Henriette Laudien (1826-1902)

Ein gebrochener Fuß und ein gebrochenes Bein hindern mich momentan an vielen Tätigkeiten, aber sie führen dazu, dass ich viele meiner – schon lange im Entwurf vorhandenen – Genealogie-Tagebuch-Beiträge vervollständige …. wie diesen über Helene Laudien!

Mit der ostpreußischen Familie Laudien habe ich mich bereits häufiger beschäftigt – die Familien Laudien und Ankermann heiraten mehrfach untereinander und es besteht ein verwandtschaftliches Verhältnis zu meinen Ankermann-Vorfahren.

Sowohl unter den Mitgliedern der Familie Laudien als auch unter denen der Familie Ankermann tauchen immer wieder Personen auf, die besonders kreativ und künstlerisch tätig waren – als Maler(innen), Musiker oder als Dichter(innen). Zu diesen gehört auch Johanne Friederike Sophie Henriette Preuss-Laudien.

In der Encyklopädie ‚Das geistige Berlin‚ entdeckte ich einen Beitrag, in dem sie selbst – im Alter von fast 72 Jahren – aus ihrem Leben berichtet:

Preuss (-Laudien), Henriette, Schriftstellerin, geboren am 19. Januar 1826 zu Königsberg i. Pr(eußen).

Ich stehe in meinem 72. Lebensjahre. Mein Vater Heinrich Laudien war Baurath in Elbing. Meine Geburt kostete meiner zarten Mutter (Adelheid Bredow) fast das Leben und mehrere Wochen danach starb mein Vater nach ganz kurzem Krankenlager am Nervenfieber. Ich wurde an seinem Sarge getauft.

Bald danach zog meine Mutter nach Königsberg, wo ihre an einen Offizier verheirathete einzige Schwester und ihre Mutter lebten. Wenige Jahre später zog sie nach Pillau, wo ein Bruder meines Vaters Rektor der höhern Bürgerschule und Prediger war, aber schon nach kurzer Zeit als Archidiakonus nach Königsberg berufen wurde.

Dieser Bruder ihres Vater ist Theodor Laudien (1801-1859) ab 1836 Archidiakon an der Altstädtischen Kirche in Königsberg. Zu seinen Söhnen gehört u.a. auch Heinrich Julius Laudien (1829-1893) ab 1868 Musikdirektor in Königsberg u. Kapellmeister, verheiratet mit Johanna Mathilde Bertha Ankermann.

Meine Großmutter (mütterlicherseits) zog auch nach Pillau mit mir, und dieser geistvollen, hochgebildeten, feinen Frau, Kurländerin von Geburt, Sophie v. Glandorff, an den Sohn einer französischen Emigrantenfamilie, v. Bredow, verheirathet danke ich meines innern Lebens Gehalt und das reinste Glück meiner Kindheit. Von ihr selbst und einem Kandidaten der Theologie bis zum neunten Jahre unterrichtet, besuchte ich dann die, damals unter Direktor Merguet stehende höhere Töchterschule, machte, sehr jung noch, mein Lehrerinnenexamen, unterrichtete in Familien, verschiedenen Privatschulen und auch privatim in Musik, Sprach- und wissenschaftlichen Lehrgegenständen, nachdem ich in Halle noch 11 Jahre Unterricht genommen, wieder in Pillau, heirathete den Lehrer Preuss, der bald danach nach einer kleinen westpreußischen Stadt als Leiter der dortigen Stadtschule gewählt und nach einigen Jahren nach Straßburg an das dort neu gegründete Gymnasium berufen wurde und später in Breslau starb, worauf ich als Wittwe hierher (nach Berlin) zog, wo ich nach dem Zusammenbruch all meines einstigen Glücks lebe.

Der Ehemann Reinhold Theodor Preuss wird am 2.12.1830 in Germau, Kr. Fischhausen geboren. Seine Eltern sind: August Reinhold Immanuel Preuss, Kantor u. Kirchschullehrer in Germau, Fischhausen u. Juliana Amalie Umlauff. Er besucht das Lehrer-Seminar in Preußisch-Eylau und wird zunächst Lehrer an der Stadtschule in Pillau (1857-62). Dort findet 1860 auch die Eheschließung mit Henriette Laudien statt. Anschließende Tätigkeit: Evang. Stadtschule in Gollub/Westpr. (1862-73); Schließlich wird er Vorschullehrer am Gymnasium in Straßburg. 1888 verstirbt er in Breslau. 1887 lebt das Ehepaar dort noch in der Adalbertstr. Nr. 29.

Anlass dazu gab mir Ministerial-Direktor Greiff, der mir eine Stiftsstelle in Aussicht stellte, für die ich, bei der Gründung einst, durch mein bescheidenes Talent erfolgreich gewirkt. Ich war ein glückseliges, wenn auch einsames Kind, eine pflichttreue Lehrerin, eine überaus zärtlich geliebte Gattin, wurde als sogenannte ,,Dichterin“ über Verdienst umschmeichelt und bin nun eine glücksberaubte, einsame, von der Welt vergessene, kranke Frau.

Mein bescheidenes Talent, das Einzige, was mir treu geblieben – Leben und Tod haben all‘ mein Glück geraubt! – habe ich in frühern Zeiten stets zu wohlthätigen Zwecken hingegeben und Vielen damit Freude gemacht und Hülfe gebracht, und das ist noch jetzt in der ernsten Einsamkeit meine beglückendste Erinnerung!

