War Christian Gottlieb Edelhof (Edeldorf) ein ‚Beutetürke‘

Diesen Beitrag über meine Vorfahren Christian Gottlieb Edelhof (Edeldorp) und seine Ehefrau Catharina Elisabeth Hochgräfe habe ich bereits vor 10 Jahren geschrieben:

Nach Veröffentlichung des Berichts erhielt ich damals einen Hinweis auf dieses Buch:

Der Autor Stephan Tieling erwähnt in diesem Buch einen türkischen Jungen namens ‚Amuzat‚, der 1686 bei der Eroberung der Stadt Ofen bzw. Buda von dem Leutnant Bernd Friedrich von Edlingnach Massacrierung seiner Eltern pardonnieret‘, in den Norden verschleppt und dessen Bruder – dem Landrat Bogislaw Wilhelm Edling – als Diener geschenkt wurde.

Auffällig viele gelangten nach Schlachten gegen osmanische Heere bei Wien (1683), Ofen (1684/86) und Belgrad (1717) an deutsche Höfe. In Ofen waren 8000 brandenburgische Soldaten beteiligt. In den Kämpfen gab es viele Tote, darunter auch osmanische Frauen und Kinder. Gefangennahmen und Begnadigungen verliefen nicht als romantische Akte. So wurde der zehnjährige Amuzat „nach Massacrierung seiner Eltern pardonnieret“, von einem Offizier in sächsischen Diensten verschleppt und als Diener verschenkt. Die Berliner Chronik berichtet über die Heimkehr der Sieger am 13. Dezember 1687, bei Einzug General Schönings habe man „viel Türken, Türkinnen und sechs Juden“ gesehen. Berliner Zeitung

Zum Zeitpunkt seiner Gefangennahme ist der Junge etwa 10 Jahre alt- in Ribbekardt.wird er 1692 auf den Namen Christian Gottlieb getauft und soll später durch Adoption den Namen Christian Gottlieb Edeldorff erhalten haben.

Die Quelle ist leider anonym und Herr Theilig – der Verfasser des o.a. Buches – hat auf meine Anfrage nach dem möglichen Verbleib von Christian Gottlieb Edeldorf leider nicht geantwortet. Könnte es sein, dass mein Vorfahre identisch ist mit dem in der Türkei gefangen genommenen Jungen?

Bekannt ist, dass sogenannte ‚Beutetürken‚ oftmals an andere Gutsherren weiter verschenkt wurden. Unweit der Burg lebt in Schönebeck Friedrich von der Borch. Er gehört einem alten westfälischen Adelsgeschlecht an – er steht in militärischen Diensten – und wenn er im Schönebecker Schloss ‚residiert‘, benötigte er Diener.

Meinem Christian Gottlieb Edelhof bzw. Edeldorp wird im Mai des Jahres 1702 ein Sohn namens Johann geboren, der am 26. Mai in der Lesumer Kirche getauft wird. Die Patenschaft übernehmen ‚Herr Commandant zur Burgh Henrich Schierholtz, Herr Proviantmeister Johann Boock, dessen beide Söhne Gustav und Johann u. Jungfrau Anna Sophia Weiskogel‚ (Tochter des damaligen Lesumer Pastors).

1704 wird als Patin der Tochter Anna Sophia Edeldorp: Anna Sophie Schierholtz eingetragen, die Tochter des Kommandanten der Burg. Anna Sophie heiratet später den Seefahrer Ficke Lülfs – nicht geklärt ist der Verbleib ihres Bruder und ihrer Eltern.

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Mein Urgroßvater und das Blumenthaler Rathaus

https://www.denkmalpflege.bremen.de/denkmaeler/rathaus-blumenthal-51244

Da ich in Bremen-Blumenthal aufgewachsen bin, kenne ich das Gebäude des Blumenthaler Rathauses seit meiner frühen Kindheit. Wie oft bin ich daran vorüber gagangen, ohne zu wissen, dass es vom Bauunternehmen meines Urgroßvaters Heinrich Kröger erbaut wurde! Und auch das Sparkassengebäude, in dem ich als Jugendliche einen Ferienjob ausübte, wurde von ihm errichtet!

Aber von Beginn an:

Am 1. Oktober 1885 gründet mein Urgroßvater – der Maurermeister Heinrich Kröger – in Lüssum ein eigenes Bauunternehmen, zunächst jedoch unter dem Namen ‚Schaumlöffel‚. Erst 1902 erhält er für sich und die gesamte Familie die Genehmigung, den Namen Kröger offiziell führen zu dürfen. Die Hintergründe dieser ‚Schaumlöffel-Kröger-Namens-Geschichte‘ habe ich in einem anderen Beitrag beschrieben.

Auch in diesem Adressbuch von 1892 wird das Unternehmen noch unter dem Namen ‚Schaumlöffel‚ geführt.

Anfangs befindet sich die Firma auf einem Grundstück am Bockhorner Weg – 1901 wird sie in die Lüssumer Straße Nr. 99 verlegt, wo die Familie ihren Wohnsitz hat. Hier lebt Heinrich Kröger mit seiner Ehefrau Margarethe geb. Knübel und den sechs Kindern, die von 1885 bis 1898 in Lüssum zur Welt kommen. Auch meine Oma Anna Lisette wächst also in diesem Haus auf.

Links neben dem Haus meiner Urgroßeltern der ehemalige ‚Lüssumer Grund‘.

Auf dem Hinterhof entstehen Bürogebäude und Lagerhallen für Baumaterialien und Geräte. ‚Hier wird auch mehrere Jahre lang die Herstellung von Leichtsteinen von Gips und Strohhäcksel betrieben. Außerdem war Heinrich Kröger Inhaber mehrerer Patente für die Herstellung von Betonschornsteinschiebern, die hier ebenfalls hergestellt wurden.‘ (Quelle: Weserkurier 1985, 100 Jahre Bauunternehmen Georg Kröger)

Der Weserkurier schreibt weiterhin: ‚Familie Kröger hat das Gesicht von Bremen-Nord und insbesondere von Blumenthal in den vergangenen hundert Jahren durch ihr bauliches Wirken wesentlich mitbestimmt. So wurden folgende markante Bauvorhaben durch die Firma ausgeführt:

  • das Blumenthaler Rathaus (1908)
  • die Schillerschule am Heidbleek (1912)
  • der Betriebsbahnhof der Farge-Vegesacker Eisenbahn in Farge (1927)
  • mehrere Strecken der Ortskanalisation Blumenthal (1928/29)
  • das Sparkassengebäude Landrat Christian Str./Leverkenbarg (1930)
  • die Feuerwache Blumenthal (1937)
  • der Erweiterungsbau der Schule Wigmodistraße (1939)
  • das Evangelisch-lutherische Gemeindezentrum Lüssum (1958)
  • die Neuapostolische Kirche Burgwall (1960)
  • die Katholische Kirche Aumund (1964)
  • das Wohn- u. Geschäftshaus Lüssumer Ring/Lüssumer Heide (1961)
  • das Wohn- u. Geschäftshaus Weserstrandstraße 1-3 (1967)
  • die Mietwohnungen Kapitän-Dallmann-Str. 49-51 (1971)
  • die achtgeschossigen Mietwohnungen in der Betonstr. in Farge (1972-73)
  • das Schulzentrum in Sandwehen (1974) in Arbeitsgemeinschaft

Nach dem Tod meines Urgroßvaters (1934) übernimmt Georg Heinrich Köger – ein Bruder meiner Großmutter – die Betriebsleitung. Es entstehen viele weitere Ein- und Mehrfamilienhäuser. Georg Heinrich ’starb bereist 1945, als seine Söhne noch nicht die Berufsausbildung beendet hatten. Margarete Kröger, eine Schwester des Verstorbenen, nahm das Steuer in die Hand. Sie hatte schon zur Zeit ihres Vaters die Büroarbeiten erledigt und wurde jetzt durch die beiden langjährigen Poliere Bullderdiek und Uhlhorn unterstützt‘. (Weserkurier)

Hier sieht man die gesamte Kröger-Familie: Heinrich Kröger und Ehefrau Margarete geb. Knübel – in der Mitte ihre jüngste Tochter Margarete – ganz links meine Großmutter Anna Listte – daneben Carsten Kröger (der später immer Curt genaannt wird) – Georg Heinrich – Heinrich und Elisabeth Mathilde

Karl Gegner

Nach Georg Heinrich wird das Bauunternehmen von dessen Sohn Georg weitergeführt. Auch mein Vater Karl Gegner, der in der Firmengeschichte leider gar nicht erwähnt wird, arbeitete viele Jahre mit in diesem Familienunternehmen bevor er sich selbständig machte.

