/612).

Im Jahre 1825 wird die Anzahl der Seminaristen auf 32 erhöht. Pfarrer Riedel selbst erteilt den Unterricht in ‚Religion, Pädagogik, Methodik und Katechetik sowie im Zeichnen und teilweise in der Größenlehre‚. (Horst Schulz, Der Kreis Pr. Eylau, S. 612).

Da der kleine Ort Kl. Dexen für eine Vergrößerung des Seminars ungeeignet ist, wird einige Jahre später beschlossen, die Ausbildungsstätte in die 7 km entfernte Kreisstadt Pr. Eylau zu verlegen. ‚Pfarrer Riedel war darüber sehr betroffen, denn es war sein Lebenswerk, aber als edeldenkender selbstloser Mensch sah er die Notwendigkeit der Verlegung ein‘. (Horst Schulz, Der Kreis Pr. Eylau, S. 613).

Quelle: DerKreis Pr. Eylau in alten Ansichtskarten; S. 169

Johann Ernst Theodor Riedel selbst bleibt als Pfarrer in Kl. Dexen, ‚wirkte noch weiter segensreich als Seelsorger des Kirchspiels Kl. Dexen und starb am 2.5.1850 im Amt, 70 Jahre alt‚. (Horst Schulz, Der Kreis Pr. Eylau, S. 613).

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