Eine ganze Reihe meiner ostpreußischen Vorfahren übten zu unterschiedlichen Zeiten auf verschiedenen Gütern – sowohl im ehemaligen Kreis Pr. Eylau als auch im Samland – das Amt eines Hofmanns aus:
Hans Gegner (ca. 1620 – 1665) war Hofmann in Worienen
dessen Enkel Peter Gegner (1689 -1759) ebenso
Christoph Gnoss (1743-1807) war Krüger u. Hofmann im Neuen Kruge, Worglitten
Christoph Willfang (ca. 1680-1740) Hofmann im Peistener Vorwerk Wangnick
auch Sohn Johann Willfang wird Hofmann in Wangnick
Gottlieb Gutt (1751 – ca. 1830) Hofmann im Wildenhoffer Vorwerk Amalienhof – 1784 Pachthofmann in Schönwiese bei Landsberg
Martin Reisemann (ca. 1710 – nach 1776) war Hofmann auf dem Gut Wangen im Samland
Hans Colbe (1667- vor 1720) war Hofmann in Sudnicken
Sie alle waren dafür zuständig, die zu Bewirtschaftung des jeweiligen Guts angestellten Arbeiter zu beaufsichtigen und ihre ’sittliche Haltung‘ zu überwachen. Ihre Ehefrauen – die Hofmütter – sorgten für die Verpflegung der ledigen Knechte und Mägde.
Quelle: Was waren unsere Vorfahren, Sonderschrift 18 des VFFOW
Ausschnitt aus dem Kirchenbuch von Eichhorn
Anno 1685 ist copuliret d(en) 7. Jan. Gerg Sahm, Instmann von Eichhorn mit J Elisabeth, S(elig) Hans Gegeners, gewesenen Hofmanns zu Worienen hin- terl(assene) ehel(eibliche) T(ochter
Und all meine zuvor genannten Vorfahren werden ihren jeweiligen Gutsherren einen Eid wie den folgenden ‚Hoffmanns Eydt‚ in vergleichbarem Wortlaut geleistet haben:
Nachdem der Durchlauchtigste Hochgeborene Fürst und Herr Herr Friedrich Wilhelm Markgraf zu Brandenburg […], mein gnädigster Kurfürst und Herr, mich N. N. zu Ihro Kurfl. Gnaden Hofman zu N. annehmen lassen, als gelobe und schwöre ich zu Gott dem Allmächtigen, dass ich Ihro Kurfl. Durchl. getreu und ehrlich, wie es einem getreuen Diener gebührt, dienen, Deroselben Frommen und Nutzen, so viel immer möglich, fordern, Schaden und Nachteil wehren und fürkommen, mit den Dröschern und Gärtnern richtige Kerbstücke, was jedesmal ausgedroschen wird, halten und oft, ob auch rein ausgedroschen, nachdröschen lassen und sehen will, ob der Herrschaft zu Schaden etwas darinnen gelassen oder nicht, und da einiger Mangel in einem oder anderen durch mich gefunden werden sollte, solches dem Kurfl. Inspektor oder Burggrafen jedesmal anzeigen, auch im Hof bei allem Vieh, dass dasselbe fleißig gewartet werde, Aufsicht haben, die Hofpferde zu jagen oder fremden Geschäften nicht nehmen lassen, vielweniger bei Hof auf Sr. Kurfl. Durchl. Futter fremdes Vieh gestatten, auch auf alles andere, was einem Hofmann ich acht zu nehmen gebürt, desgleichen, ob der Hof und die Scheune jedesmal zu rechter Zwit geschlossen, ganz getreulich zu sehen, aufm Felde und was zum Vorwerk gehört, sonderlich im August und zur Saatzeit, fleißige Aufsicht pflegen, mich auch aller anderer Hantierung, dadurch mein eigener Nutz gesucht und etwas in meinem Dienst versäumt werden möchte, entschlagen, und allein eines Hofmanns Dienst nach höchstem Vermögen abwarten und in Summa mich also verhalten will, wie es einem treuen und fleißigen Hofmann eignet und gebühret.
Quelle: Eid und Aufgaben eines Hofmanns. Nach dem 1. Dezember 1640. In: Die Spiegelung neuzeitlich-bäuerlicher Lebenswelten in den Akten ostpreußischer Gutsarchive. Bearbeitet von Gaby Huch. Herausgegeben an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 2021-2023. URL: https://lebenswelten-digital.bbaw.de/dokumente/detail_doc.xql?id=lehndorff_ojw_xrr_hrb
Karl Ludwig Georg von Raumer(* 9. April 1783 in Wörlitz; † 2. Juni 1865 in Erlangen) war ein deutscher Geologe, Geograph und Pädagoge.
Als Pädagoge beschäftigt er sich u.a. auch mit der Erziehung von Mädchen. Sein Buch ‚Die Erziehung der Mädchen‘ erscheint im Jahre 1853 in Stuttgart.
Für Familienforscher, die nicht nur Namen und Daten sammeln, sondern sich auch mit den Lebensumständen ihrer Vorfahren befassen möchten, ist es vielleicht interessant, etwas über damals übliche Erziehungsmethoden zu erfahren. Viele unserer weiblichen Ahnen wurden möglicherweise von pädagogischen Ratschlägen wie denen Raumers geprägt!
Aber glücklicherweise gab es auch in der Mitte des 19. Jahrhunderts Eltern, die sich von derartigen Empfehlungen nicht beeinflussen ließen – und zu allen Zeiten gab es Mädchen und Frauen, die – allen Widrigkeiten zum Trotz – ihren eigenen Weg fanden …. Und: nicht alle Pädagogen des 19. Jahrhunderts stimmten mit Herrn von Raumer überein!
Für kleine Mädchen gibt es keine paßendere Unterhaltung als das Puppenspielen. Wenn sie in der ersten Kindheit ihr Vergnügen daran haben, die Puppe zu warten, zu wiegen, in den Schlaf zu singen und so alles nachzuahmen, was sie die Mutter mit dem kleinen Geschwister thun sehn, so finden sie später ihre Freude daran, der Puppe Kleider zu machen.
Man gewöhne die kleinen Mädchen schon früh, sich nicht schlafen zu legen, bevor sie nicht ihre Spielsachen an den gehörigen Ort geräumt; denn jedes, auch die letzte Kleinigkeit, muß im Hause seinen bestimmten Platz haben. Heranwachsenden Mädchen mache man es zur Pflicht, nicht nur die Sachen, mit denen sie sich beschäftigt, jedesmal wegzuräumrn, ehe sie eine neue Beschäftigung beginnen, sondern auch alles, was sie sonst am unrechten Orte sehn, an den rechten zu bringen.
Wilde, kanbenhafte Spiele sollte man den Mädchen, wie sich von selbst versteht, nie in Gemeinschaft mit Knaben, aber auch nicht unter sich gestatten.
Das Mädchen kann und darf sich in nichts Wißenschaftliches mit jener hartnäckigen, männlichen Ausdauer vertiefen, daß sie darüber alles andere vergäße. Nach Männer Weise in der Wißenschaft gründlich zu sein, darnach könnte nur ein ganz unweibliches Mädchen streben, und nur vergebens streben, da ihr Kraft und Talent des Mannes mangelt.
Wollte man die Mädchen auf gleiche Weise behandeln, so würde man sie für ihren Lebensberuf nicht gut berathen. Ich kannte Mädchen, denen vom Vater ein fester schulmäßiger Stundenplan vorgeschrieben war, es hätten sich die Mädchen in der bestimmten Rechen- und Schreibstunden kaum, oder doch nur unwillig eine Pause erlaubt, um dem kranken Bruder ein Glas Waßer zu holen; wer könnte das billigen?
Wer fühlt nicht, daß die Mädchen viel mehr auf die Seite der Künstler, als der Botaniker zu stellen sind? Das bezeugt schon ihre Neigung, Blument zu malen und zu sticken. Jedem schlichten Menschen erscheint es ganz unnatürlich, wenn Mädchenlehrer mit pedantischer, hölzerner Steifheit, welche sich die Miene gibt, als sei nur sie gründlich und wißenschaftlich, Lilien und Rosen bis in ihre kleinsten Theile zerrupfen und in den terminis technicis der Botaniker beschreiben laßen. Mädchen sollen die Blumen nicht mit den Augen zerlegender Botaniker, wohl gar mit mit Zuziehung einer Loupe betrachten, sondern mit Augen eines zartsinnigen Blumenmalers. Liebenswürdig ist ihre Liebe zu Blumen, die sie aufs sorgfältigste ziehen und ihre Entwicklung vom ersten Keime bis zur Reife des Samens verfolgen.
Was bezweckt aber der Zeichenunterricht bei Mädchen?
Zunächst eins, was vielleicht von Ueberbildeten sehr gering geachtet wird; das Mädchen soll fürs Haus zeichnen lernen. Sie muß im Stande sein, dem Schreiner durch einfache Umriße die Form der Stühle anzugeben, die sei bei ihm bestellt, dem Maurer eine Zeichnung von einem am Orte unbekannten, anderwärts aber erprobten Küchenherd zu machen, und was dergleichen mehr ist. Dann soll sie Vögel, Hunde, Reiter, Häuser u.s.w. den Kindern zeichnen.