Als Kind habe ich viel Zeit in der Lüssumer Straße verbracht. Das Grundstück an der Lüssumer Straße war ein spannendes Terrain. Ich hielt mich sehr gern dort auf – wohl auch deshalb, weil ich dort immer wurde herzlich begrüßt wurde. Ich kannte jeden und jeder kannte mich.

1976 wird das Bauunternehmen in die Ermlandstraße verlegt, wo es noch jetzt existiert – nunmehr in fünfter Generation!

Heute sieht die Lüssumer Straße allerdings ganz anders aus – die schönen alten Häuser sind verschwunden! Wie schade!

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Der ‚Eisengefangene‘ Johann Adam Schaumlöffel

Felsberg – Merian

Johann Adam Schaumlöffel kommt am 5. Februar 1787 in der hessischen Stadt Felsberg zur Welt. Er wird Schneidermeister – wie bereits sein Vater Johann George und sein Onkel Johann Conrad Schaumlöffel (mein Urgroßvater 5. Grades), der seine hessische Heimat jedoch verlässt, viele Jahre als Soldat dient und sich letztlich in Bremen-Nord niederlässt, wo er außer mir zahlreiche Nachkommen hinterlässt.

1787 – Taufeintrag im KB von Felsberg

Johann Adam hat insgesamt neun Geschwister, von denen mindestens zwei bereits im Kleinkindalter versterben. Seine Brüder Johannes, Johann George und Heinrich leben wie er in Felsberg und üben das Schneidergewerbe aus.

Im Jahre 1797 findet vor dem Felsberger Stadtgericht eine Verhandlung statt, da Vater Johann George offenbar Schulden bei der Schneidergilde zu Felsberg hat. die er nicht bezahlen kann. Die Familie muss ihr Haus am Oberthor ’nebst dem dahinter gelegenen Garten‘ verkaufen. (Quelle: StA Marburg, Best. 76b Nr. 331)

Vater Johann George erlebt 1823 noch mit, dass Adam in der Felsberger Kirche Christine Dietrich heiraet, eine uneheliche Tochter von Magdalene Fennel, die später den Felsberger Glasermeister Jacob Rosenblatt ehelicht. Nur wenige Monate nach der Hochzeit verstirbt Adams Vater. Seine Mutter Anna Maria Loeber, die einer Felsberger Bäckerfamilie entstammt, verliert er bereits im April 1827.

KB Felsberg 1828 – 2. Eheschließung

1827 – vier Jahre nach der Hochzeit und den Geburten der Kinder Magdalene und Jacob – verstirbt auch Adams Ehefrau. 1828 schließt er eine zweite Ehe mit Agnese Elisabeth Rosenblatt, einer Tochter des Glasermeisters Johann Adam Rosenblatt und dessen Ehefrau Rebecca Buch. Sie ist die Schwester des Ehemanns seiner ersten Ehefrau. 1828 und 1830 kommen zwei weitere Schaumlöffel-Kinder zur Welt.

Zu dieser Zeit wohnt die Familie in der Felsberger Untergasse Nr. 74. Auch Adams Großvater Johannes Schaumlöffel (unser gemeinsamer Vorfahre) lebt 1759 schon in der Untergasse.

Die Aufregung innnerhalb der Familie wird groß gewesen sein, als Adam Schaumlöffel auf die ’schiefe Bahn‘ gerät. Nachdem er mehrfach wegen Diebstahls bestraft wurde und fliehen konnte, wird er 1837 vom Kreisamt Melsungen alsgemeinschädlicher Umhertreiber gesucht!

Wann genau Adam aufgegriffen und inhaftiert wird, konnte ich nicht herausfinden. Sicher ist jedoch, dass er schließlich als ‚Eisengefangener‚ im Marburger Stockhaus landet und dort sicherlich mehrere Jahre verbringt.

Am 14. September 1843 verstirbt er dort im Alter von 66 Jahren. Dies ist sein Sterbeeintrag aus dem Kirchenbuch der reformierten Marburger Gemeinde:

Marburg, Stadthaus auf dem Schloße – Adam Schaumloeffel, Eisengefangener aus Felsberg, des dasigen Schneidermeisters Johann Georg Schaumloeffel und dessen Ehefrau Anna Maria, geborene Loeber Sohn; unverheirathet. Adams Leichnam wird an die Anatomie abgegeben.

Agnese Elisabeth Schaumlöffel, geborene Rosenblatt, wohnt noch bis 1847 in der Felsberger Untergasse Nr. 75 und obwohl in Adams Sterbeeintrag angegeben wird, dass er unverheiratet sei, enthält ihr Sterbeeintrag weder einen Vermerk auf eine vollzogene Scheidung noch einen Hinweis auf den bereits erfolgten Tod ihres Ehemanns.

KB Felsberg – 14.7.1847
A.Savin, Wikipedia

Über das Gefängnis im Marburger Schloss

Bevor das Marburger Schloss ab dem Jahre 1817 als Stockhaus für Eisensträflinge eingerichtet wurde, bestimmte die westphälische Administration 1809 einen Teil des Südflügels zur Nutzung als Gefängnis. Wenig später erfolgte aufgrund eines Dekrets vom 9.9.1811 im Wilhelmsbau die Einrichtung einer Besserungsanstalt. Im Stockhaus wurden zunächst vorzugsweise zu lebenslanger Haft verurteilte Schwerverbrecher, also Eisensträflinge 1. Klasse, untergebracht. Es folgten später auch Eisensträflinge, die zu zeitlichen Strafen verurteilt worden waren. Daneben diente das Schloss auch als Untersuchungsgefängnis. Das Stockhaus in Marburg (seit 1867 galt die einheitliche Bezeichnung ‚Strafanstalten‘) wurde am 31.3.1869 geschlossen, nachdem die dortigen Gefangenen der Kasseler Anstalt an der Fulda zugeführt worden waren. (Quelle: https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/showFondsDetails?fondsId=4311)

StA Marburg Karten

Der Historiker Hubert Kolling hat sich intensiv mit dem Alltag der Gefangenen im Marburger Stockhaus beschäftigt. Die folgenden Auszüge stammen aus einem Vortrag, den er 2023 im Staatsarchiv Marburg hielt. So können wir uns vorstellen, wie Johann Adam Schaumlöffel dort untergebracht war.

‚Während die Gefangenen der ersten Klasse an beiden Füßen eine 2 ¼ bis 3 ½ Fuß lange und jeweils acht Pfund schwere Kette tragen mussten, die am Knöchel mit einer vernieteten Schelle versehen war, trugen die zur zweiten und dritten Klasse Verurteilten lediglich eine – ebenfalls acht Pfund schwere – Kette am rechten Fuß. Das Anlegen der „Eisen“ sollte einerseits eine Flucht verhindern, andererseits den Sträflingen die Ausübung von Arbeiten ermöglichen

Marquis de Sade in Ketten

Die Hausordnung war streng und musste genau befolgt werden. Hubert Kolling schreibt: „Demnach hatten sich die Gefangenen „eines ruhigen, stillen und anständigen Betragens zu befleißigen, sie dürfen weder raufen, singen, pfeifen noch sonst etwas treiben, was gegen Ordnung und Schicklichkeit verstößt, auch ist aller Verkehr unter sich verboten, vor Allem aber [haben sie] untereinander in Frieden zu leben, den Befehlen der Vorgesetzten der Anstalt, insbesondere aber denen des Inspectors und des Stockmeisters sowie den Weisungen der Unteraufseher unbedingt folge zu leisten, auch sind sie den Garnisons-Soldaten Folgsamkeit schuldig, wenn sie diesen zur Bewachung an den öffentlichen Arbeiten übergeben worden sind“.

