Durch meine Beschäftigung mit den ostpreußischen Ankermann-Familien bekam ich schon vor mehreren Jahren Kontakt zu Iris Maria Gonzalez, geb. Laudien. Die Familien Laudien und Ankermann sind mehrfach miteinander verwandt.
Prof. Dr. Karl Ernst Laudien ist der Großvater von Iris Maria Gonzalez, geb. Laudien. Von ihr stammen die Informationen über das spannende Leben ihres ostpreußischen Großvaters, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts seine Heimat verlässt und nach Chile auswandert.
Karl Laudien wird am 25. Januar 1875 als Sohn des Kaufmanns Gustav Carl Richard Laudien und seiner Ehefrau Marie Dorothea Amalie Feydt in Königsberg geboren. Seine Großeltern väterlicherseits sind der Regierungsrat Carl Laudien und Agatha Freudenreich Gefallegott Landmann (beide Pastorenkinder). Auch sein Urgroßvater Gottfried Laudien ist Pastor.
Karl Laudien besucht das Altstädtische Gymnasium in Königsberg, studiert Maschinenbau in Charlottenburg, arbeitet zunächst als Ingenieur und tritt 1903 als Lehrer in den preußischen Staatsdienst ein. ‚Nebenbei‘ verfasst er eine Reihe von Aufsätzen und einige Fachbücher. Am 26. Mai 1871 heiratet Karl Laudien Frieda Caecilia Chatiner, die aus Bukarest stammt. Als er sich zur Auswanderung nach Chile entschließt, ist er bereits 54 Jahre alt, hat drei Kinder und ist Rektor der Technischen Hochschule in Stettin.
Hintergrund der Auswanderung: Federico Santa Maria, ein reicher chilenischer Geschäftsmann, der in Paris lebt, hat in seinem Testament verfügt, dass sein Vermögen für die Gründung einer Ausbildungsstätte für Handwerker und den Bau einer technischen Hochschule in seiner Geburtsstadt Valparaiso verwendet werden soll. In den ersten 10 Jahren sollen sämtliche Professoren und Ausbilder keine Chilenen, sondern Ausländer sein. Aus diesem Grund reist sein Testamentsvollstrecker Agustin Edwards nach Deutschland. Er nimmt Kontakt auf zur Regierung und trägt sein Anliegen vor.
Als einer der für Valpariaso geeigneten Professoren wird ihm für das Amt des Rektors Professor Dr. Karl Laudien empfohlen. Karl Laudien sieht die Möglichkeit, eine Hochschule von Beginn an mitzugestalten und zu leiten als große Chance und Herausforderung an. 1928 unterschreibt er einen 10-Jahres-Vertrag.
Karl Laudien erhält die Möglichkeit, mitzubestimmen, welche Gebäude benötigt werden und in welcher Reihenfolge diese errichtet werden sollen. Im Mai 1929 reist er erstmals zu Beratungen und Absprachen nach Chile. Zum ersten Mal sieht er den Platz, auf dem die Hochschule gebaut werden soll – ein völlig freies Gelände mit beeindruckendem Blick auf den Pazifik.
1929 – bevor die Hochschule an dieser Stelle gebaut wird
Karl Laudien kehrt noch einmal nach Deutschland zurück, um die nötige Ausrüstung zu besorgen und seine Professur in Stettin zu beenden. Im Mai 1931 zieht er endgültig nach Chile – zunächst ohne seine Familie. Schon die Reise dorthin muss mühsam und beschwerlich gewesen sein. In Chile ist Winter und – um nach Valparaiso zu gelangen – müssen die Anden überquert werden. Dies war damals noch mit Hilfe der Transandenbahn möglich, deren Betrieb mittlerweile eingestellt wurde.
1930 – die Mauern werden errichtet
Ankunft der Materialien – Montagehalle (während der Bauphase)
Die Ausbildungsstätte für Handwerker wird bereits eröffnet bevor alle anderen Gebäude fertig sind – sobald dies geschehen ist, folgt der Bau der Universität.
Aufgenommen während der Bauphase 1934 – es fehlt noch das Hauptgebäude in der Mitte
Die Einrichtungen der Schulen werden nach europäischem Vorbild konzipiert und in der Schule unterrichtet man überwiegend nach deutschen Standards. Wichtig ist zum Beispiel Pünklichkeit. Alle Uhren der Schule sind miteinander ‚vernetzt‘ und werden von einer zentralen Uhr gesteuert. Studenten, die zu spät kommen, werden (zumindest von einigen Lehrern) nicht mehr hereingelassen. Schüler und Studenten, die nicht in der Lage sind, ihre Ausbildung selbst zu finanzieren, erhalten – entsprechend der Verfügung des Gründers Federico Santa Maria – freie Unterkunft und Verpflegung und zahlen keinerlei Gebühren.
