Firma Ankermann & Co in Berlin und Friesoythe

Ich habe mich in den vergangenen Jahren oft gefragt, wer die in Friesoythe ansässige Firma Ankermann&Co gegründet haben mag und ob es möglicherweise eine familiäre Verbindung dieses Gründers zu den Ankermann-Familien in Ostpreußen und somit zu meinen Ankermann-Vorfahren gibt …?

Es gibt diese Verbindung! Ein alter Ankermann-Stammbaum und eine gründliche Recherche haben mich auf die Spur gebracht. Die Verbindung kommt durch eine Eheschließung zustande, die im Jahre 1777 in der kleinen Kirche von Klein Dexen – Pr. Eylau – vollzogen wird ….

Manchmal schießt meine – ursprünglich nur von genealogischem Interesse geprägte Spurensuche – jedoch weit übers Ziel hinaus. So auch in diesem Fall! Mich interessieren immer auch auch die Lebensläufe der Nachfahren meiner Vorfahren und dies konnte ich ermitteln:

Im Jahre 1940 wird neben den drei Ankermann-Geschwistern – dem Ethnologen und Afriakforscher Professor Dr. Bernhard Ankermann, der Malerin Elisabeth Ankermann und der Klavierlehrerin Marie Ankermann – auch der Apotheker Curt Ankermann im Berliner Adressbuch aufgeführt. Sie alle sind miteinander verwandt – Curts Großvater und der Vater der drei Geschwister sind Brüder.

Adressbuch Berlin 1940

CURT Hermann Hugo Ernst Ankermann – so der vollständiger Name – ist der älteste Sohn des Apothekers Ernst Ankermann und dessen Ehefrau Alma Jeske. (Anmerkung: weitere Informationen zu den Familien s.u.). Zum Zeitpunkt seiner Eheschließung in Berlin-Wilmersdorf (1928) mit Lieselotte Ida Helene Loesch – einer Tochter des Oberförsters Franz Friedrich August Loesch – ist Curt Ankermann Besitzer einer Apotheke in der Kleinstadt Grimmen.

Er verlässt die Kleinstadt und zieht nach Berlin. Hier wird er zunächst als Apotheker in Schmargendorf, dann als Pächter der Wilhelmstädtischen Apotheke genannt, die sich im Haus Luisenstraße Nr. 19 befindet.

Die Lage der Apotheke ist ausgesprochen günstig – in unmittelbarer Nähe befinden sich auch Gebäude der Berliner Charité.

Curt Ankermann verkauft nicht nur Medikamente, er gründet im Haus Luisenstaße Nr. 20 auch ein Chemisches Labor, in dem spezielle Vitamin-Präparate hergestellt werden. Dieses Labor wird nicht von ihm allein betrieben.

Im August 1940 schließt Professor Theo Morell mit dem Apotheker Curt Ankermann ein Privatabkommen, das ihm einen Anteil von 25% an der an diesem Tag neu zu gründenden Kommanditgesellschaft ‚Chemisches Laboratorium Ankermann und Co‚ sichert. (Quelle: Ottmar Katz: Prof. Dr. med The Morell (1982)

Adressbuch Berlin 1942

Der genannte Arzt Theodor Morell ist in Berlin seit Beginn der dreißiger Jahre zu einem ausgesprochenen ‚Prominentenarzt‚ avanciert. In seiner Privatpraxis am Kurfürstendamm und ‚in seinem Wartezimmer gaben sich Prominente wie Richard Tauber, Max Schmeling, Rosita Serrano, Martha Eggert und die Lebensgefährtin von Hans Albers, Hansi Burg, die Klinke in die Hand. Es waren Leute von Bühne und Film, aus Sport, Wirtschaft und Politik Als er mit seinen Behandlungsmethoden Erfolg hatte, war seine Existenz als Leibarzt des Führers (Adolf Hitler) gesichert‘. (Quelle: IRVING – Die geheimen Tagebücher des Dr Morell)

Adressbuch Berlin 1942

‚Zwischen 1941 und 1945 verordnete M(orell) mindestens 92 verschiedene Medikamente und machte ihm (Adolf Hitler) über 1000 intravenöse und intramuskuläre Injektionen zu dessen Zufriedenheit und teilweise auf dessen Verlangen. Psychopharmaka kamen dabei nicht zum Einsatz. Zugleich baute M(orell) vom jeweiligen Führerhauptquartier aus seit 1943 ein Pharma-Imperium auf, das von Riga über Winniza und Olmütz bis Charkow reichte, aber in dem Maße liquidiert wurde, wie die besetzten Ostgebiete verlorengingen. Er war Eigentümer bzw. Treuhänder mit Vorkaufsrecht von sechs Firmen in den von Deutschland besetzten Gebieten. An einer Reihe deutscher Pharmafirmen war er maßgeblich beteiligt‚. (Quelle: Schenck, Ernst Günther, „Morell, Theodor“ in: Neue Deutsche Biographie 18 (1997), S. 97-98