Für gewöhnlich wurden die Sträflinge in den Sommermonaten (April bis September)
um 4.30 Uhr und in den Wintermonaten (Oktober bis März) um 5.30 Uhr geweckt.
Erst seit den 1860er Jahren durfte jeweils eine halbe Stunde länger geschlafen werden‘.

An den Sonntagen durften die Gefangenen morgens eine Stunde länger schlafen. Tagsüber mussten sie dann, neben dem Besuch des Gottesdienstes, die Arbeitsräume reinigen, gegebenenfalls ihre Kleider reparieren oder „Erbauungsbücher“ lesen. Selbst der Gang zur Toilette war in diesem Zeitplan genauestens geregelt, nämlich vier Mal täglich und zwar um 6.15 Uhr, 9.30 Uhr, 13.00 Uhr und 16.30 Uhr:

Spätestens seit Ende des 18. Jahrhunderts nahm die Gewöhnung an regelmäßige Arbeit im europäischen Strafvollzug eine zentrale Stellung ein

Zunächst müssen hier die zur Erledigung der täglich anfallenden Arbeiten eingesetzten
sogenannten „Hausarbeiter“ genannt werden, zu denen beispielsweise Köche, Gemüseputzer, Kartoffelschäler, „Lampendiener“, Krankenwärter, Barbiere, Wäscher, Gang– und Hausreiniger sowie sogenannte Schirrarbeiter (Böttcher, Schmiede, Schlosser und Klempner) gehörten.30 Ferner waren im Marburger Stockhaus in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts folgende Beschäftigungszweige etabliert:

  • Bürstenmacher
  • Schreinerarbeiten
  • Drechsler-, Wagner- und Schnitzerarbeiten
  • Blechschmiedearbeiten
  • Schlosserarbeiten
  • Papparbeiten
  • Stroharbeiten
  • Korbmacherarbeiten sowie
  • Nadlerarbeiten

Neben diesen Tätigkeiten innerhalb des Marburger Stockhauses wurden Eisengefangene auch außerhalb der Anstalt zu Arbeiten eingesetzt. Sie übernahmen regelmäßig Arbeiten im Botanischen Garten, in der Renterei, im städtischen Holzmagazin und auf dem herrschaftlichen Fruchtboden oder die Reinigung der Polizei-Direktion; ebenso wie diverse Reparaturen im Auftrag des Landbaumeisters, Reparaturen am Wehr in der Lahn, Regulierungsarbeiten an der Lahn, die Reinigung des Schlossplatzes, die Pflege der Reitbahn sowie diverse Tagelöhnerarbeiten wie beispielsweise Holzzerkleinerung, oder Garten- und Reinigungsarbeiten für Private.

Um die Insassen– hauptsächlich solche Personen, die kurz vor ihrer Entlassung standen – wieder an „eine Arbeit in frischer Luft“ zu gewöhnen, bewirtschafteten jeweils acht bis zehn Gefangene anstaltseigene Ländereien, wie das Gärtchen unterhalb des südlichen Schlossflügels und vier Parzellen unterhalb des Stockhauses, sowie gepachtete Gärten in Schlossnähe mit zusammen 2¾ Morgen Ackerland.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts bestand die Verpflegung der Gefangenen täglich in anderthalb Pfund Brot und einem halben Maß mit Speck geschmelzter Suppe, das sogenannte „Gemüse“ sowie an den Sonn- und Feiertagen ½ Pfund Ochsen– oder Rindfleisch. Das besagte „Gemüse“ beziehungsweise die Suppe wurde abwechselnd und je nach Jahreszeit aus Kartoffeln mit Erbsen, Linsen, weißen Bohnen, gelben Wurzeln, Gerste, Riesenmöhren, Ober– und Unterkohlrabi, Kohl oder Sauerkraut gekocht.

Beim Eintritt ins Stockhaus mussten die Gefangenen, sofern vorhanden, ihren Bart abnehmen und sich die Haare „militärisch kurz“ schneiden lassen. Zur Pflege derselben stand den Gefangenen zur gemeinschaftlichen Benutzung von jeweils bis zu zehn Personen lediglich ein Kamm zur Verfügung. Nach den allgemeinen Vorschriften über das Verhalten in den Straf- und Besserungsanstalten mussten sich sämtliche Insassen jeden Morgen „gehörig“ Gesicht und Hände waschen, sich kämmen, die Kleider reinigen und wöchentlich die Leibwäsche wechseln. …

In den Genuss eines Vollbades kamen die Eisengefangenen in Marburg unterdessen, wie es in den Archivalien heißt, „nur höchst selten“. Bei den im nördlichen Schlossteil untergebrachten „gemeinschaftlichen Badebehälter“ handelte es sich um „Badetröge“, wobei sich mit demselben Badewasser bis zu zehn Gefangene baden mussten. Im Sommer, bei sehr schönem Wetter, durften die Eisensträflinge „gelegentlich“ in der Lahn baden. …

Da es im Marburger Stockhaus an „Abtritten“ fehlte, standen in den Nischen unter den Fenstern zur „Bedürfnisbefriedigung“ der Gefangenen „Kothbütten“ zur Verfügung. Der Arbeitsraum im ersten Stock enthielt zwar einen „Abtrittssitz“, aber kein separates „Pissoir“; stattdessen benutzten die Eisengefangenen ein „Handbüttchen“. Durch diese Einrichtung herrschte auf der gesamten Etage, wie es in den Archivalien heißt, „ein wahrhaft pestilenzialischer Gestank“.

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Jeremias Sadier – Kommandant der Burgschanze

Jeremias Sadier stammt aus Sédan in Frankreich. Bevor er um 1730 Kommandant der Burgschanze bei Lesum wird, ist er Sergeant der Leibkompgnie Wallmoden in Hannover. Mit seiner Ehefrau Anna Sassen und mindestens 6 Kindern, deren Taufen von 1715 bis 1729 im Kirchenbuch der Garnisonskirche von Hannover verzeichnet sind, kommt er um 1730 auf die Burgschanze.

In Hannover werden geboren:

  • Dorothea Henriette Elisabeth Sadier *4.2.1715
  • Anna Catharina Charlotte Sadier *3.9.1717 – sie verstirbt 1799 im Alter von 81 Jahren unverehelicht auf der Burgschanze
  • Johann Peter Sadier *7.4.1720
  • Johann Christian Ulrich Sadier *27.10.1722
  • Dorothea Sophia Louise Sadier *13.5.1725 – bekommt 1744 in der Burg einen unehelichen Sohn namens Georg, dessen Vater Georg Borßmann dem ‚Gard du Corps‚ angehört
  • Jean David Sadier *21.5.1729 – er heiratet 1753 in Ritterhude Anne Elisabeth Rotermund
  • Dorothea Elisabeth Marietta Sadier (Taufeintrag nicht gefunden – sie heiratet 1751 in Lesum Conrad Fenckhusen, den damaligen Quartiermeister der Burgschanze)
Ausschnitt aus dem KB der Garnisinskirche von Hannover – 1729

1734 und 1738 bringt Ehefrau Anna auf der Burg zwei weitere Töchter zur Welt:

  • Anne Engel Margarethe Sadier * 24.9.1734 und
  • Carolina Christina Sadier *10.3.1738 + 1740

Jeremias Sadier wird im Jahre 1772 zum Schwiegervater meines Vorfahren Caspar Grote, dessen erste Ehefrau Catharine Sophie Hattendorf im Juli 1771 in Lesum verstorben war. Caspar heiratet in der St. Martini Kirche in Lesum die 1734 geborene Anne Engel Margarethe Sadier, die durch diese Eheschließung zur Stiefmutter der beiden aus erster Ehe verbliebenen Kinder Johann Wilhelm und Lambert Dietrich Grote wird.

