‚Die Hospitalstiftung des Landgrafen Philipp gilt bis heute als eine sozialpolitische Pioniertat und hat auch bis heute Bestand. Als der Herrscher 1533 die Reform verkündete, betraf dies nicht nur das Kloster Haina, sondern auch das Augustinerchorherrenstift Merxhausen bei Kassel (heute Bad Emstal). Haina war für Männer, Merxhausen für Frauen aus Ober- und Niederhessen bestimmt. Später kamen weitere Hospitäler .. hinzu. .. Die Stiftung war gezielt für die Menschen in den Dörfern gedacht, weil es auf dem Land, anders als in den Städten, damals noch kaum Einrichtungen der Armen- und Krankenfürsorge gab. …
Neben Armen und Alten waren es Kranke und Behinderte, die in Haina Zuflucht fanden. Unter ihnen waren Blinde oder Taubstumme ebenso wie Aussätzige, Epileptiker und Syphilitiker. Auch Gemüts- und Geisteskranke zählten von Anfang an zu den Insassen, ab dem 18. Jahrhundert wurde ihr Anteil immer größer.
Zur Betreuung wurden anfangs nur so genannte Aufwärter und Geistliche eingesetzt, später auch Ärzte.‘ (Quelle: http://www.klosterhaina.de/Hospital)
Die Kranken werden von insgesamt fünf Aufwärtern versorgt, die unterschiedliche Verpflichtungen haben. Sie müssen die ‚Kranken pflegen, sie waschen, kämmen, ihnen das Eßen reichen, die Bette machen, des Winters die Zimmer heizen, denen Rasenden die Kerker ausfegen und ihnen, so offt es noetig, frisch Stroh geben, auch das Linnen Zeug nehmlich Hemder und Bettlinnen waschen.‘ (Quelle: Kurze Beschreibung des Fürstlich-Heßischen Hohen Samt-Hospitals Haina, Verfertiget vom zeitigen Küchenverwalter Adjuncto Johann Theodor Cranz in Haina am 30.ten Julii 1782).
Um 1719 bis 1721 ist einer dieser Aufwärter mein Vorfahre Johann Conrad Israel.
Als Aufwärter in der Eß-Stube sind dies seine Aufgaben: ‚Zu gewöhnlicher Zeit die Tische zu decken und einem jeden Hospitaliten seine Portion Eßen vorzusezen. Alles Tisch-Geräth, an Tischtücher, Höltzeren- und Eißengeräth rein und sauber zu halten. Das Suppenbrod ordentlich einzutheilen. Darauf zusehen, daß beym Tisch Gebäth und während ein Lector sein Amt in der Eßstube verrichtet alles still und ruhig seye. Die übrig gebliebene Suppe und sonstiges Eßwerk in das Spühlfaß vor das Hospitalsvieh zuthun. Aufsicht auf die Köche, daß solche nicht größere oder kleinere Portiones als sich gehöret austheilen. Aufsicht auf das Gemüß, wenn solches eingeordnet wird, solches auch zur Küche rein machen zulassen. Bestellung derer Haußdiener Weiber zum Jäden auf dem Garten und sonstiger Arbeit p.p. (Quelle: Anlage zum Schuldentilgungsplan für das Hospital Haina, Verzeichnis der Bediensten und ihrer Aufgaben – http://www.xn--hohe-hessische-hospitler-bcc.de)
In einem Reisebericht aus dem Jahre 1788 wird lobend erwähnt, wie sehr der damalige Obervorsteher des Hospitals, der hessische Major von Stamford, um das Wohlergehen seiner Patienten bemüht ist. Für damalige Verhältnisse mag das so gewesen sein – liest man den Bericht heutzutage, gerät man doch ins Grübeln … Der Reisende erzählt:
‚Es ist unmöglich zu beschreiben, daß keiner der Elenden eine hinreichende Speise nicht erhielt, ohne daß er (Major von Stamford) sie gekostet hätte. Personen von Stande erhalten eine Kost, die sie nicht mit Mißvergnügen an ihren Stand erinnert, und das menschenfreundliche Betragen des Obervorstehers gegen sie läßt sie an ihr Unglück kaum denken, so lange sie nur nachdenken können. Gesunde- und Krankenkost sind verschieden, ich versuchte sie, und hätte mitessen wollen, ohne mich zu beklagen.
Da das Hospital ein vortreffliches Wirthshaus hat, so blieb ich drey Tage hier, ob mir gleich zuvorkommende Gastfreyheit es fast entbehrlich machte. Es lagen über dreyßig Unsinnige an Ketten oder in einer breiten Binde um den Leib. Sonst lagen sie auf kaltem Stein. Herr von Stamford hatte ihnen eine Art von hölzernen Bettstellen oder sogenannten Pritschen machen lassen, die höher als der Boden waren. Ueberall zog freye Luft hindurch, Abfluß der Unreinigkeit war befördert, und auf dem Hofe lagen große schwere Bäume, an welche man bey schöner Luft die Rasenden anzuketten wußte, damit sie solcher genießen konnten.
Wie auch alle anderen Bediensteten lebt Johann Conrad Israel mit seiner Familie innerhalb der Klosteranlage. Ich weiß noch nicht sehr viel über die Familie – Tochter Anna Gertrud Israel (meine direkte Vorfahrin) heiratet 1719 im Kloster Haina den Küfer Johann Henrich Giebel aus Frankenberg und bekommt mit ihm 9 Kinder – ihr Bruder Frantz Reinhard Israel wird 1720 als Bader in Frankenau genannt und vermutlich gibt es eine Schwester namens Catharina Israel, die im Jahre 1717 im Kloster konfirmiert wird.
Catharina Israel wird übrigens zusammen mit zwei Mädchen der Familie Tischbein konfirmiert. Johann Heinrich Tischbein (1682-1764) ist Hospitalbäcker im Kloster Haina. Von ihm stammen sämtliche Künstler der Familie ab – und sicherlich wird auch Familie Israel sein Brot gegessen haben!