Adressbuch Berlin 1941

Die Zusammenarbeit Theodor Morells mit der Firma Ankermann & Co funktioniert. ‚Die Firma erklärte sich am 1.8.1941 bereit, … 40.000 Riegel = 160.000 Täfelchen Intelan zur Verfügung zu stellen, und Ankermann teilte Morell am 4.11.1941 mit, er habe nach Rücksprache mit dem leitenden Apotheker der Waffen-SS, Oberführer Dr. Blumenreuther 40.000 Vitamin A + D Tabletten „ Intelan human “ an das SS – Hauptsanitätslager in Berlin – Lichtenberg versandt‘. (Quelle: Ernst Günther Schenck, Prof. Dr. med. Theodor Gilbert Morell: Hitlers Leibarzt und seine Medikamente)

Quelle: Hans-Joachim Neumann u. Henrik Eberle ‚War Hitler krank?‘

Im Oktober 1942 verlegt Curt Ankermann den Betrieb – zumindest einen Teil davon – wegen der sich verstärkenden Luftangriffe auf Berlin nach Friesoythe/Oldenburg in das dort bereits bestehende Impfstoffwerk von Dr. Meiners.

Fabriziert wird nun sowohl in Berlin als auch in Friesoythe. In Berlin werden u.a. auch antibiotikumhaltige Mittel hergestellt, die zur Aufzucht und Mast von Schweinen und Geflügel verwendet werden. Eine Filiale des Berliner Betriebs wird zunächst unter TreuhandVerwaltung gestellt – später wird sie Volkseigentum der DDR. ‚Im Zuge der Rekonstruktion der pharmazeutischen Industrie der DDR erhielt der VEB Serum-Werk Bernburg Ende 1960 den bis zu diesem Zeitpunkt in Treuhand-Verwaltung befindlichen Betrieb Vitamin-Chemie Ankermann & Co GmbH Berlin-Mitte als neuen Betriebsteil‘. (Quelle: Florian Georg Leupold, Die Geschichte des VEB Serum-Werk Bernburg von 1954 bis 1990 unter besonderer Berücksichtigung biogener Arzneistoffe; Dissertation Marburg/Lahn 2018)

In Friesoythe wird der Name Ankermann & Co beibehalten – als Inhaber des Werks wird der Chemiker Helmuth Wawretschek genannt, der auch aus Berlin stammt.

Curt Ankermann selbst lebt fortan in Hamburg, wo 1956 die Paracelsus Apotheke eröffnet, die noch heute unter dieser Adresse besteht. Noch 1973 wird Curt Ankermann im Hamburger Adressbuch genannt – 1978 verstirbt er in Überlingen am Bodensee.

Adressbuch Hamburg – 1960

Ankermann & Co in Friesoythe

Über die Ankermann-Werke in Friesoythe berichtet die Oldenburger Nordwest-Zeitung immer wieder – zum Beispiel im Juni 1949:

NWZ Februar 1950

Der chemischen Fabrik Ankermann&Co, die nach ihrer Ausbombung in Berlin bei dem ihm befreundeten Impfstoffwerk in Friesoythe Unterkunft gefunden hat, ist es gelungen, ein Mastmittel herzustellen, von dem eine erhebliche Beschleunigung der Mast von Schweinen, Kälbern und Geflügel erwartet wird. Das neue Mittel heißt ‚TURIL‘.

Durch die Herstellung von TURIL und des in der Jungtieraufzucht bewährten Vitaminkonzentrats MIKULSION ist es der Firma Ankermann möglich geworden, den Einwohnern der so schwer getroffenen Stadt Friesoythe neue Arbeitsmöglichkeiten zu erschließen.

Im Dezember 1954 kann man im Münsterländer lesen: ‚Seit 1946 hat Friesoythe neben dem Impfstoffwerk Dr. Meiners ein weiteres pharmazeutisches Werk: Ankermann&Co, ein Flüchtlingsunternehmen, Sitz Berlin. AmRande der Stadt, rechts von der Straße nach Cloppenburg, bevor sie die Soeste überschreitet, liegt etwa 100 m seitwärts ein niedriges, nicht umfangreiches Gebäude, in dem täglich Erzeugnisse hergestellt werden, deren Abnehmer in der Bundesrepublik und in fernen überseeischen Ländern sitzen …. Flüssige Vitamine werden erarbeitet. Nachdem der chemische Prozeß abgeschlossen ist, werden sie in Glasfläschen gefüllt, … luftdicht abgeschlossen und versandfertig gemacht. … Mit dem Firmennamen tragen sie auch den Namen Friesoythe in die Bundesrepublik und in ferne überseeische Länder. Hauptabnehmer des Vitamins Ankermann&Co ist Indien. Lieferungsverträge mit Burma und anderen Ländern sind geplant.‘

Seit 1956 trägt ein – noch heute im Handel befindliches – Vitamin-B-12-Präparat den Namen ‚Ankermann‚. Hergestellt wird es damals in Friesoythe – 1959 wird im Ärzteblatt dafür geworben:

Werbung im Bayrischen Ärzteblatt – Oktober 1959

Im Laufe der Jahrzehnte expandiert das Friesoyther Werk – 1973 wird die Fa. Ankermann & Co ein Tochterunternehmen des US-Konzerns ‚Cooper Laboratories International Inc.‘ Neue Produkte werden hergestellt und in viele Länder der Welt exportiert. Im Jahr 1974 hat das Werk 90 Mitarbeiter.

