Tragischer Vorfall im Hofe Weskeim, Pr. Eylau – 1774

Quelle: Bildarchiv Ostpreußen

Am 21. Mai 1774 kommt es am Hofe zu Weskeim – unweit von Landsberg – zu einem tragischen Vorfall: ein junges Mädchen aus Königsberg, das dort als Dienstmagd für die Familie de Fresin arbeitet, verletzt sich selbst mit einem Brotmesser und verstirbt kurz darauf.

Der Pastor notiert im Kirchenbuch von Eichhorn, Pr. Eylau: ‚d. 21 ten May hat Catharina Vittin, eine Dienstmagd in dem Hoffe Weskeim und von Königsberg gebürtig durch einen Selbstmord indem sie sich außer vielen anderen an Händen und Füßen beygebrachten Wunden mit einem Meßer die Haupt Ader am Halß aufgeschnitten hat, verblutet und ihrem Leben selbst ein Ende gesetzt. Sie wurde des Abends am Zaun des Kirchhoffs verscharret‚.

Zwei Jahre später erscheint ein von Dr. Christoph Gottlieb Büttner – ordentlichem Professor für Zergliederungskunst – herausgegebenes Lehrbuch für angehende Ärzte und Wundärzte, in dem Professor Büttner ihnen erklärt, ‚wie sie sich vor, in und nach den legalen Besichtigungen todter Körper zu verhalten, und die Besichtigungsscheine einzurichten haben‘.

Das Buch enthält detaiilierte Beschreibungen zahlreicher Obduktionen – u.a. wird auch die Dienstmagd aus Weskeim erwähnt, denn auch sie wurde nach ihrem Tod von Herrn Professor Dr. Büttner obduziert.

Nun erfährt man Näheres über die Hintergründe und Todesumstände des jungen Mädchens. Prof. Dr. Büttner berichtet, dass ‚es sich zugetragen, daß in dem adel(igen) Hofe Weskeim, eine freye und unverheyratete Weibsperson, 21 Jahre alt, namens Anna Catharina Wittcken, welche sich in genanntem Hofe vermiethet gehabt, nach derer Obducenten Bericht seit dem 22ten April an einem Fieber laboriret und in ihrer Krankheit den 21ten May gegen Abend mit einem bey sich gehabten stumpfen mittelmäßigen Brodtmesser, an einigen Orten ihres Leibes, besonders aber in den Hals sich geschnitten und bald nach verrichtetener That verschieden‘.

Die Abfolge der Ereignisse im einzelnen: Nach dem Tod des Mädchens lässt der Gutsherr – Herr Lieutnant de Fresin – zunächst den ‚Bartensteinschen Herrn Kreisphysicum D. Engel holen, der die Verstorbene am Tag nach ihrem Versterben genauestens untersucht und diese – ‚unter Zuziehung des Bartensteinschen Stadtchirurgi Müller‘ – obduziert. Man kommt zu folgendem Ergebnis: Anna Catharina Wittcke hatte mehrere Wochen lang an einem heftigen Entzündungsfieber laboriret‚ – begleitet von starkem Durst, Phantasien und Beklommenheit. Sie habe während der gesamten Zeit ‚alle ihr angebotenen Hülfsmittel‘ abgelehnt und schließlich im Fieberdelirium ‚mit einem bey sich gehabten stumpfen mittelmäßigen Brodtmesser, an einigen Orten ihres Leibes, besonders aber in den Hals sich geschnitten‘. Diese Verletzungen an sich seien nicht tödlich gewesen, das Blut habe jedoch ‚wegen der großen Fieberhitze .. so heftig gewallet‘ und deshalb sei ‚die Verblutung so schleunig und heftig gewesen‘.

Mit diesem Befund will sich der Stiefvater der Verstorbenen – Daniel Germershausen – jedoch nicht zufrieden geben. Vor dem Königlichen Hofgericht in Königsberg behauptet er, das junge Mädchen habe keinen Selstmord verübt, sondern sei durchdie üble Behandlung der adel(igen) Frau de Fresin geb. von Königsecken‘ (=Königsegg) ums Leben gekommen.

Schließlich wird auch Herr Professor Dr. Büttner hinzugezogen. Da sich dieser gerade auf einer Landreise befindet, fahren zunächstHerr Substitutus Fisci Yorck sowie der ‚Königliche Hofchirurgo Knopf‘ nach Weskeim, ‚welcher erstere weitläufig die Sache untersuchte‘. Nach seiner Rückkehr begibt sich auch Prof. Büttner am 5. Juni nach Weskeim. Von dort aus fahren die Ärzte gemeinsam zur Grabstelle der Verstorbenen nach Eichhorn. ‚Und ist selbige nach dem aufgraben aus dem Sarge genommen, in vieler Menschen, auch der Frau de Fresin Hochwohlgeb(oren) Gegenwart von uns … legaliter besichtiget worden‘ berichtet Herr Professor Büttner in seinem Buch.

Letztlich wird auch von Professor Büttner der Befund der vorherigen Untersuchungen bestätigt.

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