Jeremias Sadier wird 80 Jahre alt – er verstirbt am 12. Mai 1760 in der Burgschanze. Seine Ehefrau Anna geb. Sassen lebt noch bis zum Alter von 88 Jahren und 6 Monaten. Am 23. Februar 1785 wird sie auf dem Lesumer Friedhof bestattet.

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Vom Gerichtsschreiber in Pr. Eylau zum Justizrat in Königsberg

In meinem Genealogie-Tagebuch verstecken sich eine ganze Reihe von Beitrags-Entwürfen, die ich bereits vor langer Zeit begonnen, aber nicht beendet und deshalb bislang nicht veröffentlicht hatte – dazu zählt auch dieser Beitrag über Michael Damus.

Der Name ‚Michael Damus‚ begegnet mir seit vielen Jahren immer mal wieder – ich kenne seine Unterschrift, die er in der Mitte des 18. Jahrhunderts unter zahlreiche Dokumente setzt – u.a. als ‚Commissions Secretarius‚ und ‚Adeliger Gerichtsschreiber‘ der Patrimonal-Gerichte der Begüterung Worienen oder Wildenhoff.

Als besonderes Privilegium wurde adeligen Gütern oftmals das Recht zur Ausübung der Gerichtsbarkeit verliehen. Diese ist an den Besitz des Gutes (patrimonium) gebunden. Patrimonialgerichte umfassten jedoch nur die niedere Gerichtsbarkeit – also vor allem Eigentums-, Familien-, Erb- und Gutsrechte, Gesindeordnung; teilweise auch niederes Strafrecht – z. B. Beleidigungen oder Raufereien.

Kleinere Gutsgerichte – mit weniger als 1500 Untertanen – verfügen über keine eigenen Justizbeamten, sondern werden verwaltet von in der Nähe des Gutsbezirks wohnenden Stadtrichtern oder Justizbeamten. Um 1830 existieren im Kreis Pr. Eylau insgesamt 68 dieser kleineren Patrimonalgerichte. (Quelle: Beiträge zur Kenntniß der bestehenden Gerichtsverfassung und der neusten Resultate der Justizverwaltung in dem Preussischen Staate; Starke, W. F. C.; 1839; Seite 19)

Michael Damus wohnt in der Stadt Preußisch Eylau und wird bei Bedarf an die Gutsgerichte der Umgebung gerufen. Dies ist seine Unterschrift, die er 1751 unter ein Dokument in Wildenhoff setzt:

Am 12. Juni 1742 heiratet Michael Damus in Klein Dexen Anna Eleonora Burckardt, eine Tochter des dortigen Pfarrers Christian Friedrich Burckhardt und dessen Ehefrau Anna Regina Ritter. Der Brautvater schreibt ins Kirchenbuch:

‚Herr Commissions Secretarius, u. adl(iger) Gerichtsschreiber von Eylau Michael Damus mit unserer hertzgeliebtesten Tochter Jungfer Anna Eleonora Burckardtin durch Herrn Jacob Behrendt Pfarrern von Prßisch Eilau ehelich im Nahmen Gottes Zusammen gegeben worden. Der gnädige Vater im Himmel segne dies liebe Paar in leibl(ichen) geistl(ichen) u. ewigen Güttern reychlich in Christo Jesu zum Zeitl(ichen) u. ewigen Wolergehen, Amen‘.

Kirchenbuch Klein Dexen, Pr. Eylau

Zu Familie Burckardt: Von 1719 bis 1725 ist Christian Friedrich Burckhardt Pfarrer in Guttenfeld, wo im März 1721 auch Tochter Anna Eleonora zur Welt kommt. Als Paten werden bei ihrer Taufe zwei Geschwister des Vaters erwähnt: Thomas Burckhardt, Professor der Poesie und Maria Eleonora Burckhardt, Ehefrau des Tilsiter Rentmeisters Andreas Kiesing.

Bis 1750 lebt Michael Damus noch in der Stadt Preußisch Eylau, wo seine Ehefrau Anna Eleonora mehrere Töchter zur Welt bringt. Vor 1758 muss die Familie nach Königsberg verzogen sein, wo er als 1. Hofgerichtssekretär und Justizrat tätig wird.

Die Damus-Töchter heiraten in Königsberg in angesehene Familien.

  • Lovisa Charlotta Damus * um 1753 – die älteste Tochter – heiratet 1772 in Königsberg den verwitweten Pfarrer Johann Christoph Gross aus Grünhayn. Der Heiratseintrag lautet: Im Hause getraut d. 19. October Herr Johann Christoph Groß, Pfarrherr in Grünhayn, Wittwer von 38 Jahren, u. Jungf. Lovisa Charlotta, Herrn Michael Damus, Königl. Preußischen Justice-Raths u. 1. Hoff-Gerichts Secretarii ehel. ältesten Junfr. Tochter von 26. J.

  • Regina Dorothea Damus * um 1746 heiratet 1767 in der Altstädtischen Kirche von Königsberg Gottfried Wilhelm Schultz (Gottfried Wilhelm Schultz, Kriegs- u. Domainen-Cammer- Registrator, Junggesell von 23 Jahren u. Regina Dorothea Damus, Michael Damus, Königl, Justiz Raths u, 1. Hofgerichts Secretarii 2ten Jgfr. Tochter)

  • Johanna Eleonora Damus *10 .7.1747 in Pr. Eylau heiratet 1777 Karl Gottlieb Fischer (1745-1801) Pfarrer am Königlichen Großen Hospital in Königsberg. Zum Zeitpunkt der Eheschließung ist Karl Gottlieb Fischer Feldprediger – im KB der Militärgemeinde Elbing noriert er selbst: ‚Ich, Karl Gottlieb Fischer, Feldprediger des hochlöblichen v. Pelkowskischen Regiments mit der Hochwohlgebornen Jungfer Johanna Eleonora Damus, des Königl. Peußischen Justizraths u. ersten Hofgerichtssecretairs Herrn Michael Damus dritten Jungfer Tochter, copulirt … den 1. September 1777 in Königsberg‘

Fischers Hausstand war glücklich. Er besaß an seiner Gattin, Johanna Eleonora, einer Tochter des Königlichen Justizrath Michael Damus, eine der würdigsten ihres Geschlechtes, mit welcher er seit 1777 verbunden war. Wohlwollen des Herzens, häusliche Thätigkeit, Heiterkeit und Offenheit sind die Hauptzüge ihres liebenswürdigen Charakters.‘ (Quelle: Nekrolog der Teutschen für das neunzehnte Jahrhundert; Gotha 1803)

  • Maria Albertina Damus *18.4.1750 in Pr. Eylau
  • Anna Sophia Damus (1753-1758)

  • Juliana Christina Damus *um 1755 wird 1777 in Königsberg die Ehefrau von Christoph Ludwig Fischer. Der Pfarrer notiert: ‚Der Hochedel gebohrne H. Christoph Ludwich Fischer wolbestalter Auditeur d. Hochlöblichen v. Ingerslebenschen Garnisons Regiments ist mit der Jungf. Juliana Christiana Damus, des Hochedel gebohrnen Herrn Michael Damus Justiz Raths allhier eheleibl. jüngsten Jungf. Tochter von mir d. 1. September copuliret worden‘.

Der Justizrat Michael Damus wird 75 Jahre alt. Er verstirbt am 29. Mai 1788 in Königsberg an der ‚Brust Waßersucht‘.