Karl Laudiens Ehefrau und Tochter Brigitte (geb. 1916) wandern im April 1931 nach Chile aus. Sie sind die einzigen Passagiere an Bord der ‚Carl Legien‚, einem Fracht- und Passagierdampfer, der 1922 in Wilhelmshaven vom Stapel gelaufen war. Am 11. April verlässt das Schiff den Bremer Freihafen. Frieda Laudien, geb. Chatiner muss bei ihrer Auswanderung fast den gesamten Hausstand mit nach Chile genommen haben – auch ihren ‚Blüthner Flügel‘. Iris Gonzalez erinnert sich an viele europäische Möbel im Haus der Großeltern, an schönes Porzellan, Kristall, Silber, an Gemälde (vor allem von Helene Laudien, Karl Laudiens Schwester, einer Malerin) und an die große Bibliothek mit deutschen Klassikern. Und sie erinnert sich an die Federbetten, die auch sie selbst nachts noch wärmten!
Auf dem Universitätsgelände – direkt auf der Klippe mit Blick auf den Pazifik – wurde auch ein Wohnhaus für den Rektor und seine Familie gebaut. Dort leben Karl Laudien, seine Ehefrau Frieda und Tochter Brigitte bis ein neuer Rektor ernannt wird und Karl Laudien eine Professur erhält.
in den 1930er Jahren – Karl und Frieda Laudien auf dem Weg, der direkt vom Rektorenhaus am Pazifik entlang führt
Die beiden Söhne Karl Laudiens, Paul Richard Laudien (geb. 1910) und Heinz Ernst Laudien (geb. 1911) bleiben zunächst in Europa, um ihre Studien an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH Zürich) zu beenden. Nach Abschluss ihres Studiums (Paul wird 1937 Architekt, Heinz einige Jahre später Ingenieur) kommen auch sie nach Chile. Pauls Schweizer Verlobte Marianne (Anna Alice Armida) Hardmeyer, folgt ihm 1938 und am Tag nach ihrer Ankunft in Valparaiso heiraten sie in der dortigen Deutsch Lutherischen Kirche.
Karl Laudiens anfänglicher Vertrag endet 1939. Die Familie bleibt in Chile – vor allem weil Karls Ehefrau Frieda Jüdin ist. Karl Laudien arbeitet weiterhin an der Hochschule – nach seiner Pensionierung schreibt er Bücher und hält Kontakt zu den Studenten. Da er nicht bereit ist, sich von seiner jüdischen Ehefrau zu trennnen, verliert er den Anspruch auf seine Pension aus Deutschland und auf die Lizenzen seiner Bücher. Erst einige Jahre nach Beendigung des Krieges wird die Pension wieder gezahlt. Am 19. Februar 1952 verstirbt Karl Laudien in Valparaiso.
Karl Laudien in den 1940er Jahren
Frieda Laudien, geb. Chatiner, machte ihre Liebe zur Musik zum Beruf. Fast bis zum Ende ihres Lebens (sie stirbt 1964) leitet sie als ‚Direktorin für kulturelle Angelegenheiten‘ den Radiosender der Technischen Hochschule, sorgt dafür, dass klassische Musik gespielt wird und organisiert Konzertreihen, Ballett- und Opernaufführungen. Ihre Enkelin Iris Gonzalez erinnert sich an einige besondere Höhepunkte: an Claudio Arrau, der Beethovens 5. Klavierkonzert spielte – an Jasha Heifetz mit Mendelssohn und an eine Aufführung des Chilenischen National Balletts mit Carmina Burana unter Leitung von Ernst Uthoff, einem Choreographen und Tanzlehrer, der ebenfalls aus Deutschland stammt.
Ich interessiere mich für die Details diese Geschichte. Wie kann ich es machen?
Hallo Paulina – ich kann dir einen Kontakt zu der Enkelin vermitteln, wenn du möchtest!
Mein Mädchenname ist Laudien und mein Grossvater Johannes Laudien stammt aus Königsberg. Da sonst wenig von seiner Familie bekannt ist ( er hatte zumindest wohl einen Bruder), würde ich mich sehr freuen, eventuell etwas über seine Geschichte zu erfahren. Ich glaube, er ist 1911 geboren..
Hallo,
auch ich erforsche die Familie Laudien!
Mein Urgroßvater war Kurt Walter Laudien geboren in Stenken, Kreis Labiau, Königsberg, seine Eltern waren Friedrich Julius Laudien und JOhanne Emilie Schwenkner! Seine Großeltern waren Gustav Laudien – Wilhelmine ZEMADT sowie Gottlieb Ferdinand Schwenkner – Anna Dorothea SCHULTZ! Urgroßeltern mütterlicherseits Friedrich Schwenkner und Luise Görkin
Haben Sie diese Namen bereits gehört? Gerne tausche ich weitere Informationen aus