Geschlechtsverhältnisse
Manche Mütter sind der, in meinen Augen grundverkehrten Ansicht, man müße Töchter in alle Verhältnisse der Familie, selbst in Beziehung der Geschlechter zueinander, hineinblicken laßen und sie gewissermaßen in Dinge einweihen, welche ihnen einmal bevorstehn, im Fall sie sich verheirathen sollten
Laße man die Kinder, so lange es immer geht, bei dem Glauben: ein Engel bringt der Mutter die kleinen Kinder; welche in manchen Gegenden übliche Sage viel beßer ist, als die an andern Orten gewöhnliche, vom Klapperstorch.
Ein gebrochener Fuß und ein gebrochenes Bein hindern mich momentan an vielen Tätigkeiten, aber sie führen dazu, dass ich viele meiner – schon lange im Entwurf vorhandenen – Genealogie-Tagebuch-Beiträge vervollständige …. wie diesen über Helene Laudien!
Mit der ostpreußischen Familie Laudien habe ich mich bereits häufiger beschäftigt – die Familien Laudien und Ankermann heiraten mehrfach untereinander und es besteht ein verwandtschaftliches Verhältnis zu meinen Ankermann-Vorfahren.
Sowohl unter den Mitgliedern der Familie Laudien als auch unter denen der Familie Ankermann tauchen immer wieder Personen auf, die besonders kreativ und künstlerisch tätig waren – als Maler(innen), Musiker oder als Dichter(innen). Zu diesen gehört auch Johanne Friederike Sophie Henriette Preuss-Laudien.
In der Encyklopädie ‚Das geistige Berlin‚ entdeckte ich einen Beitrag, in dem sie selbst – im Alter von fast 72 Jahren – aus ihrem Leben berichtet:
Preuss (-Laudien), Henriette, Schriftstellerin, geboren am 19. Januar 1826 zu Königsberg i. Pr(eußen).
Ich stehe in meinem 72. Lebensjahre. Mein Vater Heinrich Laudien war Baurath in Elbing. Meine Geburt kostete meiner zarten Mutter (Adelheid Bredow) fast das Leben und mehrere Wochen danach starb mein Vater nach ganz kurzem Krankenlager am Nervenfieber. Ich wurde an seinem Sarge getauft.
Bald danach zog meine Mutter nach Königsberg, wo ihre an einen Offizier verheirathete einzige Schwester und ihre Mutter lebten. Wenige Jahre später zog sie nach Pillau, wo ein Bruder meines Vaters Rektor der höhern Bürgerschule und Prediger war, aber schon nach kurzer Zeit als Archidiakonus nach Königsberg berufen wurde.
Dieser Bruder ihres Vater ist Theodor Laudien (1801-1859) ab 1836 Archidiakon an der Altstädtischen Kirche in Königsberg. Zu seinen Söhnen gehört u.a. auch Heinrich Julius Laudien (1829-1893) ab 1868 Musikdirektor in Königsberg u. Kapellmeister, verheiratet mit Johanna Mathilde Bertha Ankermann.
Meine Großmutter (mütterlicherseits) zog auch nach Pillau mit mir, und dieser geistvollen, hochgebildeten, feinen Frau, Kurländerin von Geburt, Sophie v. Glandorff, an den Sohn einer französischen Emigrantenfamilie, v. Bredow, verheirathet danke ich meines innern Lebens Gehalt und das reinste Glück meiner Kindheit. Von ihr selbst und einem Kandidaten der Theologie bis zum neunten Jahre unterrichtet, besuchte ich dann die, damals unter Direktor Merguet stehende höhere Töchterschule, machte, sehr jung noch, mein Lehrerinnenexamen, unterrichtete in Familien, verschiedenen Privatschulen und auch privatim in Musik, Sprach- und wissenschaftlichen Lehrgegenständen, nachdem ich in Halle noch 11 Jahre Unterricht genommen, wieder in Pillau, heirathete den Lehrer Preuss, der bald danach nach einer kleinen westpreußischen Stadt als Leiter der dortigen Stadtschule gewählt und nach einigen Jahren nach Straßburg an das dort neu gegründete Gymnasium berufen wurde und später in Breslau starb, worauf ich als Wittwe hierher (nach Berlin) zog, wo ich nach dem Zusammenbruch all meines einstigen Glücks lebe.
Der Ehemann Reinhold Theodor Preuss wird am 2.12.1830 in Germau, Kr. Fischhausen geboren. Seine Eltern sind: August Reinhold Immanuel Preuss, Kantor u. Kirchschullehrer in Germau, Fischhausen u. Juliana Amalie Umlauff. Er besucht das Lehrer-Seminar in Preußisch-Eylau und wird zunächst Lehrer an der Stadtschule in Pillau (1857-62). Dort findet 1860 auch die Eheschließung mit Henriette Laudien statt. Anschließende Tätigkeit: Evang. Stadtschule in Gollub/Westpr. (1862-73); Schließlich wird er Vorschullehrer am Gymnasium in Straßburg. 1888 verstirbt er in Breslau. 1887 lebt das Ehepaar dort noch in der Adalbertstr. Nr. 29.
Anlass dazu gab mir Ministerial-Direktor Greiff, der mir eine Stiftsstelle in Aussicht stellte, für die ich, bei der Gründung einst, durch mein bescheidenes Talent erfolgreich gewirkt. Ich war ein glückseliges, wenn auch einsames Kind, eine pflichttreue Lehrerin, eine überaus zärtlich geliebte Gattin, wurde als sogenannte ,,Dichterin“ über Verdienst umschmeichelt und bin nun eine glücksberaubte, einsame, von der Welt vergessene, kranke Frau.
Mein bescheidenes Talent, das Einzige, was mir treu geblieben – Leben und Tod haben all‘ mein Glück geraubt! – habe ich in frühern Zeiten stets zu wohlthätigen Zwecken hingegeben und Vielen damit Freude gemacht und Hülfe gebracht, und das ist noch jetzt in der ernsten Einsamkeit meine beglückendste Erinnerung!
Es muss mir wohl angeboren sein, denn schon in frühester Kinderzeit, im kaum vierten Lebensjahre, habe ich nach mir gestellten Themen in Reimen sprechen können. Wenn dann ich kleiner Knirps dafür geliebkost und beschmeichelt wurde, sagte meine Großmutter stets: ,,das thut sie Adelheid (meiner Mutter) nur zu Liebe, die noch so kindisch ist, sich daran zu amüsiren. Reimen kann jeder Mensch, das hat nichts auf sich!“ und das habe ich bis zu meinem 12. Jahre auch fest geglaubt! Ja, Eitelkeit und Selbstsucht wurden mir gründlich ausgetrieben!
Aber ich war doch wohl ein eigenthümliches Kind, denn ich hörte meine Mutter so oft sagen: ,,sie ist ein Unikum„, was ich mir stets mit ,,Ungeheuer“ übersetzte und heimlich bittere Thränen darüber weinte!
Henriette berichtet weiter: ‚Phantastische Märchen und Verse, das schreibe ich mit Vorliebe noch jetzt! Veröffentlicht wurden sie zuerst auf Anlass von Julius Hammer, Gutzkow und Auerbach, die in Dresden im Hause eines Bekannten meiner Mutter damals verkehrten und von den ihnen vorgelesenen Sachen geäussert hatten: ,,sie verrathen Geist, Gemüth und Talent“. — Julius Hammer setzte sofort das Schema eines Briefes an etwaige Verleger für mich auf, Fr. v. Schober fügte verschiedene Adressen hinzu und so kam es, dass meine erste Märchensammlung gedruckt wurde. Sie hat vier Auflagen erlebt‘.
Schriften: ,,Märchenbilder“, 1859. ,,Neue Märchen“, 1860. ,,Das Märchen von Sylt“, 1877. ,,Fata Morgana“ (Epos), 1877. ,,Im Sturm des Lebens“ (Novelle), 1878. ,,Immergrün“ (Märchen-Poesien), 1879. ,,Der Patriot in der Schulstube“ (Gedichte), 1880. ,,Heidelbeeren“ (Gedichte), 1881). ,,Deutsche Polterabende“, II, 1884. ,,Schnitzel und Späne“ (kleine Novellen), 1884. ,,Kindermund“ (Glückwünsche), 1884. ,,Drewenzblüten“ (Ge dichte), 1885. „“ Weihnachts- und Neujahrslieder“, 1885. ,,Boten Gottes“ (Ep. Dichtung), 1887. ,,Bettelgang“ (Ep. Gedicht), 1888. ,,Luciola“ (Ep. Dichtung), 1891. ,,Er naht!“ (Gedicht), 1893. ,,Polterabend- u. Hochzeitsgedichte“, III, 1894. „Räthselbüchlein für Dämmerstunden“, 1894. „Tonwellen“ (gesammelte Gedichte), 1895. ,,Frühlingsreigen“ 1897.
Wohnung: Charlottenburg, Wilhelmstift.
Soweit Henriette Laudiens Text aus der o. g. Encyklopädie …
Ergänzungen zur Familie:
Henriette Laudiens Mutter Adelheid ist eine Tochter des Kaufmanns Friedrich Gabriel Bredow und dessen Ehefrau Sophie Amalie Glandorff, die am 24.8.1770 in Mitau zur Welt kommt. Dort findet 1791 auch ihre Eheschließung statt. Das ‚von‘, das Henriette Laudien den Familiennamen ‚Bredow‚ und ‚Glandorff‚ hinzugefügt hat, taucht weder im Namen der Mutter noch in dem des Vaters auf.