Weitere Amtsträger in der Stadt Pr. Eylau um 1745-1750

  • Jacob Jortzig, Stadtrichter
  • Christian Ankermann, Amtmann
  • Johann Jacob Kraus, Accise-Einnehmer
  • Ernst Seraphin Aegidius, Rektor
  • Johann Friedrich Eyff, Königlicher Förster
  • Frosien, Rathsverwandter
  • Coglenius, Stadtschreiber
  • George Hass, Königl. Amtswachtmeister
  • Christian Ludwig Coulon, Chirurg
  • Johann Gottlieb Horn, Glöckner
  • Daniel Hess, Amts-Krüger
  • Peter Brandenburger, Müller d. Eylauer Mühle
  • Lochmann, Bürgermeister
  • Johann Heinrich Rosengarten, Torschreiber
  • Theodor Hermann, Apotheker

Auch in diesen Beiträgen wird Michael Damus erwähnt:

Anmerkung: In der Stadt Pr. Eylau lebt um 1750 auch ein Tuchmacher namens Michael Damus!

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Oft sucht der Mensch das Glück im Buche, das ihm im Leben gegenüber sitzt …

Obwohl ich mich momentan eigentlich mit anderen Vorfahren-Regionen beschäftige …

Meine Leidenschaft für Ostpreußen bleibt!

Die philsophische Erkenntnis ‚Oft sucht der Mensch das Glück im Buche, das ihm im Leben gegenüber sitzt‘ stammt aus einem Text von Alexander Horn, der 1886 in seinen ‚Culturbildern aus Altpreußen‚ auch die Umgebung der ostpreußischen Stadt Landsberg im Kreis Preußisch Eylau beschreibt. Der genaue Zusammenhang folgt weiter unten.

Alexander Horn versucht, eine ‚andere‘ Chronik Preußens zu verfassen – eine, die ’nicht nur für die wenigen Gelehrten‚ geschrieben wird, ‚die ihr Studium zum Lebensberufe machen, sondern für die ganze lebende gebildete Mitwelt und besonders für die Nachwelt, welche beide aus wahren und treuen Schilderungen vergangener Zeiten und Menschen lernen sollen‘.

‚Anders‘ ist seine Chronik tatsächlich geworden!

‚Die älteren Chroniken Preußens leiden an einer Trockenheit und Geschmacklosigkeit, welche die Lectüre derselben verleidet und die Culturgeschichte nicht aufkommen ließ‘ findet Alexander Horn. Er selbst ist 10 Jahre lang an seinen freien Sonntagen ‚in der Provinc herumgestrichen‚ und erklärt:

‚Mein Zweck ist, die Culturentwicklung Altpreußens mit Ausschluß der eigentlichen politischen Geschichte allen Gebildeten zugänglicher zu machen, damit sie auch in größeren Kreisen besser wie bisher gewürdigt und als beachtenswerther Zweig der allgemeinen Culturgeschichte dieser eingereiht wird. … Die Form der Schilderung wechselt ab mit Reisebildern alter und neuer Zeit und Biographien. Baugeschichte und alle Teile der Kunst sind mit Vorliebe beachtet‚.

Der Aufenthalt in Landsberg – der Geburtsstadt meines ostpreußischen Großvaters – scheint Alexander Horn gefallen zu haben, denn er schreibt:

Bildarchiv Ostpreußen

‚Selten präsentiert sich ein Städchen so hübsch wie Landsberg von Süden her. Links die helle große Kirche im dunkeln Grün alten Landes, rechts das Städtchen lang und sauber aufgerollt, wie für den Maler bestimmt. Von Heilsberg bis Grünwalde keine Erhebung. ….

Bildarchiv Ostpreußen

Die Zeit war knapp und der Plan, Wildenhoff zuerst zu besuchen, wurde bei der mangelnden Fahrgelegenheit gerne aufgegeben, nachdem ich von fachkundiger Seite orientiert war und erfahren hatte, daß Park und Schloß von Wildenhoff nicht besonders einladend … seien. (Anmerkung von mir: da hat ihm aber jemand etwas Falsches etzählt!!!) Ich begnügte mich mit einem Gange in den Hirschgrund, der sich kaum 500 Schritt nördlich von der Stadt hinzieht und wie Gottes Natur überall einen Besuch voll und reich belohnt.

Das Städtchen hat keinen Fluß, nur einen Dümpel und einen schmutzigen Mühlenfluß, von Gr. Peisten her, über den man bequem springen kann. Die armen Hausfrauen, die in Heilsberg so schöne und bequem gelegene Bleich- und Trockenplätze an der Alle haben, sind hier zu bedauern. Doch hat man sich mit Brunnen zu helfen gewußt, welche aus einem kleinen, aber klaren See nördlich von der Stadt, der zugleich die Badestelle bildet, gespeist werden.

Bildarchiv Ostpreußen

Zu diesem See richteten wir unsere Schritte, rechts von der Chaussee nach Wildenhoff abbiegend. Einen Fußsteig verfolgend gelangten wir zu kleinen Anlagen und hörten einen Wasserfall brausen. Eine Schleuse sperrt den See, der offenbar künstlich durch Anstauung des Waldbaches hergestellt ist, der Überfall des Wassers und sein Brausen laden, wie die Kirchenglocken, zum Eintritt in den Stadtwald ein. ….

Bildarchiv Ostpreußen

Ein Weg führte rechts hinab zu einem Ruheplatz an einer saftig grünen … Wiese. Terrassenförmig hatte man daneben unter dem Dach der Bäume lauschige Familiensitze errichtet, über den Bach führt eine weiße birkene Brücke. Der Waldbach plätschert darunter über den Kies, der Mücken Unzahl schwimmen auf ihm und gegen den Strom mit einer Consequenz, als wenn sie, wären sie Menschen, die den Geist der Zeit umrennen wollten.

Nur eine Schullehrerfamilie saß auf einer der Bänke, träumerisch schaut die junge Frau in die Luft, emsig starren ein älterer und ein jüngerer maitre d’école daneben in die Journale, vielleicht die Gartenlaube, von einem Marlitt’schen Roman, von der Goldelse oder dergleichen gefesselt.

Oft sucht der Mensch das Glück im Buche, das ihm im Leben gegenüber sitzt.

Der Wanderer aber steigt gegenüber auf die Höhe, wohin der Weg im Zicksack ihn an hübschen Ruhesitzen vorbei zu einem versteckten Familiensitzplatze, weiter hinauf zu einem Aussichtsplatz führt, von dem man die Berge um Wildenhoff am Horizonte erblickt. Weiter geht’s oben zu einem Sitze, der auf eine Waldwiese herabschaut. Er kehrt zurück und hinab zum Eingangsweg, der sich weithin hin und neben dem Walde hinschlängelt, durcheilt noch diesen und jenen in heiliger Stille sich hinziehenden Gang und kehrt befriedigt und gestärkt zurück zum heimischen Herde.‘

Das Digitalisat des Buches ist hier zu finden!

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In Osterstade verschwinden Ochsen

Meine norddeutschen Vorfahren lebten über Jahrhunderte um Bremen herum – u.a. in Blumenthal, Rönnebeck, Beckedorf, Lesum … aber auch im Gebiet von Osterstade: in den Dörfern Aschwarden, Rechtenfleth, Wersabe, Hinnebeck und Meyenburg. Wenn ich mich über ihre Lebensumstände informieren möchte, spielen auch die Osterstader Ochsen eine Rolle!

Quelle: Hermann Allmers, Marschenbuch; Gotha 1858

‚Der Vieh-Handel, oder vielmehr der Handel mit fetten Ochsen, ist für Osterstade allemal der wichtigste Nahrungszweig. Zwar führen nur einige diesen Handel (wiewohl er jedem offen steht, die dazu Gelegenheit, Verlag und Kenntniß haben). Aber ganz Osterstade hat an dem guten oder widrigen Schicksale dieses Handels Antheil; weil von demselben die jährliche Einnahme ihrer Ländereyen und der Preis ihres aufgezogenen Magern Viehs abhängt‘. schreibt Johann Gottlieb Visbeck 1798 in seinem Buch ‚Nieder-Weser und Osterstade‚.

