Die von Ernst Hartmann verfasste ‚Geschichte des Dorfes Ponarth bei Königsberg in Pr.‘ beinhaltet u.a. eine im Jahre 1537 in Ponarth verkündete Willkür, nach der sich die Bewohner des Dorfes zu richten hatten. Die Dorfordnungen anderer ostpreußischer Orte werden sicherlich ganz ähnlich gewesen sein.
Ernst Hartmann berichtet: ‚Noch zu Zeiten des alten Herzogs Albrecht, nämlich im Jahr 1537, ließen Georg Pfersfelders Nachkommen (Anmerkung: die damaligen Besitzer des Dorfes) für Ponarth eine Dorfordnung oder Willkür ausarbeiten und verkünden. Ihre einzelnen Paragraphen geben uns ein recht anschauliches Bild von dem wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben in der Gemeinde Ponarth in damaliger Zeit und verdienen erhöhte Beachtung, weil aus so früher Zeit nur ganz wenige Willküren ostpreußischer Dörfer bekannt sind. Einige wichtige Paragraphen sollen hier teils wörtlich, teils nur dem Sinne nach wiedergegeben werden:
- Wer den Schulzen oder die Ratsleute schmäht, zahlt Buße
- Wer nicht innerhalb einer Viertelstunde herzueilt, wenn der Schulz die Gemeinde ‚mit dem Horne‘ zusammenruft, um ihr etwas anzukündigen, muss 4 Groschen Strafe geben
- Schulz und Ratsleute müssen jährlich die Gemarkungsgrenzen abgehen, damit sie nicht unkenntlich werden (Grenzgang).
- Wer nicht zum ‚Ding tag‚ (Gerichtstag) kommt, büßt es mit 1/2 Mark.
- ‚So die gemeine zweispeldigk und irrig wirth, sollen sie tretten in zween Hauffen, dann soll der kleinste (Haufen) volgen dem grösten‘ (Sieg der Mehrheit!).
- Schulz und Ratsleute müssen wegen der Feuergefahr mehrmals im Jahr reihum ‚zu allen Nachbarn gehen vnd zusehen, das der ruß vnd spinnweben über den Herden vnd backöfen sey abgefegt‘.
- Jeder Nachbar muss auf seinem Hof 2 Leitern und Tonnen mit Wasser stehen haben.
- Wer nicht zu Weg-, Brücken und Dammbauten erscheint, zahlt 5 Groschen Buße.
- Höchsten 2 mal im Jahr gestattet die Herrschaft ‚Gemeinde-Bier‚ zu trinken. In Pestzeiten muss auch dies unterbleiben.
- Bei einem Diebstahl im Dorf müssen alle Einwohner einen Tag lang nach dem Dieb suchen; wer sich davon ausschließt, gibt die hohe Buße von 3 Mark. Der Schulz bestimmt einige Männer, die ’sollen zu Rosse ziehen auff vier Straßen‘ – also nach den viel Himmelsrichtungen. Ziehen sie über vier Meilen weit, müssen die Zurückgebleibenen ihnen Vergütung zahlen.
- Niemand darf Glücksspiele (‚Doppelspil‘) in seinem Hause leiden.
- Wer durch gehegtes Feld fährt oder reitet, büßt 4 Groschen.
- Jeder muss nacheinader den Zechhirten halten (umzech-reihum)
Zechhirte nannte man ihn, weil er im Dorf reihum von allen Viehbesitzern unterhalten werden musste. Ärmere Gemeinden hüteten selbst umzech, indem ein Bauer nach dem anderen jemand aus der Familie mit dem Dorfvieh hinausschickte. Zuweilen wurden dazu auch die noch schulpflichtigen Söhne herangezogen, die wegen schlechter Schulleistungen nicht konfirmiert werden durften und bis zum 16. oder gar 17. Lebensjahr die Schulbank drücken mussten. Im Jahre 1766 befahl darum die Regierung, die Beamten möchten allenthalben für die Aussetzung von Gemeindeviehhirten Sorge tragen, damit die Jugend nicht wegen des Viehhütens den Unterricht versäume.
- das Vieh muss schnell den Hirten zugetrieben werden; ‚ausgenommen eine sauw, die mag mit jungen färckeln 4 Wochen auf der Straßen frey gehen‘.
- Beim Austreiben müssen den Rindern die Hörner beschnitten sein.
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