Heirtaeintrag im KB Mitau 1791 – d. 12. August – H. Friedrich Bredow Negt (Negotiant) aus Königsberg mit Jgfr Amalia Sophia Glandorff, des hies(igen) Kaufhändlers Glandorff ehel(iche) T(ochter)
Die ersten Kinder des Ehepaars werden 1792 und 1793 in Königsberg geboren, wo die Familie in der Lang Gasse Nr. 23 wohnt. Später zieht die Familie in die Nähe von Danzig – 1804 wird Friedrich Bredow als ‚Kaufmann u. Großbürger in Danzig‚ bezeichnet – Sohn Carl Rudolph Bredow kommt 1804 in Guteherberge im Kirchspiel Ohra zur Welt (Zusatz beim Taufeintrag im Kirchenbuch: ‚die Mutter gebahr dieses Kind bey ihrem Aufenthalt in ihrem Garten in Gute Herberge‘ ) – Sohn Louis Adolf Bredow 1808 in Silberhammer. Er wird in der Kirche von Gischkau getauft.
Anmerkung zu Silberhammer: Im Sommer der Jahre 1822 u. 1824 arbeitet Joseph Freiherr von Eichendorff im dortigen Gutshaus – damals im Besitz des Grafen Friedrich von Dohna, der befreundet war mit dem Oberpräsidenten Heinrich Theodor von Schön – u.a. an seiner Novelle ‚Aus dem Leben eines Taugenichts‚.
KB Mitau 1767 – Heiratseintrag der Urgroßeltern – d. 8. May H. Daniel Glandorff, mit Frau Catharina Amalia Johanning, seel. (Ferdinand?) Beverts Wittwe
Am 30.1.1881 verstirbt Henriettes Mutter Adelheid Laudien, geb. Bredow, im Alter von 77 Jahren u. 9 Monaten – Sterbeeintrag aus dem KB von Straßburg, Westpreußen –
Henriette Laudien selbst wohnt um 1900 in Charlottenburg. Am 23. Juli 1902 verstirbt sie dort. Eintrag aus dem Berliner Adressbuch des Jahres 1900:
Die folgenden Zeichnungen stammen aus Henriette Laudiens Buch ‚Neue Märchen‘, das 1860 erstmals erschien. 1863 erfolgte eine 2. Auflage.
Am 5. April 1754 wird ‚dem Publico‚ durch einen Bericht in den ‚Hannoverschen Anzeigen‚ bekannt gemacht, dass bei Familie Brummerhoop in Aumund (Kirchspiel Lesum) im Herzogtum Bremen von ‚dreyen verkappeten Kerl vermittelst Einbruch‘ zahlreiche Dinge aus einer Schiffskiste und einem Kleiderschrank ‚in diebischer Weise entwendet‘ wurden.
Lessum im Herzogthume Bremen. Als des zur See abwesenden Lühr Brummerhoops Ehefrauen zu Aumund in der Nacht vom 25ten auf den 26. Mart. von dreyen verkappeten Kerln, vermittelst Einbruchs nachspecifificirte Sachen aus einer Schifskiste und Kleiderschrank diebischer Weise entwendet worden, als:
1 bunte linnene Bettebühre
3 Bettlaken M:B:M: gezeichnet
3 weiße Küssebühren M:B:M
1 Stück weiß Linnen, zwey Stück aus dem Pfunde, mit dem Buchstaben M.
2 linnene feine Halstücher M.B.M.
1 seidenes englisches Frauenshalstuch, mit rother Grund und gelben Streifen
1 schwarzes flohrnes Frauenstuch
4 weiße nesseltuchene Frauenstücher M.B.M.
4 weiße dito Mannshalstücher L.B.
1 weiße nesseltuchene Schürtz M.B.M.
1 cattunene violette dito
verschiedene mit Spitzen besetzte Frauenhauben
1 ordinairer Mannshuth mit einem schwarzen Flohr
1 Mannshemder L.B.
1 Bündel mit allerley Kinderzeug
So wird solches dem Publico zu dem Ende bekant gemacht, damit, fals von solchen gestolnen Sachen einem oder andern etwas zu Gesicht kommen solte, dem hiesigen Erbgericht zu ferner Inquirirung davon unverzüglich geneigte Nachricht möge ertheilet werden.
Zur Familie:
Ich denke, dass es sich um die Familie von Lühr Brummerhoop und seiner Ehefrau Metje Bringmann handelt. Beide haben 4 Jahre zuvor in Lesum geheiratet – Lühr Brummerhoop stammt ursprünglich aus Flethe – Metje Bringmann aus Farge. Für Metje ist es die zweite Ehe – sie war zuvor verheiratet mit Marten Frese, der in Aumund verstarb. Mehr dazu hier im OFB Lesum!
Vom Staatsarchiv Olsztyn wurden u.a. umfangreiche Kirchenakten der evangelischen Diözesen Rosenberg und Bartenstein digitalisiert und publiziert. Unter diesen Akten befinden sich auch Kirchenkassen-Rechnungen des Kirchspiels Canditten im Kreis Pr. Eylau aus den Jahren 1822 bis 1846. Die Kirchenbücher des Kirchspiels enden bereits im Jahr 1823 – zudem sind sie sehr lückenhaft: aus der Zeit von 1800 bis 1820 fehlen die Taufeinträge und eine ähnlich große Lücke besteht bei den Heirats– und Sterbeeinträgen. Für Familienforscher mit einem Bezug zum Kirchspiel Canditten bieten diese Kirchenkassen-Rechnungen deshalb wertvolle neue Ansätze.
Schloss Wildenhoff – Sammlung Duncker
Aufgeführt werden auch die ‚Vorzüglichen Personen‚ des Kirchspiels Canditten, da auch sie ihren Beitrag an die Kirche zu leisten haben. Zu diesem Personenkreis zählen u.a. die damaligen Pächter der Begüterung Wildenhoff sowie die Pächter der zu Wildenhoff gehörigen Vorwerke – zudem weitere höhere Bedienstete wie Wirtschafter – Oberförster – Polizeiverwalter – Müller oder Hauslehrer
Im Jahre 1822 gehören zu den ‚Vorzüglichen Personen‘: August Kiehl (Pächter von Groß Steegen) – Herr Mittmann – Frau Ober-Amtmann Schimmelpfennig von der Oye – Herr Zachau – Herr Stolzenberg und Herr Aust(e) …
1838 werden die Funktionen aller ‚Vorzüglichen Personen‚ näher bezeichnet:
H(err) Oberförster Eyff in Wildenhoff
H. Polizeiverwalter Bader in Wildenhoff
H. Pächter Neumann in Wildenhoff
H. Wirtschafter Syh in Wildenhoff
H. Wirtschafter Müller in Wildenhoff
Wirtschaftseleve Springer in Wildenhoff
H. Pächter Rogall in Amalienhoff
H. Pächter Lukatis in Gr(oß) Steegen
H. Müller Kiehl in Gr. Steegen
H. Pächter von Kortzfleisch in Gottesgnade
H. Pächter Aust in Liepnick
H. Witschaftseleve Aust in Liepnick
H. Pächter Gaehler in Gelinden
H. Pächter Schiemann in Garbnicken
H. Wirtschafter Grube in Augam
H. Hauslehrer Teller in Garbnicken
Die folgenden Auflistungen der ‚Vorzüglichen Personen‚ stammen aus den Jahren 1822 – 1826– 1827– 1836 – 1838 – 1839 – 1844 und 1846
Ergänzungen aus dem Kirchenbuch von Canditten:
4.4. 1820 – August Kiehl, Pächter von Gr. Steegen u. Johanne Bierkandt *Natalie Gertrude Ottilie – *1822 Carl Gustav Theodor + 1822 – *1823 Carl Gustav Hermann
29.11.1821 – Friedrich Glaubitz, Nagelschmied in Pr. Eylau, 24, jüngster Sohn des daselbst verstorb. Tischlermeisters Johann Glaubitz oo Catharina Elisabeth Aust, 19, jüngste T. von Friedrich Aust, Pächter in Gelinden
8.3. 1822 – Der Königl. Sec. Leutnant u. Pächter von Kl. Steegen H. Carl Albert Hartog, 25, heiratet Johanna Louise Spaeth, 24, einzige Tochter des H. Amtmanns u. Generalpächters von Wildenhoff Carl Heinrich Spaeth
1823 Johann Wilhelm Mittmann, Pächter von Gottesgnade – Ehefrau: Ernestine Lemke * 16.11. Tochter Louise Wilhelmine Maria – + 14.2. Tochter Louise Ottilie (1 Jahr alt)
Auch dieser Beitrag beschäftigt sich mit den Kirchenakten:
Bildquelle: Caspar Stein, Das alte Königsberg, eine ausführliche Beschreibung der drei Städte Königsberg samt ihren Vorstädten und Freiheiten wie sie Anno 1644 beschaffen waren – 1910 ins Deutsche übertragen von Arnold Charisius
10 Jahre – von 1626 bis 1636 – dauern die Arbeiten eines neuen Walls rund um die Stadt Königsberg. Veranlassung zu diesem Bau gab die Landung des schwedischen Königs Gustav Adolf in Pillau (1626) und dessen Annäherung an die damals vollkommen wehrlose Hauptstadt Preußens. Der Entwurf der Bewallung stammt von Johann Strauß, dem damaligen Professor der Mathematik an der Königsberger Albertina – geleitet wurde der Bau von dem Obersten Grafen Abraham von Dohna.