Auch in der Mitte des 17. Jahrhunderts – zur Zeit der schwedischen Besetzung des Herzogtums Bremen – ist der Handel mit Ochsen ein wichtiger Geschäftszweig der Bauern in Osterstade. Viele Bremer Bürger lassen ihre Ochsen auf den fruchtbaren Wiesen in Osterstade weiden – und immer wieder kommt es wegen dieser Ochsen zu Streitigkeiten zwischen den Osterstader Bauern und den Bürgern der Stadt Bremen.

Im Niedersächsischen Landesarchiv (Abteilung Stade) lagern eine Reihe von Akten wie diese ‚Acta wegen der Ausgetauschte und Verpartirte Ochsen‘, …

Wikipedia

Der Zweite Bremische Krieg steht kurz bevor – in Habenhausen hat der schwedische Feldmarschall Carl Gustav Wrangel sein Hauptquartier eingerichtet. Er kann sich jedoch nicht nur auf die Vorbereitung des Kriegs konzentrieren, sondern muss sich auch mit den Osterstader Ochsen beschäftigen.

Am 31. Oktober 1666 teilt er der Regierung in Stade mit:

Demnach sich befindet, das das Viehe so aus dem Oster Stadischen alß den Brehmern zuständig, neulich nach der Burg getrieben, und daselbsten unter die Soldatesque vertheilet worden, gar schlecht und gering gewesen, undt nun nicht gläublich, dass so geringes Vieh von denen Brehmischen in die Weyde solte gethan sein.

(NLA Stade Rep. 5a Nr. 2724)

Dannenher wohl vermuthlich, dass Solches von denen Leuten im Oster Stadischen vertauschet sein muß, welcher aber keines Weges zu zulaßen ist; Deßhalben den(n) auch S. Hochgeb(ohrne) Excell(en) undt Gnaden gegenwärtigen Commissarium von der Lieth committiret, dass er nach dem Osterstadischen reisen, die Sache recht untersuchen, und da er leuthe antrift, darauf er einige suspition haben möchte, in gegenwarth des amtmanns oder eines vogts examiniren, undt nach beschaffenheit der Sache, auch die Leuthe, so sie hierunter schuldig befunden, und nicht genugsame caution stellen können, das Verholte und Vertauschte Viehe wirklich zu restituiren, oder bahre bezahlung dafür zu erlegen, anhero nach dem Hauptquartier führen zu laßen.‘

(NLA Stade Rep. 5a Nr. 2724)

Am 8. November 1666 wendet sich Hermann Almers aus Sandstedt an die Regierung in Stade und berichtet: der Proviantmeister Lüder Clüver habe ihm zwei Dragoner geschickt. Er solle einem begüterten Bremer Bürger namens Hinrich Middelstorff 60 Rthlr für zwei Ochsen bezahlen und sei darüber ganz unglücklich.

Die Wahrheit sei: Lüder Clüver und Johan Weylandt seien in Sandstedt gewesen. Hinrich Middelstorff habe eine Weile mit ihnen im Kruge gesessen und den beiden berichtet, dass dem alten Amtmann Albertus Matthiaßen zwei Ochsen ‚gerichtlich überweiset‘ worden seien. Diese Ochsen seien jedoch nicht abgeholt worden, sondern der Amtmann habe sie für 38 Rthl an einen Kaufmann verkauft. Von diesem Geld habe er dann u.a. die ‚die restirende Contribution und die Einquartierung bezahlt …

Hermann Almers fügt hinzu: ‚Mein Hochflehentliches suchen und bitten, sie wollen gnädig geneigt, mir die Schwere Execution ab zu nehmen, damit ich mit mein Weib und Kinder gegen den Kalten Winter nicht in das unterste Verderb und schaden gerathen möge

(NLA Stade Rep. 5a Nr. 2724)

Am 19. November 1666 bitten Bremer Bürger die Regierung in Stade um Erteilung eines Passes nach Osterstade zur ‚Erkundigung‚ einiger Vorfälle. Sie hätten ‚in glaubwürdige Erfahrung gebracht, ‚dass dieser Lüder Clüver aus Vegesack(Anmerkung: Lüder Clüver ist Zolleinnehmer in Vegesack) sich ‚selbstmächtig 10 Oxen angemaßet‘ habe. 8 dieser Ochsen habe er aus der Blumenthaler Heyde nach Rönnebeck und über die Weser führen lassen … (NLA Stade Rep. 5a Nr. 2724)

Der folgende Ausschnitt stammt aus einer Vernehmung der Vieh-Hirten in Osterstade. Sie geben an, Lüder Clüver habe 2 Ochsen über die Weser zu Johann Ricken nach Bremen und 6 Ochsen zu Lür Koch nach Rönnebeck bringen lassen – außerdem habe er 2 Quenen nach Rönnebeck und einen Ochsen nach Vegesack treiben lassen.

(NLA Stade Rep. 5a Nr. 2724)

Dazu auch diese Beiträge:

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Nachrichten aus der Burgschanze bei Lesum – Teil 2

Teil 1: Nachrichten aus der Burgschanze bei Lesum

1666/67 – Abriss der Burgschanze an der Wümme mit umliegendem Gelände zwecks möglicher Erweiterung der Festung bzw. Anlegung einer neuen Stadt – Kolorierte Handzeichnung, unsigniert – entnommen aus der Akte Rep. 5 a Nr. 7614 (alt: Rep. 5a Fach 387 Nr. 8)

Vom Staatsarchiv Stade wurden auch diese Dokumente digitalisiert:

Bewerbung des Lüder Clüver vom Mai 1659 auf die Proviant-, Akzise- und Zollverwaltung zur Burg; Kautionsleistung des Bremer Baumeisters Johann von Hassel für Clüver vom 8. Mai 1659

Regierungsmandat an den Zöllner Heinrich Boeck in der Burg vom September 1661 wegen Räumung seiner Wohnung in der Garnison für den Kommandanten und Umzugs auf den Burgdamm; Gesuche Boecks vom August und Dezember 1662 um notwendige Unterhaltung und Behausung auf dem Burgdamm und Erstattung des geleisteten Vorschusses, auch um Reparierung von Damm und Brücke (mit Anlage: Rechnung wegen vorgeschossener Gelder)

Memorial des Lizentinspektors Martin Bengtson vom Juni 1665 wegen Beförderung des Zoll- und Akzisewesens bei der Burg, mit beigefügtem Bericht Boecks, auch zur Einsetzung einer Fähre während des Brückenbaus (mit Anlage); nachfolgende Regierungsmandate an den Kommandanten in der Burg, Major Heinrich Johanson, wegen Unterstützung des Zöllners, auch bei Verpflichtung des Krügers Berend Meyenburg zur Akzisezahlung von seinen ausgeschenkten Getränken; weitere Berichte Bengtsons und Boecks vom Juli 1665 und nachfolgende Regierungsmandate

Beschwerde der am Burgdamm wohnenden Friedrich Schwarting und Claus Wohlers gegen den Zoll- und Proviantverwalter Heinrich Boeck zur Burg vom Januar 1663 wegen Forderung des rückständigen Krug- und Hofgeldes, mit nachfolgendem Regierungsmandat; weiteres Gesuch der beiden vom August 1664 um Erlass des rückständigen Geldes

Gesuch des Akziseeinnehmers Heinrich Boeck zu Burgdamm vom April 1668 um Amtsnachfolge durch seinen Sohn, auch Gesuch des Sohnes Johann Boeck dazu; Notifikationsschreiben des Kommandanten zur Burg, Heinrich Johanson, vom April 1668 zum Tod des Heinrich Boeck; Rekommendationsschreiben des Generals Conrad Mardefelt vom Mai 1668 für seinen Sekretär Johan Beckmann wegen des Akziseeinnehmerdienstes zur Burg, mit nachfolgender Regierungsverfügung

Beschwerde des Heinrich Meyer, Eltermann in Bremen, gegen die Zöllner in Burgdamm und Ottersberg vom Juni 1668 wegen von seinem Zehnt- und Meierzinskorn geforderten Zolls, mit nachfolgendem Bericht Kynnardts dazu

