Der letzte Gottesdienst in Klein Dexen …

Die Kirche in Klein Dexen war die älteste Landkirche des Kreises Preußisch Eylau. Sie wurde schon im Jahre 1313 am Rande des Stablack auf einer Anhöhe – zunächst aus Holz – errichtet. Doch schon vor 1400 wurde sie massiv erneuert. Bis 1639 stand die Kirche unter landesherrlichem Patronat, bis Kurfürst Georg Wilhelm dem Obersten Burggrafen Ebert von Tettau – dessen Vorwerk Coernen zum Kirchspiel Kl. Dexen gehörte – das Patronatsrecht verlieh, das dadurch auf die jeweiligen Besitzer genannten Gutes überging.

Ab 1816 ist Johann Ernst Theodor Riedel als Pfarrer in Klein Dexen tätig – nach seinem Tod im Jahre 1850 übernimmt Sohn Constantin Theodor Ehregott Riedel das Amt. Von ihm stammt die nachfolgende Zeichnung, die er im Zusammenhang mit einer des ‚Kunst-Archäologen‘ Christoph Heinrich Otte initierten ‚Fragebogen-Aktion‘ zum Zustand ostpreußischer Kunstdenkmäler anfertigte.

Von dieser ‚Fragebogen-Aktion‘ habe ich bereits vor vielen Jahren hier berichtet. Die Unterlagen wurden vom Staatsarchiv Olsztyn (Allenstein) digitalisiert und sind an dieser Stelle zu finden.

Pastor Constantin Theodor Ehregott Riedel schrieb auch diese Notiz:

Auf der Rückseite des Altars ist zu lesen: I.N.I. Dieser Altar ist verfertiget anno 1705 (Anmerkung: von Isaac Riga) unter der Vorsorge des Tit. Wolherligen Herrn Legations-Raths von Tettau und staffiret unter dem Jure Patronatus Tit. Hr. Abraham Christoff von Hondorff, Seiner Königl. Majestät in Preußen wolbestalter Obrist. Wachtmeister Erbherr der Coernischen Güter, da Pfarrer war Hr. Joh(ann) Eberhard Seel und Organist Hr. Johann Paris und Kirchenväter Jacob Kohn, Schulz in Roditten – Michael Buchhorn, Schulz in Gr. Dexen – Christoff Schulz in Claussen – Johann Kebbe in Pompicken. (Anmerkung: Johann Kebbe heiratet 1725 in Kl. Dexen meine Vorfahrin Maria Klein).

Mehr als 600 Jahre lang wurden in dieser Kirche Gottesdienste abgehalten – es fanden dort unzählige Taufen, Eheschließungen und Begräbnisse statt. Auch eine Reihe meiner eigenen Vorfahren – u.a. die Familien Ankermann und Reuter und Kebbe aus Pompicken, aber auch Familienmitglieder, die in den zur Begüterung Worienen gehörigen Vorwerke Schwadtken und Saagen lebten- besuchten diese Kirche vermutlich regelmäßig.

Am 10. April 1936 wird in der Kirche von Klein Dexen der letzte Gottesdienst gefeiert. Einige Monate zuvor hatte die Grundsteinlegung einer neuen evangelischen Kirche in der sogenannten ‚Gartenstadt Stablack‚ stattgefunden – einem neu angelegten Ort, für dessen Gründung andere Dörfer und Besitzungen weichen mussten, u.a. die Dörfer Orschen, Saagen, Schwadtken, Wonditten und die Güter Jerlauken, Sodehnen, Bornehmen oder Cörnen. Die Inneneinrichtung der Kirche von Klein Dexen wird in die neue Kirche gebracht.

1936/37 – die Gartenstadt Stablack im Bau

‚Im Februar 1936 siedelten die ersten Bewohner nach dem neuen Ort über‘ heißt es im Natanger Heimatkalender von 1937 – und weiter: ‚ In ihm sind zahlreiche freundliche Doppel- und Einzelhäuser in einer Zusammenfassung entstanden, die als Muster einer neuen ostpreußischen Ortsanlage angesehen werden kann.‘

Natanger Heimatkalender 1937

Die Außenmauern der Kirche von Klein Dexen existieren noch bis 1975 – danach werden sie bis auf die Grundmauern abgetragen. Heute gehört das Gebiet überwiegend zur Großgemeinde Dolgorukowo im russischen Teil des ehemaligen Kreises Pr. Eylau.

Hier sieht man wie sich die Region um Schlauthienen und Domtau im Laufe der Zeit verändert hat:

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3 Antworten zu Der letzte Gottesdienst in Klein Dexen …

  1. Martin Kohn sagt:

    Sehr interressant, haben sie zufällig zum Jacob Kohn mehr Informationen?

    • Irmi Gegner-Sünkler sagt:

      Hallo Herr Kohn, ich weiß nur, dass er im Dezember 1729 einer der Taufpaten von Euphrosina Kebbe war, einer Tochter von Johann Kebbe und Maria Klein, die ich oben erwähnt habe.

  2. Frank Steinau sagt:

    Das ist ein toll recherchierter Bericht! Auch so manche Steinaus werden dort ihre Personenstandsdaten gelassen haben…
    GLG aus Flensburg
    Frank

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