Wallbefestigung der Königsberger Städte Altstadt, Kneiphof und Löbenicht (1626) – Urheber: Stadtgemeinschaft Königsberg
Caspar Stein schreibt 1644: ‚Rings um die ganze Stadt, d.h. die drei eigentlichen Städte, ihre Vorstädte und die fürstlichen Freiheiten, zieht sich ein Erdwall, der anno 1626 am Bartholomäustage zu Folge einer bestimmten Anordnung des Freiherrn Abraham zu Dohna begonnen, auch einige Wiesen und Felder mit einschließt. Er hat 32 aus Erde aufgeworfene Bastionen, von denen 8 1/2 zur Altstadt, 10 zum Kneiphofe, 1 1/2 zum Löbenicht und 12 zur Schlossfreiheit gehören. Der Umfang des ganzen Walles soll 1 3/4 deutsche Meilen betragen, mit dem Festungsgraben und der Contrescape dagegen 2 deutsche Meilen und 3 Stadien, ein Stadium aber zu 130 Schritt, und die einzelnen Schritte (d.h. Doppelschritte) zu 6 Fuß gerechnet‘. (Anmerkung: Contrescape = äußere Mauer bzw. Böschung des Hauptgrabens um eine Festung)
Der barocke Befestigungsgürtel … umgab Königsberg mit allen Freiheiten in weitem Umkreis von zwei Meilen, mit 32 Rondells und Ravelins, zwei Toren südlich und sieben Toren nördlich vom Pregel. Mit Ausnahme des Gumbinnischen Tores behielten die Tore ihre Namen bis zum Ende Königsbergs. Die nur auf Zweckmäßigkeit bedachten Durchgänge wie das Steindammer Tor lagen näher bei der Stadt als der Holländerbaum und das Brandenburger Tor. Der Nasse Garten wurde vom Alten Garten abgetrennt, die Lomse befestigt. (Wikipedia)
Beim Bau der Bewallung werden zahlreiche Arbeiter unterschiedlicher Profession benötigt: Teichgräber, Fuhrleute, Zimmerleute für die Anfertigung von Pfählen – Scharmacher, Schmiede zur Herstellung und Lieferung von Spaten und Zangen und viele Tagelöhner. Auch Soldaten wirken beim Bau mit.
Sämtliche Ämter – auch die Ämter Brandenburg – Balga – Preußisch Eylau und Bartenstein, in denen zu dieser Zeit eine Reihe meiner Vorfahren leben – sind zur Mitarbeit verpflichtet. Sie entsenden entweder Arbeiter nach Königsberg oder bezahlen stattdessen ein sogenanntes ‚Grabegeld‚
Unter den von den Mormonen digitalisierten Dokumenten entdeckte ich diesen Ordner, der eine Vielzahl von Abrechnungen enthält. Alle Ein– und Ausgaben werden genauestens dokumentiert. Wenn man hierklickt, sollte man den Ordner finden!
Quodlibet Nützlicher Cammer-Cassen- und Kriegessachenwie auch anderen algemeinen nachrichtungen von etzlichen Jahren als von 1620 bieß 1640
Vor allem die Teichgräber sind gut beschäftigt! Unter ihnen werden in den Jahren 1628 und 1629 genannt: Erdmann Neumann – Jacob Sybert – Augustin Hoffmann – Jacob Feyerabend – Melchior Außlend(er) – Barthel Tannenberg – Paull Kariott – Andreas Hoffmann – Jacob Jansen – George Gerlach – Erdmann All – Nicolauß und Michel Gronwaldt – Joachim und Adam Peters – Jacob Kranigk – Baltasar Knoll – Lorenz Sprungk – Lorenz Renken – Christoff Dromenzky – Adam Straßberger – Peter Lingnau . Michell Düttken – Michel Meyer – Herman Lebedanz (Lobedanz), der zeitweise auch als Werkmeister für den verstorbenen Benedict Nagel beschäftigt wird – Urban Steffen – Peter Hohenberg – Jonas Roß – Joachim Schumann – Andreas Germahn – Michell Sarkoffsky
Am 31. März 1628 ergeht, ‚weil es die hohe Noth erfordert‘, von Königsberg aus eine Nachricht an diverse ostpreußische Ämter – diese können entscheiden, ob ihre Untertanen ’selbsten anhero .. kommen und .. graben‘ oder stattdessen Geld schicken wollen, ‚damit solliches Werck uffs schleunigste seinen fordt gang‘ nehmen kann.
Die folgende Zusammenstellung vom 3. Mai 1628 zeigt die Geldbeträge, die von den Ämtern Brandenburg, Balga, Preußisch Eylau und Bartenstein ‚welche selbsten nichts haben graben wollen‘, gezahlt wurden:
Mit Graben und Aufschütten ist es jedoch nicht getan … Zur Bewallung wird zudem viel Holz benötigt. Deshalb werden die Ämter aufgefordert, ‚Starkehten‚ (Staketen) und Pfähle zum ‚Fortifications und Defensionswerck‚ nach Königsberg zu liefern und vom 16. bis 21. Januar 1635 werden von verschiedenen Ämtern Pfähle und Staketen geliefert.
Allein am 18. Januar 1635 sollen insgesamt 433 Staketen und 43 Eichenstangen in Königsberg ankommen!
Und vom 16. bis zum 31. Januar werden aus allen Himmelsrichtungen Unmengen an Pfählen in die preußische Hauptstadt transportiert!
Ab Seite 110 (bis 133) sind in dem dicken Abrechnungs-Ordner Auflistungen der Untertanen einzelner Dörfer zu finden. Oftmals werden die Namen der Bauern und die Anzahl ihrer Pferde genannt und man erfährt, wie viele Staketen die Dorfgemeinschaft zu liefern hat. Die 7 Bauern des Dorfes Hohenfürst im Amt Balga (später im Kreis Heiligenbeil) sollen beispielweise mit ihren 13 Pferden insgesamt 15 Staketen und 1 Eichenstange nach Königsberg bringen. Ich gehe davon aus, dass auch einige meiner eigenen Vorfahren ihren Beitrag zum Bau der Königsberger Bewallung leisteten.
Auf dem höchsten Punkt des alten Königsberger Walls wird von 1811 bis 1813 die Königsberger Sternwarte errichtet. Erneuert wird die Stadtumwallung in der Zeit von 1860 bis 1911.
Die evangelischen Seelsorger im ostpreußischen Amt Balga haben während des 17. Jahrhunderts große Mühe, ihren Gemeindemitglieder den christlichen Glauben näher zu bringen und sie zu einem sittlichen und moralisches Leben zu bewegen.
Zur Einordnung: Im Jahre 1686 findet in Groß Lauth im Kirchspiel Jesau (Kreis Pr. Eylau) der Prozess gegen Anna Bergau statt, die der Hexerei und Zauberei beschuldigt und letztlich ‚ihrer grausamen begangenen Teuffeley und Zanteley halber mit dem Feuer vom Leben zum Tode comdemniret und verdammet‘ wird. Hier nachzulesen:Hexenprozess in Groß Lauth, Pr. Eylau – 1686
Der Theologe und Historiker Adolf Rogge beschreibt den Zustand damaligen kirchlichen Lebens: ‚Die Kirchengebäude waren größtentheils elend und schadhaft. Die Pfarrhäuser waren Hütten, die man heute keinem Instmann anbieten dürfte. Kein einziges, selbst das zu Zinten nicht, besaß einen Rauchfang. Die Pfarräcker waren durch und durch mit Gestrüpp bewachsen oder versumpft. Die Kirchenländereien hatten so wenig Wert, dass vier eingegangene Pfarrhufen zu Hasselberg der Kirche Hohenfürst nur 5 Mark jährlichen Zins einbrachten…
Diese elenden Pfarrstellen waren zum Theil mit äußerst gelehrten Leuten besetzt, die aus allen Gegenden Deutschlands hierher gekommen waren, als „das Evangelium mit vollen Segeln nach Preußenland fuhr“. So war Simon Scholius in Balga ein tüchtiger Schüler Luthers und Melanchtons. Marcus Schwilling, anfangs Diaconus in Zinten, später Pfarrer in Hohenfürst, von Brenz und Schnepff gebildet und zeichnete sich ebenso als Kanzelredner wie als Katechet aus. Valentin Schulz, der Pfarrer in Zinten, ein Schlesier, hatte seine Studien in Wien und Krakau gemacht und wurde als ein verständiger und fleißiger Mann gelobt.
Freilich fehlte es in jener Zeit auch nicht an schwach begabten, zum Theil unstudierten Leuten, welche nicht im Stande waren, das Evangelium mit Nachdruck zu predigen. Sehr übel beraten waren in dieser Beziehung die Kirchen zu Eichholz, Waltersdorf und Lindenau‚.
Anmerkung: Zum Kirche von Eichholz gehörten eine ganze Reihe meiner eigenen Vorfahren – u.a. die Tolkmitts.
Durch ‚wüste Zeiten aller Zucht entwöhnt‘ waren besonders ‚Üppigkeit und Unzucht eingerissen‘. … Beklagt wird vor allem unangemessene Bekleidung beim Abendmahl sowie der Zustand, dass ‚Hurerey‘ an vielen Orten, besonders in der Stadt Zinten, mittlerweile nicht mehr als Laster, sondern als Tugend angesehen würde. Die Gottesdienste wurden kaum besucht – die Kirchen blieben leer. ‚Man schob Kegel unter der Predigt‘.