Korrespondenz des Generalgouverneurs Baron Nils Gyllenstierna mit dem Leutnant Heinrich Schierholz, Kommandant der Burgschanze -Laufzeit 1699-1704 – enthält: Korrespondenz vom 7. Juni 1699 bis 18. Januar 1704, u.a. zu folgenden Inhalten: zur Bewerbung des Leutnants Schierholz um die Kommandantschaft (1699, mit nachfolgendem Schreiben Gyllenstiernas an den schwedischen König vom 12. Juni 1699 und königlicher Bestallung vom 24. Juli 1699); zur Klage des Bauern Hinrich Lürsen wegen Diebstahls (1700); zur beschädigten Brücke in der Burgschanze und zu fehlendem Proviant (1700); zur Verhaftung von Deserteuren (1701); zum Verbot der Einfahrt von mit zollbaren Waren beladenen Wagen in der Nacht (1702); zum Tod des Konstabels Johann Prigge und Wiederbesetzung der Stelle (1703); zur Erlegung eines Wegegeldes von über den Burgdamm Reisenden und Herstellung eines Schlagbaums (1703); zur Untersuchung eines dem Zimmergesellen Peter Rademaker geschehenen Diebstahls (1703); zu Exzessen der in der Burgschanze liegenden Soldaten gegen Reisende (1704) – Alte Archivsignatur Rep. 5a Fach 76a Nr. 263

Am 9. November 1682 erfolgt die Bestallung von Martin Senff als Kommandant der Burg


Zu seiner Zeit (1683) sind in der Burg u.a. 200 gefüllte Handgranaten, 113 Schaufeln und Spaten, 1322 ‚Mousquett-Kugeln‚ sowie 2 Brechstangen vorhanden!

Artiglerie Inventarium pro 1. Jan. 1683

  • Eysern Stücken
  • Lavetten
  • Blok-räder
  • Ladeschaufeln
  • Kugeln
  • Pulver
  • Lunten
  • Hand-granaten gefülte
  • Musquett Kugeln
  • Schaufeln u. Spaden
  • Hakken und Pikken


Nach dem Tod des Kommandanten Martin Senff – er verstirbt im Februar 1699 im Alter von 78 Jahren – wird ein Nachfolger benötigt! Etwa 4 Wochen später – am 12.6.1699 – wendet sich Baron Nils Gyllenstierna von Stade aus an den schwedischen König.

Nils Gyllenstierna (deutsch: Nikolaus Gyldenstern), ab 1706 Graf Gyllenstierna af Fogelvik (* 13. Oktober 1648 in Wismar; † 30. März 1720 in Stockholm) war ein schwedischer Feldmarschall und von 1698 bis 1710 Generalgouverneur der Herzogtümer Bremen und Verden. Als solcher wurde er 1699 in die St. Antonii-Brüderschaft in Stade aufgenommen. Am 15. November 1699 wurde er Befehlsherr über alle schwedischen Truppen in Deutschland. (Wikipedia)

Gyllenstierna teilt dem König mit dass der ‚in der Bremerburg … viele Jahre gestandene Commandant Capitain Martin Sempff für (=vor) einiger Zeit mit Tode abgangen‘ sei und dass es notwendig sei, dass ‚die dadurch erledigte Stelle mit einem Hierzu tüchtigen Officier hinwiederumb besetzet werde.

Weiter schreibt er: ‚Wann nun der bey meiner unterhabenden Bataillon stehende Leutenant Schierholtz mir in mehrem geziemend zu vernehmen gegeben, wasgestalt mit herannahenden Alter Er besorgen müßte, daß seine kräffte abnehmen, und ihme die dienste bey der Bataillon mit der Zeit schwer fallen dürfften, und dahero inständigste ansuchung gethan, daß ihme diese vacante Stelle nebst der Jährlichen in einhundert … bestehenden pension, welche der sehl(ige) Capitain Sempff, und was Er daselbst an Weyden und sonsten zu genießen gehabt conferiret werden möchte;

Als habe mich veranlaßet befunden, jetz erwehnten Lieut(nant) Schierholtz in ansehung seiner Vieljährigen treuen dienste sothane Commandantschafft auff gleiche weise wie selbige der Capitaim Sempff gehabt, bis auff Eure Königl(iche) Majestät‚.

1695 wird Henrich Schierholtz in einer Musterrolle als Leutnant der Compagnie des Majors von Issendorf genannt (Reichsarchiv Stockholm)

Henrich Schierholtz weist in seinem Bewerbungsschreiben an den schwedischen König darauf hin, er habe den march mit nach Ungarn gethan‘ und auch ansonsten alle ihm ‚anbefohlenen Verrichtungen dergestalt versehen‘, und er glaube, dass der Major Issendorf ihm sicherlich ‚ein gutes Gezeugniß beylegenwerde. Außerdem betont er, dass er sich zutraue, den Dienst noch einige Jahre auszuüben /er ist zu dieser Zeit ca. 59 Jahre alt!/ ‚gleichwohl aber auch in Sorgesei, ‚daß mit herannahendem Alter auch die Kräffte … abnehmen‘ würden.

Henrich Schierholtz bekommt den Posten – er wird der neue Kommandant der Burgschanze!

Am 14. Mai 1703 teilt er dem schwedischen König mit, dass der Constabel Johann Prigge in der Burgschanze verstorben sei. Er schreibt: ‚Ew. Excel(lenz) muß ich in aller Unterthänigkeit hirmit berichten, daß heute Vormittag der hir liegende Constapel Johann Prigge mit Tode abgangen und unterthänig ersuchen, Sie geruhen die gnädige Ordre zu geben, damit an des Verstorbenen Stelle ein ander Constapel gesetzet werden möge, ich habe auch eben anjetzt nach dem Ottersberge an den Stück-Leutenant geschrieben, daß er ad interim einen Constapel Herschicken möge. Womit Ew. Excell(enz) Gottes Gnädiger Obhut empfehle und unterthänig bitte, daß Sie mein Gnädiger Herr verbleiben wollen, der ich mit allem Respect verharre

Drei Jahre später – im Januar 1706 – verstirbt Heinrich Schierholtz. Einige meiner Vorfahren haben ihn auf jeden Fall kennengelernt – aber das ist eine andere Geschichte!



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Verkauf der Zuckerform- und Porcellainfabrik in Aumund – 1757

Mein Vorfahre Caspar Grote wird 1739 in Schönebeck als Sohn des dortigen Jägers Georg Moritz Grote und dessen Ehefrau Anne Alheit Weinberg geboren.

Seine Ausbildung zum Fayencenmaler absolviert er in der Aumunder Zuckerform- und Porcellainfabrik, die 1750 von Diederich ter Hellen, seinem Bruder Wilhelm und dessen Schwager Johann Christoph Mühlhausen gegründet wurde.

ehemaliger Standort der Fabrik

Thomas Begerow: Die Fayence Fabrik befand sich an der heutigen Uhthoffstrasse in Vegesack. Diese hieß früher Bremerstrasse und kam erst 1804 zu Vegesack, vorher Aumund. Zur gleichen Zeit hat der Gastwirt Daniel Hellmers die ehemaligen Fabrik Gebäude übernommen und hier den Gasthof „Stadt Hamburg“ eingerichtet. Um 1890 wurde alles abgerissen, parzelliert und mit Wohnhäusern bebaut. Nebenan befand sich seit 1823 die Eisengiesserei von Uhthoff.

Caspar Grote ist 18 Jahre alt, als die Fabrik 1757 verkauft werden soll. Im März des Jahres erscheint in den Braunschweigischen Anzeigen folgendes Inserat:

Ich freue mich über diese Beschreibung – nun kann ich mir vorstellen, in welcher Umgebung Caspar Grote dort tätig war. Vielleicht hat er zum Frühstücken auch ab und zu an dem kleinen Fischteich gesessen …?

