Ein Schweineschneider aus Österreich in Eichhorn, Pr. Eylau

Johann Franz Urban ist der einzige Schweineschneider bzw. Tierkastrator, der in der Zeit von 1665 bis 1945 im Kirchspiel Eichhorn, Pr. Eylau, zu finden ist – zumindest wird kein anderer innerhalb dieser Zeitspanne im Kirchenbuch genannt.

Als Johann Urban am 24. Februar 1823 in Eichhorn an ‚hitzigem Brustfieber‚ verstirbt, ist er 45 Jahre alt. Der Pastor vermerkt im Sterbeeintrag, dass sich Urban seit 9 Jahren in der ‚Gemeine‚ aufhielt, katholischer Religion, ‚aus Oestreich gebürtig‘ und ’seiner Profession (nach) ein Castrirer‘ gewesen sei.

URBAN_1823

Der Schweineschneider Urban muss demnach um 1798 in Österreich geboren worden und um 1814 – im Alter von etwa 36 Jahren – nach Eichhorn gekommen sein. Gleich zu Beginn seines Aufenthalts in Eichhorn wird er Catharina Dorothea Damerau kennengelernt haben, mit der er von 1814 bis 1822 vier uneheliche Töchter bekommt, von denen drei jedoch bereits im Kleinkindalter sterben.

In allen Taufeinträgen ist Johann Franz Urban als Vater angegeben. Durfte er die Mutter seiner Kinder aufgrund seines Berufes nicht heiraten? Im Mittelalter zumindest gehörten die Schweineschneider – wie zum Beispiel auch Scharfrichter, Totengräber, Gefängniswärter oder Spielleute – zu den ehrlosen und damit auch rechtlosen Personen.

Schweineschneider reisten oft als ‚fahrende Chirurgen‘ durch die Lande. Auf Verlangen der Bauern oder Gutsbesitzer entfernten sie bei Tieren Hoden oder Eierstöcke, um auf diese Weise Tiere auszusortieren, die zur Fortpflanzung ungeeignet erschienen, um Arbeitstiere zu zähmen oder damit bei den Tieren ein höherer Fettansatz erzielt werden konnte. (Ein Schweineschneider war es auch, der um 1500 den ersten Kaiserschnitt an einer lebenden Schwangeren durchführte).

Allerdings scheint der Schweineschneider Urban in Eichhorn ziemlich angesehen gewesen zu sein – zu den Taufpaten seiner Kinder gehören u.a. Andreas Gabriel, der Schulhalter aus Neuendorf und die Ehefrau des Frau der Krügers Möck von Polassen.

Nachdem der Vater ihrer Kinder verstorben ist, werden Catharina Dorothea Dameraus Eltern wohl dafür gesorgt haben, dass sie endlich einen Ehemann findet. Am 12.12.1823 heiratet sie in Eichhorn den 52jährigen Witwer Michael Bogdahn, einen Instmann aus Glomsienen. Sie selbst ist bei der Eheschließung 35 Jahre alt. Die beiden bekommen 1825 noch einen Sohn, der aber nur 4 Monate alt wird. Am 6.5.1833 stirbt auch Michael Bogdahn im Alter von 63 Jahren an ‚Hartleibigkeit‚.

Die Witwe Catharina Dorothea Bogdahn, geb. Damerau heiratet 1834 in zweiter Ehe den Instmann Gottfried Überlein.

Die einzig überlebende Tochter des Schweineschneiders Urban ist die 1814 in Eichhorn geborene Tochter Wilhelmine Damerau. Sie wird mit 18 Jahren die Ehefrau des Instmann Johann Gottfried Pohl aus Glomsienen und bekommt 5 Kinder.

Ob die Nachfahren dieser Familie wohl noch wissen, dass ihr Vorfahre ein Schweineschneider aus Österreich war?

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