Schließlich ergriff man ‚Zwangsmaßnahmen‘, um die Leute zum Besuch des Gottesdienstes zu bringen. Jedes Haus wurde unter kirchliche Aufsicht gestellt. ‘Die sog. Schulzenbänke, welche in andern Ämtern bereits eingeführt waren, wurden auch hier (im Amt Balga) eingerichtet. Es waren dies erhöhte Sitze, welche die Ortsschulzen oder sonstige vom Patron der Kirche ernannte Aufseher einnahmen’.
Fortan durfte nur jeweils eine Person aus jedem Haus dem Gottesdienst fernbleiben – wer ohne triftigen Grund fehlte, wurde dem Schulmeister gemeldet, der darüber Buch führte und Strafgelder eintreiben musste. Den 10. Teil dieser Gelder durfte er selbst behalten.
Die Maßnahmen waren erfolgreich. Rogge fährt fort: ‚Das kirchliche Leben nahm im 17. Jahrhundert einen bedeutenden Aufschwung. Die reichlich eingenommenen Tafelgelder (jetzt Klingsäckelgelder), welche die meisten Kirchenrechnungen dieser Zeit, trotz der allgemein im Land herrschenden Armuth nachweisen, deuten auf regelmäßigen Kirchenbesuch hin‘.
Auch die Amtsvertreter achten streng auf die Einhaltung der Feiertage. Die folgende Notiz im Protokollbuch des Amtes Balga bezieht sich auf das Dorf Hohenfürst, in dessen Nachbarschaft – in Lütkenfürst – zu dieser Zeit auch mein Vorfahre Michel Lange als Köllmer und Schulz des Dorfes mit seiner Familie lebt.
‚Actum den 17. April 1699. Die Pauren von Hohenfürst haben heute am Charfreitage vor der Predigt den Scharwerksacker bei hiesigem Vorwerck gepflüget. Weil denn solches wider der Kirchen und S. Cfl. Dhl (Seiner Churfürstlichen Durchlaucht) Verordnung läufft, da dieser Tag feyerlich begangen werden soll, so sind die Wirths mit Thurm-Straffe beleget worden.‘
Kirchenzucht wird in den evangelischen Kirchen zur Sitte. Der Pfarrer ist zu dieser Zeit hoch angesehen – nicht nur bei den Bauern und einfachen Dorfbewohnern, sondern auch bei den Adeligen, die Patenämter bei seinen Kindern übernehmen oder ihn selbst zu Paten wählen.
In einigen Kirchspielen zeigt sich die sittliche Veränderung deutlich – im Kirchspiel Hohenfürst werden in der Zeit von 1676 bis 1718 nur 22 uneheliche Kinder geboren. In 26 Jahrgängen kommen überhaupt keine unehelichen Geburten vor.
Und auch das Pfarrhaus wird nun ansehnlicher und wohnlicher ..
‚Besonders in der letzten Hälfte des Jahrhunderts wandeln sich Pfarrhäuser aus rauchigen Hütten in gemüthliche zuweilen comfortable Wohnstätten um. In der äußeren Einrichtung unterscheiden sich die meisten derselben wenig von den damals und zum Theil noch heute üblichen Bauernhäusern. Es wird die große und kleine Stube, sowie ein Studierstüblein für den Pfarrer unterschieden. Die große Stube für gewöhnlich der Aufenthalt für die Dienstleute, hatte einen ungeheuren Kachelofen mit der unvermeidlichen Ofenbank, an den Wänden zogen sich Holzbänke herum. Oftmals tickte in ihr eine, auf Kosten der Kirchenkasse angeschaffte Uhr. In einem Pfarrhause finden wir über dem Bett des Pfarrers eine geladene Pistole‘. (Quelle: Adolf Rogge: Das Amt Balga. Beiträge zu einer Geschichte des Heiligenbeiler Kreises. In: Neue Preußische Provinzial-Blätter)
Bei der Erwähnung der Pistole bezieht sich Rogge auf folgenden Vorfall in Hohenfürst:
Kirchenbuch Hohenfürst 1684
d 10ten Julius 1684 ein Mädgen ins 30 Jahr aetatis gegen 5 Uhr abends des Hans Riemannß eines Instmannß in Hochförst Tochter nahmes Barbara von des Henrich Engelken auch eines Instmannß Sohn nahmens Martin(,) der auch von 30 Jahren seines Alters und im damahligen Pfarr Dienste durch einen Pistolen Schuß in Abwesenheit der Herrschaft(,) so selbige über dem Bette vergessen(,) vor der Hausthüre tötlich verwundet(,) so den Tag darauff etwa umb 5 Uhr auch todes verblichen, und den donnerstag darauff begraben worden.
Im Sommer 1831 bricht in Königsberg eine Cholera-Epidemie aus, mit deren Bewältigung offenbar sowohl die Ärzte als auch der Magistrat der Stadt völlig überfordert sind. Ganze Stadtbezirke werden abgesperrt und Lazarette werden eingerichtet, um die Erkrankten isolieren zu können. Teile der Bevölkerung widersetzen sich den angeordneten Maßnahmen – es kommt zu einem Tumult, der schließlich sogar Tote fordert. Ich habe hier darüber geschrieben: Die Cholera in Königsberg und Landsberg, Pr. Eylau
Beim Ausbruch der Epidemie ist die Hilf– und Ratlosigkeit der Ärzte groß. Verzweifelt bemüht man sich, wirksame Behandlungsmethoden zu finden, die teilweise skurill anmuten. Allein in Königsberg sterben in der Zeit vom 23. Juli bis zum 30. November 2191 Personen an der Cholera; dazu kommen – vom 28. Juli bis zum 23.November – noch 254 Verstorbene aus den zum Kreis gehörenden ländlichen Ortschaften.
14 Tage nach Ausbruch der Krankheit geben einige Königsberger Ärzte gemeinsam eine ‚Cholera-Zeitung‘ heraus, um die Bewohner über sinnvolle Maßnahmen informieren und unsinnigen Behandlungsmethoden entgegenwirken zu können.
Durch genaue Analyse der Verlaufs sowie zahlreiche Untersuchungen und Befragungen gelingt es allmählich, den Ursachen des Ausbruchs und der Verbreitung auf den Grund zu gehen.
Die Unsicherheit nimmt ab und der Humor kehrt zurück – das zeigt auch dieser Artikel von Dr. Hirsch, der auf humorvolle Art den sinnlosen Einsatz eines Wachstuchmantels reflektiert, den einige Ärzte in anderen Gegenden als Schutz vor der Cholera trugen. Dr. Hirsch berichtet:
‚Der Scharlachrock, in welchem vor Zeiten die Ärzte einherwandelten, ist längst aus der Mode gekommen: an seine Stelle tritt jetzt an vielen Orten der Wachstuchmantel. Königsberg ist zwar durch die Stellung, die seine Ärzte schon frühzeitig eingenommen hatten, mit dieser Ceremonie verschont worden; da aber ängstliche Gemüther doch meinen könnten, es sei etwas zum Wohl der Stadt gehöriges versäumt worden, so wollen wir die Bedeutung jener neuen Toilette etwas genauer untersuchen.
Das Wachstuch ist bekanntlich ein vortreffliches Material zum Verpacken von allerlei Waaren, da das Regenwasser davon abläuft: ein dunkles Gefühl von Ähnlichkeit, als müßten alle Krankheitsstoffe eben so davon abgleiten, scheint es zu Masken-Anzügen in ansteckenden Krankheiten empfohlen zu haben.
Bei der Pest, die nur durch unmittelbare Berührung ansteckt, läßt sich die Sache zur Noth noch denken, da das Wachstuch eine zwar dünne, aber doch feste Scheidewand zwischen dem Kranke und dem Arzt bildet; bei der Cholera aber, wo der Kranke, wie die Contagionisten versichern, die Atmosphäre auf hunderte von Schritten inficirt, wird das Schützen viel mißlicher.
Der Arzt ist kein Poststück, das luftdicht verpackt werden kann; er soll den Kranken ansehen – die Augen muß er also frei haben; er soll seine, mit heiserer, fast tonloser Stimme ausgesprochenen Klage anhören – die Ohren dürfen folglich nicht verdeckt werden; er soll dem Leidtragende Trost, der Umgebug Verordnungen geben – dazu darf er kein Blatt, geschweige denn eine Larve vor den Mund nehmen; er ist auch selbst ein Mensch und kann es nicht lange ohne Atemholen aushalten; da nun in der Minute 15-20mal geathmet wird, und es nicht jedemanns Sache ist, einen Krankenbesuch in 3-4 Secunden (innerhalb eines Athemzugs) abzumachen, so wird er auch die Nase nicht füglich verschließen können. Die Wachstuchkappe muß also an den zartesten Theilen, an Augen, Ohren, Nase und Mund durchbrochen sein und kann die Ansteckung höchstens von Scheitel, Stirn und Backen abhalten – ein magerer Schutz!
Zu der Kappe gehört aber auch eine Kutte, und diese soll die darunter getragenen Kleider bedecken, damit ihre Oberfläche keinen Ansteckungsstoff einsauge und auf andere Personen übertrage. Abgesehen von dem gänzlich Unerwiesenen der alten Meinung, dass Wachsleinwand weniger Ansteckung aufnehme, als Tuch oder anderes Zeug, so müßte doch, um seinen Zweck zu erfüllen, der Mantel ganz luftdicht auf den Kleidern anliegen und wenn die Ärzte nicht bei Pariser Stutzern Unterricht in den Künsten einer glatten und faltenlosen Toilette nehmen wollen, so möchte der subtile Cholera-Stoff genug Ritzen finden, um zwischen Mantel und Rock durchzuschlüpfen.
