Die Chronik der Stadt Landsberg in Ostpreußen wird von 1876 bis 1880 von Carl Ludwig Holldack geführt. Sein Nachfolger, Rektor Koppenhagen, verfasst nach Holldacks Tod – er verstirbt am 13.2.1884 – einen Nachruf, der auf der Seite der Familie Holldack nachzulesen ist. Ich möchte diesen Nachruf ergänzen um einige Informationen zur Familie und einige Anmerkungen von Carl Ludwig Holldack selbst.
Lt. Sterbeurkunde wird Carl Ludwig Holldack am 13. Februar 1807 in Gnie, Kreis Gerdauen, als Sohn des Oberförsters Gottlieb Holldack und dessen Ehefrau Minna Justine Raabe geboren.
Als Chronikschreiber berichtet er u.a. von den wirtschaftlichen Verhältnisse innerhalb der Stadt, von baulichen Veränderungen, Zünften, von Jubiläen und Begräbnissen, der Gründung eines Vorschuss-Vereins – er erwähnt Unglücksfälle, die sich in der Stadt ereignen, die Stiftung des Krieger-Vereins und beschreibt – voller Stolz – den Werdegang einiger seiner ehemaligen Schüler, die er selbst in der ‚Rektoren-Klasse‘ unterrichtet hatte. Ab und zu schimpft er über Missstände und auf einige Amtsinhaber – und immer wieder streut er lateinische Zitate ein.
All das ist äußerst spannend, wenn man – wie ich – Vorfahren hat, die zu dieser Zeit in Landsberg wohnen.
Bevor er im Mai 1841 nach Landsberg kam, war Carl Ludwig Holldack einige Jahre in Lichtenau, das zu den Dessauschen Gütern gehörte, als Hauslehrer tätig.
Aus seiner Kinderzeit erzählt er:
‚Meine Familie gehörte zu den Forstleuten – mein Vater war Oberförster und stand in ziemlich hohem Gehalt – aber im Sommer mußten alle, wir Kinder, baarfuß gehen und bekamen Stiefel nur anzuziehen, wenn Fremde kamen oder an hohen Festtagen, daher hielt unser Schuhwerk auch 2 bis 4 Jahre und wir Kinder wunderten uns dann darüber, daß Stiefel und Schuhe uns immer zu enge wurden und schoben dann die Schuld auf den Schuhmacher; ich der älteste Sohn der Familie trug selbst gewebte und selbst gemachte Kleider bis zur Einsegnung – erst im Jahre 1830 bekam ich einen Mantel von gekauftem grauen Tuche, als ich Student geworden war. Jede Ausgabe wurde vermieden, wo man sie nur vermeiden konnte.‘
Auch von der Anschaffung seines Aufsehen erregenden Kochherds erzählt er;
‚Als ich herkam im Jahre 1841 gab es in unserm Städtchen noch keinen Sparherd. Da ich nun guten Torf, wie Braunkohle (besaß), wollte ich denselben nicht auf offenem Herde verschmoren – ich verschrieb mir daher aus der Königsberger Unions-Eisengießerei eine eiserne Kochplatte und ließ mir einen Kochherd setzen, wozu ich den Riß dazu lieferte. Die Kochplatte kostete damals noch 13 Sgr und für die unglasierten Ziegel, die der Magistrat hergab, mußte ich auch noch 2 Sgr bezahlen. Als ich so den ersten Kochherd hergestellt, verschrieb ich mir auch noch eine hermetisch verschließbare Ofenthür aus der damals berühmten Schichauschen Eisenfabrik aus Elbing für 5 Rthl und nun konnte ich reichlich kochen und heizen nach Wohlgefallen, den Landsbergern ein wahres Wunderwerk: ein Kochherd fast mitten in der Küche und ein Ofen ohne Klappe! Das war ihnen rätselhaft!‘
Im Juli des 1843 wird in der Landsberger Kirche sein Aufgebot mit Anna Caecilie Therese Kappner (einer Tochter des mittlerweile verstorbenen Maurermeisters Anton Kappner aus Königsberg) bekannt gegeben. Holldack ist 36 Jahre alt und wird im Kirchenbuch als Prediger, Rektor, Kantor und Organistenadjunct bezeichnet.
Von 1848 bis 1851 werden in Landsberg drei Holldack-Töchter geboren:
- Anna Caecilie Concordia Holldack * am 19.1.1848
- Therese Maria Martha Holldack * am 2.6.1850 und
- Friederike Wilhelmine Martha Holldack * am 13.9.1851
Im Juni 1869 erfährt das ‚hochgeehrte Publico‚ durch ein Inserat im Pr. Eylauer Kreisblatt, dass im Haushalt des Predigers eine amerikanische ‚Wheeler-Wilsonsche Doppel-Steppstich-Nähmaschine‘ existiert und die Damen des Hauses Holldack ‚jede Art von Wäsche, andere Nähtereien und dazu gehörige Stickereien für einen soliden Preis‘ fertigen.
Carl Ludwig Holldacks älteste Tochter – Anna Caecilie Concordia – heiratet am 29. September 1871 in Landsberg den damaligen Oberinspektor der Begüterung Wildenhoff Julius Eduard Theodor von Freyhold, einen Sohn des Gutsbesitzers Heinrich von Freyhold. Tochter Friederike wird einige Monate später – am 15.4.1872 – die Ehefrau von Emil Justus Börner, dem Meiereipächter der Begüterung Worienen.
Schon aufgrund seiner Funktion als Kantor und Organist spielt die Musik in Holldacks Leben eine besondere Rolle – so leitet er z.B. einen Knabenchor. Von Zeit zu Zeit erwähnt er in der Chronik Mitürger, die mit besonders schönen Singstimmen ausgestattet sind und 1876 berichtet er: ‚Zur Jetztzeit zählt unsere Stadt gewiß schon einige zwanzig Pianos und Fortepianos – das macht im Ganzen der Aufschwung der Zeit, aber auch die Gelegenheit(,) Klavier-Unterricht erhalten zu können, denn sowohl fast alle unsere Lehrer geben Unterricht auf dem Klavier und meine Tochter Therese unterrichtet schon seit 10-12 Jahren mit guten Erfolge in der Musik, so daß bald ihre Schülerinnen selbst werden Unterricht geben können‘.
Carl Ludwig Holldack wird 77 Jahre alt. Sein Tod wird beim Landsberger Standesamt angezeigt von ‚Fräulein Therese Holldack‚, seiner 1884 noch unverehelichten zweiten Tochter.