Es muss mir wohl angeboren sein, denn schon in frühester Kinderzeit, im kaum vierten Lebensjahre, habe ich nach mir gestellten Themen in Reimen sprechen können. Wenn dann ich kleiner Knirps dafür geliebkost und beschmeichelt wurde, sagte meine Großmutter stets: ,,das thut sie Adelheid (meiner Mutter) nur zu Liebe, die noch so kindisch ist, sich daran zu amüsiren. Reimen kann jeder Mensch, das hat nichts auf sich!“ und das habe ich bis zu meinem 12. Jahre auch fest geglaubt! Ja, Eitelkeit und Selbstsucht wurden mir gründlich ausgetrieben!

Aber ich war doch wohl ein eigenthümliches Kind, denn ich hörte meine Mutter so oft sagen: ,,sie ist ein Unikum„, was ich mir stets mit ,,Ungeheuer“ übersetzte und heimlich bittere Thränen darüber weinte!

Henriette berichtet weiter: ‚Phantastische Märchen und Verse, das schreibe ich mit Vorliebe noch jetzt! Veröffentlicht wurden sie zuerst auf Anlass von Julius Hammer, Gutzkow und Auerbach, die in Dresden im Hause eines Bekannten meiner Mutter damals verkehrten und von den ihnen vorgelesenen Sachen geäussert hatten: ,,sie verrathen Geist, Gemüth und Talent“. — Julius Hammer setzte sofort das Schema eines Briefes an etwaige Verleger für mich auf, Fr. v. Schober fügte verschiedene Adressen hinzu und so kam es, dass meine erste Märchensammlung gedruckt wurde. Sie hat vier Auflagen erlebt‘.

Schriften: ,,Märchenbilder“, 1859. ,,Neue Märchen“, 1860. ,,Das Märchen von Sylt“, 1877. ,,Fata Morgana“ (Epos), 1877. ,,Im Sturm des Lebens“ (Novelle), 1878. ,,Immergrün“ (Märchen-Poesien), 1879. ,,Der Patriot in der Schulstube“ (Gedichte), 1880. ,,Heidelbeeren“ (Gedichte), 1881). ,,Deutsche Polterabende“, II, 1884. ,,Schnitzel und Späne“ (kleine Novellen), 1884. ,,Kindermund“ (Glückwünsche), 1884. ,,Drewenzblüten“ (Ge dichte), 1885. „“ Weihnachts- und Neujahrslieder“, 1885. ,,Boten Gottes“ (Ep. Dichtung), 1887. ,,Bettelgang“ (Ep. Gedicht), 1888. ,,Luciola“ (Ep. Dichtung), 1891. ,,Er naht!“ (Gedicht), 1893. ,,Polterabend- u. Hochzeitsgedichte“, III, 1894. „Räthselbüchlein für Dämmerstunden“, 1894. „Tonwellen“ (gesammelte Gedichte), 1895. ,,Frühlingsreigen“ 1897.

Wohnung: Charlottenburg, Wilhelmstift.

Soweit Henriette Laudiens Text aus der o. g. Encyklopädie …


Ergänzungen zur Familie:

Henriette Laudiens Mutter Adelheid ist eine Tochter des Kaufmanns Friedrich Gabriel Bredow und dessen Ehefrau Sophie Amalie Glandorff, die am 24.8.1770 in Mitau zur Welt kommt. Dort findet 1791 auch ihre Eheschließung statt. Das ‚von‘, das Henriette Laudien den Familiennamen ‚Bredow‚ und ‚Glandorff‚ hinzugefügt hat, taucht weder im Namen der Mutter noch in dem des Vaters auf.

Heirtaeintrag im KB Mitau 1791 – d. 12. August – H. Friedrich Bredow Negt (Negotiant) aus Königsberg mit Jgfr Amalia Sophia Glandorff, des hies(igen) Kaufhändlers Glandorff ehel(iche) T(ochter)

Die ersten Kinder des Ehepaars werden 1792 und 1793 in Königsberg geboren, wo die Familie in der Lang Gasse Nr. 23 wohnt. Später zieht die Familie in die Nähe von Danzig – 1804 wird Friedrich Bredow als ‚Kaufmann u. Großbürger in Danzig‚ bezeichnet – Sohn Carl Rudolph Bredow kommt 1804 in Guteherberge im Kirchspiel Ohra zur Welt (Zusatz beim Taufeintrag im Kirchenbuch: ‚die Mutter gebahr dieses Kind bey ihrem Aufenthalt in ihrem Garten in Gute Herberge‘ ) – Sohn Louis Adolf Bredow 1808 in Silberhammer. Er wird in der Kirche von Gischkau getauft.

Anmerkung zu Silberhammer: Im Sommer der Jahre 1822 u. 1824 arbeitet Joseph Freiherr von Eichendorff im dortigen Gutshaus – damals im Besitz des Grafen Friedrich von Dohna, der befreundet war mit dem Oberpräsidenten Heinrich Theodor von Schön – u.a. an seiner Novelle ‚Aus dem Leben eines Taugenichts‚.

KB Mitau 1767 – Heiratseintrag der Urgroßeltern – d. 8. May H. Daniel Glandorff, mit Frau Catharina Amalia Johanning, seel. (Ferdinand?) Beverts Wittwe

Am 30.1.1881 verstirbt Henriettes Mutter Adelheid Laudien, geb. Bredow, im Alter von 77 Jahren u. 9 Monaten – Sterbeeintrag aus dem KB von Straßburg, Westpreußen

Henriette Laudien selbst wohnt um 1900 in Charlottenburg. Am 23. Juli 1902 verstirbt sie dort. Eintrag aus dem Berliner Adressbuch des Jahres 1900:

Die folgenden Zeichnungen stammen aus Henriette Laudiens Buch ‚Neue Märchen‘, das 1860 erstmals erschien. 1863 erfolgte eine 2. Auflage.

Weitere Informationen zu Familie Laudien:

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