Man entschuldige den Spott, der, so ernsthaft die Sache auch ist, fast gewaltsam sich aufdrängt. Untersuchen wir aber jetzt, welche Folgen es für Königsberg gehabt hat, dass kein Wachstuchmantel sichtbar geworden ist. Zuvörderst ist von den 16 (einige später eintretende mitgerechnet, 19) Districts- und 6 Hospital-Ärzte, die einen großen Theil des Tages unter Cholera-Kranken zubrachten und ohne Umstände mit ihnen eben so frei umgingen als mit irgend welchen andern Kranken, kein einziger erkrankt. Die Gegner werden sagen: „Diese 25 Ärzte haben zufällig keine Empfänglichkeit für Ansteckung gehabt, aber wer weiß, wie vielen Personen sie den Peststoff in ihren Tuchkleidern zugetragen haben?“
Dies Unglück hätte zunächst unsre Familien treffen müssen, aus deren Kreis wir so oft in ungewöhnlicher Zeit zu Cholera-Kranken gerufen wurden und dann unmittelbar zu ihnen zurückkehrten. Aber durch Gottes Gnade, der uns zu dem Schwere nicht noch das Schwerere auferlegen wollte, ist kein Mitglied unsrer Familien befallen worden. Eben so sind unsre würdigen Geistlichen, welche die Kranken vielfach besuchten und ihnen das Abendmahl reichten, sämmtlich verschont geblieben … Sonach scheint es wohl erwiesen, dass diejenigen, die mit Cholera-Kranken umgehen, wenigstens in keiner größern Gefahr sind, als alle übrigen Bewohner des Orts, der unter der Herrschaft der Cholera-Epidemie steht….
Mindestens hätten unsre Resultate nicht günstiger ausfallen können, und wenn in andern Städten keiner erkrankt, der in Wachstuch gehüllt geht, so kann man höchstens sagen, das Wachstuch sei unschädlich gewesen ….
Wenn also von diesem Fabrikat bei uns kein Gebrauch gemacht worden ist, so hat wohl, mit Ausnahme der Straßenjugend, der die vermummten Doctoren viel Spaß gemacht hätten, Niemand dabei verloren, nicht einmal der Wachtuchhändler: denn wenn die hiesigen Erfahrungen dazu beitragen, die Furcht vor giftfangenden Waaren und zugleich den Nutzen der Quarantainen und Desinfections-Anstalten wankend zu machen, so werden sie, bei wieder auflebendem Handel und Verkehr, weit mehr von ihrem Handels-Artikel zu Waaren-Emballage (=Verpackung) absetzen, als alle Preußischen Ärzte zu Mänteln gebraucht hätten.
Theophil Ernst Kriese gehört zu den zahlreichen Personen aus dem Gebiet des ehemaligen Kreises Preußisch Eylau, die sich zu unterschiedlichen Zeiten auf den Weg in andere Regionen machen – seine Spur führt ins Baltikum.
Theophil Ernst Kriese heißt eigentlich Gottlieb Ernst Kriese. Er kommt am 4. Februar des Jahres 1785 als dritter Sohn des Pfarrers und Inspektors Carl Friedrich Kriese und dessen Ehefrau Juliana Christina Peter im Pfarrhaus von Groß Peisten zur Welt und wird am 8 Februar in der dortigen Kirche auf den Namen Gottlieb Ernst getauft.
Zur Familie: Sein Vater stammt aus Elbing – seine Eltern heiraten 1781 in Groß Schwansfeld im Kreis Friedland. Der Heiratseintrag im Kirchenbuch lautet : Herr Carl Friedrich Kriese, Pfarrer in Peisten und Inspector, des Herrn Jacob Kriese, gewesenen Kaufmanns Herrn Sohn, mit seiner Jungfer Braut Juliana Christina(,) Martin Peter, Pächter der Hochadel. Beestenschen Gütern nach erhaltener Concession in dem Hofe Beesten ehelich eingesegnet.
Unter den Taufpaten des ersten Sohnes (1782) führt der Peistener Pfarrer Carl Friedrich Kriese auch einige Familienmitglieder auf: Johann Martin Peter, Generalpächter der Besthenschen Güter als Großvater – Herr Carl Christian Peter, Justizbürgermeister in Schippenbeil als Schwager – Herr George Gottlieb Kriese, Kaufmann in Elbing als Bruder. Pfarrer Kriese verstirbt 1803 in Groß Peisten – das Pfarramt in Peisten übernimmt der älteste Sohn Johann Carl Christian Kriese, der zuvor Pfarrer in Tauroggen war. Tochter Juliana Friedrica Kriese, die 1791 in Groß Peisten zur Welt kam, heiratet 1817 Carl Otto Weichert, einen Sohn von Theodor Friedrich Weichert (von 1808 bis 1816 Pfarrer in Borken, Kreis Pr. Eylau)
Die Informationen über das Leben und Wirken Theophil Ernst Krieses enthalten einige widersprüchliche Angaben – sicher ist wohl, dass er die Schulen in Bartenstein, Marienwerder und Königsberg besucht und im Alter von 15 Jahren ein Jura–Studium an der Albertina in Königsberg beginnt. Er schließt dieses Studium jedoch nicht ab, da er seine große Leidenschaft für die Erziehungswissenschaften entdeckt.
Von 1801-1805 nimmt Theophil Ernst Kriese eine Stelle als Hauslehrer in Litthauen an. Anschließend – von 1805 bis 1815 – unterricht er die Kinder der Familie von Lilienfeld, ab 1808 geschieht dies im Schloss Ermes in Lettland, das der Obristlieutenant Magnus Johann von Lilienfeld um diese Zeit käuflich erwarb.
In Ermes lernt Theophil Ernst Kriese vermutlich auch seine zukünftige Ehefrau kennen, denn 1813 findet in der dortigen Kirche seine Hochzeit mit Annette Margaretha Reinert statt.
Aus dem Kirchenbuch von Ermes: Heiratseintrag: 1813 d(en) 28ten Juni cop(uliert) der Herr Candidat Juris Ernst Theophil Kriese(,) Hauslehrer in Ermes bei den Kindern des Herren Obrist Lieutenant von Lilienfeldt, mit der Mademoiselle Annette Margarethe Reinert, in Ermes
Pernau – Fellin – Ermes – Walk – Dorpat … Stationen im Leben von Theophil Ernst Kriese
1816 gründet Theophil Ernst Kriese in Fellin – einer Hansestadt im Süden von Estland (heute Viljandi) – eine private Erziehungsanstalt für Mädchen. 1821 wird diese als Internatsschule nach Pernau verlegt, wo Theophil Ernst Kriese von 1823 bis 1826 auch Herausgeber des Pernauschen Wochenblatts ist.
Einige Inserate Krieses aus diesem Wochenblatt ...
1825 sucht Theophil Ernst Kriese Damen oder ‚Mesdemoiselles, welche den Unterricht in den weiblichen Handarbeiten … gegen nicht unbillige Bedingungen‘ für eine Zeit lang übernehmen – 1827 ruft er die Pernauer Eltern dazu auf, ihre Töchter in seine Schul- und Erziehungsanstalt zu geben.
1828 erfährt man, dass Theophil Ernst Kriese aufgrund seiner Schulden nicht mehr in der Lage ist, die Gehälter seiner Lehrerinnen auszuzahlen. Er versucht deshalb, sowohl sein ‚Fortepiano, welches von L. Lüdicke in St. Petersburg verfertigt, von starkem Ton und lange erprobtem Mechanism‘ ist als auch seine ‚Büchersammlung von 150 Bänden‘ und seine ‚Musikalien und auf Pappe gezogenen Zeichnungen‚ zu veräußern.
Offenbar wird Theophil Ernst Kriese von einigen Personen finanziell unterstützt – es scheint, als habe man verhindern können, dass er sich von seinem Klavier und seinen Büchern trennen musste, denn mit folgenden Worten bedankt sich Kriese im Pernauer Wochenblatt für die ‚viele edle Teilnahme an seinem Schicksal‘:
‚Später Dank, der vom Darbringer nicht verschuldet ist, erreiche all die guten Herzen, die einem armen Manne so großmüthig halfen, als er im Begriff war, sein ihm theuerstes Besitzthum dahin zu geben. Der über so viele edle Theilnahme an seinem Schicksal innig Gerührte, segnet im Namen seiner Kleinen mit tief geführter Erkenntlichkeit alle diejenigen, die seinem bedrängten Leben der Harmonie u. Tröstungen nicht versagen wollten, welche ihr eignes Leben in allen Beziehungen noch spät und lohnend erfreuen mögen!‘
Den Konkurs kann Theophil Ernst Kriese – der mittlerweile als Kreislehrer und Schulinspektor in Walk lebt – jedoch nicht mehr abwenden. Am Endes des Jahres 1828 wird dieser bekannt gegeben und aufgrund einer Verfügung des Pernauschen Landgerichts wird Krieses Besitz – ‚bestehend in Silber, Spigeln, Kleidungstücken, Meublen, fayencen Steinzeug, Bücher, Noten, Instrumente und dgl.‚ versteigert.
Um 1832 kehrt die Familie nach Fellin zurück.