1887 erscheint in der Monatszeitschrift ‚Kunstgewerbeblatt‚ eine Abhandlung über die Fayencefabrikation in Vegesack und Lesum – darin ist zu lesen:

‚Käufer der bankrotten Fabrik war der Elternann Albrecht d’Erberfeldt zu Bremen. Leider war dieselbe damit nicht in die rechten Hände gekommen. D’Erberfeldt machte sich durch seinen weitgehenden Hochmut und ’seinen ganz eigenen Humeur‚ bald bekannt. Letzterer scheint besonders darin bestanden zu haben, daß er sich mit seinen Arbeitern nicht vertragen konnte, und keiner derselben es längere Zeit bei ihm auszuhalten vermochte‘. (Quelle: J. Focke; Beiträge zur Geschichte der Kunsttöpferei; Fayence-Fabriken in Vegesack und Lesum, in: Monatszeitschift Kunstgewerbeblatt, Leipzig 1887

Johann Christoph VielstichWerkmeister der Aumunder Fabrik – hatte die Fabrik bereits 1754 verlassen, um in Lesum seine eigene Fabrik zu gründen. Auch Caspar Grote folgt ihm und arbeitet fortan bei Vielstich in Lesum – vielleicht hat der ‚ganz eigene Humor‚ seines Chefs ihn dazu bewogen, sich einen anderen Arbeitsplatz zu suchen.

Mehr als 300 Jahre später

Bei Erdarbeiten im Zuge der Errichtung der Wohnsiedlung „Am Mönchshof“ wurde im Juni 1981 gegenüber dem Lesumer Hof ein gut erhaltener, tonnengewölbter Brennofen der 1756 von Johann Christoph Vielstich gegründeten Lesumer Fayencemanufaktur ausgegraben. Vielstichs Fayencemanufaktur war nicht nur für ihr hochwertiges Tischgeschirr bekannt, sondern auch für ihre hohen Kachelöfen, von denen einer noch heute im Schönebecker Heimatmuseum zu besichtigen ist. Nach der Blütezeit im 18. Jahrhundert musste die bis 1933 von der Familie Vielstich geführte Töpferei wegen der zunehmenden Konkurrenz durch die industrielle Porzellanproduktion auf Gebrauchskeramik umstellen. Der ausgegrabene Brennofen ist in der Aula der Grundschule Am Mönchshof ausgestellt. Quelle: https://heimatverein-lesum.de/hvl-kalender-2017-07/)

Teil eines Ofens, an dem Caspar Grote mitgearbeitet hat. Der Ofen blieb erhalten und steht heute im Schloss Schönebeck.

Weitere Informationen zu Caspar Grote und seine Familie: https://www.genealogie-tagebuch.de/?p=49

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Quellen zur Forschung in Osterstade und ‚umzu‘

Ich gehöre zu den Familienforschern, die ungern Namen und Daten aus Datenbanken oder Stammbäumen übernehmen, ohne sie selbst überprüft zu haben. Zudem versuche ich immer, nicht nur vorhande Kirchenbücher auszuwerten, sondern möglichst auch andere Unterlagen zu finden, in denen sie erwähnt werden.

Meine norddeutschen Vorfahren lebten über Jahrhunderte um Bremen herum – u.a. in Blumenthal, Rönnebeck, Beckedorf, Lesum … aber auch im Gebiet von Osterstade: in den Dörfern Aschwarden, Rechtenfleth, Wersabe, Hinnebeck und Meyenburg. Während der vergangenen Wochen habe ich über Arcinsys in den Digitalisaten des Landesarchivs Stade gestöbert, um nach Quellen für die Familienforschung in diesen Regionen zu suchen.

Einige Beispiele habe ich hier zusammengestellt – wenn ihr auf die Links klickt, solltet ihr unmittelbar bei den Digitalisaten landen!

Ausschnitt aus einer Situationskarte von Osterstade
Handzeichnung, kopiert durch C.G.Gasschütz (1750-1780)

Die Osterstader Marsch befindet sich in den Landkreisen Cuxhaven und Osterholz und grenzt im Norden an Landwürden und im Osten an die Bremer Schweiz, einem Teil der Osterholzer Geest. Sie wird in Norder-Osterstade und Süder-Osterstade unterteilt. Zum erstgenannten Teil gehören die Orte Büttel, Neuenlande, Rechtenfleth und Sandstedt sowie die Ortsteile Neuenlandermoor, Rechtenflether Moor, Rechtenflether Feldhof, Reepen und Sandstedter Moor.

In Süder-Osterstade befinden sich dagegen Offenwarden, Rechtebe, Wersabe, Wurthfleth, Uthlede, Aschwarden, Rade, Hinnebeck sowie die Ortsteile Rechteber Moor, Wersaber Moor, Cleve, Bruch und Hassel und der Nordteil von Meyenburg. (Wikipedia)

Digitalisiert sind zum Beispiel:

Kopfschatzbeschreibungen verschiedener Ämter1663

Gefunden habe ich darin u.a. Franz Bauerfeindt in Meyenburg (mit Ehefrau und einer Magd) und Johan Öhlich in Rechtenfleth (mit Ehefrau u. Stieftochter) – Carsten Tietjen (Titken) in Heesen mit Ehefrau und 2 Kindern

Verzeichnisse der Knechte und Mägde, die Osterstade verlassen haben und in fremde Dienste gegangen sind – Enthält: Listen von 1730, mit Namensnennung und Angabe der neuen Dienstorte – ein Beispiel aus dem Dorf Wersabe

Dorffschafft Wersabeh 1 Hinrich Meyer nach Englandt – 2Johann Siebs nach Engelandt – 3 Luder Siebs nach Amsterdam zu Schiff

Attestat des Bremer Erzbischofs zur Erbfolge in Rechtenfleth, Osterstade, Sandstedt, Stotel und im Vieland hinsichtlich eines Appellationsprozesses am Reichskammergericht – Auszug:

Landbeschreibungen – Enthält: Beschreibung der Ländereien im Kirchspiel Belum (o. J.), im Kirchspiel Oppeln (1670), im Alten Land (1662) und in Osterstade incl. der Herrenmeier auf der Geest im Amt Hagen (o. J.) Laufzeit 1662 – 1670 – Beispiel:

Streitsache zwischen den Osterstader Einwohnern und den in Osterstade begüterten Bremer Bürgern und Einwohnern wie auch den Einwohnern des Landes Würden wegen Verteilung der Lasten und Einquartierung (unvollständig) – 1656-1663 – Beispiel:

Unterschriften der Bewohner von Sandstedt

Kassierte Protokolle zur regulierten Konsumtionsakzise im Amt Hagen und Osterstade, sowie in der Amtschreiberei Stotel – Laufzeit 1696-1697 Enthält Gebundenes Buch (Fol. 1 – 172), mit Verzeichnung der Konsumtions-Akzise Bem.: An Stelle dieser kassierten Blätter befinden sich im ersten Teil der Kommissionsakten unter den gleichen Blattzahlen die gültigen Verzeichnisse zu Hagen, Osterstade und Stotel (siehe Rep. 5a Nr. 3164)

Viele Seiten sind schlecht lesbar. Angegeben werden: 1. die Anzahl der Personen im Haushalt und 2. bis 5. die Menge der Accise in Form von Naturalien, die ans Amt geliefert werden muss: Malz Brandschrot (?) – Weizen Roggen und Grütze. Gekennzeichnet sind meine Vorfahren Joachim Westphal aus Aschwarden und Hermann Otten aus Hinnebeck

Mannschaftsrollen aus einzelnen Landesteilen von 1682 – Enthält Berichte einzelner Pastoren und Beamter, mit beigefügten Rollen aus den Kirchspielen, Börden, Gerichten bzw. freien Dämmen Scharmbeck, Lesum, Trupe, St. Jürgen, Ritterhude, Blumenthal, Osterstade, Bramstedt, Meyenburg, Schwanewede, Holte und Achim – Beispiel:

Gekennzeichnet sind meine Vorfahren: Röpke Vollers, Baumann in Lobbendorf – Arend Burgwall – Hinrich Haesloop und Albert Voßhahl aus Beckedorf

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