Im Oktober 1974 ist im ‚Münsterländer‘ der NWZ ist zu lesen: ‚Die Arzneimittelfirma Ankermann & Co GmbH mit Sitz in Friesoythe (Kreis Cloppenburg) ist jetzt der europäische Versorgungspunkt für Kavosan, Avena und Emulave – Medikamente zur Haut- und Mundpflege. Damit löst die Tochtergesellschaft des US-Konzerns ‚Cooper Laboratories International Inc.‘ die italienische Schwesterfirma in Mailand ab, die noch bis vor kurzem Zentralverteiler für Kavosan, Avena und Emulave in Europa gewesen war. Gleichzeitig mit dem Ausbau der Produktions– und Lagerräume vergrößerte das seit 1946 in Friesoythe ansässige Unternehmen seine Mitarbeiterzahl von bisher 72 bis nunmehr 90 Beschäftigte‘.

Nachfolgend einige Zeitungsberichte der NWZ aus der Zeit von 1974 bis 1996, in denen die Ankermann-Werke in Friesoythe erwähnt werden. Die Rechte der Berichte liegen bei der Nordwest-Zeitung – die Wiedergabe der Ausschnitte in diesem Blog geschieht mit freundlicher Genehmigung der NWZ.

Friesoyther Nachrichten – Beilage der NWZ – November 1974
Der Münsterländer – Beilage der NWZ – März 1979
Der Münsterländer – Beilage der NWZ – Januar 1980
Der Münsterländer – Beilage der NWZ – Februar 1996

Seit Gründung des Werks in Friesoythe sind inzwischen 50 Jahre vergangen und obwohl das Unternehmen mittlerweile mehrfach den Besitzer gewechselt hat, ist es auch 1996 immer noch unter dem Namen ‚Ankermann‚ bekannt

Zur Familie von Curt Ankermann

Curt Ankermanns Großvater väterlicherseits – Eduard Wilhelm HUGO Ankermann – heiratet 1862 in Königsberg MINNA Antonie Kathinka Laudien, eine Tochter des Königsberger Pfarrers Theodor Laudien. Hugo Ankermann ist Arzt – zunächst in Königsberg und dann Allenburg, wo seine Ehefrau drei Söhne zur Welt bringt:

  • Ludwig Theodor BRUNO Ankermann *1863
    • ALFRED Hugo Hermann Ankermann * 1865 und
      • ERNST Anton Franz Ankermann *1867

Bruno Ankermann wird Pfarrer – zunächst in Gerdauen, dann in Lindenau, im Kreis Heiligenbeil. 1926 ist er Konsistorialrat in Königsberg, wo er 1938 verstirbt. Er ist verheiratet mit Hedwig Anna Louise Laudien. Die beiden haben insgesamt 9 Kinder.

Bruder Alfred lebt als General-Landschaftskalkulator in Königsberg – heiratet Luise Catharina Charlotte (Käthe) Moehrke und bekommt 2 Söhne.

Ernst Ankermann – der jüngste Bruder – wird Apotheker. 1893 legt er in Königsberg seine Staatsprüfung ab. Er zieht zunächst nach Danzig, aber schon 1895 lebt er als Apotheker in Gollantsch – südwestlich von Bromberg. Er ist verheiratet mit Alma Jeske und bekommt 3 Kinder, die in Gollantsch zur Welt kommen: Curt Ankermann Bruno Ankermann und Else Ankermann.

Ernst Ankermann wird vor 1910 als Besitzer der Fima „Ernst Ankermann, Adler-Apotheke und Drogenhandlung“ in Argenau genannt – 1916 wird seine Ehefrau Alma Ankermann, geb. Jeske – inzwischen verwitwet – als Apothekenbesitzerin in Rogasen aufgeführt

Curt Ankermannns Bruder Bruno Ankermann wird als Inhaber verschiedener Apotheken in Posen genannt – 1935 z.B. als Inhaber der ‚Löwen-Apotheke und Drogenhandlung in Stolpmünde‚.

Schwester Else Ankermann heiratet einen Pfarrer.

Nach dem Tod seiner Ehefrau heiratet der o.g. Arzt Hugo Ankermann – Vater von Bruno, Alfred und Ernst – in 2. Ehe Rosalie Amalie Renate Schmidt aus Danzig – 1873 wird in Königsberg ihre Tochter Gertrud Amalie Charlotte Ankermann geboren. Sie wird Lehrerin und lebt nach ihrer Heirat mit dem Witwer Friedrich Johann Heinrich Stührenberg in Rastede bei Oldenburg.

Viele weitere Beiträge zu Personen und Familien namens ‚Ankermann‘ – zu verschiedenen Zeiten in unterschiedlichen Orten – sind hier zu finden!

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