Neben seiner Lehrtätigkeit ist Theophil Ernst Kriese auch schriftstellerisch tätig – er wird deshalb in einigen Lexika und historischen Abhandlungen erwähnt. 1824 veröffentlicht er die epische Erzählung ‚Euphilos und Maria oder der Seher Neu-Griechenlands‚. In einer Rezension, die kurz danach erscheint, ist zu lesen:
‚Der Verfasser, von Geburt ein Preuße, seit mehr als 20 Jahren Erzieher, hat eine Erziehungsanstalt für weibliche Kinder gegründet, versichert aber, dass diese Unternehmung ihn zu Grunde gerichtet habe, weil er stets mit Standesvorurtheilen und falschen Ansichten Solcher zu kämpfen hatte, welche alle weibliche Erziehung in äußeres Prunken und in eine sogenannte gute tournure oder auch in eine frömmelnde Erziehungsweise setzen und dass dieser Kampf ihm drückende Nahrungssorgen bereitet und zu diesem poetischen Versuche genöthigt habe‚ (Allgemeines Repertorium der neuesten in- und ausländischen Literatur für 1825; Leipzig 1825)
Quelle:Felliner Litterarische Gesellschaft: Jahresbericht der Felliner Litterarischen Gesellschaft. 1888 (1889)
Quelle: Holst, C.: Die Entwickelung der Stadt Fellin und ihrer Verfaßung; Dorpat 1864
Zur Familie von Theophil Ernst Kriese:
Von 1814 bis 1833 werden dem Ehepaar Kriese an verschiedenen Orten (in Ermes – Pernau – Walk und Fellin) mindestens 10 Kinder geboren und alle erhalten außergewöhnliche – teilweise der Mythologie entlehnte – Namen.
1814 Taufe in Ermes von Woldemar Julius Thorismund Kriese – er stirbt am 23. August 1817 in Fellin im Alter von 1 Jahr u. 7 Monaten. Als Todesursache gibt der Pfarrer an: er ‚fiel in kochend Wasser‘
1816 – Taufe in Ermes von Adalland Ottomar Allorico Kriese
Es folgen:
Selmar Reinhold Kriese *20.5.1817 in Fellin – er stirbt 1856 in Enge, Ksp. Pernau am Schlagfluss. Er wird 39 Jahre alt und ist nicht verheiratet.
Ida Selma Egeria Concordia Kriese *1819 in Fellin
Ottomar Hercules Freimuth Kriese *1820 in Fellin
Thusnelde Kriese *um 1829 vermutlich in Pernau – sie stirbt am 27 Feb 1856 in Helmet.
Emma Elisa Selma Maria Kriese *1828 in Walk
Siegmar Karl Theophil Hugo Kriese *1830 in Walk
Henriette Helene Rosalinde Kriese *1832 in Fellin
Adelmar Carl Wendelin Kriese *1833 in Fellin
Am 20. September 1834 verstirbt Krieses Ehefrau in Fellin an Auszehrung. Die arme Frau wird nur 39 Jahre alt und war fast ihr Leben lang schwanger. Die jüngsten Kinder sind zum Zeitpunkt ihres Todes 1 und 2 Jahre alt.
Frau Schulinspectorin Anna Margaretha geb. Reinert
Theophil Ernst Kriese arbeitet nach dem Tod seiner Ehefrau weiterhin in Fellin. Am 31, Januar 1845 wird er ‚wegen zerütteter Gesundheit mit einer Pension von 2/3 seiner Gage aus dem Dienste entlassen‘ . 3 1/2 Jahre später – im September 1848 – verstirbt Theophil (Gottlieb) Ernst Kriese in Dorpat an der Cholera. In seinem Sterbeeintrag wird als Geburtsort fälschlicherweise ‚Elbing‘ angegeben.
Über zwei Kriese-Kinder konnte ich noch Folgendes herausfinden: Henriette Helene Rosalinde Kriese – die jüngste Tochter – heiratet am 22. Juli 1859 in Dorpat in eine bekannte baltische Künstlerfamilie ein.I hr Ehemann wird der Landschafts- und Marinemaler Georg Alexander Schlater (1834-1879), ein Sohn des in Riga tätigen Zeichenlehrers, Malers und LithografenGeorg Friedrich Schlater, der aus Tilsit stammt.
Georg Friedrich Schlater – Der Promenadenplatz in Dorpat um 1830 (Wikipedia)
Und dann entdeckte ich im ‚Album Academicum‚ von Dorpat noch ‚Wisimar Ernst Allorico Kriese‚, der an der Universität von Dorpat Medizin studiert und Marinearzt in Kronstadt wird. Man kann wohl davon ausgehen, dass es sich dabei um den ältesten Sohn Theophil Ernst Krieses handelt, der 1816 in Ermes auf den Namen Adalland Ottomar Allorico Kriese getauft wurde.
Kriege wurden zu allen Zeiten geführt – heute anders als in früherer Zeit, aber immer waren und sind sie verbunden mit Angst, Schrecken und sehr viel Elend. Mit dem Thema ‚Militär‚ habe ich mich bisher kaum befasst und ich will auch nicht zu tief in diese Thematik eintauchen … Doch im Leben meiner Vorfahren – ganz egal, ob sie in Ostpreußen, Bremen, in Sachsen, Hessen oder anderswo ansässig waren – spielte der Militärdienst eine große Rolle.
Im ehemaligen Ostpreußen ließen sich schon die Ordensleute bei der Landvergabe unterzeichnen, dass die Landbesitzer im Kriegsfalle mit ‚Hengst und Harnisch‚ dem Orden zu dienen verpflichtet sind – wie 1491 bei Peter Tolkmitt, der 12 Huben in Kildehnen im Kirchspiel Eichholz, Kreis Heiligenbeil erhielt. Dies ist ein Ausschnitt aus seiner Verleihungsurkunde:
Wir Bruder Jeronimus von Gebbbensattel. Oberster Trappier, komthur zur Balge und Vogt auf Natangen, des Ordens der Brüder des Hospitals Sankte Marie des deutschen Hauses von Hierusalem, Thun kundt und offenbahr Allen und itzlichen, die diesen Brieff sehen, hören oder lesen, daß wir mit wissen, Rath und willen, des gar Ehrwürdigen Herren, Herrn Johann von Tieffen, Hoemeisters deutschs Ordens vnd mit wissen und willen vnsers Ordens Edelsten Brudern zur Balge, Vorschreiben leysen und geben in Krafft vund macht dieses Briffes, dem Wohlduchtigen unsern lieben getrewen Peter Dolkemitten, seinen rechten Erben und nachkommlingen zwelf Huben zu Kyldenyn an Acker, wiesen, weiden, walden, Puschen, Bruchern und Streuchern im gebit Balge vund Zintschen Kammerampt beim Eichholz gelegen, binnen solchen Reinen vnd grenitzen, also die von alters somirt beweyset, Frei Erblich und Ewiglich zu Cölmischen Rechten zu besitzen. Vmb welcher vunser begnadigung willen soll Peter Dolkemitte, seine rechte Erben und nachkommlinge, vns vund vnserem Orden verpflicht sein zu thun einen redlichen vnd duchtigen Dienst mit Hengst vnd Harnisch nach dieses Landes gewohnheit, zu allen geschreyen heerfahrten, Landeswehren vnd Reysen….
‚Die Anfänge der preußischen Armee als stehendes Heer liegen in der Regierungszeit des brandenburgischen Kurfürsten Friedrich Wilhelm, dem Großen Kurfürsten (1640 bis 1688). In einer Sitzung des Geheimen Rates am 5. Juni 1644 wurde die Aufstellung einer stehenden Armee beschlossen. Vorher hatte Brandenburg im Kriegsfall ein bezahltes Söldnerheer aufgestellt, das nach Kriegsende wieder aufgelöst wurde. Dieses Verfahren, so zeigte der Verlauf des Dreißigjährigen Krieges, war nicht mehr zeitgemäß‘. (Wikipedia)
Aus dem Internetprojekt www.preussen-chronik.de: Den Ausgang des Mittelalters kennzeichnet in militärischer Hinsicht das Zurücktreten des Rittertums zugunsten des in Formation und zu Fuß kämpfenden Landsknechtes. Damit verbunden ist die Entwicklung großer kompakter Truppenkörper, die den Attacken der ritterlichen, gepanzerten Reiterei standhalten können und diesen überlegen sind. Nicht mehr der Einzelkämpfer dominiert das Schlachtfeld, sondern ein unpersönliches Kollektiv von Kämpfern, die in einer Schlachtaufstellung zusammengefaßt sind. Ihre Effektivität lag in der Zusammenfassung ihrer Waffen zu einem Körper. Je gleichmäßiger die Bewegungen dieser Truppenkörper abliefen und je mehr sich das Individuum sich dem System anpaßte, desto schlagkräftiger waren sie. Mit dem Übergang der Söldnerheere in die Hand der Fürsten ging eine Vereinheitlichung der Truppen, Uniformen und der Ausbildung einher. Die neue Form der Gefechtstaktik erforderte immer größere Truppenmassen und ein hohes Maß an Übung und Ausbildung der Soldaten. Neue Waffen, Artillerie und Handfeuerwaffen, erforderten einen erheblichen Aufwand an Geld. Sinnvoll einzusetzen war dieser Aufwand nur von bereits vorhandenen, also „stehenden“ Truppen, die in einem Krieg nicht erst neu angeworben und ausgebildet werden mußten. Während einer Übergangszeit bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges, erwies sich die Unzuverlässigkeit des privaten Kriegsunternehmertums in Form der Söldnerheere, die je nach Bezahlung die Lager wechselten und nach Beendigung des Krieges zur plündernden und mordenden Landplage wurden. Der Ausweg war das stehende Heer, das, von mittelalterlichen Vorläufern abgesehen, zuerst im wirtschaftlich potenten Frankreich und Spanien Anfang des 17. Jahrhunderts, aufgestellt wurde. Die Bindung an nur einen Herren und die einheitliche Ausbildung machten diese Heere zu einem sehr effektiven Instrument, so daß bis in die Gegenwart hinein fast jeder Staat der Erde über ein stehendes Heer verfügt.
