So – oder ähnlich – werden unsere Vorfahren um 1840 Königsberg wohl erlebt haben. Aber manche von ihnen wären vielleicht nicht in der Lage gewesen, ihre Eindrücke ebenso malerisch widerzugeben wie Herr Rosenkranz 🙂
‚Das Wasser … gibt der Stadt überall große Lebendigkeit. Der Blick von der Promenade auf den Lindenmarkt den Hauptarm des Pregels hinunter ist wirklich sehr schön. Links große Holzwiesen, rechts eine Reihe zum Theil alterthümlicher Häuser mit Balkonen und Bäumen, von dem sogenannten blauen Thurm, einem Stadtgefängniß, bis zur Börse sich hinabstreckend, in der Mitte zwei Brücken, über das Geländer der letzten, der grünen(,) die Masten der zusammengedrängten Schiffe hervorragend.
Noch schöner ist die Aussicht von der grünen Brücke selbst nach dem Haff zu. Durch die Einmündung des andern Pregelarms, der hier um die Insel des Kneiphofs herum in den Strom einbiegt, wird die Wasserfläche sehr breit. Zu beiden Seiten des Bohlenwerks ziehen sich die Speicher hinab. Auf der linken Seite schließt unten die Festung, auf der rechten das Zollhaus des Holländer Baums. Die rechte Seite ist durch die Packhofs- oder Licentgebäude, durch die Balkone des Dampffschiffahrtslocales, durch den jetzt freilich verbrannten rothen Krahn die mannigfaltigere.
Der größte Reiz aber wird durch die Schiffe hervorgebracht, welche, wenn der Pregel offen ist, hier eine jeden Augenblick sich verändernde Ansicht gewähren. Hier zur Rechten geht mit Schildkrötenlangsamkeit die Pfennigfähre über den einmündenden Pregelarm am Kai hin und her; dort fliegt ein Boot, von einem Matrosen gerudert, pfeilschnell über den glatten Fluß; dort sucht ein Schiff vor dem Speicher, aus dem es Waaren einnehmen will, zwischen den andern Schiffen sich einzudrängen; da endlich segelt eines mit voller Ladung dem Haff zu und hinter dem Holländer Baum legen andere vor Anker, den Ballast auszukarren, der hier den Boden Amerika’s, Norwegens, Hollands mit Preußischer Erde mischt und wo beständig Schulknaben nach Muscheln und Schneckengehäusen suchen‘.
(Ausschnitt aus ‚Königsberger Skizzen‚ von Karl Rosenkranz; 1842)