Chronologie der Kriegsereignisse im 17. Jahrhundert, an denen die Armee des Großen Kurfürstenbeteiligt war:
1656-1657 Schwedisch-Polnischer Krieg
1658-1660 Schwedischer Krieg
1663-1664 Krieg gegen die Türken
1670-1673 Krieg gegeen Frankreich
1672-1674 Polnisch-Türkischer Krieg
1674-1679 Französisch-Niederländischer Krieg
1683-1684-1686 Krieg gegen die Türken
Porträt des Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Adriaen Hanneman 1647
Das Gebiet des späteren Kreises Pr. Eylau liegt seit der Regierungszeit des HerzogsAlbrecht von Brandenburg-Ansbach (1490-1568) im Kreis Natangen – in den Hauptämtern Brandenburg, Balga, Pr.Eylau und Bartenstein. In regelmäßigen Abständen werden die dort lebenden Wehrpflichtigen zur Musterung in die für sie zuständigen Ämter zitiert und überpfüft. Dabei führt jedes Amt eigene Musterrollen, in denen die Ergebnisse der Prüfung notiert werden.
Der zu leistende Kriegsdienst ist je nach Rang unterschiedlich – für Adelige; Köllmer und Freie oder Wibranzen (Landmilizen) werden gesonderte Musterrollen angefertigt.
Eingetragen wird: der Name des Reiters sowie die Qualität von Pferd – Sattel- Carabiner – Pistole – Degen – Koller – Stiefel und Mantel
Ausschlaggebend für die Anzahl der Soldaten, die Landbesitzer dem Militär zur Verfügung stellen müssen, sind Größe und Qualität ihres Besitzes. In den Beilagen der Musterrollen findet man deshalb oftmals Berichte über die in den einzelnen Ämtern erfolgten Besitzveränderungen. Hat beipielsweise ein adeliger Gutsbesitzer seit der vorherigen Musterung zusätzliche Ländereien erworben, ist er verpflichtet, mehr Soldaten zu senden als zuvor.
Nachfolgend ein Ausschnitt aus der Musterolle des Amts Preußisch Eylau aus dem Jahr 1667: Der Graf von Schwerin auf Wildenhoff soll insgesamt 6 Reiterdienste stellen. Er meldet den damaligen Schulzen aus Canditten namens Israel Blandau – für Halbendorf Jacob Gerund – für Augam Abraham Kerschnick und für Sangnitten (hier Sandnicken geschrieben) George Hartwich zum Kriegsdienst. Der Graf ist eigentlich verpflichtet, auch für den Besitz von Wildenhoff und von Groß Steegen jeweils einen Soldaten zu senden, diese wurden jedoch ‚nicht gestellet‚. Bei der Musterung wird die Qualität der Pferde geprüft sowie die der Carabiner – Pistolen – Degen – Koller – Stiefel und Mäntel. In diesem Fall wird alles für ‚gut‚ befunden.
Wenn man Glück hat, findet man in den Musterrollen auch die Namen eigener Ahnen – in der folgenden Liste der ‚Ritterdienste von Freyen und Cölmern‚ des Amtes Balga aus dem Jahr 1669 werden zwei meiner Vorfahren genannt: Hans Tolkmitt aus Gehdau und Jacob Söcknick (hier ‚Zicknick‘ geschrieben) aus Kumgarben. Hans Tolkmitt hat gemeinsam mit den 4 anderen Gehdauer Kölmern – Friedrich Schultz, Friedrich Radau, Peter Schwarck und Christoph Tolcksdorff – insgesamt einen Dienst zu leisten. Gemeinsam senden sie George Radau zur Musterung. Auch hier wird die gesamte Ausstattung kontrolliert und bewertet. Bei Jacob Söcknick wird ein schlechter Degen festgestellt.
Roulle
des
Ambts Balga
Über Ritterdienste, Pferde vors Geschütz und Wybrantzen, wie dieselbe uf Sr. Churfl. Durchl(aucht) gndsten (gnädigsten) Befehl, den 25. Juny ao 1669 sich eingestellet und befunden worden.
Und dann sind da die Wibranzen – in anderen Gegenden Landmilizen genannt – aus der großen Gruppe der restlichen männlichen Bevölkerung (Bauern, Instleute …), die im Falle einer Mobilisierung anzutreten haben: ‚In keinem Theile des brandenburgischen Staates war die Land- oder Lehnsmiliz so ausgebildet wie und so wohl organisirt, als im Herzogthum Preußen‘ (Quelle: George Adalbert von Mülverstädt, Die Brandenburgische Kriegsmacht unter dem Großen Kurfürsten; Magdeburg 1888)
Auch bei Erfassung der Wibranzen wird der Name notiert und es wird die Ausrüstung: Liberey u. Rock (Ober- u. Unterbekleidung) – Mußquete – Degen und Pandelier (Bandelier) begutachtet.
Das Bandelier – auch Bandolier oder Bandalier; französisch bandoulière oder spanisch bandolera „Bändchen“- ist ein über die Schulter gelegter, schräg über den Oberkörper getragener breiter Lederriemen, an dem militärische Ausrüstungsgegenstände befestigt waren, die sich aufgrund ihres Gewichtes schlecht am Gürtel oder Leibgurt tragen ließen (Wikipedia)
Viele dieser einfachen Soldaten sind arm und kaum in der Lage, ihren täglichen Lebensunterhalt für sich und ihre Familie zu bestreiten. Es ist ihnen unmöglich, die für den Kriegsfall notwendige Ausrüstung anzuschaffen. Und so erscheinen viele von ihnen bei der Musterung ohne Degen– ohne Liberey oder ohne Hose….
Aus dem Protokoll der Musterung einer Kompagnie im Mai 1660 – Christoph Hillebrandt, Merten Pusch und Michel Madern kommen ohne Degen und ohne Hose
Unter insgesamt 130 ‚Gefreiten und Gemeinen‘ befinden sich 15 mit Rock und Hosen – 21 mit Rock und ohne Hosen und 46 mit Hosen und ohne Rock
In einem Begleitschreiben der Musterrolle des Amts Brandenburg berichtet der damalige Amtshauptmann Georg Abel von Tettau 1669: es sollten von den ‚Ambts wybranzen‘ 60 Mann in guter Ausrüstung ‚in steter Bereittschafft gehalten werden‘, damit Sie sich ‚an ohrt und stelle, wohin Sie beordert werden möchten ohne mangell und tadell jedesmahl gestellen mögen‘ aber …: ‚Indem die Knechte wie sie gehöret, daß sich die Wibranzen zur Musterung ins Ambt gestellen sollen, auß den Dörfern verlauffen, (so) daß auch die armen Leuthe wenig Knechte in der Arbeit behalten, in sehr geringer Anzahl erschienen, wie es die Musterungs Roulle … besaget, und bitten die armen Unterthanen flehentlich, daß Sie mit Ausrüßtung sothaner Wibranzen bey gegenwärtigem Ihrem armen Zustand vor dieses mahl noch verschonet bleiben möchten …‘.
Auch im benachbarten Amt Balga ist es schwierig. Elias von Kanitz – zuständig für dieses Amt – berichtet 1669 nach der Musterung: insgesamt seien 93 Ritterdienste erfasst worden – 5 Pferde fürs Geschütz und 57 Wibranzen. Denjenigen, die keine ordentlichen Pferde oder eine mangelhafte Ausrüstung gehabt hätten, sei befohlen worden, ‚balden alles sich volständig anzuschaffen‘. Bei den Wibranzen gibt es auch in diesem Amt Probleme. Elias von Kanitz gibt an: ‚Die Wybrantzen seindt meistentheils Kerl von 18 bis 20 Jahr, weilen die alten Knecht mehrentlich auf Erbe genommen, wegen der wüsten, unbesetzten Huben, so noch frey Jahre haben und verarmten Pauren, gehen etliche ab … Das Gewehr derselben ist bei der licentirung abgenommen und ins Zeughauß gebracht worden. Ist ihnen zwar ernstlich anbefohlen, Ober- und Untergewehr zu schaffen, die Pauren aber schüzzen die große armuth und unvermögenheit vor‘.
Doch auch dies ist möglich: der SchmiedMichael (Michell) Liedtke aus Stettinen im Kirchspiel Eichhorn, der dort 6 Hufen besitzt, leistet 1669 gar keinen Dienst – stattdessen gibt er 21 Rthl in die Churfürstliche Kriegs-Cammer!
Das Internetangebot www.preussenchronik.de ist als Begleitangebot zur sechsteiligen Fernsehdokumentation entstanden, die 2000/2001 im Ersten Programm der ARD, im ORB-Fernsehen, im WDR-Fernsehen, auf B1 (SFB) und Phoenix gezeigt wurde.